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MELDUNG/035: Gesetzesentwurf zu Kinderehen in Deutschland greift zu kurz


terre des hommes Deutschland e.V. - 16. Mai 2017

Gesetzesentwurf zu Kinderehen in Deutschland greift zu kurz

Bundestagsrechtsausschuss diskutiert Vorlage des Justizministeriums


Osnabrück, 16. Mai 2017 - Das internationale Kinderhilfswerk terre des hommes begrüßt die ausnahmslose Heraufsetzung des Ehemündigkeitsalters in Deutschland auf 18 Jahre und die Absicht der Bundesregierung, Flüchtlingskinder besser vor Gewalt zu schützen. Die Bestimmungen für den Umgang mit im Ausland geschlossenen Ehen von Minderjährigen sieht terre des hommes jedoch kritisch. »Laut Gesetzesentwurf werden Ehen für unwirksam erklärt, wenn einer der Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Eine sogenannte Nicht-Ehe würde rechtlich als niemals existent betrachtet werden«, so Tanja Funkenberg, Kinderrechtsexpertin bei terre des hommes. »Dies würde den Verlust von Renten-, Erb- und Unterhaltsansprüchen bedeuten.«

Außerdem hätte die Annullierung der Ehe nur in Deutschland Gültigkeit. Insbesondere im Herkunftsland wäre sie weiter gültig und könne bei einer Rückkehr für das betroffene Kind fatale soziale Konsequenzen haben - zum Beispiel, wenn es einen neuen Partner hat. »Diese Situation könnte als außereheliche Beziehung angesehen und in manchen Ländern sogar mit der Todesstrafe geahndet werden«, so Tanja Funkenberg.

Für die Gruppe der 16- und 17-Jährigen sieht der Gesetzesentwurf eine zwingende Aufhebung der Ehe vor, von der nur in Ausnahmefällen abgewichen werden soll. terre des hommes weist demgegenüber auf die Notwendigkeit hin, in allen Fällen genau zu prüfen, ob das Kindeswohl in der Ehe gefährdet ist. »Die Einzelfallprüfung und die Mitsprache der Betroffenen sind ebenso wichtig wie eine gute Betreuung durch das Jugendamt und einen Vormund sowie Mutter-Kind-Einrichtungen für minderjährige Mütter«, so Tanja Funkenberg.

Laut Ausländerzentralregister lebten im Juli 2016 etwa 1500 verheiratete Minderjährige in Deutschland. Die meisten kamen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Betroffen sind vor allem Mädchen.

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Quelle:
terre des hommes Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2017

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