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EUROPA/564: Serbien - Entschuldigung für Verbrechen an Bosniaken ist erster Schritt zu einer Versöhnung


Presseerklärung vom 25. April 2013

Serbien: Entschuldigung für Verbrechen an Bosniaken ist erster Schritt hin zu einer Versöhnung

Jetzt Wiedervereinigung Bosniens einleiten!



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt, dass sich der serbische Präsident Tomislav Nikolic für die Verbrechen, die im Namen Serbiens an Bosniaken begangen wurden, entschuldigt hat. "Es ist ein Schritt nach vorn, wenn Nikolic nach Srebrenica fahren und dort kniend um Verzeihung für Serbien bitten will", erklärte der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch am Donnerstag in Göttingen. "Mit dem Eingeständnis, dass im Namen Serbiens Verbrechen in Srebrenica und Bosnien-Herzegowina begangen wurden, legt Nikolic den Grundstein für eine Wiedergutmachung nicht nur gegenüber der bosnisch-muslimischen Bevölkerung, sondern auch gegenüber den Zehntausenden bosnischen Serben, die während der vierjährigen Belagerung und Beschießung von Sarajevo mit bosniakischen, kroatischen und jüdischen Bosniern sowie bosnischen Roma in der Landeshauptstadt ausgeharrt haben." Bisher haben alle offiziellen serbischen Stellen den Völkermord an 8.372 muslimischen Bosniern in Srebrenica - unter ihnen rund 300 Frauen und 1.000 Jugendliche - geleugnet.

"Serbien, dessen damaliger Präsident Slobodan Milosevic und Militärs den Krieg gegen Bosnien planten und führten, muss jetzt die Wiedervereinigung des geteilten Landes einleiten und so zur Versöhnung und Wiedergutmachung beitragen", erklärte Zülch. "Das Apartheidsystem, das den Bosniern mit dem Friedensabkommen von Dayton aufgezwungen wurde und für das auch das wiedervereinigte Deutschland Mitverantwortung trägt, muss beendet, der multiethnische Charakter Bosnien-Herzegowinas wieder hergestellt werden." Deutschland hatte nicht nur ca. 350.000 bosnische Flüchtlinge aufgenommen, sondern auch schwere Schuld auf sich geladen, als es etwa 250.000 Bosnier, die ganz überwiegend bis heute nicht in die serbisch kontrollierte Hälfte ihres Landes zurückkehren konnten, zur Auswanderung nach Westaustralien, an den Mississippi und sogar in den Mormonenstaat Utah gezwungen.

Die GfbV-Int., die Büros in Sarajevo und Srebrenica unterhält, hat den Genozid in Bosnien-Herzegowina 1992 bis 1995 verfolgt und dokumentiert. Nach Schätzungen der internationalen Menschenrechtsorganisation fielen ihm etwa 150.000 Menschen zum Opfer, wenn die Alten, Kranken und Kinder, die während Flucht und Vertreibung starben, mit einbezogen werden. Tag für Tag haben GfbV-Mitarbeiter mit Augenzeugen in den eingeschlossenen Enklaven von Srebrenica, Gorazde und Zepa über Funk telefoniert und die Weltöffentlichkeit über die Verbrechen der serbischen Truppen informiert. Die GfbV hat die Interessen der Witwen von Srebrenica durch Appelle, Presserklärungen und immer wieder auch mit Menschenrechtsaktionen vor dem Gebäude des Internationalen Kriegsverbrechertribunals in Den Haag vertreten, für sie aber auch Informationen über Verbrechen gesammelt.

Tilman Zülch ist auch erreichbar unter Tel. 0151 153 09 888. Der GfbV-Generalsekretär ist Träger des Srebrenica-Preises 1995 der Union der Srebrenica-Verbände sowie des Silberordens des Präsidiums der Republik Bosnien und Herzegowina.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 25. April 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2013