Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → WIRTSCHAFT

AGRAR/1271: EU-Exportsubventionen nutzen nur Schweineverarbeitern (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 309 - März 2008
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

EU-Exportsubventionen nutzen nur Schweineverarbeitern
Schweineerzeuger in Deutschland und Entwicklungsländern unter Druck

Von Berit Thomsen


Im Februar haben sich Landwirtschaftsminister Horst Seehofer, der Deutsche Bauernverband und die drei größten deutschen Schlachtunternehmen Vion, Westfleisch und Tönnies in aller Öffentlichkeit gegenseitig auf die Schulter geklopft. In einer gemeinsamen Erklärung weisen sie darauf hin, dass Deutschland, über Jahrzehnte ein Nettoimporteur von Schweinefleisch, dank der geleisteten Arbeit der gesamten Erzeugungskette nunmehr Nettoexporteur sei. Weiter heißt es in der Erklärung, dieser Erfolg basiere auf einer modernen und wettbewerbsfähigen deutschen Schweineerzeugung sowie einer international ausgerichteten Schlacht- und Verarbeitungsindustrie.

Erfolg. Dieses Schlagwort mutet schon seltsam an, wenn man bedenkt, dass in der EU seit geraumer Zeit Übermengen von Schweinefleisch auf den Binnenmarkt und damit auf die Erzeugerpreise drücken. Die EU-Kommission musste deshalb im November letzten Jahres nach vielen Jahren die Exportsubventionen für unverarbeitetes Schweinefleisch wieder einführen. Seehofer will sich "zur Überbrückung der aktuellen schwierigen Lage" sogar persönlich für eine weitere Anhebung der Ausfuhrerstattungen für Schweinefleisch einsetzen - so steht es in der gemeinsamen Erklärung. Für wen ist es also ein Erfolg? Der Evangelische Entwicklungsdienst (eed) berichtet in einer Pressemitteilung: "Schon seit einigen Jahren exportiert die EU zunehmend Schweinefleischteile in Entwicklungsländer. ... Die Menge, die nach Afrika exportiert wird, hat sich innerhalb der letzten vier Jahre annähernd verdoppelt." Mittels der EU-Exportsubventionen können Schweineverarbeiter und Handelsunternehmen ihre Ware künstlich verbilligt in diesen Ländern anbieten. Die dortigen heimischen Schweineerzeuger müssen mit den Billigimporten konkurrieren und werden massiv in ihrer Existenz bedroht.

Während sich in Deutschland das landwirtschaftliche Einkommen im vergangenen Wirtschaftsjahr 2006/07 gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessert hat, haben die Schweinehalter 11,7 Prozent an Einkommen verloren. So viel wie in keinem anderen Produktionszweig. Laut der ZMP haben die Erzeuger im vergangenen Jahr im Durchschnitt aller Klassen (E-P) 1,32 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht erzielt. Im Januar lag der Preis bei 1,29 Euro. Zu wenig, zumal im vergangenen Jahr wegen der hohen Getreidepreise die Produktionskosten kräftig angezogen sind.

Auffallend sei, sagt Schweineerzeuger Günther Völker aus Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein Westfahlen, dass die Täler im Zyklus immer länger dauerten. In seinem Umfeld stelle er fest, dass die Betriebe trotz niedriger Preise nicht aus der Produktion aussteigen, sondern alles daran setzen, durchzuhalten. Während die Mastbetriebe noch einen positiven Deckungsbeitrag haben, also vom Umsatz die variablen Kosten wie Futter, Ferkel, etc. decken können, schreiben die Ferkelerzeuger satte Verluste. Das sei auch darauf zurückzuführen, so Völker, dass die Mastbetriebe in dieser Situation gezwungen seien, ihre Kosten niedrig zu halten, indem sie in einem gesättigten Markt beim Einkauf der Ferkel sparten. Um die Vollkosten zu decken, setzt Völker einen Preis von mindestens 1,70 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht an. Dann erst könne der Schweinemäster die höheren Futterkosten ausgleichen, seine Arbeitszeit entlohnen und einen angemessenen Ferkelpreis zahlen.

DBV-Präsident Gert Sonnleitner sagte kürzlich vor Journalisten, dass er Anzeichen für eine Wende auf dem Schweinemarkt sehe und der Trend nach oben zeige. Dabei sind zum Jahreswechsel EU-weit 100.000 Tonnen überschüssiges Schweinefleisch mit staatlichen Finanzhilfen privat eingelagert worden. Davon allein 13.000 Tonnen in Deutschland. Diese Lagerbestände müssen in den nächsten Wochen wieder "ausgelagert" werden, denn Schweinefleisch ist nicht lange haltbar. Dann drücken diese Fleischmengen auf den Binnenmarkt. In Deutschland wurden im Kalenderjahr 2007 sieben Prozent mehr Schweinefleisch produziert als im Jahr davor. Das war das siebte Rekordjahr in Folge.

Wenn also Seehofer und Co. von Erfolg sprechen, dann können sie nur die mögliche Absatzsteigerung von großen Schlacht- und Handelsunternehmen mit Exportsubventionen im Ausland meinen. Das sind die einzigen Profiteure der aktuellen Lage auf dem Schweinemarkt.


*


Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 309 - März 2008, S. 10
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de

Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,00 Euro
Abonnementpreis: 36,00 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 26,00 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2008