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AFRIKA/396: Mali - Appell an den neuen Präsidenten, Menschenrechtsverletzungen aufzuarbeiten


Presseerklärung vom 18. September 2013

Mali: Neuer Präsident feiert Amtsantritt (19.9.)

Versöhnung herbeiführen - Straflosigkeit beenden - alle Menschenrechtsverletzungen konsequent aufklären!



Anlässlich der Feiern zum Amtsantritt des neuen Präsidenten von Mali mit internationalen Staatsgästen am Donnerstag in Bamako hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine konsequente Aufarbeitung aller Menschenrechtsverletzungen verlangt, die im Bürgerkrieg begangen wurden. "Vordringlichste Aufgabe von Ibrahim Boubacar Keita muss es sein, die Straflosigkeit zu beenden. Nur so kann eine Versöhnung zwischen den verfeindeten ethnischen Gruppen in dem westafrikanischen Land erreicht werden", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. Dem Ausgleich zwischen Tuareg, Arabern und afrikanischen ethnischen Gemeinschaften kommt eine Schlüsselrolle bei der Stabilisierung Malis nach dem Bürgerkrieg zu.

"Keita hat zwar die Versöhnung zwischen den aufständischen Tuareg in Nord-Mali sowie den Arabern und afrikanischen Ethnien im Süden des Landes zu einem seiner wichtigsten Regierungsprojekte erklärt. Doch es reicht nicht aus, einen dafür zuständigen Minister zu ernennen und neue gemischte Kommissionen zu bilden", sagte Delius. "Das Misstrauen zwischen den Volksgruppen sitzt tief und kann nur überwunden werden, wenn aufrichtig über die von allen Konfliktparteien begangenen Menschenrechtsverletzungen informiert wird und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Bislang gibt es leider wenig erkennbare Bemühungen, die Straflosigkeit zu beenden."

Bei der Armee und der Bevölkerung im Süden des Landes hat ein Massaker an 82 Soldaten in der Garnisonsstadt Aguel'hoc ein Trauma ausgelöst. Die Soldaten hatten sich nach siebentägigem Kampf den Rebellen ergeben und sollen am 24. Januar 2012 erschossen worden sein. Bislang ist nicht geklärt, ob Kämpfer der Tuareg-Freiheitsbewegung MNLA, die jegliche Beteiligung an dem Verbrechen bestreitet, oder islamistische Ansar-Dine-Rebellen dafür verantwortlich waren.

Aber auch von Regierungssoldaten wurden massive Menschenrechtsverletzungen an Tuareg und Arabern allein aufgrund ihrer ethnischen Abstammung verübt. So ist der Verbleib von mehr als 140 Verschleppten oder Verhafteten bis heute ungeklärt. Mindestens 300 gewaltsame Todesfälle von Zivilisten und 1.400 Plünderungen von Geschäften und Häusern durch Soldaten sind noch nicht aufgeklärt. Ständig werden neue Übergriffe regulärer malischer Soldaten auf Tuareg gemeldet, obwohl die französische Armee sich um eine Trennung der verfeindeten Gruppen bemüht und die UN-Friedenstruppe MINUSMA dazu aufruft, alle Vorfälle zu melden. So wurden am 6. September in einem Nomadenlager sieben namentlich der GfbV bekannte Tuareg willkürlich von Soldaten verhaftet. Fünf weitere Männer wurden am gleichen Tag in einem anderen Camp in Nord-Mali festgenommen. Vier der Verhafteten wurden eine Woche später freigelassen, doch ihre Körper trugen deutliche Spuren von Misshandlungen.

"Außerdem muss endlich geklärt werden, wie und wann die mehr als 200 inhaftierten islamistischen Kämpfer juristisch zur Verantwortung gezogen werden", sagte Delius. "Ein neues Guantanamo-Desaster in der Sahara muss unbedingt verhindert werden."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 18. September 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2013