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AFRIKA/157: Angola macht Kritiker der Öl-Industrie mundtot


Presseerklärung vom 2. März 2007

Angola macht Kritiker der Öl-Industrie mundtot

Britischer Menschenrechtlerin droht Spionageprozess


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Regierung Angolas am Freitag vorgeworfen, Kritiker seiner Öl-Industrie und der Ausplünderung seiner ölreichen Exklave Cabinda mit unfairen Gerichtsverfahren mundtot machen zu wollen. So drohe der britischen Menschenrechtlerin Sarah Wykes eine Anklage wegen Spionage. Wykes war Mitte Februar festgenommen und dann gegen Zahlung einer Kaution zwar freigelassen worden, dürfe das Land jedoch nicht verlassen. "Offenbar wollen die angolanischen Behörden an ihr ein Exempel statuieren und so lästige ausländische Kritiker abschrecken, weitere Recherchen über die Korruption in der Öl-Industrie anzustellen", meinte der GfbV- Afrikareferent Ulrich Delius. In Angola selber habe die Regierung mit Repression bereits erreicht, dass es kaum mehr jemand wage, Korruption und Veruntreuung von staatlichen Einnahmen zu kritisieren. Auf dem Korruptionsindex 2006 von Transparency International rangiert Angola auf Platz 142 von 163.

Mindestens vier Milliarden US-Dollar Öleinnahmen seien zwischen 1997 und 2002 spurlos verschwunden. Als am 9. November 2006 mehr als 100 Demonstranten gegen diese skandalöse Veruntreuung protestierten, seien sie verhaftet worden. 27 der Festgenommenen sowie ein Oppositionspolitiker seien zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Der angesehene Journalist und Bürgerrechtler Rafael Marques de Morais, der die Korruption in der Öl-Industrie seit Jahren anprangere, werde wegen seines Engagements um seine berufliche Existenz gebracht und wie ein Staatsfeind behandelt. Marques habe wegen seiner Kritik an Staatspräsident Dos Santos bereits eine Haftstrafe verbüßen müssen.

Sarah Wykes, die für "Global Witness" arbeitet, war am 18. Februar kurz vor einem Treffen mit Menschenrechtlern und Umweltschützern in Cabinda verhaftet worden. Bürgerrechtler, aber auch katholische Priester, kritisieren immer wieder die Ausplünderung und Verelendung Cabindas. Denn der Exklave seien zwar zehn Prozent der Erlöse aus dem Ölexport zugesagt worden, doch nur ein Bruchteil davon komme dort tatsächlich an.

Die seit drei Jahrzehnten um ihre Unabhängigkeit ringende ehemalige portugiesische Kolonie Cabinda garantiere rund 60 Prozent der Ölausfuhr Angolas. Öleinnahmen machten 42 Prozent des Bruttosozialprodukts und 90 Prozent des Staatshaushalts aus. Der südwestafrikanische Staat sei heute der weltweit bedeutendste Öllieferant Chinas. Im Dezember 2006 habe sich Angola der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) angeschlossen und steht mit einer Förderung von 14 Million Barrel am Tag an achter Stelle der bedeutendsten Ölförderer der Welt. Die Förderung soll bis Ende 2008 mindestens verdoppelt werden.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 2. März 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2007