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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/272: Iran-Report Nr. 3 - März 2012


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 3 - März 2012
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran


Der von der Heinrich-Böll-Stiftung seit 2002 publizierte, monatlich erscheinende Iran-Report bietet einen Überblick über die innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Iran und die iranische Außenpolitik.

Autor ist Bahman Nirumand.

Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im März 2012


Innenpolitik
• Parlamentswahlen am 2. März
• Rafsandschani: "Ohne Unterstützung der Massen sind wir verloren"
• Mussavi hält an seiner Überzeugung fest
• Moslehi: Krieg gegen Iran von vielen Seiten
• Internetzugang erneut behindert
• Protestdemonstrationen in Teheran
• Justizchef hält Beitritt zur Menschenrechtskonvention für Fehler
• Mottahari: Wir bewegen uns auf eine Diktatur zu
• Prozessbeginn im größten Bankenskandal
• Stuxnet infizierte 16.000 Computer

Wirtschaft
• Amerikanische Geheimdienste sehen keine Beweise für Teherans Streben nach Atomwaffen
• Öllieferungen nach Frankreich und Großbritannien eingestellt
• Saudi-Arabien kann Südkorea mehr Öl geben
• Indien bleibt bei Öl aus Iran
• Iran zu Verhandlungen bereit
• Chamenei droht mit Vergeltung
• Atomprogramm deutlich ausgeweitet
• Israel: Iran hat Uran für vier Bomben
• USA verschärfen Sanktionen
• SWIFT bereitet Ausschluss iranischer Institutionen vor
• IAEA-Inspektoren mit neuem Bericht
• China wirbt für neue Atomgespräche
• Ölhändler: Iran profitziert von Sanktionen
• Deutsche Iran-Exporte eingebrochen
• Schweiz stoppt Handy-Spionagetechnik für Iran und Syrien

Außenpolitik
• Gefahr eines Krieges gegen Iran rückt näher
• USA verhängen Sanktionen gegen iranisches Ministerium
• Scharfe Stellungnahme aus Russland
• Mutmaßliche iranische Terroristen in Aserbaidschan festgenommen
• General droht mit Präventivschlag
• Terroranschläge vertiefen Feindschaft zwischen Israel und Iran
• Ahmadinedschad wirft Ausland Einmischung vor
• Ban: Israel soll an Konferenz gegen Atomwaffen in Nahost teilnehmen
• Schatt al-Arab nach drei Jahrzehnten wieder für Seeverkehr frei
• Iran startet ersten spanischsprachigen Sender in Nahost


*


Innenpolitik

Parlamentswahlen am 2. März

Am 23. Februar hat der offizielle Wahlkampf zu den Parlamentswahlen am 2. März begonnen. Allerdings ist der Machtkampf zwischen den verschiedenen Fraktionen schon seit Monaten im Gange. Regierungstreue Medien riefen dazu auf, mit einer hohen Wahlbeteiligung den "Drohungen der Feinde" zu trotzen.

Wie hoch die Wahlbeteiligung tatsächlich sein wird, gehört zu den wichtigsten Fragen, die im Vorfeld der Wahlen in Iran diskutiert werden. Eine niedrige Wahlbeteiligung wäre für das Regime gerade in einer Zeit, in der Iran seitens des Westens immer weiter in die Isolation getrieben wird und unter dem Druck von Wirtschaftsanktionen steht, ein Desaster. Bislang konnte die Islamische Republik mit Stolz auf die hohe Wahlbeteiligung hinweisen, die als Zeichen der Loyalität der breiten Volksmassen zu dem Regime gedeutet wurde. Doch bei den Wahlen am 2. März vermuten politische Beobachter, dass es eine weitaus geringere Beteiligung als bei den Wahlen davor geben wird.

Begründet wird diese Vermutung damit, dass ein großer Teil der Bevölkerung keine Gelegenheit haben wird, eigene Kandidaten in den Wahlkampf zu schicken. Laizisten, Gegner des Islamischen Staates sowie die Reformer sind von der Wahl ausgeschlossen. Die Reformer haben von vornherein ihre Teilnahme an der Wahl abgesagt, mit der Begründung, die Wahlen seien nicht frei. Dabei weisen sie zum Beispiel darauf hin, dass die Medien gleichgeschaltet seien, dass hunderte führender Köpfe der Reformer seit den Unruhen von 2009 im Gefängnis säßen oder dass der Wächterrat willkürlich unliebsame Bewerber als ungeeignet zurückweisen könne.

Das iranische Volk werde durch "Einsicht und aufrechten Widerstand" niemals eine Niederlage erleiden, sagte Chamenei am 15. Februar. Auch bei den kommenden Wahlen werde das Volk "Geistesgegenwart und Weitsicht" zeigen und durch eine beeindruckend große Teilnahme den Feinden "einen Schlag versetzen". Ziel der "Feinde" sei es, eine vermeintliche Abkehr der Volksmassen von der Führung der Islamischen Republik und von den Idealen der Revolution zu erreichen. Dem sei beim Jahrestag der Revolution widersprochen worden und werde nun auch bei den Wahlen durch eine überwältigende Wahlbeteiligung zunichte gemacht werden.

Die zweite wichtige Frage ist, welche Fraktion als Sieger aus den Wahlen hervorgehen wird. 3444 Kandidaten wurden vom Wächterrat zugelassen, sie ringen um 290 Parlamentssitze, einige müssen mit einer Stichwahl rechnen. 1200 Kandidaten lehnte der Wächterrat ab, ohne dafür konkrete Gründe zu nennen. Darunter befinden sich auch 35 amtierende Parlamentsabgeordnete, von denen fünf wegen Verwicklung in den großen Bankskandal als ungeeignet zurückgewiesen wurden (s. diesen Bericht S. 7). Es gibt 48,2 Millionen Wähler. Da es in Iran keine richtigen Parteien gibt, sondern eher Gruppen und Verbände, ist ei vielen Kandidaten nicht klar, welche Standpunkte sie vertreten und wo sie politisch stehen. Bei den zahlreichen veröffentlichten Listen einzelner Gruppen gibt es Kandidaten, die auf mehreren Listen stehen.

Sicher ist nur, dass die Kandidaten nahezu ausschließlich dem Lager der Konservativen angehören. Doch die ist in sich mehrfach gespalten. Ganz grob betrachtet, stehen sich die Anhänger des Präsidenten Ahmadinedschad und des Revolutionsführers Chamenei gegenüber. In den ersten Jahren seiner Regierung hatte Ahmadinedschad die volle Unterstützung und Loyalität Chameneis erfahren. Der Revolutionsführer hatte im Kampf gegen die Reformer alle Karten auf Ahmadinedschad gesetzt. Doch dieser begann nach seiner Wiederwahl eigene Wege einzuschlagen und erzeugte damit bei seinem Mäzen viel Unmut. Er redet von den nationalen Werten der vorislamischen Zeit, spricht von einem iranisch geprägten Islam, der weit wertvoller sei als der arabische und strebt einen islamischen Staat ohne die Geistlichkeit an. Das brachte die religiösen Instanzen sowie führenden Köpfe der Konservativen wie Parlamentspräsident Ali Laridschani oder den Teheraner Bürgermeister Mohssen Ghalibaf auf die Barrikaden. Die Wahl wird zwischen den Anhängern Chameneis und denen Ahmadinedschads entschieden. Allgemein wird mit einem hohen Sieg für Chameneis Anhänger gerechnet, zumal eingeweihten Kreisen zufolge der Wächterrat etwa 45 Prozent der Anhänger Ahmadinedschads "disqualifiziert" haben soll.

Ahmadinedschad ist seit 2005 Präsident und darf nach zwei Amtszeiten im kommenden Jahr nicht mehr antreten. Es wird ihm wohl kaum gelingen, einen seiner Anhänger - im Gespräch ist sein Bürochef Maschai - zum Präsidenten zu machen. Sollte Chamenei bis dahin noch am Leben sein - es wird gemunkelt, dass er schwer krank ist - dann wird er versuchen, einen Vertrauten in das Amt zu bringen. Dazu könnte sein außenpolitischer Berater und früherer Außenminister Ali Akbar Werlajati gehören. Denkbar wäre auch Außenminister Ali Akbar Salehi.


Rafsandschani: "Ohne Unterstützung der Massen sind wir verloren"

Der frühere Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, der zurzeit den Vorsitz des Schlichtungsrats innehat, erklärte mit dem Blick auf die bevorstehenden Parlamentswahlen, die Islamische Republik wäre ohne die Unterstützung der Massen verloren. "Das größte Kapital, das wir zu Beginn der Revolution besaßen, war die Unterstützung der breiten Massen des Volkes", sagte Rafsandschani am 21. Februar in Teheran. Sollte jedoch eines Tages diese Unterstützung wegfallen, und der islamische Staat sich nicht mehr legitimieren können, müssten jene, die diesen Zustand herbeigeführt hätten, dafür die Verantwortung übernehmen.

Rafsandschani hob die Bedeutung der Parlamentswahlen hervor. Das Parlament, das für die Gesetze zuständig sei, bilde den Garant für Reformen und Fortschritt und die Sicherheit dafür, dass Gesetze zum Wohl des Volkes verabschiedet und die Wahrung der islamischen Moral gewährleistet werde. Sollten aber gerade die Parlamentswahlen von moralischen Prinzipien abweichen und zu einem Machtkampf zwischen Fraktionen werden, wobei die Gegner einander bis zur Vernichtung bekämpfen und dabei auch noch das Volkseigentum vergeuden, dann werde man das Vertrauen und die Unterstützung des Volkes, das dem Trauerspiel zuschaut, nicht gewinnen können.

Aufgabe der Kandidaten im Wahlkampf sei, ihr Programm vorzustellen und zu versuchen, die Wähler von ihren Zukunftsplänen zu überzeugen. Doch bei dem gegenwärtigen Wahlkampf sei leider zu beobachten, dass vor allem Kandidaten, die moralische Werte für sich in Anspruch nehmen, einzig darauf bedacht seien, ihre Gegner zu denunzieren. Dabei scheue man sich nicht davor, Lügen zu verbreiten, die Gegner zu beleidigen. "Wir stehen heute an einem Scheidepunkt", sagte Rafsandschani. "Wenn wir die Moral missachten, das Allgemeinwohl aus den Augen verlieren und nur noch unsere Vorteile durchsetzen wollen, sind wir verloren."


Mussavi hält an seiner Überzeugung fest

Der Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi, der seit einem Jahr mit seiner Frau Sahra Rahnaward unter Hausarrest steht, sagte in einem Telefongespräch mit seinen Kindern: "Ihr sollt wissen, dass ich meine Ansichten nicht geändert habe und weiterhin zu meinem früheren Standpunkt stehe." Es sei möglich, dass "selbst dieser Weg, alle Monate einmal mit Euch Verbindung aufzunehmen, abgeschnitten wird".

Nach einem Jahr Hausarrest zeigen sich die Kinder und Freunde Mussavis äußerst besorgt. In einem Schreiben an den Revolutionsführer Ali Chamenei teilte die Schwiegertochter von Ayatollah Montaseri ihm die Sorge ihrer Verwandten um die Gesundheit des Ehepaars mit. Ebenso wie die beiden steht auch der Oppositionspolitiker Mehdi Karrubi seit einem Jahr unter Hausarrest. Für diese Strafmaßnahme liegt kein Gerichtsbeschluss vor, es ist nicht klar, welche Instanz die Maßnahme angeordnet hat.


