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ITALIEN/531: Auf Druck Trumps - steht Rom vor einer wirtschaftlichen Kehrtwende zu China? (Gerhard Feldbauer)


Steht Rom in der Wirtschaft vor neuer Kehrtwende zu China?

Trump soll von Meloni fordern, Investoren aus Italien zu verdrängen

von Gerhard Feldbauer, 13. August 2025


Während sich die staatliche Nachrichtenagentur ANSA ausschwieg, berichtete die Agentur Bloomberg am Dienstag, Ministerpräsidentin Meloni wolle einer Forderung von US-Präsident Trump nachkommen und die Beteiligungen chinesischer Investoren an wichtigen Unternehmen in Italien reduzieren. Der Mailänder Corriere della Sera griff das auf und schrieb, das betreffe sowohl staatlich kontrollierte als auch private Unternehmen, die als strategisch gelten wie der Reifenhersteller Pirelli, aber auch weitere strategische Unternehmen wie Telematiche Italiane (Reti) und der Technologie- und Rüstungskonzern Ansaldo seien im Blick. Insgesamt arbeiten in Italien rund 700 Unternehmen mit chinesischer Beteiligung. An Pirelli hält der chinesische Staatskonzern Sinochem 37 Prozent der Anteile. Um den Konzern zum Verkauf seiner Anteile zu zwingen, könnte die italienische Regierung sich auf die sogenannte "Golden-Power-Regel" berufen, die es erlaubt, kritische Infrastruktur und die beteiligten Unternehmen unter besonderen staatlichen Schutz zu stellen. Diesen Rechtsmechanismus hatte Rom bereits 2023 benutzt, um den Einfluss von Sinochem bei Pirelli einzuschränken. Im April 2025 war der Governance-Status von Sinochem herabgestuft worden.

Es wäre das dritte Mal, dass Italien unter Meloni in seinen Wirtschaftsbeziehungen zur Volksrepublik eine Kehrtwende vollzieht. Im Dezember 2023 hatte es - auch unter Druck aus Washington - seinen Austritt aus dem Pekinger "Neue Seidenstraße"-Projekt (Belt and Road Initiative, BRI) bekannt gegeben, was auf Kritik von Unternehmern stieß, für die China nach den USA der zweitgrößte Nicht-EU-Handelspartner ist.

Schon im Juli 2024 brach die Ministerpräsidentin deshalb zu einem fünftägigen Staatsbesuch nach Peking auf, bei dem es, wie ANSA damals berichtete, um "die Wiederbelebung des Dialogs mit China", vor allem aber um die Festigung der Handelsbeziehungen ging. Mit ihrem Amtskollegen Li Qiang trat sie auf dem Italien-China-Wirtschaftsforum auf, beriet mit ihm die Gestaltung der weiteren Beziehungen und eröffnete im Welt-Kunst-Museum eine Ausstellung über "Marco Polos Erbe zwischen Ost und West". Sie würdigte China als einen Staat "von grundlegender Bedeutung für Stabilität und Frieden". Die chinesische Global Times bestätigte, ihr Besuch habe Missverständnisse um die BRI ausgeräumt und zur Stabilisierung der Beziehungen beitragen.

Es blieb nicht bei Worten. Mit Premier Li unterzeichnete Meloni ein "Memorandum zur industriellen Zusammenarbeit", das sie einen "bedeutenden Schritt" nannte, der "strategische Industriesektoren wie Elektromobilität und erneuerbare Energien einschließt, Sektoren, in denen China bereits seit einiger Zeit technologisch an der Spitze steht". Insgesamt wurden sechs Abkommen - von der Industrie über Lebensmittelsicherheit bis hin zum Bildungswesen - unterzeichnet. Damit werde, so hatte Meloni weiter erklärt, eine "neue Phase" der bilateralen Zusammenarbeit eingeleitet, mit der "wir auch den zwanzigsten Jahrestag unserer globalen strategischen Partnerschaft begehen".

Aktuell meinen Beobachter, das alles lasse sich nicht so schnell vom Tisch wischen, noch sei nichts entschieden. Erwartet wird, dass Meloni auch diesmal auf Schadensbegrenzung bedacht sein wird. Zur Beruhigung der Lage erklärte der Corriere, die Maßnahmen seien lediglich "eine Erwägung".

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Quelle:
© 2025 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 15. August 2025

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