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EUROPA/413: Europas perverse Annäherung an Serbien


Presseerklärung vom 8. November 2007

Europas perverse Annäherung an Serbien:

Die Täter und Mitläufer dürfen rein - die Opfer bleiben draußen!


Als perverse Annäherung Europas an Serbien hat der Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker International Tilman Zülch heute die Erklärung des EU Kommissars Olli Rehn bezeichnet, Serbien habe bei der Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal Fortschritte gemacht. "Fast jedem ist heute bekannt, dass die Regierung Serbiens um die Aufenthaltsorte der beiden Hauptkriegsverbrecher Ratko Mladic und Radovan Karadzic weiß", kommentierte Zülch. Mit Rücksicht auf die nationalistisch gestimmte Mehrheit im Lande, würde die Fahndung unterlassen und so die Auslieferung der beiden Haupttäter unmöglich gemacht. Es sei unerträglich, dass das Täterland Serbien nun an die EU heranrücken dürfe und dem Opferland Bosnien-Herzegowina dieses Privileg verwehrt würde, so der Präsident der GfbV-International. Und dies nicht zuletzt deshalb, weil die so genannte "Republika Sprska" als ethnisch gesäuberte Hälfte Bosniens im Auftrag des Nachbarn Serbien Fortschritte des bosnischen Staatsaufbaues blockiere und die von der EU geforderten Reformen obstruiere. "So werden die bosnischen Überlebenden der Konzentrations- und Vergewaltigungslager, der Massaker und jahrelangen Beschießungen doppelt bestraft". Serbien hatte gestern das so genannte Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU in Brüssel paraphiert.

Im Folgenden skizzieren wir noch einmal die verbrecherischen Methoden dieses einzigartigen Genozids in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg, der von Belgrad ausging. Wir gedenken aller Opfer, die zu über 90 % Bosniaken (Muslime) waren, aber ebenso unvergessen sind die Opfer der kroatischen, serbischen, jüdischen und Roma Nationalitäten Bosniens:

1. Errichtung von über hundert Konzentrations- und Internierungslagern und Inhaftierung von über 200 000 Zivilisten.

2. Ermordung von bis zu 30.000 Häftlingen in Lagern wie Omarska, Manjaca, Keraterm, Trnopolje, Luka Brcko, Susica, Foca u.a.

3. Vergewaltigung von bis zu 30 000 Frauen und Errichtung von Vergewaltigungslagern, die zum Teil monatelang betrieben wurden.

4. Systematische Verhaftung und Ermordung von Angehörigen der akademischen und politischen Eliten, sowie von Wirtschaftsführern.

5. Flucht und Vertreibung von etwa 2,2 Millionen Bosniern und die Zerstreuung von Hunderttausenden über vier Erdteile.

6. Zum Teil jahrelange Einkesselung, Aushungerung und Beschießung von über 500 000 Bosniern, in so genannten UN-Schutzzonen über fast vier Jahre (Sarajevo, Gorazde, Srebrenica, Tuzla, Zepa und Bihac).

7. Tötung von über 11.000 Einwohnern der Stadt Sarajewo, darunter 1500 Kindern.

8. Massaker und Massenerschießungen in zahlreichen Gemeinden und Städten, Nord-, West- und Ostbosniens (Posavina, Raum Prijedor und Podrinje).

9. Ermordung von über 8300 Knaben und Männern in Srebrenica

10. Verscharrung der Ermordeten in über 600 Massengräbern in allen besetzten Gebieten.

11. Planmäßige Zerstörung zahlreicher Dörfer und osmanischer Altstädte.

12. Totale Zerstörung der materiellen islamischen und weitgehend auch der katholischen Kultur, darunter etwa 1.300 Moscheen und Medresen und etwa 500 katholische Kirchen.

13. Suche nach immer noch etwa 13 000 Vermissten und deren notwendige Exhumierung und Identifizierung


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 8. November 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2007