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ITALIEN/315: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 1.5.2020 (SB)



Sergio Mattarella, Staatspräsident Italiens, versucht seinen Landsleuten Mut zu machen. In einer Grußbotschaft verleiht er der Gewißheit Ausdruck, daß das Land diese Zeit der schweren Prüfungen durch die Corona-Pandemie überstehen werde. Mit Blick auf die baldigen Lockerungen der landesweit verhängten Einschränkungen erklärte er, "endlich fangen wir wieder an", machte aber zugleich auch deutlich, daß "die Qual der vergangenen Wochen wegen der gewaltsamen und schnellen Aggression des Virus und die Tatsache, daß wir zweihunderttausend Infektionen überwunden haben und doch jeden Tag um ein paar hundert Opfer trauern müssen", berücksichtigt werden müßten. Er mahnte "Klugheit und Klugheit" an und appellierte an die Regierung: "Machen Sie der Angst ein Ende. Italien ist reif."

Es sei "kein Zufall", so der Kommentar der Nachrichtenagentur ANSA, daß Mattarella diese Botschaft "am 1. Mai verkündet". Das Staatsoberhaupt wolle "Sicherheit und Arbeit verbinden, die sich nicht widersprechen". In einer so ernsten Notsituation sei "ein verantwortungsbewußtes Klima loyaler Zusammenarbeit zwischen den Institutionen (Regierung und Parlament) erforderlich", zitierte ANSA weiter aus der präsidialen Botschaft und merkte an, sie sei eine Warnung vor den Zusammenstößen, die "zwischen den Regionen und der Zentralregierung tobten". Daß Mattarella "die Institutionen zur Zusammenarbeit" aufrufe, stellt nach Ansicht von Beobachtern eine Absage an eine "Regierung der nationalen Einheit" dar, in die die zur faschistischen Allianz gehörenden Oppositionsparteien einbezogen werden sollen.

Am Freitag zitierte die römische Tageszeitung "La Repubblica" Matteo Renzi, den Chef der Partei Viva Italia (Lebendiges Italien), mit den Worten, in der Regierung zeige sich "ein alarmierendes Knirschen", das Ausdruck der "zunehmenden Spannungen" sei. Der IV-Chef hatte sich in den vergangenen Tagen bereits für ein Regierung der "nationalen Einheit" unter Beteiligung der Forza Italia (FI) von Ex-Premier Berlusconi ausgesprochen.

Ministerpräsident Giuseppe Conte kündigte unterdessen mit Blick auf die Forderungen nach weiteren Lockerungen an, daß diese ab dem 18. Mai eingeführt werden sollen. Laut ANSA erklärte er vor der Kammer: "Wir sind gezwungen, Lebensmodelle zu überdenken, unsere Werte wieder herzustellen und unser Entwicklungsmodell zu überdenken." Zu den bisherigen Maßnahmen meinte er: "Die Regierung hat die Schwere des Augenblicks immer verstanden und aus diesem Grund nie beabsichtigt, unzeitgemäß improvisiert vorzugehen." Wie Conte betonte, seien ihre "Empfehlungen das Ergebnis sorgfältiger Forschungen und Überlegungen qualifizierter Vertreter der wissenschaftlichen Welt".

Der Premier wies indirekt Forderungen nach einer "Regierung der nationalen Einheit" zurück, indem er klarstellte, daß das Parlament "über alle Instrumente, um das Handeln der Regierung zu lenken und zu kontrollieren", verfüge. Alle Einschränkungen sofort aufzuheben, so Conte, würde zu dem Risiko führen, "diese Bemühungen irreversibel zu gefährden". Maßnahmen in den Regionen, die im "Gegensatz zu nationalen Vorschriften stehen, seien illegitim." Conte kündigte weitere Hilfen an, darunter zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zum Einkommen und bei Entlassungen sowie Entschädigungen für Hausangestellte und Pflegepersonen. Dafür stelle die Regierung 25 Mrd. EUR bereit.

1. Mai 2020


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