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MELDUNG/029: In Bildung investieren und Jugendliche stärken


terre des hommes Deutschland e.V. - Pressemitteilung vom 16.09.2016

In Bildung investieren und Jugendliche stärken

Zum Weltkindertag am 20. September / UN-Flüchtlingsgipfel - Chance zur Investition in die Zukunft junger Menschen


Anlässlich des direkt vor dem Weltkindertag am 20. September stattfindenden UN-Flüchtlingsgipfels in New York appelliert das internationale Kinderhilfswerk terre des hommes an die Bundesregierung, stärker in die Förderung der Grundbildung für Jugendliche zu investieren.

Neuesten UN-Zahlen zufolge sind 28 Millionen Kinder auf der Flucht vor Krieg und Gewalt, weitere 22 Millionen verlassen ihre Heimat aus Armut und suchen nach einem besseren Leben. Um diesen Kindern und Jugendlichen Zukunftschancen zu geben, müssen wir sehr viel langfristiger denken und stärker in zivile Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung investieren, erklärte Albert Recknagel, Vorstandssprecher von terre des hommes. In vielen armen Ländern mit hohem Konfliktpotential stellen junge Menschen bereits die Hälfte der Bevölkerung. 47 Prozent der Bewohner Afrikas sind jünger als 18 Jahre, in einigen afrikanischen Ländern sind es sogar mehr als die Hälfte. Nur etwa jedes zweite afrikanische Kind schließt die Grundschule ab. Bis 2030 werden weitere 94 Millionen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren Arbeit und Einkommen suchen. Sie brauchen praktisches Wissen und Berufsperspektiven in ihrer Heimat. Hierzu muss die Entwicklungspolitik der Bundesregierung stärker beitragen. Wie wir mit unserem diesjährigen Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungspolitik gezeigt haben, gehen im Durchschnitt der letzten Jahre gerade einmal zehn Prozent der Gesamtausgaben der Entwicklungspolitik für die Bildungsförderung in die Grundbildung. Wir appellieren an die Bundesregierung, hier deutlich mehr zu investieren und junge Menschen aktiv zu fördern, so Albert Recknagel.

In vielen Ländern organisieren sich Jugendliche und entwickeln eigene Ideen und Initiativen zur Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse. Flüchtlings- und Migrantenkinder, Opfer von Kinderhandel, Straßenkinder und staatenlose Kinder und Jugendliche aus terre des hommes-Projekten in Afrika, Asien, dem Nahen Osten, Lateinamerika und Europa fordern in einem gemeinsamen Aufruf, mehr in die Stärkung ihrer Potentiale zu investieren. Vor allem die Förderung von Bildung, Schulbesuch oder eine qualifizierte Berufsbildung seien wesentliche Voraussetzung für ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben, heißt es in ihrem im Rahmen der internationalen terre des hommes-Kampagne Destination Unknown veröffentlichten Aufruf.


Jugendappel
Kinder auf der Flucht: Unsere Ansichten, Forderungen und Vorschläge

Wir sind Kinder ohne Zuhause. Aber vor allem sind wir Kinder - und wir haben Rechte!

Wir sind Kinder und Jugendliche aus Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten, Südasien, Südostasien und Südamerika. Wir haben kein Zuhause mehr - wir sind unterwegs.

Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Manche von uns sind vor Gewalt und Krieg geflohen. Andere mussten fliehen, weil sie missbraucht, ausgebeutet, geschlagen oder vernachlässigt wurden. Manche wurden von ihren Familien zurück gelassen oder ausgesetzt. Manche von uns mussten ihre Heimat verlassen, weil sie vor Hunger und Armut kaum überleben konnten - jetzt hoffen wir, woanders Arbeit und Ausbildung zu finden. Manche von uns fielen Menschenhändlern in die Hände und wurden gezwungen, zu betteln oder ihre Körper zu verkaufen. Manche von uns leben auf der Straße. Manche von uns wurden in Flüchtlingscamps geboren. Manche von uns sind staatenlos.

