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NAHOST/099: Die Frauenbewegung im Iran (ai journal)


amnesty journal 04/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

"Unterstützen, nicht unterdrücken"
Im Iran kämpft die Frauenbewegung trotz aller Einschüchterungsversuche durch die Behörden unbeirrt für ein Ende der Diskriminierungen.

Von Daniel Kreuz


Solange Frauen irgendwo auf der Welt ihre Menschenrechte verweigert werden, kann es keine Gerechtigkeit und keinen Frieden geben." Mit dieser eindringlichen Warnung machten im März 2007 die iranische Menschenrechtsaktivistin und Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi und ai-Generalsekretärin Irene Khan in einem offenen Brief auf die Diskriminierung der Frauenbewegung im Iran aufmerksam. Doch auch ein Jahr später sind die iranischen Frauen immer noch weit von Frieden und Gerechtigkeit entfernt.

Die Frauenrechtlerinnen Ronak Safarzadeh und Hana Abdi sitzen seit Herbst 2007 in Sanandaj in der Provinz Kurdistan im Gefängnis - ohne offizielle Anklage und ohne ihren Anwalt sehen zu dürfen. Keine Einzelfälle im Iran. Wer sich gegen die Diskriminierung von Frauen in der iranischen Gesellschaft engagiert, muss mit Haft, Misshandlungen und Schikanen rechnen. Dies dokumentieren ein Bericht und zwölf Falldarstellungen, die ai am 8. März veröffentlicht hat. Die Organisation fordert darin die iranische Regierung auf, inhaftierte Frauenrechtlerinnen und Frauenrechtler sofort freizulassen, Repressionen gegen die Frauenbewegung einzustellen und diskriminierende Gesetze abzuschaffen.

"Frauen im Iran haben kaum eine Chance, für ihre Rechte einzutreten", sagte Ruth Jüttner, Nahost-Expertin von ai. "Vor allem seit Beginn der landesweiten Kampagne verschiedener Organisationen für Frauenrechte im August 2006 hat die Regierung die Frauenbewegung im Visier." Seit Beginn der Kampagne für Gleichberechtigung haben die Behörden Dutzende Aktivisten unter vage formulierten Vorwürfen verhaften lassen. Immer wieder löste die Polizei friedliche Demonstrationen gewaltsam auf, bedrohte und behinderte Unterstützer der Frauenbewegung. Seit Januar 2008 blockierten die Behörden die Internetseite der Kampagne mindestens sieben Mal, dem einflussreichen Magazin "Zanan" (Frauen) entzogen sie Ende Januar nach 16 Jahren die Lizenz. Anfang März hinderten die iranischen Behörden die Journalistin und Mitbegründerin der Kampagne für Gleichberechtigung Parvin Ardalan daran, nach Stockholm zu fliegen, wo ihr der Olof Palme-Preis 2007 überreicht werden sollte.

"Statt Frauenrechtlerinnen und Frauenrechtler zu unterdrücken, muss die Regierung endlich rechtliche Verbesserungen für Frauen einführen", sagte Jüttner. "Frauen im Iran werden nach wie vor wie Bürger zweiter Klasse behandelt." Obwohl Frauen im Iran die Hälfte der Bevölkerung stellen, können sie weder Richterinnen werden noch für die Präsidentschaft kandidieren. Bei der Heirat, bei Scheidungen, Erbschaften und beim Sorgerecht haben sie nicht die gleichen Rechte wie Männer, vor Gericht ist die Aussage einer Frau nur halb so viel wert wie die eines Mannes.

Trotz des erhöhten Drucks der Behörden lässt sich die Frauenbewegung im Iran nicht einschüchtern und gibt damit Frauen neue Hoffnung, wie eine 76-jährige Unterzeichnerin der Petition schildert: "Während unsere Brüder ein schönes Leben führten und auf Partys gingen, wurden meine Schwestern von ihren Männern eingesperrt, um zu kochen, zu putzen und Kinder zu bekommen. Als mein Vater starb, bekamen die Brüder den Großteil des Erbes. Für mich ist es jetzt zu spät, aber ich bin froh, dass ich mit meiner Unterschrift dazu beitragen kann, dass in Zukunft junge Frauen nicht dasselbe erleiden müssen wie ich."


Lesen Sie den vollständigen Bericht unter: www.amnesty.org
AI Index: MDE 13/018/2008


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Quelle:
amnesty journal, April 2008, S. 27
Herausgeber: amnesty international
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E-Mail: info@amnesty.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2008