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INTERNATIONAL/130: Peru - Indigene wollen Land zurück, Vergabe von Landtiteln liegt auf Eis (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Oktober 2012

Peru: Indigene wollen Land zurück - Vergabe von Landtiteln liegt auf Eis

von Milagros Salazar


Yagua-Indigene aus dem Department Loreto im peruanischen Amazonas-Gebiet - Bild: © Richard Smith/IBC

Yagua-Indigene aus dem Department Loreto im peruanischen Amazonas-Gebiet
Bild: © Richard Smith/IBC

Lima, 18. Oktober (IPS) - In den vergangenen zwei Jahren haben die Indigenen in Peru kaum neue Landtitel erhalten. Stattdessen wirbt das südamerikanische Land um Investitionen ausländischer Unternehmen. Die sollen Rohstoffe auf genau den Gebieten ausbeuten, die die Indigenen seit Jahrhunderten bewohnen, und die daher ihr Wohnrecht einfordern.

"Ohne Landtitel müssen wir von einem Ort an den anderen ziehen. Man bedroht uns", erzählt Valbina Miguel Toribio von der Ethnie Yanesha aus der Amazonas-Region Pasco. "Immer mehr Unternehmen lassen sich hier nieder. Das einzige, was wir dagegen tun können, ist, dafür zu sorgen, dass uns die Gebiete offiziell zugesprochen werden und wir die Landtitel dafür in den Händen halten."

Doch die Vergabe von Landtiteln liegt seit zwei Jahren auf Eis. Zwischen 2006 und 2010 hat die Regierung unter Alan García nur 19 Landtitel an Indigene vergeben. Die leben immerhin verteilt auf 27 Prozent der gesamten Fläche des Landes. In 23 Fällen wurde indigenes Territorium ausgeweitet, zeigen Zahlen der Organisation zur Formalisierung informellen Eigentums (Cofopri). Zwar leiden unter der Situation auch die Indigenen aus den peruanischen Anden und der Küste. Doch am schwersten betroffen sind die Amazonas-Indigenen. Wo sie leben ist der Rohstoffreichtum groß, und an Investitionen von ausländischen Unternehmen mangelt es nicht.


Mangel an Personal und Finanzen

2010 wurde die Vergabe von Landtiteln von der Cofopri an die Regionalregierungen übertragen. Seitdem wurden so gut wie gar keine Titel mehr vergeben. 24 von 26 Kommunen wurden zwar bereits formell mit der Aufgabe betraut. Doch fehlen ihnen noch wichtige Informationen und vor allem ein Großteil der Fallakten, hieß es aus Kreisen des Ministeriums für Dezentralisierung. Darüber hinaus gibt es auf Ebene der Nationalregierung keine den Prozess regulierende Institution. Ebenso fehlt es an Personal und notwendigen Geldern.

Peru liegt an der Küste des pazifischen Ozeans. Über einen Teil des Land erstrecken sich die Anden, ein anderer gehört zum Amazonas-Regenwald. Das Land ist reich an natürlichen Ressourcen und daher beliebtes Ziel ausländischer Unternehmen, die diese ausbeuten wollen.

Bis Oktober 2010 - aktuellere Zahlen liegen nicht vor - waren für 60 Prozent des Amazonas-Gebietes Konzessionen zur Ausbeutung von Ölreserven vergeben. In den Anden sieht die Situation ähnlich aus: In der nordöstlichen Region Cajamarca beispielsweise wurden für 47,3 Prozent des Territoriums Konzessionen zur Ausbeutung natürlicher Mineralien vergeben.

Die 30 Millionen Einwohner Perus gehören unterschiedlichen Ethnien an. Zahlen vom September 2010 zufolge waren in den Anden und an der Küste 6.069 indigene Gemeinschaften registriert und im Amazonas-Gebiet 1,469.16 Prozent von ihnen verfügten noch über keinerlei Landtitel.

Das nichtstaatliche Institut für Gemeingüter ('Instituto del Bien Común - IBC) geht allerdings davon aus, dass die realen Zahlen wesentlich höher liegen. Im Amazonas-Gebiet könnten sogar viermal so viele Gemeinden ohne Landtitel sein wie von offizieller Seite angegeben.


Unzureichende Informationen

Unzureichende Informationen darüber, wo welche Indigenen beheimatet sind, sind ein großes Problem. "Darauf aufbauend müssen dann politische Maßnahmen ergriffen werden", fordert der Abgeordnete Eduardo Nayap, der zur Ethnie der Awajún gehört. "Wir Indigene fallen einfach aus den Statistiken heraus."

Um diese Lücke zu füllen, hat das Institut für Gemeingüter im April einen Atlas herausgegeben, der die indigenen Gemeinschaften im Amazonas-Gebiet in Peru auflistet. Allerdings stützt er sich lediglich auf offizielle Angaben über die Vergabe von Landtiteln von Februar 1975 bis April 2012. In dem Zeitraum wurden 1.807 Gemeinschaften im Amazonas-Gebiet registriert. 663 von ihnen kämpfen bereits seit mehr als zehn Jahren darum, die Rechte auf ihr Territorium übertragen zu bekommen. (Ende/IPS/jt/2012)


Links:

http://www.cofopri.gob.pe/
http://www.ibcperu.org/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=101729
http://www.ipsnews.net/2012/10/communal-land-titling-at-a-standstill-in-peru/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. Oktober 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2012