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AFRIKA/180: Düstere Bilanz des Blauhelm-Einsatzes im Westsudan


Presseerklärung vom 29. Juli 2008

Weltsicherheitsrat beschließt vor einem Jahr Darfur-Friedenstruppe der Vereinten Nationen (31.7.)

Düstere Bilanz des Blauhelm-Einsatzes im Westsudan:
Internationale Gemeinschaft versagt Zivilbevölkerung Schutz


Ein Jahr nach dem Beschluss des Weltsicherheitsrates, eine gemeinsame Friedenstruppe der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union nach Darfur in den Westen des Sudan zu entsenden, hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag eine niederschmetternde Bilanz über den Blauhelmeinsatz gezogen. "Statt die Zivilbevölkerung zu schützen, sind die Friedenstruppen vor allem bemüht, ihr eigenes Überleben zu sichern", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Unzureichend ausgestattet und mit ungenügendem Mandat seien die Blauhelme der UNAMID-Truppe zum Spielball der sudanesischen Konfliktparteien geworden. Die GfbV warnte jedoch davor, die UNAMID zum Sündenbock zu machen. Nicht die Blauhelme, sondern die internationale Gemeinschaft trage die Verantwortung für das Versagen der Friedenstruppen.

Es sei ein Skandal, dass noch immer kaum neue Blauhelme im Westsudan eingetroffen seien. Von den versprochenen 19.555 Soldaten und 6.432 Polizisten seien bislang nur 8.000 Soldaten und 1.800 Polizisten in Darfur, und dies sei überwiegend das gleiche Personal, das auch bereits unter der gescheiterten AU-Mission gedient habe. "Angesichts von 180.000 neuen Vertriebenen seit Januar 2008 und 160 überfallenen Lastwagen-Konvois mit Hilfsgütern muss die internationale Gemeinschaft endlich mehr Engagement für den Schutz der Zivilbevölkerung zeigen", forderte Delius und kritisierte, dass der Weltsicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft auf die ständige Behinderung der UNAMID nicht konsequent reagiert hätten.

Ungestraft habe Khartum monatelang Land für den Bau von Unterkünften sowie die Einfuhr von Ausrüstungsgütern verweigert. Die Blauhelme seien am Verlassen der Camps gehindert und mit Überfällen eingeschüchtert worden. Außerdem werde die beharrliche Weigerung der sudanesischen Regierung, von der UNAMID angeforderte weitere Truppen aus Asien in das Blauhelmtruppen-Kontingent aufzunehmen, weitgehend tatenlos hingenommen.

Die Drohungen von Bona Malwal, einem Berater des sudanesischen Staatspräsidenten, der Sudan könne nach der Aufnahme von Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Präsident Omar al-Bashir nicht mehr für die Sicherheit der UNAMID garantieren, seien längst Realität. Denn schon vor Beginn des Streits über eine Strafverfolgung des Regierungschefs sei die UNAMID so unter Druck gekommen, dass sie ihre Aufgabe kaum erfüllen könne. Immer wieder würden die Blauhelme in Hinterhalte von Milizen geraten, die mit der sudanesischen Regierung verbündet seien. Zuletzt waren dabei am 9. Juli sieben UNAMID-Soldaten getötet und mehr als 20 verletzt worden.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 29. Juli 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
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E-Mail: info@gfbv.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2008