Schattenblick →INFOPOOL →GESELLSCHAFTEN → STIFTUNGEN

HINTERGRUND/007: Werdegang einer Milliardenspende (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt und Entwicklung - Rundbrief 2/2009

Werdegang einer Milliardenspende
Wie die "U.N. Foundation" zur Verwirklichung internationaler Aufgaben beiträgt

Von Michael Mehling


Aus einer aufsehenerregenden Spende des Medienmoguls Ted Turner im Jahre 1997 ist eine gemeinnützige Stiftung hervorgegangen, die sich der Förderung von Zielen der Vereinten Nationen verschrieben hat. Werdegang, Tätigkeitsprofil und Schlüsselfiguren der "U.N. Foundation" werden in diesem Bericht kurz umrissen.


Vom Provisorium zum Erfolgsmodell

Die Ankündigung löste 1997 weltweit Schlagzeilen aus: weil sich die USA mit ihren Beitragszahlungen an die Vereinten Nationen mit einer Milliarde Dollar im Rückstand befanden, erklärte Ted Turner, genau diesen Beitrag an die unter Finanznöten leidende Organisation spenden zu wollen. Der Medienmogul - der vor allem als Gründer des Nachrichtensenders CNN bekannt ist - wollte mit seiner Spende einem weiteren Gesichtsverlust der Vereinigten Staaten auf dem internationalen Parkett vorbeugen. Sein ursprüngliches Vorhaben, die UNO-Schulden der USA zu begleichen und diese anschließend von der US-Regierung einzuklagen, ließ sich allerdings aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht umsetzen. Daraus erwuchs dann schließlich der Gedanke, mit dem Milliardenbetrag eine Stiftung zur Förderung der Vereinten Nationen und ihrer Tätigkeiten zu gründen.

Dabei sollte die "United Nations Foundation", wie die 1998 ins Leben gerufene Stiftung benannt wurde, nach den Vorstellungen von Turner eigentlich nur über einen begrenzten Zeitraum bestehen, nämlich bis zum Verbrauch des anfänglichen Stiftungsvermögens. Wie sich aber nach einem guten Jahrzehnt der Stiftungsarbeit herausgestellt hat, ermöglichen die bisherigen Erfolge einen langfristigen Fortbestand der U.N. Foundation und ihrer Tätigkeiten. Seit ihrer Gründung konnte die Stiftung bereits weit über eine Milliarde Dollar für gemeinnützigen Ziele aufbringen, ohne dafür aber ausschließlich auf ihr Stiftungsvermögen angewiesen zu sein: dank des hohen Ansehens der Stiftungsarbeit und einflussreicher Führungspersönlichkeiten konnte deutlich über die Hälfte der eingesetzten Mittel über öffentliche und private Partner eingeworben werden.


Ziele und Tätigkeitsprofil

Laut Satzung widmet sich die U.N. Foundation der Förderung und Durchführung von Vorhaben zur Bewältigung dringlicher Herausforderungen der Weltgemeinschaft. Dafür leistet die Stiftung Öffentlichkeitsarbeit zur Gewinnung einer breiteren Akzeptanz der Vereinten Nationen und zur Stärkung deren institutioneller Strukturen. Ausgangspunkt ist dabei der Gedanke, dass sich das Mandat der Vereinten Nationen seit der Gründung vor über 60 Jahren deutlich ausgeweitet habe, und eine Bewältigung der zahlreich hinzugekommenen Aufgaben nur auf dem Wege der engen Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren möglich sei.

Zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Stiftungsarbeit gehören vor allem die Themen Umwelt, Frauen, Bevölkerungswachstum, Kindergesundheit sowie Frieden, Sicherheit und Menschenrechte. In diesen Sachbereichen möchte die Stiftung eine Schnittstelle schaffen, an der Wirtschaftsunternehmen, Regierungen, Verbände und Privatpersonen zusammenkommen können, um sich an der Umsetzung der Programmtätigkeit der Vereinten Nationen zu beteiligen. Dabei tritt die U.N. Foundation abwechselnd als Vermittlerin, Veranstalterin, Meinungsbildnerin, Geldgeberin und Treuhänderin auf. Eine enge Abstimmung mit dem eigens hierfür geschaffenen Fund for International Partnerships der Vereinten Nationen stellt sicher, das die Anstrengungen der Stiftung zielgerichtet in die Arbeit der Vereinten Nationen einfließen können.

Für die genannten Themenbereiche hat die Stiftung auch konkretere Ziele definiert, deren Erreichung somit zu einem Erfolgsmaßstab der Stiftungsarbeit wird. Gemeinsam mit anderen Partnern widmet sich die U.N. Foundation beispielsweise der Auslöschung von Kinderlähmung und der Bekämpfung von Masern, der Begrenzung von Malaria durch verstärkten Einsatz von Moskitonetzen, der Förderung besonderer Anliegen heranwachsender Mädchen und der Vorbeugung von AIDS-Erkrankungen. Für jeden dieser Bereiche sind auch eigenständige Maßnahmenprogramme geschaffen worden, etwa die "Measles Initiative", welche die U.N. Foundation mit dem Amerikanischen Roten Kreuz, der amerikanischen Gesundheitsbehörde, der Weltgesundheitsorganisation und UNICEF geschaffen hat. Diese ermöglichte Impfmaßnahmen gegen Masern sowie eine verstärkte Überwachung von Erkrankungsfällen und Übertragungswegen. In Afrika wird ihr bereits der Erfolg zugeschrieben, die Zahl der Todesfälle durch Masern um 90% gesenkt zu haben.

