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OFFENER BRIEF/007: "Übergabe in Verantwortung"? Nicht ohne die afghanischen Frauen!" (Medica Mondiale)


medica mondiale e.V. - Pressemitteilung vom 26. Januar 2011

Offener Brief von medica mondiale an die Bundesregierung

"Übergabe in Verantwortung"?(*) Nicht ohne die afghanischen Frauen!"


Köln, 26. Januar. Anlässlich der Mandatsverlängerung zum Afghanistan-Einsatz im Deutschen Bundestag und im Vorfeld von afghanischen Friedensverhandlungen hat sich die Frauenrechts- und Hilfsorganisation medica mondiale mit einem Offenen Brief an verschiedene Ministerien der Bundesregierung gewandt. Sie werden damit aufgefordert, einem afghanischen Friedensprozess, der die Menschenrechte und insbesondere Frauenrechte aufs Spiel setzt, jegliche Unterstützung zu verweigern.

Der Offene Brief richtet sich an die Bundeskanzlerin Angela Merkel, an den Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle, den Verteidungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und den Entwicklungsminister Dirk Niebel. medica mondiale appelliert dringlich an die PolitikerInnen darauf hinzuwirken, dass der angekündigte verstärkte zivile Aufbau Afghanistans ab sofort als oberste Priorität behandelt und die afghanische Zivilgesellschaft in ihrem Einsatz gegen eine korrupte Regierung und gewalttätige Milizen gestärkt werde.

Bundesentwicklungsminister Niebel hatte in seiner Regierungserklärung am 21. Januar von "massive(r) Aufstockung des zivilen Engagements Deutschlands" gesprochen. Dieses Eigenlob sei mehr als fragwürdig, erklärte Monika Hauser, geschäftsführendes Vorstandsmitglied von medica mondiale. "Angesichts der immensen Versäumnisse, massiv finanziell und personell zu investieren in die Bereiche Gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, einkommenschaffende Maßnahmen sowie Menschenrechte, ist das nur als Schönfärberei zu bezeichnen", so Hauser. Zwar hat die Bundesregierung 2010 die Mittel für zivile Hilfe auf bis zu 430 Millionen Euro im Jahr verdoppelt. Für militärische Zwecke sind dagegen rund 1,1 Milliarden Euro veranschlagt - weiterhin also ein gravierendes Missverhältnis.

Angesichts der derzeitigen Entwicklung befürchtet medica mondiale ebenso wie afghanische Frauenrechtsaktivistinnen, dass es sowohl Präsident Karzai als auch der internationalen Gemeinschaft darum geht, einen Frieden um jeden Preis herzustellen - selbst wenn dieser Preis den Ausverkauf der Rechte afghanischer Frauen beinhalte.

Ergänzt wird der Offene Brief von einem Forderungspapier von medica mondiale. Darin unterstreicht die Organisation, dass bei einem bevorstehenden Friedensprozess in Afghanistan die Wahrung der Frauen- und Menschenrechte Teil des Verhandlungsergebnisses sein muss. Zu den zentralen Forderungen an die deutsche Politik von medica mondiale gehören unter anderem: künftige Schuldenerlasse, wie den kürzlich durch Außenminister Westerwelle verkündeten in Höhe von 13 Millionen Euro, an Maßnahmen des Gender-Budgeting zu knüpfen, sich durch öffentliche Bekundungen hinter die afghanischen Frauen und Mädchen zu stellen und dafür Sorge zu tragen, dass vereinbarte Vorbedingungen für Friedensverhandlungen - darunter auch die Anerkennung der afghanischen Verfassung durch die Taliban - von der afghanischen Regierung eingehalten werden.

