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AFRIKA/312: Somalia - Statt Militärintervention mehr Einsatz für Frieden und Menschenrechte gefordert


Presseerklärung vom 30. Dezember 2011

Streit um Anti-Piraten-Einsatz am Horn von Afrika

Statt Militärintervention in Somalia mehr Einsatz für Frieden und Menschenrechte gefordert


Der geplante Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Anti-Piraten-Kampf an der Küste Somalias ist nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) riskant und wenig hilfreich. "Statt neue Militärinterventionen zu erwägen, sollte sich Europa mehr für Frieden und Menschenrechte in Somalia einsetzen", forderte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Ausländische Militärinterventionen hätten in den vergangenen 20 Jahren dort nur mehr Gewalt geschürt. "Zwar ist es richtig, dass der Kampf gegen Piraterie vor Somalias Küste an Land entschieden wird. Doch dazu gehört mehr als Aktionismus und medienwirksame Kampfeinsätze. Ohne eine landesweit anerkannte Regierung und Stabilität in Somalia ist jeder Kampf gegen Piraten aussichtslos."

Sechs Monate nach dem großen Medieninteresse an Somalia ist es ruhig geworden um die schlimmste Katastrophenregion der Welt. "Doch noch immer sind dort 250.000 Menschen vom Hungertod bedroht und mehr als vier Millionen Menschen auf der Flucht vor Hunger und Krieg", berichtete Delius. Seit Oktober mussten erneut 54.000 Menschen fliehen, davon 19.000 vor Kämpfen in der Hauptstadt Mogadischu. Im kenianischen Flüchtlingslager Dadaab leben nun schon 450.000 Flüchtlinge unter katastrophalen Bedingungen. 172.000 von ihnen suchten allein in diesem Jahr dort Zuflucht. Seit der Militärintervention Kenias in Südsomalia im Oktober 2011 ist ihre Lage noch schwieriger geworden, weil radikal-islamische Al Shabaab-Milizen die Camps angreifen. Aber auch humanitäre Helfer sind seitdem noch gefährdeter. So wurden am 23. Dezember 2011 zwei Mitarbeiter des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen und ein weiterer Helfer in der Provinz Hiraan erschossen.

Auch in Mogadischu steht es nach GfbV-Angaben schlecht um Menschenrechte. Somalische Journalisten können nur unter Lebensgefahr arbeiten. Im Jahr 2011 wurden vier somalische Journalisten bei ihrer Arbeit ermordet, sieben angeschossen und 19 Medienvertreter willkürlich verhaftet. "Nicht nur die Al Shabaab-Miliz tritt Menschenrechte mit Füßen, sondern auch die von der Europäischen Union unterstützte Übergangsregierung Somalias." Journalisten werden systematisch von Regierungssoldaten und Milizionären eingeschüchtert und ohne Haftbefehl festgenommen. "Hier ist Europas Engagement gefragt, um seinen Bündnispartner endlich zur Beachtung grundlegender Menschenrechte zu bewegen", sagte Delius.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. Dezember 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2011