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STANDPUNKT/146: Solidarität mit Jürgen Grässlin (IPPNW)


IPPNW-Pressemitteilung vom 23. Mai 2016
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

IPPNW fordert Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den bekannten Friedensaktivisten

Solidarität mit Jürgen Grässlin


Die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) hat sich auf ihrem Jahrestreffen in Mönchengladbach am Wochenende mit den AutorInnen des Buches "Netzwerk des Todes" Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich solidarisiert, die illegale Waffenverkäufe nach Mexiko offengelegt haben. Die Ärzteorganisation fordert in der verabschiedeten Erklärung die Errmittlungen einzustellen und stattdessen zu prüfen, ob nicht - angesichts unzureichender Ermittlungen gegen mutmaßlich beteiligte Beamte - der Vorwurf der Strafvereitelung im Amt und der Rechtsbeugung seitens der Staatsanwaltschaft zu erheben wäre. Kleinwaffen sind Massenvernichtungswaffen: Die überwiegende Zahl menschlicher Opfer infolge von Gewalt und Krieg geht auf den Einsatz dieser leicht zu bedienenden und transportablen Waffen zurück. Deutschland ist einer der wichtigsten Produzenten und Exporteure von Kleinwaffen. Seine Waffen kommen in sämtlichen Konfliktregionen der Welt zum Einsatz. Die an sich strengen Exportrichtlinien haben Deutschland beispielsweise nicht daran gehindert, eine komplette Fabrik zur Produktion von Sturmgewehren nach Saudi-Arabien zu liefern. Eine Endverbleibskontrolle ist nicht gewährleistet.

In dem Buch "Netzwerk des Todes", das Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg im September 2015 veröffentlicht haben, ist nachzulesen, dass Geschäfte illegal abgewickelt werden, wenn die Richtlinien den Export nicht erlauben, nötigenfalls auch mit Unterstützung aus Berliner Ministerien. Die in dem Buch abgedruckten Dokumente belegen, dass Ministerialbeamte einen illegalen Verkauf von Heckler und Koch-Sturmgewehren nach Mexiko durch ihre Hilfe erst möglich gemacht haben. Die Papiere liegen der Staatsanwaltschaft in Stuttgart vor. Der gleiche Staatsanwalt hat über 5 Jahre gebraucht, um nach einer Anzeige von Jürgen Grässlin gegen die Verantwortlichen des Rüstungskonzerns Anklage zu erheben. Die Ermittlungen gegen die Ministerialbeamten wurden so lange verschleppt, bis sie nun verjährt sind.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft stattdessen gegen Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg, weil die veröffentlichten Dokumente der Geheimhaltung unterlagen.

"In einem demokratischen Rechtsstaat würden wir erwarten, dass die Aufdeckung illegaler Umtriebe begrüßt wird. Umso mehr, wenn der Verdacht besteht, dass staatliche Stellen daran beteiligt sind. Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg gebührt aus unserer Sicht hierfür Anerkennung. Der Staat lässt, anstelle dieser Anerkennung, seinen Anwalt die Vorwürfe gegen Beamte verjähren und ermittelt stattdessen gegen diejenigen, die den Missstand aufdecken. Hier wird aus unserer Sicht der Rechtsstaat auf den Kopf gestellt", heißt es in der Solidaritätserklärung der IPPNW mit Jürgen Grässlin.

"Mit dem Träger des Aachener Friedenspreises verbindet die IPPNW eine jahrelange Zusammenarbeit Wir bewundern Jürgen Grässlin für seine Unerschrockenheit, mit der er gegen skrupellose Waffenhändler seine Stimme erhebt", erklärt Helmut Lohrer, IPPNW-Vorstandsmitglied.