(*) Papier der Bundesregierung vom November 2009: "Auf dem Weg zur Übergabe in Verantwortung"


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Frau
Dr. Angela Merkel
Bundeskanzlerin
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Straße 1
10557 Berlin

Vorab per Fax: +49 3018 681-2926
25. Januar 2011

"Übergabe in Verantwortung"? Nicht ohne die afghanischen Frauen!
Offener Brief an das Bundeskanzleramt, das Auswärtige Amt, das Bundesministerium der Verteidigung und das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

im November 2010 hat die NATO auf ihrem Gipfeltreffen in Lissabon beschlossen, die Sicherheitsverantwortung in Afghanistan im Jahr 2014 vollständig an die afghanische Regierung zu übergeben und ihre Truppen bis zu diesem Zeitpunkt abzuziehen. Auch die deutsche Bundesregierung einigte sich in der letzten Woche darauf, sämtliche deutsche Truppen bis zu diesem Zeitpunkt abzuziehen und terminierte den Beginn des Abzugs auf das Ende dieses Jahres, "sofern es die Sicherheitslage zulässt". Gleichzeitig beschloss das Bundeskabinett die Verlängerung des Mandats für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan für ein weiteres Jahr.

Im Vorfeld der anstehenden Bundestagsdebatte zur Mandatsverlängerung und der Vorbereitung auf die Friedensverhandlungen möchten wir Sie daher heute eindringlich dazu auffordern, die afghanische Zivilgesellschaft zu stärken und den inner-afghanischen Friedensprozess zu unterstützen.

Seit 2002 arbeitet medica mondiale in Afghanistan und konnte - dank unserer auf Nachhaltigkeit angelegten Projektarbeit - das von uns dort initiierte Projekt Anfang dieses Jahres in die Selbständigkeit entlassen. Diese gute Nachricht wird durch die Tatsache getrübt, dass sich die Situation von afghanischen Frauen und Mädchen in den letzten Jahren stetig verschlechtert hat und wir gerade auch im letzten Jahr miterleben mussten, wie verfassungsmäßig garantierte Frauenrechte systematisch wieder eingeschränkt werden. In diesem Zusammenhang haben wir Sie unter anderem in unserem Brief vom 10. Dezember 2010 auf einen Frauen diskriminierenden Rechtserlass durch das oberste afghanische Gericht aufmerksam gemacht.

Sahen wir zu Beginn unserer Arbeit noch eine tatsächliche Perspektive für den Aufbau eines demokratischen afghanischen Staates, der die international verbürgten Menschen- und Frauenrechte achtet und schützt, müssen wir heute - acht Jahre später - feststellen, dass frauenfeindliche Tendenzen in Politik und Bevölkerung wieder zunehmen und ultra-konservative Kräfte selbst vor Mord nicht zurück schrecken, um unliebsame politisch aktive und engagierte Frauen aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden zu lassen.

Hervorheben möchten wir in diesem Zusammenhang, dass die Verletzung von Menschen- und Frauenrechten stattfindet, obwohl die Internationale Schutztruppe (ISAF) seit 2001 in Afghanistan operiert, und dass diskriminierende Gesetze unter den Augen der internationalen Gemeinschaft erlassen werden. Weder die Sicherheitslage im Land noch die Sicherung der Menschenrechte konnte durch den Militäreinsatz erkennbar verbessert werden. Schlimmer noch: Die Taliban und andere bewaffnete Gruppierungen sind wieder erstarkt und kontrollieren ganze Provinzen. So ernannten sie im Jahr 2009 in 33 der 34 Provinzen sogenannte "Schattengouverneure". Dies bestätigt auch die Bundesregierung in ihrem Fortschrittsbericht von Dezember 2010.

Seit Jahren kritisiert medica mondiale das Missverhältnis zwischen militärischem Einsatz und zivilem Wiederaufbau. Das 'window of opportunity', das sich 2002 für die internationale Gemeinschaft in Afghanistan öffnete, hätte durch massive finanzielle und personelle Investitionen in den Bereichen Gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, einkommenschaffende Maßnahmen und Menschen-/Frauenrechte genutzt werden können und müssen, um den Staatsaufbau in Afghanistan voranzutreiben. Auch den Bedürfnissen der kriegsmüden Afghanen und Afghaninnen wäre Rechnung getragen worden, wenn die Rolle des Militärs auf den tatsächlichen Schutz der Zivilbevölkerung fokussiert gewesen wäre.