Moslehi: Krieg gegen Iran von vielen Seiten

Irans Geheimdienstminister Kaidar Moslehi erklärte am 16. Februar den iranischen Medien zufolge bei einem in Teheran gehaltenen Vortrag, Gegner der iranischen Regierung, darunter "der Koordinationsrat der Grünen Bewegung" propagierten "zivilen Ungehorsam". Zurzeit werde ein vielseitiger Krieg gegen die Islamische Republik geführt. Dafür habe sein Ministerium genug Beweise gesammelt, sagte der Minister. Es seien dazu große Projekte für nahezu alle Bereiche der Gesellschaft geplant worden.

Seit Jahren sprechen die Verantwortlichen in Iran von den Gefahren, die dem Land von innen und außen drohen. Dafür gibt es verschiedene Bezeichnungen wie "der samtene Krieg", "Kulturkrieg", "Kulturverschwörungen" und dergleichen mehr. Moslehi zählte auch das Internet dazu. Internetdienste seien von Sicherheitsdiensten geschaffen worden. "Sie füttern uns mit Nachrichten, die wir eigentlich nicht hören wollen, die sie uns aber aufzwingen", sagte der Geheimdienstchef.

Iran versucht schon seit Jahren, einen "nationalen Internetdienst" einzurichten. Dafür seien die Vorbereitungen bereits abgeschlossen, heißt es aus Expertenkreisen.


Internetzugang erneut behindert

Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 2. März haben viele Computernutzer in Iran Probleme mit ihrem Internetzugang. Am 20. Februar berichtete ein Technikexperte in Teheran, bestimmte Verbindungen zu ausländischen Webseiten seien blockiert worden. Damit war der Zugang zu Angeboten wie E-Mail oder sozialen Netzen nur schwer möglich, weil viele dieser Seiten den weit verbreiteten Standard Secure Socket Layer (SSL) nutzen. Dem Experten zufolge war die Blockade schwerwiegender als bei einem ähnlichen Fall eine Woche davor, bei dem Millionen Menschen betroffen waren.

Viele Iraner nutzen von der Regierung gesperrte Webseiten im Ausland mit Hilfe von verschlüsselten Internetverbindungen, etwa Nachrichtenangebote oder Facebook. Internetnutzer in Iran haben seit 2009 mit höheren Hürden im Netz zu kämpfen. Damals organisierte die Opposition mit Hilfe von sozialen Netzen Proteste gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad.

Irans Innenminister Mostafa Nadschar sagte am 24. Februar beim Freitagsgebet, hunderte Fernsehsatelliten und Internetdienste wie Facebook und Twitter seien bemüht, die Atomsphäre vor den Parlamentswahlen zu stören und die Wähler zu verunsichern.

Die Polizei hat seit Mitte Februar wieder einmal mit dem Einsammeln von Satellitenschüsseln begonnen. "Die Polizei kam, brach die Tür zum Dachgeschoss auf und nahm alle Satellitenschüsseln und Ausrüstungen mit", berichteten Betroffene, die im Bezirk Schemiran im Norden der Hauptstadt Teheran wohnen. Ziel des Polizeieinsatzes ist, vor der Wahl die Iraner daran zu hindern, Programme ausländischer Sender in persischer Sprache zu sehen. Offiziell werden in Iran diese Sender, insbesondere die BBC und die Stimme Amerikas als konterrevolutionär und feindlich bezeichnet.

Das iranische Parlament hatte Ausrüstungen für das Satellitenfernsehen bereits vor 16 Jahren verboten. Dennoch besitzen alle Haushalte, die es sich leisten können, Satellitenschüsseln, viele um unzensierte Nachrichten und Informationen - auch über ihr eigenes Land - zu erfahren, viele aber auch wegen der Unterhaltung: Das staatliche Fernsehen in Iran ist propagandistisch und zumeist langweilig.

Das Einsammeln von Satellitenschüsseln erfolgt zumeist vor wichtigen politischen Ereignissen. Die Bewohner sind inzwischen geübt. Die Nachbarn verständigen sich gegenseitig, die Schüsseln werden rasch abgenommen und versteckt. Wenn der Sturm vorbei ist, werden sie wieder montiert.

Der halbamtlichen Nachrichtenagentur Fars zufolge gab es am 6. Februar mehrere Festnahmen wegen angeblicher Verbindungen zum persischsprachigen Fernseh- und Rundfunkprogramm des britischen Senders BBC. Die Inhaftierten sollen seit 2009 für die BBC produziert und berichtet, iranischen Journalisten Ausbildung und Anstellung angeboten und für sie Reisen ins Ausland arrangiert haben. Über die Zahl der Festnahmen wurden keine Angaben gemacht.

Die BBC erklärte, die Meldung sollte allen, die für freie und unabhängige Medien einträten, Anlass zu großer Sorge sein. BBC Persian habe keine Angestellten oder freien Mitarbeiter in Iran, hieß es.

Im Oktober entließ Iran zwei Filmemacher aus der Haft, die ebenfalls der Zusammenarbeit mit der BBC beschuldigt wurden.

Iran wirft der BBC vor, dem britischen Geheimdienst zur Tarnung zu dienen und iranischen Dissidenten Zuflucht zu bieten. Die BBC beschuldigte Iran, Mitarbeiter seiner persischsprachigen Programme im Ausland einzuschüchtern, indem sie sie verleumdeten und ihre Verwandten im Inland verhafteten.


Protestdemonstrationen in Teheran

Oppositionelle haben am 14. Februar in verschiedenen Bezirken der Hauptstadt Teheran für die Freilassung der politischen Häftlinge und die Aufhebung des Hausarrests für die führenden Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi, seine Frau Sahra Rahnaward und Mehdi Karrubi demonstriert. Ein massives Aufgebot an Polizei und Sicherheitskräften verhinderte große Demonstrationszüge oder Kundgebungen.

Es waren weit weniger Teilnehmer als genau vor einem Jahr als Mussavi und Karrubi zu einer Solidaritätskundgebung mit Protestierenden in den arabischen Staaten aufgerufen hatten. Auch in diesem Jahr hatte der Koordinationsrat der Grünen Bewegung zu einer Protestdemonstration aufgerufen, was aber wenig Anklang fand. Auch die Aufforderung, wie bei den Protesten von 2009, abends von den Dächern Allah Ak-bar (Gott ist groß) zu rufen, wurde nur sporadisch befolgt.

Die Behörden in Teheran hatten vor der Teilnahme an Protesten gewarnt. Man werde alle notwendigen Mittel ergreifen, um solche Versammlungen zu verhindern, hieß es aus dem Büro des Stadtgouverneurs. Augenzeugen berichteten, dass es auch Festnahmen gegeben habe.


Justizchef: "Es war ein Fehler, der Konvention der Menschenrechte beizutreten"

Der iranische Justizchef Sadegh Laridschani, Bruder des Parlamentspräsidenten Ali Laridschani, kritisierte die UN-Menschenrechtskonvention und sagte, Iran habe einen Fehler begangen und sei ohne auf die in der Konvention vorhandenen Fehler hinzuweisen, dieser beigetreten. "Der Westen entfacht Diskussionen über Menschenrechte und versucht dabei unterschwellig, uns seine eigenen Maßstäbe aufzuzwingen", sagte Laridschani.

Der Kern der Konvention sei "liberal-demokratisch", daher sei es ein Fehler gewesen, ihr beizutreten. Iran hatte die Konvention 1958 unterzeichnet. Aufgrund dieser Konvention hat die UN-Menschenrechtskommission die Islamische Republik wegen Missachtung oft gerügt.

Das Strafgesetzbuch der Islamischen Republik basiert auf islamischem Recht. Die Gesetze traten nach der Gründung des islamischen Staates 1980 in Kraft. Es sei falsch, Menschenrechte auf der Basis liberaldemokratischer Prinzipien zu definieren, sagte der Justizchef. Ohne genau zu wissen, "was für die Menschen gut ist, wo ihre tatsächlichen Interessen liegen und welche Entwicklung zu ihrem Glück führt", habe man im Westen die Grundlagen der Menschenrechte festgelegt, "während wir zu göttlichen Gesetzen Zuflucht genommen und auf dieser Grundlagen unsere Menschenrechte definiert" haben.

Laridschani bezeichnete den Bericht des UN-Beauftragten für die Menschenrechte in Iran, Ahmad Shahid, als einen Report "voller Lügen und Fehler". Shahid hatte über willkürliche Verhaftungen, Verletzungen der Rechte der Gefangenen, Repressionen gegen politische Aktivisten und Journalisten berichtet. Es sei unbegreiflich, wie jemand, der zur Neutralität und Unabhängigkeit verpflichtet sei, solche Lügen verbreiten könne, sagte Laridschani.


Mottahari: Wir bewegen uns auf eine Diktatur zu

Der konservative Parlamentsabgeordnete Ali Mottahari verglich die gegenwärtige politische Lage in Iran mit der Lage nach der konstitutionellen Revolution von 1906. Nach dieser Revolution hätten einige Opportunisten die Führung des Landes übernommen und nach und nach das Land zu einer Diktatur geführt. "Auch jetzt spüre ich eine ähnliche Atmosphäre", sagte Mottahari, der unter den Konservativen zu den schärfsten Kritikern Ahmadinedschads gehört.

"Wenn die politische Vernunft in unserem Land soweit gereicht hätte, um durch Wahlen möglichst viele an politischen Entscheidungen zu beteiligen und eine Wahlbeteiligung von über 70 Prozent zu erreichen, hätte der Westen seine feindlichen Pläne gegen uns längst aufgegeben", sagte Mottahari.

Sollte die Wahlbeteiligung bei den bevorstehenden Parlamentswahlen gering ausfallen, "werden dieselben radikalen Gruppen, das heißt jene, die das Land in die gegenwärtige Lage gebracht haben, den Sieg davon tragen".

Mottahari gehört zu jenen Abgeordneten, die sich für ein Impeachment gegen Präsident Ahmadinedshad eingesetzt haben. Der Antrag der regierungskritischen Abgeordneten wurde vom Parlament beschlossen. Ahmadinedschad muss spätestens bis zum 8. März dem Parlament Rede und Antwort stehen. Es ist das erste Mal seit der Gründung der Islamischen Republik, dass ein Präsident vom Parlament vorgeladen wird. Bei der Anhörung geht es hauptsächlich um den Vorwurf einer "verfehlten Wirtschaftspolitik" und Korruption. Konservative Abgeordnete werfen dem Präsidenten außerdem vor, die islamische Verfassung des Landes unterminieren zu wollen und staatliche Mittel für den Wahlkampf einzusetzen. Ahmadinedschad hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Man wolle vor der Wahl seinem Ansehen schaden.


