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AUSSEN/150: Erklärung der Tagung des Europäischen Rates vom 23. April 2015 (Europäischer Rat)


Europäischer Rat - Pressemitteilung vom 23. April 2015

Außerordentliche Tagung des Europäischen Rates vom 23. April 2015 - Erklärung


1. Die Lage im Mittelmeerraum ist eine Tragödie. Die Europäische Union wird alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um den Verlust weiterer Menschenleben auf See zu verhindern und die eigentlichen Ursachen der menschlichen Katastrophe, der wir gegenüberstehen, gemeinsam mit den Herkunfts- und Transitländern zu bekämpfen. Unsere unmittelbare Priorität ist es, zu verhindern, dass noch mehr Menschen auf See ums Leben kommen.

2. Daher haben wir beschlossen, unsere Präsenz auf See zu verstärken, gegen die Schlepper vorzugehen, irreguläre Migrationsströme zu unterbinden und die interne Solidarität und Verantwortung zu stärken. Da die instabile Lage in Libyen ein ideales Umfeld für die kriminellen Machenschaften von Schleppern schafft, werden wir alle unter Leitung der Vereinten Nationen unternommenen Bemühungen zur Wiederherstellung der Autorität der Regierung in Libyen aktiv unterstützen. Wir werden zudem noch größere Anstrengungen unternehmen, um Konflikten und Instabilität, die wesentliche Auslöser von Migration sind, zu begegnen, einschließlich in Syrien.

3. Wir verpflichten uns heute dazu, Verstärkung unserer Präsenz auf See

a) die EU-Operationen Triton und Poseidon rasch zu verstärken, indem die Finanzmittel für diesen Zweck in den Jahren 2015 und 2016 mindestens verdreifacht und die sonstigen Mittel zahlenmäßig aufgestockt werden, so dass die Such- und Rettungsmöglichkeiten im Rahmen des FRONTEX-Mandats verbessert werden können. Wir begrüßen die bereits von den Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtungen, die es ermöglichen werden, dieses Ziel in den nächsten Wochen zu verwirklichen; Vorgehen gegen Schlepper im Einklang mit dem Völkerrecht

b) durch ein rasches Vorgehen der Behörden der Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit EUROPOL, FRONTEX, dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) und EUROJUST sowie durch verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Erkenntnisgewinnung und im polizeilichen Bereich Schleppernetze zu zerschlagen, die Täter vor Gericht zu stellen und ihre Vermögenswerte zu beschlagnahmen;

c) systematische Anstrengungen zu unternehmen, um Schiffe auszumachen, zu beschlagnahmen und zu zerstören, bevor sie von Schleppern eingesetzt werden;

d) gleichzeitig die Hohe Vertreterin zu ersuchen, unverzüglich mit den Vorbereitungen für eine eventuelle GSVP-Operation zu diesem Zweck zu beginnen;

e) mit Hilfe von EUROPOL und im Einklang mit der jeweiligen nationalen Verfassung Internetinhalte, mit denen Schlepper Migranten und Flüchtlinge anlocken, auszumachen und deren Entfernung aus dem Netz zu beantragen; Verhinderung irregulärer Migrationsströme

f) unter anderen Tunesien, Ägypten, Sudan, Mali und Niger verstärkt bei der Überwachung und Kontrolle ihrer Landgrenzen und der Landwege zu unterstützen, wobei wir uns auf die bestehenden GSVP-Operationen in der Region und auf die Rahmen für die regionale Zusammenarbeit (Rabat- und Khartum-Prozess) stützen werden; den Dialog mit der Afrikanischen Union über all diese Fragen auf allen Ebenen zu intensivieren;

g) unsere politische Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnern auf allen Ebenen zu intensivieren, um gegen die Ursachen der illegalen Migration anzugehen und die Schleusung und den Menschenhandel zu bekämpfen. Die EU wird diese Fragen gegenüber

der Afrikanischen Union und den wichtigsten betroffenen Ländern zur Sprache bringen; zudem wird sie ihnen vorschlagen, in den nächsten Monaten ein Gipfeltreffen in Malta abzuhalten;

h) angesichts der Lage in Syrien und in Irak die Zusammenarbeit mit der Türkei zu intensivieren;

i) europäische Verbindungsbeamte für Migration in die wichtigsten Länder zu entsenden, die Informationen über Migrationsströme sammeln, sich mit den nationalen Verbindungsbeamten abstimmen und mit den Behörden vor Ort direkt zusammenarbeiten sollen;

j) gemeinsam mit unseren Partnern in der Region Kapazitäten für den Schutz der Seegrenzen und für Such- und Rettungsoperationen aufzubauen;

k) regionale Entwicklungs- und Schutzprogramme für Nordafrika und das Horn von Afrika auf den Weg zu bringen;

l) die Kommission und die Hohe Vertreterin zu ersuchen, alle Instrumente, auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der Durchführung der Rückübernahmeabkommen von EU und Mitgliedstaaten mit Drittstaaten, zu mobilisieren, um in enger Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration die Rückübernahme irregulärer Wirtschaftsmigranten durch die Herkunfts- und Transitländer zu fördern;

m) unter Achtung des Rechts, Asyl zu beantragen, ein neues Rückkehrprogramm für die rasche Rückführung illegaler Migranten aus den Mitgliedstaaten an den Außengrenzen aufzulegen, das von FRONTEX koordiniert wird; Verstärkung der internen Solidarität und Verantwortung

n) für die rasche und umfassende Umsetzung und die wirksame Durchführung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems durch alle beteiligten Mitgliedstaaten zu sorgen und so gemeinsame europäische Standards im Rahmen der bestehenden Rechtsvorschriften sicherzustellen;

o) die Nothilfe für die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen aufzustocken und Optionen für eine Notfall-Umverteilung auf freiwilliger Basis unter allen Mitgliedstaaten zu prüfen;

p) EASO-Teams für eine gemeinsame Bearbeitung von Asylanträgen, einschließlich Registrierung und Erfassung von Fingerabdrücken, in die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen zu entsenden;

q) ein erstes freiwilliges Pilotprojekt für Neuansiedlung in der gesamten EU einzuleiten, mit dem Personen, die Anrecht auf Schutz haben, Plätze angeboten werden sollen;

4. Die EU-Organe und die Mitgliedstaaten werden unverzüglich beginnen, diese Orientierungen in vollem Umfang umzusetzen. Der Vorsitz und die Kommission werden nächste Woche einen Fahrplan für die Arbeiten bis Juni vorlegen.

5. Der Europäische Rat erwartet die Kommissionsmitteilung über eine Europäische Agenda für Migration, damit ein systematischeres und geografisch umfassendes Konzept für Migration entwickelt werden kann. Der Europäische Rat wird sich weiter mit der Lage befassen und die Umsetzung dieser Orientierungen genau überwachen. Der Rat und die Kommission werden dem Europäischen Rat im Juni Bericht erstatten.

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Quelle:
Europäischer Rat - Pressemitteilung vom 23. April 2015
http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2015/04/23-special-euco-statement/


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2015

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