Heute fühlt sich medica mondiale genötigt, die Verlängerung des Militäreinsatzes mitzutragen, damit die Menschen in Afghanistan nicht allein gelassen werden in dieser prekären Lage, die die internationale Gemeinschaft von Beginn an nicht richtig eingeschätzt und zu deren Zuspitzung sie wesentlich beigetragen hat. Allerdings akzeptieren und unterstützen wir dadurch nicht die Konzepte, die mit dieser weiteren militärischen Präsenz verbunden sind. Exemplarisch gehört für medica mondiale dazu auch die vom Entwicklungsministerium im Mai 2010 ausgeschriebene NRO-Fazilität Afghanistan. Beabsichtigen Nichtregierungsorganisationen Gelder aus der Fazilität für zivile Aufbauprojekte zu beantragen, müssen sie sich sowohl auf das Afghanistankonzept der Bundesregierung als auch auf das militärische Konzept der Vernetzten Sicherheit verpflichten. Zudem möchten wir betonen, dass aus unserer Sicht eine weitere militärische Präsenz nur dann sinnvoll ist, wenn der bereits im letzten Jahr durch den US-amerikanischen Präsidenten angekündigte Strategiewechsel und der versprochene 'civil surge' in angemessener Weise tatsächlich umgesetzt werden.

Gerade auch für die Übergabe der Sicherheitsverantwortung in die Hände der afghanischen Regierung ist es unabdingbar, dass die internationale Gemeinschaft den zivilen Aufbau ab sofort als oberste Priorität behandelt und die afghanische Zivilgesellschaft in ihrem Einsatz gegen korrupte Mitglieder der Regierung und gewalttätige Milizen stärkt. Nur verstärkte Investitionen in die afghanische Zivilgesellschaft beinhalten die Chance auf einen Frieden im Land.

Gerade jetzt bietet sich für die Bundesregierung eine Führungsrolle: Mit der Übergabe eines nichtständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat sowie des Vorsitzes für die Arbeitsgruppe zu Afghanistan an Deutschland hat die Staatengemeinschaft ihr Vertrauen gegenüber der deutschen Regierung ausgedrückt, dass diese eine wichtige Rolle beim Friedensprozess in Afghanistan übernehmen kann.

medica mondiale begrüßt es sehr, dass auch das Auswärtige Amt verlauten ließ, dies als die Hauptaufgabe Deutschlands in der benannten Arbeitsgruppe anzusehen.

Allerdings gibt es bereits jetzt ernst zu nehmende Zweifel innerhalb der afghanischen Bevölkerung, ob der zur Begleitung und Durchführung des Friedensprozesses eingesetzte Hohe Friedensrat, dessen Mitglieder sich überwiegend aus ehemaligen Taliban und anderen Kriegsherren zusammensetzen, in der Lage sein wird, einen auf den Menschenrechten und der afghanischen Verfassung basierenden Friedensvertrag zu erstellen.

Dass im Rat lediglich acht Frauen vertreten sind, die sich 62 Männern gegenüber gestellt sehen, verdeutlicht zudem, dass den Belangen der afghanischen Frauen von Beginn an nur wenig Beachtung geschenkt wird. Insbesondere auch, weil von den vertretenen Männern aufgrund ihrer kriegerischen und mutmaßlich verbrecherischen Vergangenheit wohl kaum ein vehementer Einsatz für die Frauenrechte erwartet werden kann. Auch die Weigerung von Talibanvertretern, die afghanische Verfassung als Vorbedingung für Friedensverhandlungen anzuerkennen, lässt nichts Gutes für die afghanischen Frauen erwarten.

Afghanische Frauenrechtsaktivistinnen, darunter auch unsere afghanischen Kolleginnen, befürchten, dass es sowohl Präsident Karzai als auch der internationalen Gemeinschaft darum geht, einen Frieden um jeden Preis herzustellen. Selbst, wenn der Preis den Ausverkauf der Rechte afghanischer Frauen beinhaltet.

Dass Außenminister Westerwelle bei seinem Treffen mit Präsident Karzai Anfang Januar erneut eine Chance vertan hat, das Thema Frauen- und Menschenrechte anzusprechen, kann diese Befürchtungen nur schüren. Wie in den Jahren zuvor ist eine finanzielle Unterstützung nicht mit der Bedingung verknüpft worden, dass es nachweisbare und messbare Fortschritte bei Menschenrechten und Guter Regierungsführung geben muss - beim großzügigen Schuldenerlass in Höhe von 13 Millionen Euro wies Außenminister Westerwelle lediglich auf die Probleme des Drogenanbaus und der Korruption in Afghanistan hin, nicht aber auf die Situation afghanischer Frauen.