Prozessbeginn im größten Bankenskandal

Medienberichten zufolge hat der Prozess im größten Banken-Skandal in Iran am 18. Februar begonnen. In dem Skandal ist auch die Regierung Ahmadinedschad verwickelt. Gerichtsakten zufolge gehe es um gefälschte Dokumente, die von der Investmentfirma Amir Mansour Arya zur Sicherung von Krediten im Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden Dollar genutzt wurden, berichtete die Nachrichtenagentur IRNA. Mit dem Geld seien staatliche Firmen im Zuge der Privatisierungspläne der Regierung gekauft worden. Insgesamt sollen sieben Banken verwickelt sein. Hauptangeklagter sei der Manager Mahafarin Amir Chosrawi, dem die Todesstrafe drohe. Die Amir Mansour Investment Company besitzt in Iran nach eigenen Angaben 20 Firmen mit 20.000 Mitarbeitern. Die Regierung hatte im September deren Firmenvermögen im Volumen von mehr als vier Milliarden Dollar unter ihre Kontrolle gestellt.

Ahmadinedschad hat Vorwürfe seiner politischen Gegner zurückgewiesen, Chosrawi habe Verbindungen zum Leiter des Präsidialbüros, Esfandiar Maschai. Es ist kein Zufall, dass der Prozess gerade zwei Wochen vor den Parlamentswahlen beginnt. Er wird vermutlich das Ansehen der Regierung weiterhin beschädigen.


Stuxnet infizierte 16.000 Computer

Der Virusangriff auf iranische Atom- und Industrieanlagen von 2010 hat nach Angaben eines hochrangigen Geheimdienstmitarbeiters rund 16.000 Computer infiziert. Ob es sich bei der Zahl um befallene Computer in Iran oder weltweit handelte, ging aus dem Bericht der halbamtlichen iranischen Nachrichtenagentur Fars vom 18. Februar nicht hervor. Sie zitierte einen stellvertretenden Geheimdienstchef, den sie nur mit dem Namen Ahangaran identifizierte.

Iran hatte eingestanden, dass das Virus Stuxnet einige Zentrifugen befallen hatte, die für die Herstellung von Kernbrennstoff eine wichtige Rolle einnehmen. Iranische Spezialisten hätten aber das Virus neutralisiert, bevor er ernsten Schaden anrichten konnte, hieß es damals. Nach Darstellung einiger US-Medien wurde das Virus in Zusammenarbeit zwischen den USA, Israel und der Firma Siemens entwickelt. In Iran wird der Angriff als terroristischer Akt der USA und Israels bezeichnet.


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Wirtschaft

Amerikanische Geheimdienste sehen keine Beweise für Teherans Streben nach Atomwaffen

Einem am 25. Februar veröffentlichten Bericht der New York Times zufolge sehen US-Geheimdienste nach wie vor keine Beweise dafür, dass Iran eine Atombombe bauen will. In ihren jüngsten Einschätzungen kämen die CIA und die anderen Dienste des Landes zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie bereits vor fünf Jahren, wonach Iran sein Atomwaffenprogramm 2003 eingestellt habe, berichtete die Zeitung.

Zwar gäbe es bei den Geheimdiensten der USA, Israels und europäischer Staaten keine Zweifel daran, dass Iran Nuklearmaterial anreichert und Elemente einer Infrastruktur entwickelt, die notwendig ist, um eine Atommacht zu werden. Das Land habe jedoch nach Einschätzung der US-Geheimdienste selbst noch nicht beschlossen, ob es parallel dazu ein Programm zur Entwicklung von Atomsprengköpfen wieder aufnehmen wolle. Dieses Programm sei nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste 2003 im Wesentlichen eingestellt worden.

Möglicherweise habe Iran das Ziel, mit der Anreicherung von Uran so etwas wie eine "strategische Zweideutigkeit" zu schaffen, berichtete der New York Times weiter. Demnach könnte Iran im Nahen Osten an Einfluss gewinnen, idem es die Welt im Unklaren darüber lässt, welche Ziele es mit seinem Atomprogramm wirklich verfolgt.

Panetta: Noch keine Entscheidung über Bau von Atomwaffen in Iran Iran habe trotz fortschreitender Urananreicherung noch keine Entscheidung über die Fortführung des Baus einer Atomwaffe getroffen, sagte US-Verteidigungsminister Leon Panetta am 16. Februar laut Medienberichten. Er berief sich dabei auf Geheimdienstinformationen. Die Vereinigten Staaten seien offen für Verhandlungen mit Teheran, um eine diplomatische Lösung im Atomstreit zu finden, sagte der frühere CIA-Direktor. Gleichwohl blieben alle Optionen auf dem Tisch, um zu verhindern, dass Iran in den Besitz von Atomwaffen gelange, sagte Panetta. Zuvor hatten US-Geheimdienstvertreter in Washington mitgeteilt, Iran könne im Falle eines Angriffs mit einer Blockade der strategisch wichtigen Seestraße von Hormos sowie Raketenangriffen auf vor Ort stationierte US-Streitkräfte und Verbündete reagieren.


Öllieferungen nach Frankreich und Großbritannien
eingestellt

Als Reaktion auf das von den EU-Staaten gegen Iran verhängte Ölembargo hat Teheran am 19. Februar seinen Ölexport nach Frankreich und Großbritannien eingestellt. Irans Ölminister Rostam Kassemni hatte kürzlich davor gewarnt, dass Iran seine Ölexporte an "feindliche" europäische Staaten stoppen würde.

"Wir haben unsere eigenen Kunden und haben britische und französische Firmen durch andere ersetzt", sagte der Sprecher des Ölministeriums, Ali Resa Nikzad-Rahbar, der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA. Das britische Außenministerium verzichtete zunächst auf eine Stellungnahme und auch aus Paris gab es keinen Kommentar.

Zudem forderte die iranische Ölgesellschaft NIOC mehrere Raffinerien in Europa ultimativ auf, Langzeitverträge von zwei bis fünf Jahren abzuschließen. Andernfalls würden sie kein Öl mehr geliefert bekommen, meldete die Nachrichtenagentur Mehr. Welche Länder von dieser Drohung zunächst betroffen waren, war nicht klar.

Die Ankündigung des Exportstopps am 19. Februar erfolgte nach widersprüchlichen Meldungen aus Teheran in der Vorwoche. Das iranische Staatsfernsehen berichtete am 15. Februar, verschiedenen Botschaftern in Teheran sei die Einstellung der Öllieferungen mitgeteilt worden. Demnach wurden die Botschafter von Italien, Griechenland, Frankreich, Portugal und den Niederlanden in Teheran einbestellt. In getrennten Gesprächen sei ihnen der geplante Stopp der Lieferungen mitgeteilt worden. Der Sender Press-TV berichtete sogar, Iran habe seine Lieferungen bereits eingestellt. Ein Diplomat aus den Niederlanden sagte der Agentur AFP dagegen, Ölexporte seien nicht angesprochen worden.

Der arabischsprachige Fernsehsender Al Alam berichtete später, der Leiter der Westeuropa-Abteilung des iranischen Außenministeriums, Hassan Tadschik, habe sich mit den Botschaftern getroffen und ihnen mitgeteilt, "dass Iran seine Ölverkäufe an Europa unterbrechen könnte". Er habe aber versichert, dass Iran die Exporte "vorerst" nicht stoppen werde.

Bereits am 8. Februar hatte sich das iranische Parlament in einer Erklärung für ein Ölembargo gegen die Europäische Union ausgesprochen. Mehr als zwei Drittel aller Abgeordneten stimmten einer entsprechenden Forderung zu, berichtete der staatliche Rundfunk. Die Ölexporte in die EU sollen demnach bereits vor Inkrafttreten der EU-Sanktionen gegen Iran im Sommer gestoppt werden. Ein Beschluss für den Stopp der Öllieferungen nach Europa war allerdings mit dieser Erklärung noch nicht verbunden.

Zur Begründung hieß es, falls die EU ihr "unlogisches Vorgehen" fortsetze, werde man sich nach anderen Ölkunden umsehen. Die Erklärung wurde von 200 der insgesamt 290 Abgeordneten unterzeichnet.

Die EU-Kommission erklärte, eine Senkung der Öl-Verkäufe hätte keine großen Auswirkungen, da die Käufer in der EU bereits die Anbieter wechselten. "Öl ist etwas, das man an den internationalen Märkten bekommen kann", erklärte eine Sprecherin von EU-Energiekommissar Günther Oettinger. Saudi-Arabien habe bereits eine Steigerung der Produktion angekündigt.

Das EU-Embargo gegen iranisches Öl sollte erst am 1. Juli in Kraft treten, damit sich die besonders vom iranischen Öl abhängigen EU-Länder in der Übergangszeit um Ersatzlieferungen bemühen können.

Die sofortige Einstellung der Öllieferung würde insbesondere Griechenland treffen, das ohnehin unter der Schuldenkrise zu leiden hat. Das Land bezieht mehr als dreißig Prozent seines Ölbedarfs zu günstigen Preisen aus dem Iran.

Das Außenministerium in Teheran dementierte einen angeblichen Stopp der Öllieferungen nach Europa. Ein Sprecher des Ministeriums sagte, die Diplomaten der betroffenen Länder seien einbestellt und darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass Teheran problemlos neue Abnehmer für sein Öl finden könne, zitierte das Fernsehen den Außenministeriumsvertreter Hassan Tadschik.

Auch das Öl-Ministerium dementierte die Nachricht. "Es ist unklar, woher diese Berichte stammen, aber es gab keine Entscheidung", sagte Generaldirektor Mohsen Kamsari der Nachrichtenagentur ISNA.

Verwundert zeigte sich auch Spanien über die Meldungen aus Teheran. Die Exporte nach Spanien seien nicht unterbrochen worden, teilte das Madrider Außenministerium am 15. Februar der staatlichen Nachrichtenagentur EEE mit. Dies habe der spanische Botschafter in Teheran, Pedro Villena, dem Außenminister José Manuel Garcia-Margallo und dem Leiter des Industrie-Ressorts, José Manuel Soria, übermittelt.

Indes bereitet sich die Bundesregierung auf mögliche Folgen des von der EU beschlossenen Ölembargos vor. Außenminister Guido Westerwelle sagte am 4. Februar der "Saarbrücker Zeitung", man sei wegen des Ersatzes der ausfallenden iranischen Öllieferungen im Gespräch mit anderen Förderländern. "Noch wichtiger ist, dass auch die anderen Öl-Importländer die Sanktionen nicht unterlaufen und ihre Importe aus Iran nicht erhöhen. Hier gibt es durchaus ermutigende Signale."


Saudi-Arabien bereit zu zusätzlichen Öllieferungen an Südkorea

Auf der Suche nach Ersatz bei einer Reduzierung der Ölimporte aus Iran hat Südkorea bei Saudi-Arabien die Zusage für eventuelle zusätzliche Lieferungen eingeholt. "Wir werden jede Nachfrage aus Korea befriedigen, was die Öl-Versorgung betrifft", wurde der saudische Ölminister Ali Al Naimi nach einem Treffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Lee Myung Bak in Riad vom Präsidialamt in Seoul am 8. Februar zitiert.

Südkorea wird von seinem Verbündeten USA gedrängt, die Ölimporte aus Iran zu reduzieren. Damit will die US-Regierung ihre verschärften Sanktionen gegen die Führung in Teheran durchsetzen und das Land zum Einlenken im Atomstreit zwingen. Offiziell hat Seoul bislang noch keine Zusage gemacht, dem Aufruf der US-Regierung zu folgen.

