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ITALIEN/410: Giorgia Meloni hat "keine Probleme" mit dem Faschismus Mussolinis (Gerhard Feldbauer)


Parlamentswahlen

Giorgia Meloni hat "keine Probleme" mit dem Faschismus Mussolinis
"Mitte Links" gespalten gegen vereinte Faschisten

von Gerhard Feldbauer, 10. August 2022


Die Führerin der faschistischen Brüder Italiens (FdI), Giorgia Meloni, ist sich sicher, die Parlamentswahlen am 25. September zu gewinnen. Mit dem Faschismus Mussolinis hat sie als Regierungschefin "keine Probleme", bekannte sie im April bei der Beerdigung von Assunta Almirante, der Witwe des Staatssekretärs des "Duce" Giorgio Almirante und Wiedergründers der Mussolini-Partei als Movimento Sociale Italiano (MSI), deren Nachfolger ihre FdI sind. Laut dem Mailander Corriere della Sera würdigte die FdI-Chefin die Frau des MSI-Gründers als "eine Säule des historischen Gedächtnisses der italienischen Rechten".

Die "Mitte-Rechts-Partei", wie sich die Koalition aus FdI, der Forza Italia (FI) Berlusconis und der Lega Salvinis verharmlosend nennt, hat ihre Meinungsverschiedenheiten - die u. a. in der Konkurrenz um die Leaderschaft zwischen Meloni und Salvini bestanden - hinten angestellt und tritt geschlossen an. Laut jüngsten Wählerumfragen, die das linke Manifesto heute bringt, würde sie mit 25 % erste Partei werden, gefolgt von der Lega mit 10 %, FI sieben. Die faschistische Koalition würde die Wahl "mit absoluter Mehrheit gewinnen", meinte dieser Tage das Forschungsnetzwerk Euromedia-Research Group, das hinzufügte, die "geeinigte Allianz" habe bereits eine Ministerliste aufgestellt: Meloni Ministerpräsidentin, Salvini Innenminister, der vorbestrafte 86-jährige Medien-Tycoon und Bunga-Bunga-Löwe Berlusconi Senatspräsident.

Während die Faschisten vereint antreten, sind bei "Mitte Links" erste Versuche des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), ein Campo largo (breites Lager) zustandezubringen, bereits im ersten Anlauf gescheitert. In einem zwischen PD-Sekretär Enrico Letta und Carlo Calenda, dem Leiter der Gruppe Azione/Plus Europa, am 2. August geschlossenen Abkommen bekannten sich beide Seiten laut ANSA zur "Fortsetzung der Außen- und Verteidigungspolitik der aktuellen Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi", womit soziale Fragen, ausgenommen ein Mindestlohn nach EU-Vorgaben, ausgeklammert wurden.

Damit wollte Letta ins Auge gefasste weitere Bündnispartner wie Nicola Fratoiannis Sinistra Italiana (SI) und Angelo Bonellis Verdi (Grüne) nicht verprellen. Denn mit beiden schloss er anschließend ein Wahlbündnis, in dem ihren Forderungen, mit einem Wahlprogramm auf ihren eigenen Listen unter ihren Parteisymbolen anzutreten, entsprochen wurde. Calenda nahm das zum Anlass, am 6. August das Abkommen wieder aufzukündigen. "Letta hat den Pakt gebrochen", beschuldigte er diesen laut ANSA vom 9. August. Mit der SI Fratoiannis (der früher der Rifondazione Comunista - PRC angehörte) habe er einen Pakt "mit denen, die im Grunde Kommunisten sind", geschlossen. Wie ANSA am Dienstag vermerkte, beabsichtigt Plus Europa jedoch, den "Wahlpakt mit der Demokratischen Partei zu bestätigen".

Calenda wolle nun Ex-Premier Matteo Renzi, einen früheren Christdemokraten und von 2016 bis 2019 PD-Chef, der sich nach seiner Abwahl als Parteichef 2019 vom PD abspaltete und die Partei Lebendiges Italien (IV) gründete, für sich gewinnen. Wie aus Manifesto bekannt wurde, wollte Calenda mit seiner Azione einen "Pakt der Republik" schließen, für den Draghi als Kandidat antreten soll. Calenda hat Erfahrungen mit einem solchen Manöver. Er hat nach dem Fall Berlusconis 2011 für den Übergangspremier, den früheren EU-Kommissar Mario Monti, eine eigene Liste aufgestellt, mit der dieser 2013 zur Wahl 2013 antrat. Mit 10 % scheiterte Monti damals allerdings.

Ein Bündnis mit dem Chef der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) Giuseppe Conte, auch er Ex-Premier, lehnt Letta bisher ab, was unter "Mitte Links" vor allem von den Freien und Gleichen (LeU) nicht mitgetragen wird. Damit, so Loredana De Petris, Gruppenleiterin im Senat von LeU, werden "drei Jahre geduldiger Arbeit weggeworfen". Conte erklärte sich zum Dialog offen, will aber sonst allein antreten. Die Sternepartei hat u. a. mit der Ablehnung der Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland, die rund 60 % der Italiener ablehnt, den Sturz Draghis herbeigeführt. Ihr werden deshalb laut Manifesto wenigstens etwa elf % Stimmen eingeräumt. Wenn von einem "Wettlauf zwischen Letta und Meloni" am 25. September die Rede ist, könnte ihn der PD, dem derzeit etwa 23 % Stimmen zugetraut werden, allenfalls für sich entscheiden, wenn er M5S einschließt.

Außerhalb von "Mitte Links" will Potere al Popolo (Die Macht dem Volke) in einer Unione Popolare (Volksunion) mit dem PRC und weiteren Linken mit dem früheren Bürgermeister von Mailand De Magistris an der Spitze antreten. Da bisher nicht im Parlament vertreten, muss die Volksunion, um zur Wahl antreten zu können, 40.000 Unterschriften sammeln. Die Aktion ist noch im Gange. Wie bzw. wo sich die weiteren drei KPs - PCI, PC und die trotzkistische Arbeiterpartei PCL -, in die die Kommunisten zersplittert sind, aufstellen, ist noch offen.

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Quelle:
© 2022 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 13. August 2022

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