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STANDPUNKT/165: Innere Militarisierung - Was uns erwartet (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 4 - November 2017
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

Innere Militarisierung: Was uns erwartet
Aufgabe der DFG-VK: Militär und Militarisierung politisch angreifen

von Ralf Buchterkirchen


Begründet mit den Floskeln "Freiheit und Menschenrechte weltweit", "Bekämpfung des internationalen Terrorismus" und einer "Nato-Verpflichtung" wird aktuell eine massive Aufrüstungswelle bei Bundeswehr und Polizei vorbereitet und vorangetrieben. Sicher wird das von der Nato proklamierte 2-Prozent-Ziel (es sollen 2 % des Bruttosozialprodukts für den Wehretat ausgegeben werden) in der nächsten Legislatur in der Bundesrepublik nicht erreicht werden (die FDP fordert im Wahlprogramm übrigens 3 % für "nationale Sicherheit"), aber der Trend zu höheren und dann stetig steigenden Rüstungsausgaben wird sich fortsetzen.

Das wird nicht nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch erhebliche Auswirkungen haben. Vorhandene Militärstandorte werden ausgebaut, auch dürfte die Zahl der unter Waffen stehenden Soldat_innen bald wieder Thema sein. Mehrausgaben für Technik ziehen auch höhere Ausgaben für Personal und neue inhaltliche Prämissen nach sich. Gerade der Mehrbedarf an qualifizierten Personal wird zu einer weiteren Ausweitung der Werbekampagnen der Bundeswehr führen.

Diese werden, neben einer zielgruppenspezifischeren Ansprache, die auch neue Adressat_innen erreichen will, insbesondere darauf zielen, das Militärische als selbstverständlichen Bestandteil der Gesellschaft darzustellen und die weitere Militarisierung des öffentlichen Raums betreiben. Vorbildkampagnen, wie zu den olympischen Spielen, sollen das Militär als "normale Arbeitgeberin" erscheinen lassen.

Neben solchen allgemeinen Kampagnen werden weitere auf die Erhöhung der eigenen Ausbildungskapazitäten für Spezialwissen orientieren, insbesondere in der Informatik. Über eine familienfreundlichere Gestaltung der Bundeswehr werden Hemmschwellen bei den potenziell Interessierten abgebaut. Der "Tag der Bundeswehr" wird sich weiter zu etablieren versuchen.

Neben der Frage der Rekrutierung und der damit verbundenen Militarisierung des Zivilen, wird eine neue Ebene entscheidend sein: Es wird um die Rechtfertigung neuer Kriege bzw. die Fortsetzung und Verstetigung aktueller Missionen gehen. Hier ist die Friedensbewegung gefordert, sich mit neuen Antworten und der Dekonstruktion der militärischen Begründung Gehör zu verschaffen.

Militär und "innere Sicherheit"

Neben dieser inneren Militarisierung zur "Verbesserung der Einsatzfähigkeit" der Bundeswehr und der Rechtfertigung ihrer Einsätze ist zudem eine Verschärfung der Debatte um innere Sicherheit zu erwarten. Grund ist hierfür insbesondere der Einzug der AfD in den Bundestag. Beim Versuch, deren Wähler_innen "abzuholen", werden auch die übrigen Parteien von CSU bis Die Linke nicht vor rechtspopulistischen Argumentationen in einer Sicherheitsdebatte zurückschrecken. Im Vorfeld der Wahlen haben FDP und Grüne hier auch wenig Widerstand erkennen lassen, sondern teilweise die CDU rechts überholt. Auch wenn sich der offizielle Einsatz der Bundeswehr im Innern wohl nicht durchsetzen wird, ist eine schleichende Einmischung des Militärs in den Komplex innere Sicherheit zu erwarten. Der G20 Gipfel hat das deutlich gezeigt.

Aufgabe der DFG-VK wird bleiben, der täglichen Militarisierung etwas entgegen zu setzen. Das betrifft ebenso klassische Rekrutierung, aber auch Aufklärung sowie eine gesteigerte Auseinandersetzung mit Militärstützpunkten vor Ort. Militär klar lokal sichtbar werden lassen und politisch angreifen und damit auch den Folgen zunehmender Militarisierung etwas entgegenzusetzen, werden die Aufgaben des Verbandes sein. In der inhaltlichen Argumentation muss die DFG-VK dabei deutlich präsenter werden und ein klares pazifistisches, antimilitaristisches und antifaschistisches Profil beweisen - auch innerhalb der Friedensbewegung.


Ralf Buchterkirchen ist Mitglied im BundessprecherInnenkreis.

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Quelle:
ZivilCourage Nr. 4 - November 2017, S. 7
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
Werastraße 10, 70182 Stuttgart
Redaktion: ZivilCourage, Werastraße 10, 70182 Stuttgart
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E-Mail: zc@dfg-vk.de
Internet: www.zc-online.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich, sechs Mal jährlich
Jahres-Abonnement: 14,00 Euro einschließlich Porto
Einzelheft: 2,30 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2017

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