Viele Südkoreaner sind besorgt, dass die Sanktionen gegen Iran der eigenen Wirtschaft schaden könnten. Südkorea ist der weltweit fünftgrößte Ölimporteur. Etwa neun Prozent seines Bedarfs wird mit iranischem Öl abgedeckt. Auf Öl aus Saudi-Arabien entfielen rund 31 Prozent der gesamten Ölimporte Südkoreas im vergangenen Jahr. Iran hatte kürzlich die arabischen Öllieferländer davor gewarnt, Ersatz für iranisches Öl anzubieten. Parlamentspräsident Ali Laridschani sagte am 11. Februar der Agentur Mehr zufolge: "Iran wird seine bisherige Großzügigkeit gegen manche Staaten in der Region nicht fortsetzen." Er erinnerte an die Unterstützung, die einige arabische Staaten Saddam Hussein im Krieg gegen Iran (1980-1988) gewährt hatten und warnte, sie sollten sich hüten, jetzt den Westen in seinen feindlichen Aktivitäten gegen Iran zu unterstützen.

Die Internationale Atombehörde (IAEA) berichtete, dass Boykottmaßnahmen gegen das iranische Öl auf dem internationalen Ölmarkt bereits Wirkung zeigten. In ihrem letzten Monatsbericht vom 10. Februar heißt es, obwohl das EU-Embargo gegen das iranische Öl erst im Juli in Kraft tritt, habe sich der internationale Markt verändert. Alles deute darauf hin, dass die Ölförderländer bereit und in der Lage seien, eine Million Barrel der 2,5 Millionen Barrel Öl, die Iran täglich produziert, zu ersetzen. Aktive Händler auf dem internationalen Markt äußerten sich der Agentur Reuters gegenüber skeptisch zu diesem Bericht, meinten jedoch, dass die Boykottmaßnahen sicherlich zur Reduzierung eines beachtlichen Teils des iranischen Ölexports führen würden.

Einschätzungen von Experten zufolge ist die Produktionskapazität des iranischen Öls innerhalb der letzten zwei Jahre um 250 tausend Barrel pro Tag gesunken und wird im laufenden Jahr um weitere 350 tausend Barrel sinken.

Nach Ansicht eines früheren Beraters von US-Präsident Barack Obama gerät Iran angesichts der verschärften Sanktionen immer stärker unter Druck. Die von der EU und den USA verhängten Strafmaßnahmen "funktionieren", sagte der Nahost-Experte Dennis Ross am 15. Februar der israelischen Zeitung "Haaretz". Das von Europa verhängte Ölembargo, das schrittweise in Kraft treten soll, führe bereits dazu, dass China seine Importe gedrosselt habe und zudem Rabatte fordere.

Der Wert der iranischen Währung habe sich in den vergangenen sechs Monaten halbiert, sagte Ross. "Regierungen, die mit einer solches Entwertung ihres Geldes konfrontiert sind, befinden sich für gewöhnlich in Schwierigkeiten", ergänzte er. Iran stehe "unter Druck" und sei nur deshalb plötzlich dazu bereit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.


Indien hält an Ölimporten aus Iran fest

Trotz neuer Sanktionen in Europa und den USA will Indien seine Ölimporte aus Iran nicht senken. Der indischen Finanzminister Pranab Mukherjee sagte am 30. Januar in Chicago, dies sei auch gar nicht möglich, weil Iran ein wichtiger Öllieferant für die Schwellenländer sei. Zuvor hatte bereits China es abgelehnt, sich den Sanktionen anzuschließen, mit denen Iran zur Aufgabe seines Atomprogramms gezwungen werden soll.

Iran exportiert pro Tag etwa 2,5 Millionen Barrel Öl. Eine halbe Million Barrel davon gehen an Europa, während der Rest zum größten Teil an China, Indien, Japan und Südkorea geliefert wird.


Iran zu Verhandlungen bereit

In einem an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton gerichteten Schreiben teilte der Generalsekretär des Obersten iranischen Sicherheitsrats, Said Djalili, mit, dass Iran zur Wiederaufnahe der Verhandlungen über sein umstrittenes Atomprogramm bereit sei. Das Schreiben sei eine Antwort auf einen Brief Ashtons, die Iran vor vier Monaten zur Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgefordert hatte, sagte Ashtons Sprecherin Maja Kocijancic am 15. Februar in Brüssel. Der Inhalt des Briefes werde nun "sorgfältig geprüft" und mit Vertretern der so genannten 5+1-Gruppe beraten.

Ashton hatte auf ihren Brief vom Oktober 2011 zunächst keine Antwort erhalten. Die Verhandlungen liegen seit über einem Jahr auf Eis. Zuletzt war Iran mit den Vertretern der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats - den USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China - sowie Deutschland im Januar 2011 in Istanbul zusammengekommen. Die Gespräche gingen jedoch ohne Ergebnis zu Ende.

Wie die amtliche iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtete, begrüßt Iran in dem Schreiben "die Bereitschaft der 5+1-Gruppe, die Verhandlungen fortzusetzen, um wesentliche Schritte für die weitere Zusammenarbeit zu unternehmen". Iran sei daher zu einer "Fortsetzung der Gespräche" bereit, und schlage vor, die Verhandlungen "so schnell wie möglich" wieder aufzunehmen.

Bei einem Treffen mit US-Außenministerin Hillary Clinton am 17. Februar in Washington sagte Ashton, sie sei "vorsichtig und optimistisch zugleich", dass Iran tatsächlich zu neuen Gesprächen bereit sei.

Clinton bezeichnete die Nachricht als einen "wichtigen Schritt". Gespräche mit Iran müssten grundsätzlich mit einer Diskussion über das Atomprogramm beginnen, erklärte sie. Zugleich ermahnte sie die Regierung in Teheran, sie müsse sich bei Verhandlungen ernsthaft darum bemühen, eine Lösung des Konflikts zu erreichen und ihre "internationalen Verpflichtungen" wieder zu erfüllen.

Die nächsten Verhandlungen mit der 5+1-Gruppe würden in Istanbul stattfinden, sagte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi am 19. Februar auf einer Pressekonferenz in Teheran. Dies habe Djalili in seinem Schreiben an Ashton vorgeschlagen. Darüber habe er schon vor zwei Monaten mit Ashton gesprochen. Der türkische Außenminister Ahmad Dawudoglu habe auch erklärt, dass sein Land bereit sei, die Verhandlungspartner zu empfangen und dies auch Ashton mitgeteilt. "Wir warten auf eine Antwort aus Brüssel und gehen davon aus, dass der Verhandlungsort Istanbul sein wird", sagte Salehi. Seine Regierung sei bemüht, bei den Verhandlungen "ein Verfahren zu finden, bei dem beide Seiten am Ende als Gewinner dastehen". "Wir können sehr wohl nachvollziehen, dass die Gegenseite aus dem Streit ehrenhaft herauskommen und das Gesicht nicht verlieren möchte und wir sind gerne bereit dafür notwendige Bedingungen anzubieten."

"Die EU sollte wissen, dass Iran ein vertrauenswürdiger Partner ist, für den ausgezeichnete und spannungsfreie Beziehungen zur EU von hoher Priorität sind", sagte Salehi. "Wir raten der EU, die Chance einer Partnerschaft mit Iran nicht zu verpassen."

Am 21. Februar erklärte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast, Iran sei jederzeit gesprächsbereit, doch das Atomprogramm sei "nicht verhandelbar". "Unsere Hauptforderung ist die Anerkennung unseres Rechts, (Atom-)Technologie zu friedlichen Zwecken zu besitzen", sagte er. "Wir denken nicht, dass es verhandelbare Fragen bezüglich unserer Atomaktivitäten gibt."


Chamenei droht mit Vergeltung

Unbeeindruckt vom erhöhten internationalen Druck zur Einstellung des iranischen Atomprogramms drohte der iranische Revolutionsführer Ali Chamenei mit Vergeltung für die Sanktionen von USA und EU und für jeden möglichen militärischen Angriff. "Sanktionen werden keinerlei Einfluss auf unsere Entschlossenheit haben, unseren Atomkurs fortzusetzen", sagte Chamenei am 3. Februar in einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache vor Gläubigen. "Als Reaktion auf Drohungen mit einem Ölembargo und Krieg haben wir unsere eigenen Drohungen, die wir zu gegebener Zeit umsetzen können."

Zugleich drohte Chamenei Israel, das einen Militäreinsatz gegen Iran nicht ausschließt. Iran werde jedes Land und jede Gruppe unterstützen, die eine Konfrontation mit Israel suche. "Die schmerzhaften und lähmenden" Sanktionen des Westens würden nur die Widerstandskraft seines Landes stärken, betonte Chamenei.


Atomprogramm deutlich ausgeweitet

Im seit Wochen eskalierenden Atomstreit begeht Teheran statt einzulenken offenbar die Flucht nach vorn. Bereits am 12. Februar hatte Präsident Mahmud Ahmadinedschad auf einer Kundgebung zum 33. Jahrestag der islamischen Revolution bezüglich des iranischen Atomprogramms "Überraschungen" angekündigt, die "die Welt in Staunen versetzen werden".

Am 15. Februar weihte er laut Medienberichten drei neue Atomprojekte ein: In der Anlage zur Urananreicherung in Natans wurde eine neue Anlage in Betrieb genommen. In der Hauptstadt Teheran wurden in einem medizinischen Forschungsreaktor zum ersten Mal Brennstäbe installiert, die im Iran hergestellt wurden. Bislang hatte der Reaktor mit Brennstäben aus Argentinien gearbeitet. Schließlich weihte der Präsident in der unterirdischen Atomanlage Fordo, 140 Kilometer von Teheran entfernt, neuartige Zentrifugen ein, die mit größeren Produktionskapazitäten weitaus schneller als die älteren Modelle Uran anreichern können.

Die Zentralfeier, bei der Ahmadinedschad anwesend war, fand in Teheran statt. Die beiden anderen Projekte wurden vom Präsidenten per Videokonferenz eingeweiht. Die Einweihung sollte der Nachrichtenagentur ISNA zufolge zeigen, dass die Islamische Republik sich nicht durch Sanktionen und Kriegsdrohungen einschüchtern lässt. Ahmadinedschad hatte am Jahrestag der iranischen Revolution zwar die Bereitschaft Irans zu Verhandlungen über den Atomkonflikt erklärt, zugleich aber betont, dass Iran von seinem Atomprogramm keinen Schritt zurückweichen werde. "Iran wird sich niemals der Sprache der Gewalt beugen", sagte der Präsident.

In einer am 15. Februar im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede gab Ahmadinedschad bekannt, dass er den Bau von vier neuen Forschungsreaktoren angeordnet habe. In den Reaktoren sollten Radioisotope zur Behandlung von Krebspatienten produziert werden, sagte der Präsident. Dies entspreche "den Bedürfnissen des Landes".

Iran verfügt bereits über einen Fünf-Megawatt-Forschungsreaktor, den die USA vor der islamischen Revolution 1979 in Teheran gebaut hatten. Das Land baut zudem einen zweiten Forschungsreaktor in Arak, mit dem nach offiziellen Angaben zu medizinischen Zwecken Plutonium produziert werden soll.

