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ITALIEN/229: Mit Planung von Flüchtlingslagern in Nordafrika folgt die EU der Linie von Italiens Vizepremier Salvini (Gerhard Feldbauer)


Mit Planung von Flüchtlingslagern in Nordafrika folgt EU faschistisch-rassistischer Linie von Italiens Vizepremier Salvini

Dessen widerwärtiger Zigeunerhass bedroht Zehntausende Sinti und Roma mit Vertreibung

von Gerhard Feldbauer, 23. Juni 2018


Wenn der geplante EU-Gipfel nächste Woche, wie in Medien verlautet, die Einrichtung von Sammellagern für Flüchtlinge in Nordafrika beschließt, folgt er der faschistisch-rassistischen Linie von Italiens Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini, die Dubliner Abkommen zu korrigieren. "Wir erobern eine zentrale Rolle, die wir in den letzten Jahren nie hatten", zitiert ihn die Nachrichtenagentur ANSA. Premier Conte hatte bereits während seines Treffens mit Macron in Paris dafür plädiert, "europäische Zentren in den Herkunftsländern zu schaffen". Laut den Brüsseler Planungen sollen Flüchtlinge, die auf dem Mittelmeer aufgegriffen werden, nicht mehr nach Europa, sondern zurück nach Nordafrika in diese Lager gebracht werden, wo Asylgesuche gestellt und bearbeitet werden sollen. Bei Ablehnung sollen die Flüchtlinge in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Laut ANSA will die italienische Regierung dazu "Entwicklungsmaßnahmen in Afrika fördern". Die Haltung Salvinis entspricht der Position des deutschen Innenministers Seehofer, den wie Junker in Brüssel oder Frankreichs Macron nicht im Geringsten stört, dass sie Ausdruck eines von Salvini entfachten widerwärtigsten Rassenhasses ist.

Das linke Manifesto veröffentlichte am Freitag in einer 56seitigen Sonderausgabe die Namen von 34.361 Menschen, die in den vergangenen 15 Jahren auf der Flucht vor Krieg, Terror, Verfolgung und Hunger an die Küsten Europas ums Leben kamen. Die römische La Repubblica berichtete, dass sich an Bord des Flüchtlingsschiffes "Aquarius", dem Salvini die Einfahrt in italienische Häfen verbot, Menschen befanden, die den Folterungen, Vergewaltigungen und Misshandlungen in lybischen Lagern entkamen. Salvinis Verbot sei ein "Schlag in den Magen einer europäischen Politik, die das Drama der Migration nicht bewältigen kann". Unbekümmert davon fährt Salvini fort, NGO-Schiffen weiter das Anlaufen italienischer Häfen zu verbieten. Das betrifft laut ANSA auch die beiden angeblich unter niederländischer Flagge fahrenden deutschen Schiffe "Lifeline" und "Seefuchs", die Verkehrsminister Toninelli (Lega) kontrollieren will. Die "Lifeline" liegt derzeit vor Malta und erhält keine Aufnahmeerlaubnis.

Dazu läuft unter der Regie von Salvini als Innenminister eine bisher nicht gekannte Lügenkampagne über eine "Flüchtlingsinvasion". Unter 100 Flüchtlingen gäbe es nur sieben, die tatsächlich ein Recht auf Asyl hätten. Die Website der Cronache di ordinario razzismo (Chroniken des gewöhnlichen Rassismus) wies die Behauptungen "als böswillige Erfindungen" zurück. "Tatsächlich sind seit 2014 rund 400.000 Asylanträge in Italien gestellt worden. Das entspricht etwa elf Prozent der insgesamt 3,9 Millionen in der EU gestellten Anträge und somit ungefähr dem Anteil der Italiener an der EU-Gesamtbevölkerung."

Eine Welle der Empörung und Proteste hat die Ankündigung Salvinis hervorgerufen, eine "Volkszählung" unter Sinti und Roma durchzuführen, die Zehntausende der Vertreibung aussetzen würde. Eine solche Zählung aus ethnischen Gründen ist laut Verfassung verboten. Nach einem Bericht der "Associazione 21. Juli" zum Schutz der Sinti und Roma ist im Übrigen bekannt, dass zwischen 120.000 und 180.000 Sinti und Roma in Italien leben, von denen 26.000 in erbärmlichen Unterkünften hausen. Diese will Salvini offensichtlich als erste vertreiben. Die Roma und Sinti stellen 0,04 Prozent der Bevölkerung. 43 Prozent von ihnen haben die italienische Staatsbürgerschaft. "Nur wenige illegal in Italien lebende Roma sind staatenlose Bürger, die als solche nicht ausgewiesen werden können", betonte Carlo Stasolla, Präsident des Verbands. Die italienischen Sinti und Roma lebten seit über einem halben Jahrhundert in Italien. Der parteilose Premier Conte verwies zwar darauf, dass diese "Volkszählung" gegen die Verfassung verstoße, unternimmt aber sonst nichts, die rassistische Hetze seines Vize zu stoppen.

Das kommunistische Contropiano erinnert in seinem Online-Portal daran, dass die Nazis neben der "Endlösung" der Judenfrage das "Zigeunerproblem" durch Vernichtung in den Konzentrationslagern in Dachau, Flossenbürg und vor allem in Auschwitz "lösen" wollten. Die Zahl der ermordeten Sinti und Roma bewegt sich zwischen 220.000 und 500.000. Der Zigeunerhass, an den Salvini anknüpft, gehöre zu den "widerwärtigsten und niederträchtigsten Formen des Rassismus" schreibt Manifesto. Der Abgeordnete des linken Bündnisses Freie und Gleiche (LeU) Roberto Speranza hat angekündigt, gegen Salvini eine Anklage wegen "Aufstachelung zum Rassenhass" einzureichen.

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2018

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