Wir möchten die deutsche Bundesregierung daher heute dazu auffordern, sich von Beginn der Friedensverhandlungen an ausdrücklich auf die Seite afghanischer Frauen und Mädchen zu stellen und einen Friedensprozess, der erkennbar die Frauenrechte aufs Spiel setzt, nicht zu unterstützen.

Wie eine Begleitung des Friedensprozesses durch die deutsche Bundesregierung aussehen könnte, die den Schutz der Frauen- und Menschenrechte zur Priorität erklärt und die afghanische Regierung in die Pflicht nimmt, das ihrerseits Mögliche dazu beizutragen, hat medica mondiale in dem angehängten Forderungspapier formuliert.

Mit freundlichen Grüßen
medica mondiale
Dr. Monika Hauser
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied medica mondiale

Anlagen:
"Übergabe in Verantwortung"? Nicht ohne die afghanischen Frauen!
15 Forderungen für das Gelingen eines afghanischen Friedensprozesses


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"Übergabe in Verantwortung"? Nicht ohne die afghanischen Frauen!
15 Forderungen für das Gelingen eines afghanischen Friedensprozesses

medica mondiale begrüßt die Ankündigung des Auswärtigen Amtes, dass Deutschland seinen Sitz im UN-Sicherheitsrat und den Vorsitz der Afghanistan-Arbeitsgruppe dazu nutzen möchte "um den Friedensprozess in Afghanistan in den Vereinten Nationen zu begleiten und abzusichern". Grundsätzlich sieht medica mondiale keine Alternative zu den Gesprächen mit den Taliban und anderen kriegführenden Gruppen auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden in Afghanistan. Allerdings darf der eingeleitete Friedensprozess nicht zu Lasten afghanischer Frauen und Mädchen erfolgen. Die Wahrung der Frauen- und Menschenrechte muss Teil des Verhandlungsergebnisses sein, ein Ausverkauf der Frauenrechte zugunsten eines Friedensvertrags mit den Taliban darf weder von der deutschen Bundesregierung noch von der internationalen Gemeinschaft akzeptiert werden.

Auch wenn es sich um einen inner-afghanischen Friedensprozess handelt, gilt es, dass die deutsche Bundesregierung als Teil der internationalen Gemeinschaft und als Geldgeber für den Friedensprozess von Beginn an klare Kriterien für die Umsetzung des Friedensprozesses gegenüber der afghanischen Regierung aufstellt und deren Erfüllung vehement einfordert.

Aber auch die afghanische Regierung muss ihren Verhandlungspartnern deutlich machen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein erfolgreicher Friedensprozess gelingen kann.

Welche Kriterien dabei für die deutsche Bundesregierung im Fokus stehen sollten, hat medica mondiale aus frauenrechtlicher Sicht im Folgenden formuliert.


medica mondiale fordert die deutsche Bundesregierung dazu auf:

1. einem afghanischen Friedensprozess, der fundamentale Frauenrechte - unter anderem verbürgt in der Konvention zur Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen (CEDAW) - aufs Spiel setzt, die finanzielle und politische Unterstützung zu verweigern.

2. gegenüber der afghanischen Regierung einzufordern, dass die festgelegten sogenannten 'Roten Linien' für Verhandlungen mit den Taliban eingehalten werden: der Gewalt abzuschwören, sämtliche Verbindungen mit Al Qaida zu beenden und die afghanische Verfassung zu akzeptieren. Dabei sollte die deutsche Regierung deutlich machen, dass die Achtung der Frauen- und Menschenrechte, so wie sie durch die afghanische Regierung durch Ratifizierung internationaler Menschenrechtsabkommen akzeptiert wurden, nicht unter Hinweis auf Religion und Tradition umgangen werden dürfen.

3. gezielt Frauenrechtsaktivistinnen und Frauenrechtsorganisationen finanziell und logistisch zu unterstützen, damit diese sich am Friedens- und Sicherheitsprozess effektiv beteiligen können.

