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ITALIEN/314: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 30.4.2020 (SB)



Nachdem Ministerpräsident Giuseppe Conte mit seiner "Phase 2" im Kampf gegen die Corina-Pandemie eine Lockerung der Beschränkungen einleitet und ab dem 4. Mai die Produktion in vielen Unternehmen wieder aufgenommen wird, setzen "Proteste von Kaufleuten, Gastronomen und Restaurantmanagern in vielen Teilen Italiens, von Mailand über Portofino bis San Giovanni Rotondo" ein, weil sie zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgenommen bleiben.

"In Mailand protestieren Gastronomen und Manager von Clubs, Kosmetikerinnen und Friseure gegen die Entscheidung der Regierung, die Schließung dieser kommerziellen Aktivitäten auch in Phase 2 fortzusetzen, die ab dem 4. Mai beginnt", schreibt die italienische Nachrichtenagentur ANSA am Donnerstag. Für sie werde "eine Wiedereröffnung erst am 1. Juni erwartet". Eine Delegation von Vertretern von etwa 2.000 Kaufleuten werde am Donnerstag bei der Stadtverwaltung in Mailand "aus Protest zweitausend Schlüssel für Restaurants, Schönheitssalons, Friseure und Kinos übergeben". Laut ANSA gibt es auch Proteste in anderen Regionen Italiens, besonders im Süden des Landes, wo beispielsweise in Apulien Restaurantbesitzer in ähnlicher Weise ihrem Unmut Luft machen. Dort drohe von 220.000 Mitarbeitern dieser Branchen 100.000 die Entlassung.

Wie die Agentur weiter berichtet, meldet sich der Führer der faschistischen Lega Matteo Salvini zurück. Angeblich wolle er die Interessen der Bürger "zu Miete, Rechnungen, Hypotheken" vertreten, für die es von der Regierung "keine Hilfe" gebe. Er greife die Proteste wegen der zu langen Schließungen auf und fordere, den Italienern Vertrauen zu schenken und die Selbsteinschränkung des ganzen Landes zu beseitigen.

Während die Führerin der Fratelli/Brüder Italiens (FdI) Giorgia Meloni die "rechte Mitte" - worunter das faschistische Lager mit Berlusconis Forza Italia (FI) und der Lega zu verstehen ist - vereinen will, setzt Salvini nach Ansicht von Beobabachtern darauf, die Regierung Conte durch eine Regierung der "nationalen Einheit" zu ersetzen. Nicht nur der Chef von Italia Viva (Lebendiges Italien - IV), Matteo Renzi, greife Conte an, sondern auch die sozialdemokratische Partito Democratico (PD) wanke und wolle "Conte nicht mehr abschirmen", schreibt ANSA. Wenn die von Conte beantragten Kredite "nicht innerhalb von 2 bis 3 Monaten bereitgestellt werden, sei das Risiko, auf MES zurückzugreifen, hoch". Dann wäre eine Regierung der nationalen Einheit, ein Technokratenkabinett, das auch die Lega unterstützt, "eine einfallsreiche Hypothese". Als Fazit der aktuellen Entwicklung wird in Italien vielfach angenommen, daß wohl bald eine neue Regierungskrise ins Haus steht.

30. April 2020


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