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EUROPA/544: Keine neuen Abschiebungen in den Kosovo!


Presseerklärung vom 13. Februar 2012

Tod durch Lawine im Kosovo
Neue angekündigte Abschiebungen nach Kosovo und Serbien setzen verarmte und traumatisierte Roma-Flüchtlinge einem Kältetod aus!


"Wiedergutmachung darf sich nicht länger auf Sonntagsreden beschränken. Roma-Familien, Kinder, Frauen und Männer, die seit vielen Jahren unter uns leben, dürfen nicht länger ins Nichts abgeschoben werden und schon gar nicht in die eisige Kälte", forderte heute Tilman Zülch, Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Politiker, die so etwas verantworten, haben nichts aus unserer Vergangenheit gelernt. Das ist verbrecherisch."

Zurzeit wecken immer neue Ankündigungen über die Abschiebungen von Roma aus Deutschland Angst und Schrecken unter den Betroffenen. Auch am morgigen Dienstag sollen wieder langansässige Roma-Familien aus Deutschland von Düsseldorf aus ins Nichts deportiert werden.

Ganz Osteuropa versinkt in diesem Winter im Schnee. Hunderte von Menschen sind in vielen Teilen Osteuropas bereits erfroren. Gestern sind im Kosovo acht Menschen von einer Lawine getötet worden. Es liegen bis zu drei Meter Schnee und die Temperaturen auf dem Balkan sinken auf bis zu -20°C. Die Mehrheit der Roma lebt in behelfsmäßigen Behausungen aus Holz- oder Plastikteilen oder in barackenähnlichen Behausungen, meist ohne jede Isolierung gegen die Kälte. Viele verfügen nicht über Wasseranschlüsse. In zahlreichen Regionen des früheren Südjugoslawien ist die Energieversorgung zusammengebrochen, sind die Wasserleitungen geplatzt. Es gibt dann kein fließendes Wasser. Trinkwasser in den Supermärkten zu kaufen, ist für die meisten Menschen unerschwinglich.

"Wenn Innenminister von Bund und Ländern, Ministerpräsidenten, Landesregierungen und Parlamentsfraktionen unter diesen Umständen ausgerechnet Roma-Familien, also die Ärmsten der Armen in Südosteuropa, abschieben, kommt das Deportationen gleich", sagte Zülch.

"Wir waren im Januar 1945 Millionen zu Fuß oder mit Pferdewagen, auf der Flucht oder auf den Vertreibungsmärschen", erklärte Zülch. "Und Hunderttausende, meist Kleinkinder, Alte, Kranke und Verwundete, haben das mit ihrem Leben bezahlt. Schließlich erinnert die Abschiebung der Roma auch an die Deportationen von Sinti und Roma durch die Nazis, denen die Vernichtung von 500.000 Angehörigen dieses Volkes folgte."


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. Februar 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2012