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AFRIKA/472: Somalia - Warnung vor Hungerkatastrophe und Gewalt


Presseerklärung vom 9. Juli 2014

Somalia drei Jahre nach dem Hungertod von 250.000 Menschen

- Somalia droht neue Hungerkatastrophe
- Gewalt nimmt weiter zu
- Bundeswehr-Ausbilder sind nicht sicher



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert mehr humanitäre Hilfe für Somalia, da dem Land erneut eine Hungerkatastrophe droht. "Rund 850.000 Menschen brauchen dringend Hilfe, damit im Sommer 2014 nicht erneut ein Massensterben einsetzt", warnte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. Nur ein Viertel der benötigten Nahrungsmittelhilfe ist bislang durch internationale Zusagen gedeckt. Noch größer ist die Unterdeckung in anderen Bereichen der Katastrophenhilfe wie zum Beispiel bei der Versorgung mit Zelten. "Der schreckliche Hungertod von 250.000 Menschen im Jahr 2011 sollte eine Mahnung sein, Somalia nicht erneut zu vergessen." Nachdrücklich haben auch die Vereinten Nationen in dieser Woche vor einer neuen Hungerkatastrophe gewarnt und insbesondere auf das Schicksal von 200.000 unterernährten Kindern im Alter unter fünf Jahren aufmerksam gemacht.

"Mit großer Besorgnis verfolgen wir aber auch die Eskalation politisch motivierter Gewalt in Somalia", berichtete Delius. "Das seit 23 Jahren von Bürgerkrieg erschütterte Land ist weit von Stabilität und Frieden entfernt, ungeachtet der EUTM-Ausbildungsmission für die somalische Armee, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist." So griffen mutmaßliche Kämpfer der extremistischen Al Shabaab-Milizen am Dienstag den Präsidentenpalast in Mogadischu an und lieferten sich stundenlange Feuergefechte mit Soldaten. Bereits zweimal wurde in den vergangenen zwei Wochen das Parlament mit Autobomben angegriffen. Auch wurde der langjährige Parlamentarier Mohamed Mahmoud Heyd von Al Shabaab-Kämpfern erschossen und der Abgeordnete Abdullahi Ahmed Oonka schwer verletzt. "Es gibt keine Sicherheit in Mogadischu, auch nicht für die Bundeswehr-Ausbilder", erklärte Delius. "Al Shabaab hat weitere Anschläge während des Ramadan angedroht und diese Drohung muss sehr ernst genommen werden. Sie wird auch die Arbeit der Nothelfer erschweren."

Die Lage der Zivilbevölkerung in Somalia wird noch dadurch erschwert, dass ausländische Staaten Geldtransfers in das Bürgerkriegsland einschränken, weil sie befürchten, islamische Extremisten zu fördern. Doch 40 Prozent aller Familien in Somalia sind auf diese Transfers von im Ausland lebenden Angehörigen angewiesen. Die 85.700 in den USA lebenden Somalis können auf Anordnung der US-Finanzbehörden nur noch bis Ende Juli 2014 das traditionelle Hawala-System nutzen, um ihre Familien zuhause zu unterstützen. Das Hawala-System beruht auf Vertrauen. So wird Geld bei einer Person in den USA eingezahlt, die den Betrag in Landeswährung über einen Mittelsmann an die Angehörigen in Somalia auszahlen lässt. "Hawala mag nach unseren Kriterien illegal sein, für viele Somalier ist es ein Strohhalm, um ihr Überleben zu sichern."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 9. Juli 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2014