Leipziger Messe GmbH - LEIPZIGER BUCHMESSE (23. bis 26. März 2017)
Pressemeldung vom 23. März 2017
Der Preis der Leipziger Buchmesse 2017 geht an:
Natascha Wodin, Barbara Stollberg-Rilinger und Eva Lüdi Kong
Die Preisträger 2017 stehen fest: Natascha Wodin, Barbara Stollberg-Rilinger und Eva Lüdi Kong erhielten heute in Leipzig den Preis der Leipziger Buchmesse 2017 in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung. Die Jury des Preises der Leipziger Buchmesse unter der Leitung von Kristina Maidt-Zinke hatte insgesamt 365 Werke von 106 Verlagen zur Auswahl.
Natascha Wodin | Sie kam aus Mariupol | Rowohlt
Zur Begründung
In "Sie kam aus Mariupol" forscht Natascha Wodin nach den Lebensspuren
ihrer ukrainischen Mutter Jewgenia - und stößt auf das Schicksal ihrer
Tante Lidia. Während die Mutter 1943 mit ihrem russischen Mann als
Zwangsarbeiterin in ein Leipziger Montagewerk für Kriegsflugzeuge
verschleppt wurde, kam die Tante zehn Jahre zuvor in ein sowjetisches
Straflager. Das ist die ungeheuerliche Parallelität, die die
Familiengeschichte zerteilt. "Sie kam aus Mariupol" ist nicht aus einem
Guss, weil es angesichts der Brüche des 20. Jahrhunderts gar nicht aus
einem Guss sein kann. In vier hart gefügten Teilen treibt es aus
unterschiedlichen Richtungen seine Stollen durch ein Massiv kollektiver und
individueller Gewalt. Dieses Buch trägt auch ausdrücklich nicht die
Bezeichnung Roman. Doch an der Grenze von Fiktion und Nichtfiktion, wo es
angesiedelt ist, betreibt es autobiografisches Schreiben mit einem hohen
Maß an Selbstreflexion und romanhaftes Schreiben auf der Grundlage von
Lidias Tagebüchern. In diesem genreüberschreitenden Sinn ist es unerhört
zeitgenössisch. Erinnerungsarbeit als Widerstand gegen das eigene
Zerbrechen: Die Rettung, die sich Natascha Wodin davon erhofft, bleibt aus.
Aber die Tapferkeit, mit der sie den Dämonen ins Gesicht sieht, die sie
bannen muss, hat auch etwas ungemein Ermutigendes. Davon kann sich jeder
Leser von "Sie kam aus Mariupol" überzeugen.
Die Autorin
Natascha Wodin, 1945 in Fürth geboren, ist seit 1981 freie Schriftstellerin
und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt für das Manuskript
von "Sie kam aus Mariupol" mit dem Alfred-Döblin-Preis 2015. In ihren
Werken setzt sich Natascha Wodin vor allem mit dem Thema der Entwurzelung,
Fremdheit und Ortlosigkeit auseinander. Zuletzt erschienen sind
"Nachtgeschwister" (Kunstmann, 2009) und "Alter, fremdes Land" (Jung und
Jung, 2014).
Barbara Stollberg-Rilinger | Maria Theresia | C.H. Beck
Zur Begründung
Barbara Stollberg-Rilingers große Biographie über die Habsburgerin ist
tatsächlich bahnbrechend: Zum einen rückt sie eine der bedeutenden
Gestalten in der europäischen Geschichte endlich in das ihr gebührende
Licht. Und dieses Licht ist postmodern, so wie sie es selber formuliert.
Sie sucht nicht die geheime Wurzel, den Generalschlüssel zur Person, so wie
es viele Autoren oft genug versuchen und sich dabei selber täuschen. Sie
beschreibt stattdessen dieses Leben als Inszenierung eines Spiels in vielen
verschiedenen, aber gleichzeitigen Rollen. Natürlich kommt auch die
Liebende vor, die Frau, die Mutter von 16 Kindern, Wut, Enttäuschung,
Tränen. Aber Barbara Stollberg-Rilinger stützt sich nie auf die morsche
Krücke der Psychologisierung. Es gelingt der Autorin, eine ganze Epoche
durch diese Gestalt zu erschließen. Unzählige Quellen werden bezwingend von
ihr arrangiert und gedeutet, Barbara Stollberg-Rilingers Stil ist glänzend,
von dezenter Eleganz. Maria Theresia ist keine Angela Merkel des 18.
Jahrhunderts. Aber diese Biographie schärft dennoch unseren Blick auf
Rituale und Zeremonien heute und deren Logiken. Die symbolische Ordnung und
die Welt der Zeichen in unserer Gegenwart des 21. Jahrhunderts: Sie sieht
man nach der Lektüre präziser, unbestechlicher gleichsam in einem anderen
Licht. Mit dem Begriff "Meisterwerk" sollte man ja lieber sorgsam
haushalten. Aber manchmal wäre es ein sachlicher Irrtum, das M-Wort nicht
auszusprechen. Also: Diese Biographie ist ein Meisterinnenwerk.
