Hafenarbeiter von Genua blockierten Waffentransport nach Israel
Auch in La Spezia wurde die Übernahme einer Stahl-Ladung verhindert
Am Pranger steht der Rüstungskonzern Leonardo, der Israel Kriegsmaterialien für fast eine Milliarde Euro lieferte
von Gerhard Feldbauer, 26. Juli 2025
In der norditalienischen Hafenstadt Genua haben die Hafenarbeiter am Freitagmorgen mit einem Sit-in vor dem Rathaus der Stadt gegen die Nutzung des Hafens für Waffentransporte nach Israel protestiert und gefordert, dass er für Schiffe, die nach Israel fahren oder von dort kommen, gesperrt wird. Zu der Aktion hatten die regionale Basisgewerkschaft Mare e Porti zusammen mit Friedensaktivisten und Einwohnern der Stadt aufgerufen. Mit ihrer entschlossenen Haltung verhinderten sie, dass das israelische Transportschiff Cosco Pisces am Nachmittag in den Hafen einlaufen und eine weitere für Israel bestimmte Waffenladung laden konnte. Das Schiff kam ursprünglich aus Piräus, wo die griechischen Hafenarbeiter der Gewerkschaft Enedep/Pame es bereits daran hinderten, Kriegsmaterial zu übernehmen. Nach einem Bericht des Online-Portals Red Globe vom Weltgewerkschaftsbund (WGB) blockierten auch die Hafenarbeiter von La Spezia die Übernahme einer Stahlladung für Israel. Sollte die Cosco Pisces weiter beabsichtigen, Genua anzulaufen, um Waffen an Bord zu nehmen, kündigte Mare e Porti an, zum Streik dagegen aufzurufen.
Am Abend fand ein auf Initiative des von Mare e Porti gebildeten Koordinierungskomitees "Lasst uns sie entwaffnen" auf der Piazza dei Truogoli eine öffentliche Versammlung statt, die das weitere gemeinsame Vorgehen gegen diese rücksichtslose Kriegspolitik beriet. Dabei ging es auch darum, ein neues NATO/EU-Wiederaufrüstungsprojekt in Genua zu verhindern. Mit dem Projekt würde Italien weiter in die Eskalationsspirale des Krieges gedrängt, die die Risiken nicht nur für die Hafenarbeiter, sondern für alle Einwohner erhöht, hieß es in dem Aufruf des Komitees, den das kommunistische Magazin Contropiano veröffentlichte. Darin wird gefordert, dieser Politik des Krieges und der Wiederaufrüstung eine entschiedene Antwort zu geben und sich für den Frieden zu entscheiden. Auf der Tagesordnung der Veranstaltung stand auch die Unterstützung einer vom Weltgewerkschaftsbund für den 25. September nach Genua einberufenen internationalen Versammlung der europäischen Hafengewerkschaften gegen den Krieg. Die italienische Basisgewerkschaft USB gehört zu den 105 Millionen Mitgliedern des WGB aus 133 Ländern. Seit 2022 hat der Verbund seinen Sitz in Rom und die USB ist mit zwei Vertretern im WGB-Sekretariat vertreten, was den von ihr organisierten Aktionen ein besonderes Gewicht verleiht.
Genuas Hafenarbeiter, Friedensaktivisten und Antimilitaristen stehen nicht allein, sondern bilden ein Zentrum der Proteste gegen Waffenlieferungen nach Israel für den Völkermord an den Palästinensern in Gaza und zur Verschärfung der Lage in der Region, wie sie mit den Angriffen gegen den Iran erfolgte. Davon zeugten in den vergangenen Monaten Antikriegsaktionen der Hafenarbeiter von Triest, dem Tiefseehafen Norditaliens, und von Monfalcone, dem Tor zum Mittelmeer, um die Nutzung dieser Häfen als Logistikplattformen für Waffenexporte zu Kriegsschauplätzen in aller Welt zu verhindern. In Triest richteten sich die Proteste gegen die italienische Fincantieri-Werft, die als viertgrößtes Schiffbauunternehmen der Welt gilt und dort ihren Sitz hat. Das Unternehmen, an dem der italienische Staat 71,32 Prozent Anteile hält, beteiligt sich am Auftragsboom im Marinegeschäft, der seit Beginn des Krieges in der Ukraine und der "Expansion Chinas" einsetzte. Im Mai 2024 hat Fincantieri, dessen Schwerpunkt bis dahin im Bau von Kreuzfahrtschiffen lag, die U-Boot-Sparte des italienischen Rüstungskonzerns Leonardo, der Torpedos, Unterwasserabwehrsysteme und Sonargeräte produziert, übernommen.
Bei den Protesten gegen die Waffenlieferungen an Israel steht der größte italienische Rüstungskonzern Leonardo am Pranger, ein in der Luft- und Raumfahrt, in Verteidigung und Sicherheit angesiedelter öffentlicher Konzern mit Standorten in den USA, Großbritannien, Frankreich, Polen und Deutschland, der zu den größten Rüstungsunternehmen der Welt zählt. Er stellt von Minen und Granaten, Torpedos und Raketen bis zu Artilleriegeschossen oder Gewehrpatronen nahezu alles her, was zur Kriegführug gebraucht wird. Der italienische Staat ist mit einer "Kontrollmehrheit" von 30,2 % in den Händen des Ministeriums für Finanzen (MEF) an Leonardo beteiligt. Die italienische Armee bezieht von Leonardo u.a. "Centauro II"-Panzerfahrzeuge.
Weninger bekannt ist, dass Leonardo auch an Israel millionenschwere Waffen liefert, die über die US-Tochter Diagnostic/Retrieval Systems laufen und auf diese Weise verdeckt werden. Es handelt sich, so enthüllte Contropiano unter Bezug auf Daten von UAMA, einer Einheit für die Genehmigung von Rüstungsexporten der Farnesina (des Außenministeriums), vom Oktober 2024, um Trainingsflugzeuge, Hubschrauber und fortschrittliche elektronische Systeme im Wert von fast einer Milliarde Euro. Im November 2022 fusionierte "Leonardo DRS" mit dem israelischen Unternehmen "RADA Electronic Industries Ltd". Mit der Fusion erreichte Leonardo eine stabile Präsenz im israelischen Industriekomplex. Seit 2016 trainieren auch Piloten der israelischen Luftwaffe auf italienischen Aermacchi M-346-Maschinen, die Italien ihnen verkauft hat. Darüber hinaus besitzt sie auch AW119Kx-Hubschrauber, die das italienische Verteidigungsministerium in zwei Chargen zu je sieben Maschinen geliefert hat. Auch sie stammen aus den Leonardo-Fabriken in Philadelphia.
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Quelle:
© 2025 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 1. August 2025
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