Die US-Regierung hat auf die neuen iranischen Atomprojekte gelassen reagiert. US-Außenamtssprecherin Victoria Nuland sprach von "hochgespielten" Vorgängen. Wie Nuland meinte auch der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, dass die Schritte in erster Linie auf die Aufmerksamkeit der iranischen Bevölkerung zielten, um damit von den Auswirkungen der Sanktionen abzulenken.

"Offen gesagt, das sieht nicht nach viel aus", sagte Nuland in Washington zu den Projekten. "Das sind keine großen Neuigkeiten. Tatsächlich scheint das hochgespielt zu sein." Die Iraner hätten seit vielen Monaten über Fortschritte in ihrem Atomprogramm berichtet, aber in Wirklichkeit hinken sie "viele, viele Monate" dem Stand hinterher, den sie propagierten. "Das sieht danach aus, als ob es hauptsächlich auf das heimische Publikum zielt", sagte die Sprecherin.

Sowohl Nuland als auch Carney werteten die Verkündung der jüngsten Atomprojekte als mögliches Zeichen dafür, dass der internationale Druck auf Iran zu wirken beginne. "Das sind provokative Aktionen, Trotzaktionen (...), die darauf abheben, die Aufmerksamkeit von den Auswirkungen der Sanktionen, den Auswirkungen der Isolation, abzulenken, in der sich Iran befindet."


Israel: Iran hat angereichertes Uran für vier Bomben

Nach israelischer Darstellung ist Iran bereits im Besitz von angereichertem Uran für vier Atombomben. Sollte Revolutionsführer Ali Chamenei den Befehl dazu erteilen, sei Iran in der Lage, innerhalb eines Jahres die vier Bomben herzustellen, sagte Militärgeheimdienstchef Awiw Koschawi am 2. Februar in Jerusalem. Iran habe mehr als vier Tonnen Uran auf 3,5 Prozent und nahezu 100 Kilogramm auf 20 Prozent Reinheit angereichert. "Diese Menge allein reicht für vier Atombomben aus", sagte Koschawi.

Koschawi äußerte die Ansicht, dass Iran nach dem Bau einer Bombe ein bis zwei Jahre benötigt, um damit eine Rakete zu bestücken. Er zweifle an den Beteuerungen Irans, die Atomenergie lediglich zu friedlichen Zwecken nutzen zu wollen. "Wir halten eine lange Reihe solider und belastbarer Daten in Händen, die ohne jeden Zweifel belegen, dass Iran weiter am Bau von Atomwaffen arbeitet", sagte Koschawi. Israel fühle sich durch das Atomprogramm der Islamischen Republik bedroht und schließe militärische Aktionen nicht aus.

Der stellvertretende Ministerpräsident Mosche Jaalon warf auf der gleichen Versammlung Iran vor, an einer auf Ziele in den USA gerichteten Langstreckenrakete zu arbeiten. Iran habe auf einem Militärstützpunkt einen Flugkörper mit einer Reichweite von 10.000 Kilometern entwickelt. Auf der Basis waren im November bei einer Explosion 17 iranische Soldaten getötet worden, darunter der mutmaßliche Leiter des Raketenprogramms.


USA verschärfen Sanktionen

Zwei Wochen nach von der EU beschlossenen harten Sanktionen haben die USA im Atomstreit mit Iran am 6. Februar mit härteren Sanktionen nachgelegt. US-Präsident Barack Obama verfügte die Blockade von Eigentum und Vermögenswerten der iranischen Regierung und Zentralbank in den USA. Davon betroffen seien auch alle iranischen Finanzinstitutionen, teilte das Weiße Haus in Washington mit.

Obwohl die iranische Regierung die Bedeutung der Sanktionen herunterzuspielen versucht, ist nicht zu leugnen, dass vor allem der von der EU beschlossene Boykott des iranischen Öls sowie der Boykott der Zentralbank, dem nun auch die USA gefolgt sind, der iranischen Wirtschaft spürbare Schäden zufügen werden. Iran kann zwar weiterhin sein Öl und Gas exportieren - dafür wird es immer Abnehmer geben. Schwer wird es aber, den Erlös in Dollar oder Euro zu erhalten. Dafür waren die Zentralbank und wenige andere Banken zuständig, die nun von der EU und den USA boykottiert werden. Damit wird Teheran gezwungen sein, für das exportierte Gas oder Öl Währungen entgegenzunehmen, mit denen der Kauf von Waren nur in dem betreffenden Land möglich ist. Dadurch wird der gesamte Außenhandel Irans in Mitleidenschaft gezogen. Vor Wochen haben Russland und Iran vereinbart, künftig ihren bilateralen Handel in ihren eigenen Währungen, Rubel und Rial, abzuwickeln.

Bei den verhängten Sanktionen wird aber auch der Westen nicht ohne Schaden davon kommen. Die Boykottmaßnahmen leisten dem von Präsident Mahmud Ahmadinedschad schon seit Jahren eingeschlagenen Kurswechsel vom Westen nach Osten Vorschub. Bereits jetzt ist der iranische Markt von chinesischen Waren überhäuft. Immerhin betrug der Export der EU-Staaten in den Iran 2010 trotz bestehender Sanktionen rund zwölf Milliarden Dollar. Sicher ist auch, dass die neuen Strafmaßnahmen den Ölpreis auf dem internationalen Markt in die Höhe treiben werden. Der Internationale Währungsfonds rechnet mit einem Anstieg von 20 bis 30 Prozent, was in der Zeit der europäischen Schuldenkrise für die Wirtschaft nicht gerade förderlich sein wird. Ohnehin ist fraglich, ob alle EU-Länder den Ölboykott umsetzen werden. Für Länder wie Griechenland, das mehr als 50 Prozent seines Ölbedarfs zu sehr günstigen Preisen aus dem Iran bezieht, wäre der Verzicht kaum hinnehmbar.

Fraglich bleibt schließlich auch, ob die Sanktionen Iran zur Aufgabe seines Atomprogramms zwingen werden. Das ist kaum denkbar. Denn das Regime in Teheran würde mit dem Verzicht seine Legitimation und Autorität gänzlich verlieren. In diese Lage wird es aber ohnehin nicht geraten. Denn solange sich Abnehmer für das iranische Öl finden, wird das Regime alles erhalten, was es zu seinem Machterhalt braucht. Die Folgen und das Leid der Sanktionen muss das iranische Volk ertragen.


SWIFT bereitet Ausschluss iranischer Institute vor

Der internationale Dienstleister SWIFT hat am 17. Februar erklärt, er bereite den Ausschluss iranischer Finanzinstitute aus seinem Dienst vor. Für Iran wäre dies ein harter Schlag, da große Teile der weltweiten Finanzaktionen über SWIFT abgewickelt werden. Sollte der Dienstleister Iran als erstem Land in der Geschichte seine Dienste verweigern, wäre es für Teheran sehr viel schwieriger sein Öl zu exportieren und Güter zu importieren. SWIFT käme damit einer Forderung der USA nach, der sich wohl auch die EU anschließt. Der Berater der US-Regierung, Mark Dubowitz, erklärte, eine EU-Direktive zu SWIFT werde für die kommenden Wochen erwartet.

Zwar wickeln nur vierzig iranische Banken ihre Zahlungen über SWIFT ab. Allerdings werden 92 Prozent des gesamten iranischen Außenhandels gerade von diesen Banken getätigt. Ein Ausschluss iranischer Banken aus SWIFT würde somit nahezu das Aus für die Außenwirtschaft des Landes bedeuten. Denn der einzige Weg, der Iran bliebe, wäre eine direkte Barzahlung der im Ausland eingekauften Waren oder der Warentausch. Das jedoch ist bei den hohen Summen kaum möglich.


IAEA-Inspektoren kehren abermals mit leeren Händen zurück - Neuer Bericht

Der zweitägige Besuch der Inspektoren der Internationalen Atombehörde (IAEA) in Teheran blieb nach deren eigenen Angaben ohne Ergebnis. Iran habe ihnen die Inspektion der Militäranlage Parchin, südlich der Hauptstadt, verweigert, erklärte das Team, das unter der Leitung des Chefinspektors Herman

Nackaerts am 20. Februar in Teheran eingetroffen war. Auch habe man sich auf ein Papier, in dem mögliche militärische Dimensionen des iranischen Atomprogramms erörtert werden sollten, nicht verständigen können.

"Wir sind mit einer konstruktiven Haltung herangegangen, aber es wurde keine Einigung erzielt", sagte der IAEA-Chef Yukiya Amano enttäuscht. Nach Angaben von Diplomaten in Wien sei die Behörde zwar frustriert, sie würde jedoch "sinnvolle Gespräche" auch in Zukunft nicht ablehnen.

Es war bereits der zweite Besuch eines IAEA-Teams im Iran innerhalb eines Monats. Ende Januar statte die sechsköpfige Delegation Teheran einen dreitägigen Besuch ab, der ohne Durchbruch beendet worden war. Iranische Medien hatten berichtet, dass beide Seiten sich über die Fortsetzung des Dialogs einig gewesen seien. Iran hatte eine positive Bilanz der Verhandlungen gezogen. "Die Verhandlungen fanden in einer positiven und konstruktiven Atmosphäre statt", berichtete die Nachrichtenagentur Fars am 1. Februar unter Berufung auf die iranische Atombehörde.

Er sei enttäuscht, dass Teheran weder beim ersten noch beim zweiten Besuch den Inspektoren den Zugang zu der Anlage Pachin gestattet habe, sagte Amano. Die IAEA hegt den Verdacht, in der Anlage seien möglicherweise nukleare Raketensprengköpfe getestet worden. Dort soll sich ein verdächtiger Metallbehälter befinden, in dem solche Tests durchgeführt worden seien, hieß es in einem IAEA-Bericht.

Zudem habe es seitens der Inspekteuren intensive Bemühungen gegeben, ein gemeinsames Dokument zu erarbeiten, das anstehende Fragen zum iranischen Atomprogramm und insbesondere dessen mögliche militärische Dimensionen hätte aufklären können, erklärten die Experten. Auch über dieses Dokument sei leider keine Einigung erzielt worden.

Irans Botschafter bei der IAEA, Ali Asghar Soltanieh, sagte am 21. Februar in Wien, die Gespräche mit der Delegation seien "intensiv" gewesen und man habe sich geeinigt, diese in Zukunft fortzusetzen. Zuvor hatte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Rahim Mehmanparast, erklärt, bei dem zweitägigen Besuch gehe es nicht um Inspektionen der Atomanlagen, sondern "um Gespräche über einen Rahmen zur Fortsetzung des Dialogs" mit der IAEA.

Iranische Medien berichteten einen Tag später, die Enttäuschung der Experten sei unbegründet, denn bei der Anlage Parchin handele es sich um ein militärisches Sperrgebiet, in dem tatsächlich Raketen und Waffen getestet werden. Die Anlage habe jedoch mit dem Atomprogramm nichts zu tun und sei daher auch für IAEA-Inspektoren nicht zugänglich. Zudem hätten die Experten mit verantwortlichen iranischen Atomwissenschaftlern Gespräche führen wollen, deren Schutz besonders wichtig sei, weil bereits vier von ihnen Terroranschlägen zum Opfer gefallen seien.

