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MELDUNG/148: Kritik an geplantem Konzert der Hamburger Techno-Band Scooter auf der Krim


Presseerklärung vom 16. Juni 2017

Geplantes Konzert von Hamburger Techno-Band Scooter auf der Krim kritisiert:
Würde Scooter auch in Guantanamo auftreten?

Keine Normalität vorgaukeln!
Krimtataren leiden unter Putins Schreckensherrschaft!


Auf scharfe Kritik ist der Plan der Hamburger Techno-Band Scooter, auf der von Russland völkerrechtswidrig besetzten Krim aufzutreten, bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gestoßen. "Jedes Konzert auf der Krim ist politisch hoch brisant, auch wenn man sich als Musiker aus der Politik heraushalten will. Denn es erweckt den Eindruck von normalem Leben, das es auf der Halbinsel nicht mehr gibt", erklärte die GfbV am Freitag in einem Fax-Schreiben an die Band. "Die 280.000 Krimtataren auf der Halbinsel leiden unter Diskriminierung, Verfolgung und Angst. Razzien, Verhaftungen und ihre systematische Ausgrenzung aus dem öffentlichen Leben dürfen nicht beschönigt und verdeckt werden. Selbst wenn Scooter sich von der russischen Besatzungsmacht nicht politisch instrumentalisieren lassen will, spielt das Konzert Putins Schergen in die Hände. Sie bemühen sich händeringend, den Tourismus auf der Krim zu fördern, um die Folgen des Ausbleibens von Urlaubern aus westlichen Staaten auszugleichen."

Die Techno-Band will am 4. August bei einem Festival in Balaklawa, einem Stadtteil von Sewastopol, auftreten. Scooters Manager Jens Thele zeigte sich überrascht über Kritik an dem Auftritt und betonte, die Musiker seien sich bewusst, dass die Krim annektiert sei, aber man komme nur für die Musikfans, denen man eine Freude bereiten wolle. "Wir fragen uns, wo der nächste Auftritt der Band sein wird", sagte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Vielleicht im US-Gefangenenlager Guantanamo? Auch da gibt es unter den Wärtern sicher Techno-Fans."

Seit am 26. Februar 2014 Tausende Krimtataren in Simferopol gegen die bevorstehende Besetzung durch Russland demonstrierten, sind rund 30.000 Krimtataren von der Halbinsel geflohen. "Willkürliche Hausdurchsuchungen und Razzien, "Verschwindenlassen", politisch motivierte Gerichtsprozesse und die Zerschlagung ihrer Selbstorganisationen sowie eine systematische Politik der Russifizierung bestimmen seither das Leben der auf der Halbinsel verbliebenen Krimtataren", berichtete Delius. So wurde ihre bedeutendste Selbstvertretung, der Medschlis, im Jahr 2016 als "extremistische Organisation" eingestuft und alle Aktivitäten dieses Gremiums wurden verboten. Der Medschlis gilt als eine Art "Regierung" der Krimtataren.

Mehr als 177 Personen wurden im Jahr 2016 auf der Krim aus politischen Gründen zeitweise festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt, mehr als 90 Prozent sollen Krimtataren gewesen sein. Sie befürchten, dass ihre Daten für spätere Strafverfahren verwendet werden könnten. Mehr als 50 Mal durchsuchten Beamten des Geheimdienstes und der Polizei Häuser, Wohnungen, Moscheen und andere Gebäude zumeist von Krimtataren.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 16. Juni 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2017

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