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ITALIEN/530: EuGH-Urteil zu beschleunigten Asylverfahren in Italien umstritten (Gerhard Feldbauer)


EuGH-Urteil

Meloni kritisiert, Richter in Rom und Opposition begrüßen es

von Gerhard Feldbauer, 1. August 2025


Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu beschleunigten Asylverfahren, wie sie Italien betreibt, ist von Ministerpräsidentin Meloni kritisiert worden, während es Migranten wie auch die Opposition begrüßen, berichtete die Nachrichtenagentur ANSA. Die Entscheidung des Gerichtshofs schwäche die Politik zur Bekämpfung der illegalen Masseneinwanderung und zum Schutz der Landesgrenzen, hieß es in einer Erklärung des Palazzo (Regierungssitz), in der weiter betont wird, die europäische Justiz beanspruche Zuständigkeiten, "die ihr nicht zustehen, während die Verantwortung bei der Politik liegt".

Kritisch wird auch der Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung gesehen. Das Urteil ergehe wenige Monate vor Inkrafttreten eines neuen EU-Migrationspakts, der strengere Regeln für den Umgang mit sicheren Herkunftsländern vorsieht. Nicola Fratoianni, Sekretär der Partei Italienische Linke und Vorsitzender des Grünen-Links-Bündnisses, sagte dagegen: "Wie sich jeder Mensch mit gesundem Menschenverstand hätte vorstellen können, ist eine weitere Abschiebung von Migranten nach Albanien damit gescheitert."

Der Richterspruch aus Den Haag hat die Hürden bei der Bestimmung von sicheren Herkunftsländern für beschleunigte Asylverfahren erhöht. Er folgte dem Antrag von EuGH-Generalanwalt Richard de la Tour, der zwar eingeräumt hatte, dass EU-Mitgliedsländer für ihre Asylverfahren sichere Herkunftsländer selbst bestimmen könnten, aber auch erklärt hatte, dass die Quellen, auf denen die Einschätzungen der nationalen Regierungen basieren, offengelegt werden müssen, damit die nationalen Gerichte diese überprüfen können. Zwar könnten Staaten auch dann als sicher eingestuft werden, wenn einzelne Personengruppen dort nicht sicher sind - aber nur unter der Voraussetzung, dass der Herkunftsstaat demokratisch ist und die betroffenen Gruppen schützt. Zudem müsse die gesamte Bevölkerung in dem Land sicher sein, entschieden die Richterinnen und Richter in Luxemburg.

Bei gefährdeten Personengruppen, etwa Homosexuellen, dürfen damit künftig beschleunigte Asylverfahren nicht durchgeführt werden. Das Urteil ist eine Absage an die von Meloni in Albanien betriebene Unterbringung in Internierungslagern außerhalb der EU bis zu einer Entscheidung über die Asylanträge. Obendrein hatte Rom eine eigene Liste mit sogenannten sicheren Drittstaaten erstellt, um Abschiebungen zu beschleunigen. Richterinnen und Richter in Rom, die diese Praxis als nicht mit EU-Recht vereinbar erklärt und die Angelegenheit an den Europäischen Gerichtshof weitergeleitet hatten, äußerten sich zufrieden.

Im konkreten Fall lag dem EuGH-Urteil die Klage zweier Migranten aus Bangladesch zugrunde, die gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge, weil ihr Herkunftsland von Italien als sicher eingestuft wird, geklagt hatten. Sie gehörten zu denjenigen Migranten, die von Italien in Lager nach Albanien gebracht wurden.

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Quelle:
© 2025 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 1. August 2025

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