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MELDUNG/146: Afghanistan ist nicht sicher! Abschiebungen stoppen!


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 31. Mai 2017

Schwerer Bombenanschlag in Kabul:
Afghanistan ist nicht sicher - Abschiebungen stoppen!


Nach dem schweren Bombenanschlag auf das Kabuler Diplomatenviertel hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Mittwoch einen Stopp der Abschiebungen von Flüchtlingen nach Afghanistan gefordert. "Es ist unverantwortlich, hilflose Flüchtlinge in ein Land zurückzuschicken, in dem ihr Leben tagtäglich in Gefahr ist", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius in Göttingen. "Der jüngste schwere Terroranschlag in dem hoch gesicherten Wohngebiet der ausländischen Diplomaten hat gezeigt, dass es selbst in der afghanischen Hauptstadt keine Sicherheit für Zivilisten gibt. Wer unter diesen Bedingungen abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan schickt, nimmt in Kauf, dass sie zu Tode kommen. Was muss noch passieren, damit deutsche Politik sich endlich eingesteht, dass dieses Land ein Kriegsgebiet ist?"

Bei dem Terroranschlag wurden am Mittwoch in Kabul in der Nähe der deutschen Botschaft mindestens 49 Menschen getötet und 320 Personen verletzt. Am 27. Mai 2017 waren in der Stadt Khost im Osten Afghanistans 13 Menschen bei einem Autobombenanschlag getötet worden. Nur einen Tag zuvor, am 26. Mai, waren 15 Soldaten bei einem Taliban-Angriff auf eine Armeebasis in der Provinz Kandahar gestorben. Rund 140 Soldaten wurden bei einem Anschlag auf eine Militärbasis in Mazar-I-Sharif am 21. April 2017 getötet. "Die Liste der schrecklichen Terrorangriffe lässt sich fortführen und dokumentiert, wie katastrophal es um die Sicherheit in ganz Afghanistan steht", sagte Delius. "Der heutige Anschlag macht deutlich, dass Kabul auch nicht als sichere Enklave in einem immer mehr von Bürgerkrieg gezeichneten Land angesehen werden kann, wie von deutschen Politikern bislang oft betont wurde." Die Gewalt der Taliban richtet sich nicht nur gegen Armee, Polizei, Entwicklungshelfer und ausländische Soldaten, sondern besonders auch gegen die Bevölkerungsgruppe der Hazara, die immer wieder Opfer von Terroranschlägen werden.

Wie sehr sich die Sicherheitslage in dem Land verschlechtert hat, wird auch an der stark gestiegenen Zahl von US-Luftangriffen auf mutmaßliche Stellungen der Taliban in Afghanistan deutlich. Mit 900 registrierten Einsätzen verdreifachte sich die Zahl der US-Bombardements zwischen Januar und April 2017 gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr. Mit großer Besorgnis verfolgt die GfbV, dass auch die Zahl der zivilen Opfer dieser Luftangriffe enorm angestiegen ist. Im Jahr 2017 wurden bis einschließlich April bereits 72 Zivilisten getötet und 76 Menschen verletzt, während im gleichen Zeitraum 2016 nur acht Personen zu Tode kamen und 21 verletzt wurden. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 250 Zivilisten durch US-Luftangriffe getötet und 340 verletzt.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 31. Mai 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2017

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