Die Autorin
Barbara Stollberg-Rilinger, 1955 geboren, lehrt als Professorin für
Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Münster. Sie wurde für
ihre Forschung mehrmals ausgezeichnet, u. a. mit dem
Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis. Sie veröffentlichte Monographien und
Studienbücher, zuletzt "Rituale" (Campus Verlag, 2013) und "Des Kaisers
alte Kleider: Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches"
(C.H.Beck, 2013).
Eva Lüdi Kong | Die Reise in den Westen | Reclam
Zur Begründung
"Die Reise in den Westen" ist das wohl bedeutendste, in jedem Fall das
populärste Buch der chinesischen Literatur. Bis heute lebt es fort in
Mangas, Filmen, Computerspielen. Wann das Buch entstand, wer sein Autor
ist, das weiß man nicht; in seiner heutigen Fassung ist es rund 400 Jahre
alt. Dieses Buch hat es bislang auf Deutsch nicht gegeben, höchstens in
kleineren Auszügen. Dass es nun in seiner ganzen Fülle und Vielfalt
vorliegt, ist das Verdienst von Eva Lüdi Kong. Es war ein Werk der Liebe,
das viele Jahre in Anspruch nahm. Sie hat es in ein modernes, lebendiges
Deutsch gebracht; aber sie hat noch mehr getan als das. Die vielen uns
Europäern unverständlichen Aspekte hat sie durch einen umfangreichen
Apparat erschlossen und den Kosmos der chinesischen Kultur zugänglich
gemacht, mit all seinen konfuzianischen, buddhistischen, daoistischen,
alchemistischen Traditionen. Frau Lüdi Kong hat 25 Jahre in China gelebt,
und ohne ihre profunden Kenntnisse, Geduld und Begeisterung hätte dieses
außerordentliche Projekt nicht gelingen können. Nicht nur von einer Sprache
in die andere hat sie übersetzt, sondern einen Abgrund der Zeiten und
Denkungsarten überbrückt, treu dem wahren Begriff der Weltliteratur als
einer Literatur aus der ganzen Welt für die ganze Welt.
Die Autorin
Eva Lüdi Kong wurde 1968 in Biel/Bienne in der Schweiz geboren. Bereits
während ihres Studiums der Sinologie in Zürich sowie der Chinesischen
Kalligrafie, der Kunst und der Klassischen Chinesischen Literatur in
Hangzhou war sie als Sprachlehrerin, Dolmetscherin und Übersetzerin tätig.
Sie lebte 25 Jahre in China, arbeitete in Lehre und Forschung und widmet
sich bis heute vorrangig der Übersetzung und Kulturvermittlung.
in der Kategorie Belletristik
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Über den Preis der Leipziger Buchmesse
Der mit 60.000 Euro dotierte Preis der Leipziger Buchmesse wird in diesem
Jahr zum 13. Mal vergeben und ehrt herausragende Neuerscheinungen in den
Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung. Die
Preisverleihung fand am ersten Messetag, dem 23. März, in der Glashalle der
Leipziger Messe statt. Der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig
unterstützen den Preis der Leipziger Buchmesse. Partner des Preises ist das
Literarische Colloquium Berlin (LCB). Medienpartner sind das Magazin
buchjournal, Cicero und Deutschlandradio Kultur.
Über die Leipziger Buchmesse
Die Leipziger Buchmesse ist der wichtigste Frühjahrstreff der Buch- und
Medienbranche und versteht sich als Messe für Leser, Autoren und Verlage.
Sie präsentiert die Neuerscheinungen des Frühjahrs, aktuelle Themen und
Trends und zeigt neben junger deutschsprachiger Literatur auch Neues aus
Mittel- und Osteuropa. Durch die einzigartige Verbindung von Messe und
"Leipzig liest" - dem größten europäischen Lesefest - hat sich die
Buchmesse zu einem Publikumsmagneten entwickelt. Im Verbund mit der
Leipziger Buchmesse öffnet die Manga-Comic-Con (MCC) in Halle 1. Parallel
dazu findet die 23. Leipziger Antiquariatsmesse statt.
Leipziger Buchmesse im Internet:
http://www.leipziger-buchmesse.de
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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. März 2017
Leipziger Messe GmbH
Abteilung: Kommunikation Messen
Messe-Allee 1, 04356 Leipzig
PF 10 07 20, 04007 Leipzig
Ruth Justen, Pressesprecherin Leipziger Buchmesse
Telefon: +49 341 678-6555, Fax: +49 341 678-166555
E-Mail: r.justen@leipziger-messe.de
Leipziger Buchmesse im Internet: http://www.leipziger-buchmesse.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2017
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