"Iran ist der Meinung, dass die IAEA Informationen über iranische Atomwissenschaftler an den israelischen und andere Geheimdienste weitergegeben hat", schreibt die den Konservativen nahe stehende Internetseite "Tabnak". "Es gibt demzufolge keine Garantie, dass auch nicht dieses Mal die Informationen in fremde Hände gelangen."

Politische Beobachter gehen davon aus, dass der erfolglose Besuch der Experten den Streit um das iranische Atomprogramm weiter zuspitzen wird. "Wir werden unseren Weg und die friedliche Nutzung der Atomtechnologie ohne jeglichen Zweifel und mit Selbstbewusstsein fortsetzen", sagte Irans Außenminister Ali Akbar Salehi und fügte hinzu: "Wir sind auf das schlimmste Szenario vorbereitet."

Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte Iran auf, "im vollen Umfang" mit der Internationalen Atombehörde zusammenzuarbeiten. "Das ist eine internationale Verpflichtung und dieser muss Iran nachkommen", sagte der Minister am 20. Februar am Rande der Tagung der G20-Außenminister im mexikanischen Los Cabos.

"Die Zeit für taktische Manöver ist vorbei. Die Sanktionen meinen wir ernst", sagte Westerwelle weiter. "Wir werden uns von Manövern in Richtung einzelner Staaten nicht von diesem Sanktionskurs abbringen lassen." Eine atomare Bewaffnung Irans sei nicht akzeptabel. Es sei deshalb wichtig, dass die internationale Staatengemeinschaft weiter dagegen angehe.

Die IAEA-Experten begründeten nach der Rückkehr das Scheitern ihrer Mission mit "schweren Differenzen". Diese habe es zwischen beiden Seiten in der Frage nach dem richtigen Ansatz gegeben, mit dem sich die Unklarheiten über das iranische Atomprogramm beseitigen ließen, hieß es in dem Bericht, der den Mitgliedsstaaten der IAEA am 24. Februar vorlag. Darin hieß es, Iran treibe seine Urananreicherung weiter deutlich voran. Das Land habe seine Kapazitäten zur höher prozentigen Anreicherung verdreifacht. IAEA-Chef Amano wiederholte darin die "ernsthafte Sorge" der Behörde über eine mögliche militärische Dimension des iranischen Nuklearprogramms. Das Land habe die Zahl der leistungsfähigen Zentrifugen in der unterirdischen Anlage Fordo verdoppelt und mehr als 100 Gramm höher angereichertes Uran hergestellt. Das ist nach Angaben der Experten weniger als die Hälfte der Menge, die für einen atomaren Sprengstoff nötig sei. In der Anlage Natans, wo auf bis zu fünf Prozent angereichertes Uran hergestellt wird, hat Iran dem Bericht zufolge die Zahl der Zentrifugen von 2600 auf 8808 erhöht.

Ein weiterer Besuch der Inspektoren im Iran ist vorerst nicht geplant. Bei der IAEA wird nun darüber diskutiert, welche Schritte der 35-köpfige Gouverneursrat bei seiner kommenden Sitzung am 5. März einleiten kann. Das Gremium könnte beispielsweise eine Resolution verabschieden und darin Iran verurteilen. Die IAEA könnte aber auch den Fall vor den UN-Sicherheitsrat bringen, der bereits vier Mal Sanktionen gegen Iran verhängt hat.

Nach iranischer Einschätzung beweist der IAEA-Bericht die "friedliche Natur" des Nuklearprogramms. Zudem reflektiere er die Fortschritte, die Iran in der Nukleartechnologie gemacht habe, zitierte die Nachrichtenagentur Fars den iranischen IAEA-Botschafter, Asghar Soltanieh. Was in dem Bericht stehe, sei bereits früher von iranischer Seite bekannt gegeben worden. Dass den IAEA-Experten der Zugang zur Militärzone Parchin verweigert worden sei, habe technische Gründe. Darüber könne aber verhandelt werden. Iran wolle sowohl internationale Vorschriften einhalten als auch die Zusammenarbeit mit der IAEA fortsetzen, sagte Soltanieh. Teheran werde aber keine Zugeständnisse machen, wenn es um sein Recht gehe, Nuklearprogramme für zivile Zwecke voranzutreiben.


China wirbt für neue Atomgespräche

Iran hat in Gesprächen mit der chinesischen Führung seine Bereitschaft zu neuen Atomgesprächen bekräftigt. Man werde sich aber internationalem Druck nicht beugen, sagte der stellvertretende iranische Atom-Chefunterhändler Ali Bagheri am 13. Februar nach einem Treffen mit Chinas Vize-Außenminister Ma Zhaoxu, berichtete das iranische Fernsehen IRIB.

Ma war nach Teheran gereist, um sich für eine rasche Wiederaufnahme des iranischen Atom-Dialogs mit den USA und den anderen UN-Vetomächten sowie Deutschland einzusetzen. China ist vom iranischen Öl abhängig und lehnt den von den USA und der EU verhängten Boykott iranischer Lieferungen ab.


Ölhändler: Iran profitiert von Sanktionen

Iran profitiert nach Einschätzung eines früheren Ölhändlers bislang von den Sanktionen des Westens, meldete die Agentur Reuters am 21. Februar. Der hohe Ölpreis gleiche die Einnahmeausfälle aus, sagte Jan Tylor, Chef des weltgrößten Ölhändlers Vitol, der Agentur. Weil durch das Embargo der EU-Staaten Volumen wegbreche, versuche die Islamische Republik, den Preis so hoch wie möglich zu treiben.

Tatsächlich kostet inzwischen das Rohöl an den internationalen Börsen so viel wie seit rund neun Monaten nicht mehr. Ein Barrel der Nordsee-Sorte Brent wurde am 20. Februar in London für 120,80 Dollar gehandelt. Das waren 1,22 Dollar mehr als zu Handelsschluss am 17. Februar. Ein Barrel der in New York gehandelten Sorte Light Sweet Crude kostete im elektronischen Handel 105,35 Dollar, 2,11 Dollar mehr als am 17. Februar.

Als Grund nannten die Analysten das Vorgehen Irans im Atomstreit. Iran war dem von der EU beschlossenen Ölembargo zuvorgekommen und hatte Öllieferungen an französische und britische Firmen gestoppt. Die betroffene Menge ist zwar verschwindend gering, die Börsianer werteten aber den Schritt als Drohung gegen andere EU-Staaten wie Italien, Spanien und Griechenland, die stärker vom iranischen Öl abhängig sind.


Deutsche Iran-Exporte eingebrochen

Die schärferen Sanktionen gegen Iran zeigen Wirkung, nicht nur in Iran, auch in Deutschland. 2011 brachen die deutschen Exporte nach Iran um mehr als 18 Prozent ein. Geliefert wurden Waren im Wert von 3,1 Milliarden Euro, berichtete die Agentur Reuters mit Hinweis auf die ihr vorliegenden Daten des Statistischen Bundesamtes am 23. Februar. Noch weniger wurde zuletzt 2003 exportiert. Auch die Importe aus Iran gingen merklich zurück. Sie schrumpften um rund 16 Prozent auf 769 Millionen Euro.


Schweiz stoppt Handy-Spionagetechnik für Syrien und Iran

Der Schweizer Zoll hat seit 2010 zwei Mal Lieferungen für Spionagetechnik durch europäische Firmen an Syrien und Iran verhindert. Beide Länder hätten versucht, über die Schweiz Ausrüstung zur Überwachung von Mobiltelefonen zu importieren, erklärte ein Regierungsbeamter am 18. Februar im Schweizer Fernsehen. "Handytechnik ist eine wichtige politische Waffe der Demokratiebewegung in arabischen Diktaturen", sagte er.

"2010 und letztes Jahr gelang es uns zusammen mit anderen Bundesbehörden, Lieferungen von Mobiltelefon-Überwachungstechnik an Syrien und Iran zu stoppen", sagte Jürgen Bohler, Chef der Exportkontrolle für Industrieprodukte, in der SF-Sendung "10 vor 10". Die Lieferungen sind jeweils an der Schweizer Grenze beschlagnahmt worden. Aus welchen Ländern oder welchen Firmen sie kamen, sagte der Beamte nicht.

In der Mobilfunkbranche gilt der Nahe Osten seit längerem als Wachstumsmarkt für Überwachungstechnik. Zahlreiche westliche Firmen, darunter auch aus der Schweiz, boten laut SF-Recherchen entsprechende Ausrüstungen Mitte Februar in Dubai auf der Brachenmesse ISS World an. Auf dem Programm sollen dabei auch Workshops zur Überwachung von Diensten wie Twitter und Facebook gestanden haben.


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Außenpolitik

Die Gefahr eines Krieges gegen Iran rückt näher

US-Verteidigungsminister Leon Panetta rechnet Medienberichten zufolge bereits ab dem Frühjahr mit einem Angriff Israels auf iranische Atomanlagen. Panetta gehe davon aus, dass Israel Iran höchstwahrscheinlich im April, Mai oder Juni angreifen könnte, schieb "Washington Post"-Kolumnist David Igantius in der Ausgabe vom 3. Februar ohne Angaben von Quellen. Israel befürchte, dass Iran in Kürze genügend angereichertes Uran in unterirdischen Anlagen lagere, um eine Waffe zu bauen. Nur die USA hätten dann die Möglichkeit, Iran militärisch zu stoppen, schrieb Ignatius aus Brüssel, wo ein Treffen der NATO-Verteidigungsminister stattfand. Sowohl Panetta als auch das US-Verteidigungsministerium wollten sich zu dem Bericht nicht äußern.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wolle verhindern, "dass das Schicksal Israels vom amerikanischen Handeln abhängt", schrieb Washington Post. Israel gehe davon aus, dass ein begrenzter Militäreinsatz möglich sei. Den Plänen zufolge könnten die Atomanlagen bei Natans und andere unterirdische Anlagen das Ziel sein, hieß es. Die Anlage in Ghom sei dagegen mit einem Luftangriff schwieriger auszuschalten. Demgegenüber betonte der stellvertretende israelische Ministerpräsident Mosche Jaalon, alle iranischen Anlagen seien durch Militärschläge verwundbar. Das Gespenst eines atomar bewaffneten Irans wäre ein "Alptraum für die freie Welt".

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz warnte deren Leiter, Wolfgang Ischinger, vor einem Militärschlag gegen Iran. "Das wäre der Bankrott der Politik und der Diplomatie, sagte Ischinger am 3. Februar im Deutschlandfunk. Er plädierte als Alternative zu einem Militäreinsatz für eine Politik der Abschreckung gegenüber Iran. Eine derartige Strategie habe sich im Kalten Krieg bewährt.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte am 5. Februar, er halte nichts von Diskussionen über eine mögliche Militärintervention gegen Iran. In einer Region, die von extremen Spannungen in den Nachbarstaaten geprägt sei, berge eine Intervention massive Risiken, nicht zuletzt für Israel. Eine solche Debatte konterkariere auch die jüngst von den USA und der EU für den Sommer beschlossenen Sanktionen.

Auch der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu warnte vor einem militärischen Angriff. "Eine militärische Intervention in dieser Region wäre eine Katastrophe", erklärte der Minister am 5. Februar bei einer Podiumsdiskussion auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Auch schärfere Sanktionen gegen Iran seien "nicht besonders gut geeignet", Iran zum Einlenken zu bewegen. "Das Beste sind Verhandlungen", sagte Davutoglu. Wichtig sei Vertrauen zwischen den beteiligten Parteien herzustellen.