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Solidarität mit Jürgen Grässlin
Die IPPNW fordert die Einststellung des Ermittlungsverfahrens gegen den bekannten Friedensaktivisten

Kleinwaffen sind - in ihrer Gesamtheit - eine Massenvernichtungswaffe. Die überwiegende Zahl menschlicher Opfer infolge von Gewalt und Krieg geht auf den Einsatz dieser leicht zu bedienenden und transportablen Waffen zurück. Deutschland ist einer der wichtigsten Produzenten und Exporteure von Kleinwaffen, deutsch Gewehre kommen in sämtlichen Konfliktregionen der Welt zum Einsatz. Exportiert wird auch an Staaten, in denen Menschenrechte missachtet werden, sogar die Zurückhaltung beim Export in Konfliktregionen wurde inzwischen aufgegeben. Die an sich strengen Exportrichtlinien haben Deutschland beispielsweise nicht daran gehindert, eine komplette Fabrik zur Produktion von G36 Sturmgewehren an Saudi-Arabien zu verkaufen. Wohin sie von dort aus geliefert werden, kann und wird niemand kontrollieren. Wenn die Richtlinien es dann gar nicht erlauben, wird ein Geschäft schon mal illegal abgewickelt, anscheinend auch mit Unterstützung aus Berliner Ministerien. So jedenfalls ist es in dem Buch "Netzwerk des Todes" nachzulesen, das Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg im September 2015 veröffentlicht haben. Die darin abgedruckten Dokumente legen nahe, dass Ministerialbeamte einen illegalen Verkauf von Heckler und Koch Sturmgewehren nach Mexico durch ihre Hilfe erst möglich gemacht haben. Die Papiere liegen auch der Staatsanwaltschaft in Stuttgart vor. Die gleiche Staatsanwalt hat über 5 Jahre gebraucht, um nach einer Anzeige von Jürgen Grässlin gegen die Verantwortlichen des Rüstungskonzerns Anklage zu erheben. Die Ermittlungen gegen die Ministerialbeamten werden nicht weiter verfolgt, die Staatsanwaltschaft sieht wohl "keinen Anfangsverdacht". Das zu ermitteln hat so lange gedauert, dass die Taten nun ohnehin verjährt wären.

Jetzt wird stattdessen gegen Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg staatsanwaltlich ermittelt, weil die veröffentlichten Dokumente der Geheimhaltung unterlagen. In einem demokratischen Rechtsstaat würden wir erwarten, dass die Aufdeckung illegaler Umtriebe begrüßt wird. Umso mehr, wenn der Verdacht besteht, dass staatliche Stellen daran beteiligt sind.

Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg gebührt aus unserer Sicht hierfür Anerkennung. Zu Recht hat Daniel Harrich zusammen mit seinem Team daher für den im gleichen Zusammenhang stehenden Film "Tödliche Exporte" am 08.04. den renommierten Grimme-Preis erhalten. Der Staat dagegen lässt seinen Anwalt die Vorwürfe gegen Beamte verjähren und ermittelt stattdessen gegen diejenigen, die den Missstand aufdecken. Hier wird aus unserer Sicht der Rechtsstaat auf den Kopf gestellt. Die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) solidarisiert sich mit den Autoren, die mutig genug waren, die Umstände dieser illegalen Waffenverkäufe offen zu legen. Insbesondere mit Jürgen Grässlin, Träger des Aachener Friedenspreises, verbindet uns eine jahrelange Zusammenarbeit und wir bewundern ihn für seine Unerschrockenheit, mit der er gegen skrupellose Waffenhändler seine Stimme erhebt. Wir fordern, die Ermittlungen gegen Jürgen Grässlin und seine Mit-Autoren einzustellen und stattdessen zu prüfen, ob nicht - angesichts unzureichender Ermittlungen gegen mutmaßlich beteiligte Beamte - der Vorwurf der Strafvereitelung im Amt und der Rechtsbeugung seitens der Staatsanwaltschaft zu erheben wäre.


Die IPPNW-Solidaritätserklärung als PDF unter:
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/solierklaerung_graesslin.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. Mai 2016
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2016

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