4. künftige Schuldenerlasse, wie den kürzlich durch Außenminister Westerwelle verkündeten Erlass in Höhe von 13 Millionen Euro, an Maßnahmen des Gender-Budgetings zu knüpfen.

5. Druck auf die afghanische Regierung auszuüben, dass von den deutschen Geldern, die in den Friedensprozess fließen, wenigstens 25 Prozent gezielt für die Unterstützung von Frauen und Mädchen ausgegeben werden.

6. sich durch öffentliche Solidaritätsbekundungen hinter die afghanischen Frauen und Mädchen zu stellen, ihr Engagement beim Wiederaufbau Afghanistans hervorzuheben und die afghanische Regierung ebenso öffentlich davor zu warnen, die Frauenrechte in Afghanistan im Bemühen um einen Frieden zur Verhandlungsmasse zu machen.

7. die afghanische Regierung dazu anzuhalten, den Anteil von Frauen im Friedensrat auf 50 Prozent zu erhöhen.

8. endlich einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Sicherheitsratsresolution 1325 zu erarbeiten, der auch Konzepte enthalten muss, wie Frauen und Mädchen in Kriegs- und Nachkriegsgebieten wie beispielsweise Afghanistan unterstützt werden können, um aktiv an Friedens- und Sicherheitsprozessen in ihren Ländern zu partizipieren. Denn: Die mangelnde Umsetzung des Aktionsplans Zivile Krisenprävention und die Weigerung, einen Nationalen Aktionsplan zur Resolution 1325 zu erarbeiten, greift Deutschlands Glaubwürdigkeit in seiner Vorreiterrolle als Zivilmacht an.

9. die deutsche Zivilgesellschaft regelmäßig in größtmöglicher Transparenz über Verlauf und Zwischenergebnisse im afghanischen Friedensprozess sowie über die deutsche und die internationale Rolle im Friedensprozess zu informieren.

10. den deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat dazu zu nutzen, innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft endlich auf die Umsetzung des Strategiewechsels hin zu einer Priorisierung des zivilen Engagements zu drängen und dabei selbst als Vorbild voranzugehen.

11. bereits jetzt die zukünftige Rolle der UN in Afghanistan, als Vertreterin der internationalen Staatengemeinschaft, zu bedenken und ab sofort langfristige Pläne für eine UN-Friedensmission nach Abzug aller militärischen Truppen sowie ein kohärentes Friedenskonzept zu entwickeln.

12. sich für die Errichtung eines UN-Monitoring-Komitees einzusetzen, das den Friedensprozess sowie sich daraus entwickelnde Projekte zur Friedenssicherung begleitet, die afghanische Zivilbevölkerung regelmäßig über Verlauf und Ergebnisse informiert und die Partizipation von afghanischen Frauen gegebenenfalls einklagt.

13. die afghanische Regierung dazu aufzufordern, ihrer sich aus den UN-Sicherheitsratsresolutionen 1820 und 1888 ergebenden Verpflichtung nachzukommen, führende Kriegsverbrecher anzuklagen und zu bestrafen sowie das Amnestiegesetz von Dezember 2009 zu revidieren.

14. Druck auf die afghanische Regierung auszuüben, früheren Kriegsherren und mutmaßlichen Kriegsverbrechern keine politischen Ämter oder Positionen in der afghanischen Verwaltung zu übertragen.

15. innerhalb der internationalen Gemeinschaft einzufordern, dass alle gezielten Tötungen von mutmaßlichen Terroristen umgehend eingestellt werden, da ein wirklicher Friedensprozess ansonsten nicht eingeleitet werden kann.


medica mondiale setzt sich seit 1993 ein für traumatisierte Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten. Dabei versteht sich die Organisation als Anwältin für die Rechte und Interessen von Frauen, die sexualisierte Kriegsgewalt überlebt haben. Neben gynäkologischer Versorgung, psychosozialer und rechtlicher Unterstützung bietet medica mondiale Programme zur Existenzsicherung und leistet politische Menschenrechtsarbeit. 2008 wurde die Gründerin der Organisation Monika Hauser mit dem Right Livelihood Award, dem so genannten Alternativen Nobelpreis, ausgezeichnet.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 26. Januar 2011
medica mondiale e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2011