Nach Einschätzung des US-Präsidenten Barack Obama hat Israel noch keine Entscheidung über einen Angriff getroffen. "Ich glaube nicht, dass Israel schon entschieden hat, was es tun wird", sagte Obama am 6. Februar in einem Interview des Fernsehsenders NBC. Die USA arbeiteten eng mit Israel zusammen, um die Krise "hoffentlich diplomatisch" zu lösen.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte unterdessen an, Israel werde angesichts der Umwälzungen im Nahen Osten weiter eine Politik der Stärke verfolgen. "Wir haben die Äußerungen des iranischen Herrschers über die Zerstörung Israels gehört, wir haben gesehen, wie die syrische Armee das eigene Volk abschlachtet und andere blutige Vorfälle in unserer Region", sagte der Regierungschef zu Beginn der wöchentlichen Kabinettsitzung in Jerusalem am 6. Februar. Zugleich verpasste er seinen Amtskollegen einen Maulkorb, nachdem diese immer offener über einen möglichen Angriff gegen Iran redeten. Sie sollten mit dem "Gerede" aufhören, da es den israelischen Interessen schade.

Iran reagierte mit Gegendrohungen. Iran werde jedes Land angreifen, von dessen Staatsgebiet Feinde einen Angriff auf Iran starteten, sagte der stellvertretende Kommandeur der Revolutionsgarden, Hossein Salami am 5. Februar der Agentur Fars.

Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah erklärte am 7. Februar in einer Videokonferenz mit seinen Anhängern, Iran werde im Falle eines israelischen Angriffs der Hisbollah keinen Befehl zum Gegenschlag geben. Sollte es einen Angriff geben, werde sich die Führung der Hisbollah zusammensetzen und entscheiden, was zu tun sei.

Am 9. Februar rief Israels Präsident Schimon Peres die Iraner zur Versöhnung auf. "Wir sind nicht von Geburt an Feinde und es gibt keinen Grund, als solche zu leben", sagte Peres bei einer Rede anlässlich des Jahrestages der Gründung des israelischen Parlaments. "Euer Volk ist ein kluges Volk, das Freundschaft und Frieden anstrebt, nicht Konflikte und Krieg." Scharf kritisierte Peres die iranische Regierung. "Iran ist nicht nur eine Bedrohung für Israel, sondern eine wirkliche Gefahr für die gesamte Menschheit", sagte er. "Das derzeitige iranische Regime ist hungrig nach Imperialismus und will zum obersten Führer der Region werden."

Die niederländische Zeitung "De Telegraaf" schrieb am 15. Februar: "Nach Einschätzung von Exclusiv Analysis - einer britischen Spezialfirma, die Unternehmen über weltweite politische Risiken berät - liegt die Chance, dass Israel bereits im April eine Militäraktion gegen Iran unternimmt, bei 50 Prozent. Bis September steigt sie auf 60 Prozent."

Am 21. Februar schrieb die israelische Zeitung "Haaretz", Israel sei über US-Zweifel an seiner militärischen Fähigkeit, Iran anzugreifen, verärgert. Dies nehme den Druck von Iran, sein Atomprogramm endlich offen zu legen. Dem Bericht zufolge beschwerten sich Netanjahu und sein Verteidigungsminister Ehud Barak beim nationalen Sicherheitsberater im Weißen Haus, Tom Donilon, über kritische Äußerungen von US-Generalstabschef Martin Dempsey und anderen. Wer Israels Angriffsfähigkeit infrage stelle, verringere den Druck auf Iran und erhöhe damit die Gefahr, dass es tatsächlich zu einem Krieg kommen könne.

Dempsey hatte zu bedenken gegeben, eine Attacke Israels auf Iran wäre "destabilisierend". Und er hatte Israel zur Zurückhaltung aufgerufen: "Es wäre zu diesem Zeitpunkt nicht weise, Iran anzugreifen". Zugleich hatte die New York Times einen skeptischen Artikel über die Erfolgschancen eines israelischen Angriffs gedruckt. Ein solcher Angriff werde die israelische Luftwaffe auf eine sehr harte Probe stellen, gab die Zeitung Militärexperten wieder. Ein Erfolg sei alles andere als garantiert. Die Piloten müssten mehr als 1600 Kilometer über feindliches

Gebiet fliegen, unterwegs in der Luft auftanken, die iranische Luftabwehr überwinden und mehrere Nuklearanlagen gleichzeitig angreifen. Israel müsste dazu mindestens 100 Flugzeuge auf den Weg schicken.

Der New York Times zufolge sind sich US-Experten gar nicht sicher, ob Israel überhaupt die militärische Fähigkeit besitzt, einen solchen Angriff auszuführen. Es sei auch nicht klar, ob die "bunkerbrechenden" US-Bomben, über die Israel verfügt, stark genug seien, um in die tiefsten unterirdischen Schutzanlagen Irans vorzudringen.

Iran hat inzwischen beim UN-Sicherheitsrat gegen ein von Israel geführtes "Kriegsspiel" protestiert. Mit der "stillschweigenden und ausdrücklichen" Unterstützung Israels würden "terroristische Aktionen" gegen Iran verübt, schrieb Teherans UN-Botschafter Mohammad Chasaee am 23. Februar. Dazu gehörten auch Morde an iranische Wissenschaftler, die Teil des "allgemeinen Kriegsspiels" von Israel seien.

Nach Auffassung des iranischen Verteidigungsministers General Ahmad Wahidi würde ein israelischer Angriff gegen Iran zu einem Zusammenbruch des jüdischen Staates führen. Bei der am 25. Februar auf der Internetseite des staatlichen Fernsehsenders Press TV veröffentlichten Äußerung Wahidis handelte es sich um die bislang deutlichste Androhung einer Vergeltung, sollte Israel Iran angreifen.


USA verhängen Sanktionen gegen iranisches Ministerium

Wegen des Vorwurfs der Unterstützung des weltweiten Terrorismus haben die USA Sanktionen gegen das iranische Ministerium für Geheimdienstarbeit und Sicherheit verhängt. Die Behörde habe sich der Menschenrechtsverletzungen gegen Iraner schuldig gemacht und beteilige sich an der derzeitigen Unterdrückung in Syrien, hieß es am 16. Februar in Washington. Das US-Finanzministerium teilte mit, die Behörde auf seine entsprechende Liste von Terroristen gesetzt zu haben. Dadurch werden sämtlich Vermögen der Gruppe in den USA eingefroren. Bei den Sanktionen handelt es sich eher um eine symbolische Geste, da nicht bekannt ist, ob die betroffene Behörde Kapital in den USA besitzt.


Scharfe Stellungnahme aus Russland

Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin erklärte in seiner neuesten Stellungnahme zum Streit um das iranische Atomprogramm, die Konzentration des Westens auf das iranische Atomprogramm habe in Wirklichkeit das Ziel, einen Regimewechsel im Iran herbeizuführen. Putin, der in diesen Tagen um die Wiedergewinnung des Staatspräsidentenpostens ringt, betonte, dass er einen Regimewechsel im Iran entschieden ablehne.

Russland warnte zugleich Israel eindringlich vor einem Militäreinsatz gegen Iran. Jedes derartige Szenario wäre "katastrophal für die Region und für das ganze System der internationalen Beziehungen", sagte Vize-Außenminister Gennadi Gatilow am 22. Februar. Er hoffe, dass Israel sich aller Folgen eines solchen Einsatzes bewusst sei. "Sie sollten auch bedenken, welche Konsequenzen für sie selbst ein solches Vorgehen hätte."


Mutmaßliche iranische Terroristen in Aserbaidschan festgenommen

Nach offiziellen Angaben wurden mehrere Mitglieder einer Terrorgruppe mit Verbindungen zu Iran am 21. Februar in Aserbaidschan festgenommen. Wie das Staatsfernsehen unter Berufung auf das Ministerium für Nationale Sicherheit berichtete, plante die Gruppe im Auftrag des iranischen Geheimdienstes Anschläge auf Ausländer. Die Festgenommenen hätten Informationen gesammelt und seien im Besitz von Waffen und Sprengstoff gewesen. Bereits im Januar nahmen die Behörden in Aserbaidschan zwei Männer fest, die beschuldigt wurden, auf Anweisung Teherans Anschläge auf Lehrer einer jüdischen Schule in Baku geplant zu haben.


General droht mit Präventivschlag

Der stellvertretende Kommandeur der iranischen Streitkräfte hat im Streit um das Atomprogramm des Landes Medienberichten zufolge mit einem Präventivschlag gedroht. Sollte sich Iran bedroht fühlen, werde das Land alle Maßnahmen ergreifen, um seine nationalen Interessen zu verteidigen, sagte General Mohammad Hedschasi laut der halbamtlichen Nachrichtenagentur Fars. "Wir warten nicht darauf, dass unsere Feinde gegen uns vorgehen", sagte der General am 20. Februar. Die USA und

Israel haben einen Militäreinsatz gegen Iran nicht ausgeschlossen. Zudem haben die USA angekündigt, dass sie die freie Schifffahrt in der Straße von Hormos auch mit militärischen Mitteln verteidigen würden. Damit reagierten sie auf die Drohung Irans, die Meerenge zu blockieren, falls der Westen die Sanktionen verschärft.

Einen Tag zuvor hatte Iran, während sich eine Delegation von Atominspekteuren in Teheran aufhielt, mit Luftabwehrübungen begonnen. Das viertägige Manöver diene der Stärkung der Luftabwehr des Landes insbesondere zum Schutz der Atomanlagen, erklärte die Luftwaffenbasis Khatam-ol-Anbia laut IRNA. Von der Basis werden die Luftabwehr und das Raketenprogramm des Landes koordiniert.


Terroranschläge vertiefen Feindschaft zwischen Israel und Iran

Drei aufeinander folgende Terroranschläge in Georgien, Neu-Delhi und Bangkok Mitte Februar verstärkten die Feindschaft zwischen Israel und Iran. Nach Angaben des thailändischen Geheimdienstes waren die Explosionen in Bangkok Teil eines Komplotts gegen israelische Diplomaten. Drei Iraner hätten ursprünglich geplant gehabt, einen Sprengsatz an ein Diplomatenfahrzeug zu heften, sagte ein ranghoher Geheimdienstmitarbeiter am 15. Februar der Nachrichtenagentur AFP. "Dieses Team von drei Iranern ist ein Mörderteam und seine Zielscheibe sind israelische Diplomaten, der Botschafter eingeschlossen", sagte er.

Bei den Explosionen war ein Mann, der einen iranischen Pass bei sich trug, schwer verletzt worden. Ein weiterer Iraner wurde am Flughafen festgenommen. Ein dritter flüchtete nach Angaben der Polizei in Richtung Malaysia.

Nach Angaben des thailändischen Außenministers Surapong Tovichakchaikul wurden die beiden Iraner wegen versuchter Tötung und dem Hervorrufen einer "illegalen Explosion an einem öffentlichen Ort" angeklagt. Der Minister sprach nicht von einem "terroristischen Akt", sagte aber, die Situation sei "ähnlich" der bei dem Angriff auf israelische Diplomaten in Indien.