Im Umweltbereich strebt die Stiftung danach, die schädlichen Auswirkungen des Reisetourismus zu vermindern, etwa durch die "Friends of World Heritage" Initiative, welche in Partnerschaft mit UNESCO und dem Reiseanbieter Expedia gegründet wurde und dem verstärkten Schutz des Weltnaturerbes verpflichtet ist. Nicht zuletzt mit der Wahl Barack Obamas zum Präsidenten der Vereinigten Staaten ist auch die Klima- und Energiepolitik wieder stärker in den Vordergrund gerückt; dem entspricht auch ein Einsatz der U.N. Foundation für den nachhaltigen Ausbau der Bioenergie sowie für eine Förderung von Energieeinsparmaßnahmen. Auch an den zwischenstaatlichen Verhandlungen für ein künftiges Klimaschutzregime beteiligt sich die Stiftung durch eine enge Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und ehemaligen Staatsoberhäuptern im hierfür eigens geschaffenen "Club of Madrid".


Schlüsselfiguren

Die Erfolge der U.N. Foundation und deren anspruchsvolles Arbeitsprogramm sind nicht alleine durch die großzügige Anfangsfinanzierung Ted Turners zu erklären. Ganz maßgeblich dürfte hierfür auch der seit Gründung amtierende Präsident der Stiftung, Timothy E. Wirth, verantwortlich zeichnen. Als ehemaliger demokratischer Abgeordneter im Repräsentantenhaus und anschließender Senator für seinen Heimatstaat Colorado konnte er bereits in den 70er und 80er Jahren einen Ruf als parteiübergreifend vermittelnder und erfolgreicher Entscheidungsträger aufbauen.

Während der Amtszeit von Bill Clinton wurde Wirth zum Staatssekretär im Außenministerium ernannt und unter anderem 1997 als Verhandlungsleiter bei den Klimaverhandlungen im japanischen Kyoto eingesetzt, in deren Verlauf schließlich das Kyoto-Protokoll - zunächst auch mit Unterstützung der USA - angenommen wurde. Eine Reihe weiterer umweltpolitischer Erfolge werden Wirth zugeschrieben, etwa die Einbindung des Emissionshandels in die Luftreinhaltepolitik des Bundes im Jahre 1990; bekanntlich hat sich seither auch die Europäische Union für einen Einsatz dieses Instrumentes im Bereich des Klimaschutzes entschieden. Sein hohes Ansehen und ein breites Netzwerk an Kontakten in Politik und Wirtschaft werden sich bei der Fortentwicklung des Arbeitsprogramms der U.N. Foundation als auch bei der Schaffung strategischer Partnerschaften als kaum zu unterschätzender Vorteil erwiesen haben.

Wenngleich Tim Wirth als Präsident auch unzweifelhaft die Identifikationsfigur der Stiftung darstellt, wird er von einem hochkarätigen Mitarbeiterstab ehemaliger Regierungsbeamten und angesehener Experten unterstützt. Die U.N. Foundation wird ferner von einem Beirat beraten, dem namhafte Persönlichkeiten wie die ehemalige norwegische Premierministerin und Leiterin der Weltgesundheitsorganisation Gro Harlem Brundtland sowie der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen und Nobelpreisträger Kofi Annan angehören. Und auch Ted Turner spielt schließlich noch eine Rolle: er bleibt Vorsitzender des Aufsichtsrats der U.N. Foundation.


Ausblick

Es kommt nicht häufig vor, dass eine private Stiftung einflussreich genug wird, um innerhalb einer Organisation von der Größe und Bedeutung der Vereinten Nationen die Schaffung einer eigenen Schnittstelle - des Funds for International Partnerships - veranlassen zu können. Es überrascht auch kaum, dass der Gedanke einer privaten Stiftung mit einem Milliardenvermögen, welches einzig der "verbesserten" Aufgabenwahrnehmung durch die Vereinten Nationen bestimmt ist, Aufsehen und teilweise Skepsis hervorrief. Doch ein Jahrzehnt nach Gründung der U.N. Foundation ist anfänglicher Argwohn weitgehendem Zuspruch gewichen: der pragmatische Ansatz der Stiftung, Partnerschaften zwischen vormals unbeteiligten Akteuren jenseits der reinen Staatenebene zu schaffen, hat auch innerhalb der Vereinten Nationen Skeptiker überzeugt.

Die vielfältigen Aktivitäten und nicht zuletzt auch die hierfür bereitgestellten Mittel sprechen letztlich für sich. Doch auch mit den verbuchten Erfolgen sieht die U.N. Foundation nicht nur rosigen Zeiten entgegen. Ted Turner, dessen Vermögen zwischenzeitlich infolge der Preisentwicklung im Aktienmarkt auf einen Bruchteil des ehemaligen Standes geschrumpft ist, hat wiederholt bekannt gegeben, nicht mehr in nennenswertem Umfang zu den Tätigkeiten der U.N. Foundation beitragen zu können. In der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise wird es der Stiftung auch schwerer fallen, weitere Fördermittel über Stiftungen und individuelle Spenden zu gewinnen. Als Erwiderung sind bereits Sparmaßnahmen und ein stärker fokussiertes Arbeitsprogramm der angekündigt worden. Aber trotzdem: als gemeinnützige Institution nimmt die U.N. Foundation einen einzigartigen Platz in der amerikanischen und internationalen Philanthropie ein - und diesen Platz wird ihr so schnell keine Organisation streitig machen können.


Der Autor ist Präsident des Ecologic Instituts in Washington DC.


*


Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2009, S. 7-8
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
Koblenzer Str. 65, 53173 Bonn
Telefon: 0228/35 97 04, Fax: 0228/923 993 56
E-Mail: info@forumue.de
Internet: www.forumue.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2009