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STANDPUNKT/128: Hingehen und diskutieren - Erfahrungen mit den "Montagsmahnwachen" (Zivilcourage)


ZivilCourage Nr. 4 - November 2014
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

Hingehen und diskutieren!
Erfahrungen mit den "Montagsmahnwachen"

Von Bernhard Kusche



Auf der Juni-Sitzung des DFG-VK-Bundesausschusses wurden die Montagsmahnwachen in den diversen Städten kontrovers diskutiert.

Meinung 1: Die Veranstaltungen sind von rechts unterwandert, es ist Vorsicht geboten, um von der falschen Seite nicht vereinnahmt zu werden, ergo besser wegbleiben.

Meinung 2: Auch wenn dort Rechte am Mikrofon sind, müssen wir hin, um unsere Sicht der Dinge dazustellen, Kontra zu geben und die Rattenfänger bloßzustellen.

Nach Rücksprache mit dem DFG-VK-Landesausschuss in Bayern habe ich mich dann bereit erklärt, auf einer solchen Mahnwache in Nürnberg eine Rede zu halten. 15 Minuten waren ausgemacht, daraus wurden 30, ohne dass der Veranstalter eingeschritten wäre. Für mich der Beweis, dass meine Argumente gut waren. Nach mir kam eine ältere Dame von Pax Christi mit den bekannten Argumenten, ergänzt durch Lokalkolorit, als letzter dann ein Selbstdarsteller aus Wien mit typisch österreichischem Schmäh, bei dem ich den Friedensbezug nicht gefunden habe.

Ich hatte eine Stunde Zeit, mit den Besuchern und den Veranstaltern/Helfern zu reden. Mein Eindruck ist: Diese Leute sind hilflos. Sie wissen, dass etwas furchtbar schief läuft, bringen ihre Gedanken und Sorgen vor und wissen nicht wohin.

Anfang August war ich dann in Leipzig, habe ebenfalls meine 30 Minuten geredet und eine lebhafte Diskussion angestoßen.

Auf der Friedens-Fahrradtour waren wir montags in Jena. Kurz nach unserer Performance ging dort die Montagsmahnwache los. Nach kurzem Zögern - ich hatte mein Manuskript nicht dabei - sprach ich frei zu den Themen, die ich sicher intus hatte. Auch dort das gleiche Bild: Die jungen Leute wollen etwas tun und wissen nicht recht, wohin mit dem Engagement.

Fazit meiner bisherigen Besuche: Die Menschen sind empört, trauen keinem über den Weg, der irgendwie nach "offizieller Politik" aussieht - und haben keine Ahnung, was in Deutschland an Friedensbewegung das Dasein fristet. DFG-VK, PAX Christi, Friedensratschlag - alles unbekannte Organisationen.

Erkenntnis: Wir als DFG-VK sind viel zu verkopft, zu elitär, zu sehr politikbesessen. Das ganze Geschehen im Frühjahr ist an uns vorbeigegangen; wir haben es erst bemerkt, als die "andere Seite" im Trüben fischte. Nichts wie hin zu den einzelnen Veranstaltungen, unseren Standpunkt einbringen, diskutieren. Es bleiben dann mit Sicherheit einige Leute bei uns hängen. Wir müssen sie "nur" abholen!


Bernhard Kusche ist aktiv im DFG-VK-Landesverband Bayern.

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Quelle:
ZivilCourage Nr. 4 - November 2014, S. 23
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
Werastraße 10, 70182 Stuttgart, Telefon 0711/5189 2626
Redaktion: ZivilCourage, Am Angelweiher 6, 77974 Meißenheim
Telefon: 07824/664 67 94, Telefax: 03212/102 82 55
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Internet: www.zc-online.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich, sechs Mal jährlich
Jahres-Abonnement: 14,00 Euro einschließlich Porto
Einzelheft: 2,30 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2014


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