In Neu-Delhi war am 14. Februar ein Anschlag auf ein israelisches Botschaftsfahrzeug verübt worden, an dem ein Sprengsatz befestigt war. Ein ähnlicher Anschlagsversuch in Tiflis (Georgien) scheiterte. Iran bestritt jede Verwicklung in die Vorfälle und wies auch eine Verwicklung in die Ereignisse in Thailand zurück. Stattdessen beschuldigte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran am 15. Februar Israel, hinter den Vorfällen zu stecken. Er sicherte Thailand Unterstützung bei der Aufklärung zu.

Der israelische Verteidigungsminister hatte am 14. Februar Iran "Terrorismus" vorgeworfen. Auch der israelische Botschafter in Thailand, Izhak Schoham, äußerte sich in diese Richtung. "Selbstverständlich glauben wir, dass Iran dahinter steckt", sagte er der AFP. Dabei verwies Schoham ebenfalls auf Ähnlichkeiten mit den Vorfällen in Indien und Georgien. Die in Bangkok entdeckten Sprengsätze ähnelten denen bei Anschlägen auf israelische Diplomaten in Indien und Georgien. In Neu-Delhi wurden vier Menschen verletzt, in Georgien konnte die Bombe rechtzeitig entschärft werden.

Die Polizei in Bangkok erklärte am 15. Februar, die beiden Verdächtigen hätten große Menschenmengen oder Gebäude nicht ins Visier nehmen können. Ob es einen Zusammenhang zwischen den beiden Explosionen in Bangkok mit fünf Verletzten und einem Anschlag in Neu-Delhi gib, stehe nicht fest, sagte der Chef des Nationale Sicherheitsrats Wichean Potenphosree.

Der thailändische Polizeichef Phrewphan Damapong sagte, die Justiz habe einen Haftbefehl gegen den flüchtigen Iraner gestellt und die Polizei werde die Staatsanwaltschaft bitten, von Malaysia die Auslieferung zu beantragen. Er bestätigte Berichte, wonach die Sprengsätze, die am Ort der Explosion entdeckt wurden, die gleichen seien wie die an Autos israelischer Diplomaten in Indien und Georgien.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte vor den weltweiten Folgen vermeintlicher iranischer Aggressionen. "Wenn diese Aggression nicht gestoppt wird, wird sie schließlich auf weitere Länder übergreifen", sagte der Ministerpräsident am 15. Februar im israelischen Parlament in Jerusalem. Er beharrte darauf, dass Iran hinter den Anschläge auf israelische Diplomaten stecke und kündigte an, "scharfe und systematische, wenngleich geduldige Maßnahmen gegen den internationalen Terror zu unternehmen, dessen Quelle in Iran ist."

Am 17. Februar sagte der Vizechef der Polizei in Bangkok, seine Behörde suche im Zuge der Ermittlungen zu der iranischen Gruppe einen weiteren Verdächtigen. Sie sammle Informationen über einen 52-jährigen Iraner. Damit werde nun gegen fünf Iraner ermittelt. Neben den zwei in Bangkok Festgenommenen sei ein dritter in Kuala Lumpur festgenommen worden. Es gäbe noch neben dem 52-jährigen einen fünften Verdächtigen, zu dem aber noch keine näheren Informationen vorlagen.

In Malaysia war aus Sicherheitskreisen zu erfahren, dass der Iraner am 16. Februar am Flughafen in Kuala Lumpur festgenommen wurde. Ermittlungen hätten ergeben, dass er im vergangenen Jahr wiederholt nach Malaysia gereist war. Eigenen Angabe nach arbeitet der Mann als Händler für Fahrzeugteile.

Indes drohte der Anschlag in Neu-Delhi die Handelsbeziehungen Indiens mit Iran zu belasten. Der Chef des indischen Verbandes der Reiseexporteure, Vijay Setia, nannte die Entwicklung besorgniserregend. "Das wird die Handelsatmosphäre zwischen Indien und Iran belasten", sagte er am 14. Februar der Nachrichtenagentur Reuters. "Es wird die Dinge komplizierter machen und dem Handel schaden." Indien hat sich bislang ablehnend zu den Sanktionen von USA und EU gegen Iran geäußert.

Indien ist derzeit der größte Abnehmer des iranischen Öls und zugleich der wichtigste Reislieferant des Handelspartners. Aufgrund des von den USA und der EU verhängten Boykotts iranischer Banken, erwägt Indien, seine Ölrechnung an Iran über jährlich elf Milliarden Dollar verstärkt über Gegengeschäfte zu begleichen. Neben Reis exportiert Indien besonderen Weizen nach Iran.


Ahmadinedschad wirft Ausland Einmischung vor -
Sicherheitsgipfel in Islamabad

Präsident Ahmadinedschad hat dem Ausland Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Region vorgeworfen. Dagegen sollten sich die betroffenen Länder zur Wehr setzen, forderte er in Pakistan. "Es gibt Länder, die entschlossen sind, unsere Region zu beherrschen", sagte der Präsident am 17. Februar. "Das sollte ihnen verwehrt werden." Ahmadinedschad sagte nicht, welche Staaten er konkret im Blick habe.

Ahmadinedschad nahm in Islamabad an einem Sicherheitsgipfel mit den Staatschefs aus Pakistan und Afghanistan teil. Unter den Ländern der Region selbst gibt es Ahmadinedschad zufolge keine grundlegenden Probleme. "Alle Probleme kommen aus dem Ausland", sagte er.

Bei dem Treffen beteuerten Pakistan und Iran, sie wollten Afghanistan auf dem Weg zum Frieden unterstützen. Die Taliban dementierten derweil, dass sie überhaupt mit der afghanischen "Marionettenregierung" sprechen.

Pakistan und Iran haben dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai "volle Unterstützung" für einen afghanisch geführten Friedenprozess zugesagt. Die Präsidenten Asif Ali Zardari und Mahmud Ahmadinedschad hätten Karsai dabei ihre Zusammenarbeit zugesichert, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Staatschefs der drei Nachbarstaaten.

In einem vor dem Treffen veröffentlichten Interview des "Wall Street Journals" hatte Karsai bestätigt, dass die USA und Afghanistan Geheimverhandlungen mit den Taliban begonnen hätten. Die Taliban dementierten daraufhin Gespräche mit der afghanischen Regierung. In einer im Internet veröffentlichten Erklärung der Taliban hieß es, die Aufständischen hätten nicht mit der "Marionettenregierung" gesprochen.

Das Treffen in Islamabad war der dritte Gipfel Irans, Pakistans und Afghanistans seit 2009. Die beiden vorangegangenen Treffen hatten in Teheran stattgefunden, das nächste ist für Ende des Jahres in Kabul geplant.

Pakistan will trotz Androhung von Sanktionen durch die USA an einer geplanten Erdgas-Pipeline aus Iran festhalten. Der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinen iranischen und afghanischen Amtskollegen, die Beziehungen beider Länder könnten nicht durch wie auch immer gearteten internationalen Druck untergraben werden. In Pakistan kommt es immer wieder zu Energieengpässen.


Ban: Israel soll an Konferenz gegen Atomwaffen in Nahost teilnehmen

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte Israel zur Teilnahme an einer internationalen Konferenz für eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten auf. "Israel wird eingeladen und sollte dabei sei", sagte Ban am 2. Februar bei einem Besuch in Jerusalem. Bislang sei aber noch nichts entschieden. Bei Beratungen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte Ban das Thema nach eigenen Angaben allerdings nicht angesprochen. Die Konferenz soll Ende dieses Jahres stattfinden, wie Ban Journalisten sagte. Ein genauer Termin stehe aber noch nicht fest.

Nach Einschätzung von Diplomaten wäre es entscheidend für den Erfolg der geplanten Konferenz, wenn sowohl Israel als auch Iran daran teilnehmen würden. Israel hat zwar noch nie offiziell zugegeben, im Besitz von Waffen zu sein. Doch es ist allgemein bekannt, dass das Land über ein Arsenal von Atomwaffen verfügt. Die Zahl der Atomsprengköpfe Israels wird auf 200 bis 250 geschätzt.

Nach Meinung politischer Beobachter würde eine atomwaffenfreie Zone viele Probleme, darunter auch den Streit um das iranische Atomprogramm lösen. Doch es sei kaum anzunehmen, dass Israel bereit sein würde, als einzige Atommacht in der Region auf diese Sonderstellung zu verzichten.


Schatt al-Arab nach drei Jahrzehnten wieder für den Seeverkehr geöffnet

Nach drei Jahrzehnten Streit über Schatt al-Arab an der Grenze zwischen Iran und Irak ist der Fluss wieder für den Handelsverkehr geöffnet worden. Dies teilte ein Vertreter des für die Ausbeutung des irakischen Ölfelds von Madschnun zuständigen Ausschusses mit. Der 200 Kilometer lange Mündungsbereich von Euphrat und Tigris, der in den Persischen Golf mündet und von Iranern Arwandrud genannt wird, wurde mit dem Ausbruch des iranisch-irakischen Kriegs (1980-1988) gesperrt.

Der Fluss sei erstmals seit 31 Jahren wieder für ausländische Schiffe befahrbar, erklärte ein Vertreter der britisch-niederländischen Ölgesellschaft Shell. Demnach hat Shell an dem Fluss in Naschwa nördlich von Basra einen Hafen ausgebaut, um schweres Material anliefern zu können. Anfang Januar sei erstmals ein Schiff in den Hafen eingelaufen. Shell betreibt seit 2009 das riesige Ölfeld Madschnun, dessen Reserven auf 12,6 Milliarden Barrel geschätzt wird, gemeinsam mit der malaysischen Ölfirma Petronas und dem irakischen Staat.

Syrische Rebellen lassen verschleppte Iraner wieder frei Syrische Aufständische haben elf Ende Januar verschleppte iranische Pilger wieder freigelassen. Die "Freie Syrische Armee" syrischer Deserteure habe die Männer am 7. Februar an die Türkei übergeben, berichteten syrische Aktivisten aus dem Grenzgebiet zum Nachbarland.

Die "Freie Syrische Armee" habe von iranischer Seite die Zusicherung erhalten, dass sich Teheran für die Freilassung inhaftierter Frauen und Kinder in Syrien einsetzen werde, erklärten die Aktivisten. Die Iraner waren von Bewaffneten verschleppt worden, die einen Bus mit insgesamt 30 Pilgern gestoppt hatten.


Spanischsprachiger Sender gestartet

Iran hat den ersten spanischsprachigen Fernsehsender des Nahen und Mittleren Ostens gestartet. Der über Satellit empfangbare Sender werde denen, die nach Meinungsdominanz streben, einen Dämpfer verpassen, sagte Präsident Ahmadinedschad am 31. Januar bei der Eröffnungszeremonie. Er sei ein Mittel, die Beziehungen zwischen den Völkern und Regierungen Irans und den Spanisch sprechenden Nationen zu verbessern.

Hispan TV strahlte nach Angaben des iranischen Staatsfernsehens seit Oktober 16 Stunden am Tag ein Testprogramm aus. Zukünftig soll er 24 Stunden am Tag Nachrichten, Dokumentationen und Filme senden.


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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
11. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 3/2012 - März 2012 / 11. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2012