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OSTEUROPA/004: "Reporter ohne Grenzen" kritisiert Zensur bei Besuch in Kiew (ROG)


Reporter ohne Grenzen e.V.
Deutsche Sektion von Reporters sans frontières
Pressemitteilung vom 22. Juli 2010

ROG kritisiert Zensur bei Besuch in Kiew: Appell an ukrainische Regierung


ROG-Vertreter haben sich am 21. Juli, dem letzten Tag eines dreitägigen Besuchs in der Ukraine, besorgt über die Lage der Medien in dem osteuropäischen Land geäußert. ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard und seine für die Region Osteuropa zuständige Kollegin Elsa Vidal haben in Kiew an die Regierung appelliert, die Pressefreiheit zu respektieren und die Rechte von Journalisten zu verteidigen.

Während ihres Besuchs vom 19. bis zum 21. Juli sprachen Julliard und Vidal mit Vertretern nationaler und regionaler Medien, mit Angehörigen der regierenden Partei, Abgeordneten der Opposition sowie mit Medienrechtsorganisationen.

Der Besuch folgte auf eine kontinuierliche Verschlechterung der Lage der Pressefreiheit in der ersten Jahreshälfte 2010 in der Ukraine. Seit der Machtübernahme Viktor Janukowitschs im Februar gibt es gehäufte Meldungen von Zensurmaßnahmen und Repressionen gegen Journalisten. Behörden haben Medienmitarbeiter unter Druck gesetzt und versucht, sie einzuschüchtern. ROG zählte darüber hinaus mehrere Übergriffe von Polizisten auf Reporter und Festnahmen von Journalisten.

Eine erste Auswertung der Gespräche, die ROG in Kiew führte, bestätigte die Informationen über zunehmende Beschränkungen der Medienfreiheit in der Ukraine. Einen ausführlichen Bericht über die Beobachtungen, Treffen und Interviews während des Besuchs wird ROG im August veröffentlichen.

Derweil hat ROG sieben Empfehlungen an die ukrainische Regierung zum Schutz der Pressefreiheit formuliert:

1. Die Behörden müssen konsequent, mit der gebotenen Härte und Gründlichkeit, gegen massive Verletzungen der Pressefreiheit vorgehen. Insbesondere Täter von körperlichen Angriffen auf Journalisten dürfen nicht straffrei ausgehen.

2. Die Behörden müssen sicherstellen, dass Staatsvertreter die Gesetze zum Schutz der Pressefreiheit auch umzusetzen. Insbesondere Artikel 171 des Strafgesetzbuches ("Behinderung der journalistischen Arbeit") sollte Anwendung finden.

3. Schaffung einer von der Regierung unabhängigen öffentlichen Sendeanstalt.

4. Schaffung eines transparenten Systems zur Verteilung von Sendefrequenzen. Die nächste Anhörung im Berufungsverfahren gegen den Entzug von Sendefrequenzen der Fernsehstationen "TV5 Kanal" und "TVi" muss öffentlich sein.

5. Garantie der Unabhängigkeit der Rundfunkregulierungsbehörde.

6. Garantie des freien und schnellen Zugangs zu Informationen für Journalisten und Bürger.

7. Die Behörden müssen im Falle des ermordeten Journalisten Georgij Gongadse transparente Ermittlungen durchführen und ein öffentliches Verfahren gewährleisten.


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Quelle:
Pressemitteilung, 22.07.2010
Reporter ohne Grenzen e.V.
Deutsche Sektion von Reporters sans frontières
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2010