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NAHOST/090: Erneut Mandäer im Irak entführt


Presseerklärung vom 3. Juli 2008

Erneut Mandäer im Irak entführt

Bereits 25.000 der 30.000 Mandäer geflohen


Im Irak reißt die Kette der Übergriffe auf Angehörige der mandäischen Glaubensgemeinschaft nicht ab. Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag erfuhr, ist im Süden des Landes wieder ein Mandäer Öpfer einer Entführung geworden. Die Täter fordern von der Familie des 18-jährigen Abraham Hakim Nuri Al-Dihesi ein Lösegeld in Höhe von 150.000 US-Dollar.

Der junge Mann war am 29. Juni 2008 in der Stadt Zubayr in der Provinz Basra gemeinsam mit seinem Vater auf dem Heimweg von der Arbeit in ihrem Juweliergeschäft, als sie von maskierten Männern angegriffen wurden. Der Vater wurde zusammengeschlagen und am Tatort zurückgelassen, Abraham hingegen wurde von den Tätern verschleppt. Obwohl zur selben Zeit ganz in der Nähe ein Polizeiwagen stand, griffen die Ordnungshüter nicht ein, sondern warteten, bis die Entführer verschwunden waren. Am Tag nach der Tat erhielt der Vater einen Brief mit der Lösegeld-Forderung.

Die Entführung reiht sich ein in eine lange Serie von Übergriffen, der die mandäische Bevölkerung im Irak schon seit längerem ausgesetzt ist. Erst Mitte Juni war ein Mandäer in Bagdad im Stadtviertel Althoura auf dem Weg zur Arbeit in den Stadtteil Al Qahera entführt worden. Nachdem ein Angehöriger des Verschleppten 30.000 US Dollar bezahlt hatte, wurde der Mandäer am 28. Juni wieder freigelassen, berichtete ein GfbV-Mitarbeiter aus Bagdad. Bereits im Februar 2008 starben zehn Mitglieder einer mandäischen Familie bei einem gezielten Raketenangriff auf ihr Haus im Gebiet Alaza in Kut. Sie hatten zuvor Drohungen von Islamisten erhalten.

Vor dem andauernden Terror und Gewaltverbrechen an Angehörigen ihrer Glaubensgemeinschaft sind inzwischen etwa 25.000 der ehemals rund 30.000 Mandäer des Irak in die Nachbarländer geflüchtet. Sollten die Anfeindungen, Bedrohungen und Angriffe weiterhin anhalten, werden wohl auch sehr bald die restlichen 5.000 Mandäer aus dem Irak verschwunden sein, befürchtet die GfbV. Damit wäre der fast 2.000jährigen Geschichte dieser Religion im Irak ein Ende gesetzt. Weltweit hat die mandäische Glaubensgemeinschaft, die ihre Ursprünge auf Johannes den Täufer zurückführt, nur noch etwa 60.000 Angehörige. Rund 1.200 von ihnen leben in Deutschland.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 3. Juli 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2008