Wir sind unterwegs - das hat gute und schlechte Seiten

Wir konnten unser Leben retten. Wir haben neue Freunde gefunden. Wir haben neue Länder und Orte kennen gelernt. Wir sind sicher und müssen keine Angst mehr vor Bomben und Krieg haben. Wir können auf ein besseres Leben hoffen. Und dennoch haben wir Heimweh. Keiner hilft uns, wenn wir hungrig, krank oder traurig sind. Wir wissen nicht, wem wir trauen können. Keiner sieht uns wirklich - außer denjenigen, die uns missbrauchen und ausbeuten. Viele Leute beschimpfen uns und sagen immer wieder, wir seien ein Problem.

In manchen Ländern werden wir festgehalten, verhaftet oder sogar eingesperrt, weil wir unterwegs sind und nicht mehr nach Hause können. Fast überall tun die Regierungen so, als würde es uns nicht geben. Manche Regierungen wollen uns nicht erlauben, zur Schule zu gehen. Wenn wir krank werden, wenn wir verkauft werden oder als Soldaten in den Krieg geschickt, wenn wir einfach nicht wissen, wo wir als nächstes hin sollen, dann ist niemand da, um uns helfen.

Jede und jeder von uns ist einzigartig. Und dennoch haben wir eines gemeinsam: Wir sind Kinder.

Wir haben ein Recht zu leben. Wir haben ein Recht auf Schutz vor Gewalt und Ausbeutung. Wir haben ein Recht auf Bildung. Wir haben ein Recht auf die Gesundheitsversorgung, die wir brauchen. Wir haben ein Recht, an allen Entscheidungen, die uns betreffen, teilzuhaben. Wir haben Kinderrechte.

Momentan sind wir in Burkina Faso, Mosambik, Tansania, Simbabwe, Südafrika, Bolivien, Nicaragua, Peru, Indien, Nepal, Afghanistan, Jordanien, Malta, Griechenland, Zypern, Ungarn, Deutschland und der Schweiz.

Unser Appell richtet sich an die Menschen und Machthaber dieser Welt:

Wahrt unsere Würde.
Respektiert unsere Rechte.
Schützt uns vor Gewalt und Ausbeutung.
Hört uns zu.

Wir brauchen genug zu essen, wir brauchen sauberes Wasser. Wir wollen zur Schule gehen. Darum brauchen wir freundliche und gut ausgebildete Lehrer. Wir brauchen Platz und Zeit zum Spielen. Wir brauchen gute medizinische Versorgung. Wir brauchen eine Familie oder Menschen, denen wir vertrauen können, die uns lieben und respektieren. Alle Regierungen und Entscheidungsträger müssen für eine Entwicklung und eine Gesellschaft sorgen, die es Kindern ermöglicht, in Würde aufzuwachsen und zu leben. Eine Gesellschaft, die uns vor Armut, Krieg, Gewalt und Leid schützt.

Wenn wir auf der Flucht sind, brauchen wir verantwortliche Stellen, an die wir uns im Notfall wenden können - für Essen, medizinische Versorgung, Schutz und Fürsorge.

Die Regierungen müssen aufhören, Kinder unterwegs und auf der Flucht automatisch festzunehmen, zu verhaften und zurück zu schicken. Wir brauchen eine Politik, die die Rechte und Interessen von Kindern in den Mittelpunkt stellt. Kinder und Jugendliche müssen ein Mitspracherecht an allen Entscheidungen erhalten, die sie betreffen.

Das ist die Welt, die wir wollen, das ist die Welt, die wir brauchen.

Wir sind die Zukunft, unsere Rechte brauchen wir aber jetzt.

An diesem Jugendappell haben sich Einzelpersonen und Jugendgruppen aus 19 Ländern beteiligt, die von Migration betroffen sind oder waren. Der Jugendappell basiert auf den Antworten von 73 Kinder- und Jugendgruppen, auf Fragen zu ihren persönlichen Erfahrungen, Forderungen und Vorschlägen. Die Entwicklung und Organisation des gesamten Verfahrens, einschließlich der Erstellung des oben genannten Textes lag in der Hand von Jugendlichen der Kampagne Destination Unknown sowie des Internationalen Jugendnetzwerks von terre des hommes.

16.9.16

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Quelle:
Pressemitteilung vom 16. September 2016
terre des hommes Deutschland e.V.
Ruppenkampstraße 11 a, 49084 Osnabrück
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E-Mail: post@tdh.de
Internet: www.tdh.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2016

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