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ITALIEN/232: Licht am Ende des Tunnels - schon totgesagte Kommunisten melden sich zu Wort (Gerhard Feldbauer)


Licht am Ende des Tunnels

Italiens schon totgesagte Kommunisten melden sich zu Wort

von Gerhard Feldbauer, 28. Juli 2018


Italiens Kommunisten, von vielen, auch Linken, schon totgesagt, haben sich nach der katastrophalen Niederlage der so genannten Centro-sinistra (linken Mitte) bei den Parlamentswahlen am 4. März zu Wort gemeldet. Rund 350 Delegierte der Partito Comunista Italiano (PCI), die etwa 9.000 eingeschriebene Mitglieder vertraten, berieten vom 6. bis 8. Juli in der Provinzhauptstadt Rieti nördlich von Rom, wie es weiter gehen soll. Die PCI ist die Partei, die sich 1998 als Partei der Kommunisten Italiens (PdCI) von der nach der Umwandlung der alten PCI in eine sozialdemokratische Linkspartei (PDS) entstandenen Rifondazione Comunista (PRC) abspaltete. 2016 nahm sie zur Betonung ihrer kommunistischen Identität den Namen der 1921 von Antonio Gramsci gegründeten PCI an.

Der an die Spitze der 100 Mitglieder des Zentralkomitees als Nationalsekretär wieder gewählte Mauro Alboresi betonte, eine Alternative im entschiedenen Kampf gegen die faschistisch-rassistische Regierung müsse sich auf "die Welt der Arbeit" stützen, die Interessen der Arbeiter, der Unterdrückten, der Ärmsten der Gesellschaft vertreten. Die Partei werde sich den "Wurzeln der kommunistischen Geschichte" zuwenden, lehne die in den 1970er Jahren entstandene reformistische Strömung des Euro-Kommunismus, an der die PRC noch festhält, ab, will aber alle wertvollen Erfahrungen der PCI von Gramsci bis Berlinguer aufgreifen.

Mit der Beseitigung der PCI 1990/91, so wird in der neuen PCI betont, verlor die Arbeiterklasse ihre entscheidende Waffe, die sie nach Lenin im Kampf gegen die Ausbeuterherrschaft besitzt, "die Organisation". Seitdem ist sie wie nie zuvor dem Einfluss der bürgerlichen Ideologie ausgeliefert. Insbesondere, wie das kommunistische Online-Portal Contropiano hervorhob, unter den Regierungen der Forza Italia (FI) Berlusconis, Mitglied des Dreierdirektoriums der faschistischen Putschloge P2, die sein einen bis dahin nicht gekannten Masseneinfluss ausübendes Medienimperium aufbaute und finanzierte. Es gebe, so Alboresi, keinen anderen Weg, als "das Klassenbewusstsein zu entwickeln".

Die Lage der Kommunisten bestätigt das. Von den über zwei Millionen Mitgliedern der PCI in den 70er Jahren sind heute noch etwa 30.000 organisierte Kommunisten übrig. Sie sind zerstritten und in vier KPn gespalten: Neben der PRC, die 18.487 Mitglieder angibt, existiert noch eine von dem aus der PdCI ausgeschlossenen Marco Rizzo 2014 gegründete PC mit geschätzten 6.000 Mitgliedern und eine 2006 aus der PRC ausgeschiedene Gruppe, die sich unter dem Mitglied der Führung der IV. (trotzkistischen) Internationale Marco Ferrando als Kommunistische Arbeiterpartei (PCL) konstituierte (400 Mitglieder). Seit der Niederlage 2008 der Regenbogenlinken (Arcobaleno), der sich PRC und PdCI angeschlossen hatten, sind keine Kommunisten mehr im Parlament vertreten.

Im Gegensatz zur PRC, die der Europäischen Linkspartei (EL) angehört und mit ihrem langjährigen Sekretär Paolo Ferrero den Vize von Gregor Gysi stellt, lehnt die PCI eine Mitgliedschaft in der EL ab, nimmt aber einen Beobachterstatus wahr. Entschieden wird der Austritt Italiens aus der NATO gefordert. Der Kongress appellierte, Meinungsverschiedenheiten hintenanzustellen und den Weg der Schaffung der Einheit der Kommunisten zu gehen, um zur Wiederherstellung der Kampfkraft einer antikapitalistischen Linken beizutragen.

Angesichts der Wahlen 2019 zum EU-Parlament bildete die Positionierung zu dem Linksbündnis Potere al Popolo (Die Macht dem Volke), dem PCI und PRC angehören, einen Schwerpunkt. Alboresi hob deren antikapitalistische Haltung und ihre Rolle als alternative Linke hervor. Die PCI trete, ohne auf ihre politische und organisatorische Unabhängigkeit zu verzichten, für seine Konsolidierung ein. Es gehe jedoch nicht um eine Wiedergeburt der alten Centro-sinistra und ein Bündnis mit der PD sei ausgeschlossen. An dem Kongress nahmen 25 ausländische kommunistische Parteien bzw. Organisationen teil, darunter die KP Chinas.

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2018

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