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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/390: Iran-Report Nr. 8 - August 2017


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 8 - August 2017
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

INNENPOLITIK

• Der Machtkampf in Iran verschärft sich • Konflikt zwischen Revolutionsgarden und Regierung • Spekulationen über das neue Kabinett von Rohani • Bruder Rohanis wegen Finanzdelikten und Korruption festgenommen • Kritik an Rohani, seinen Kabinettsvorschlag mit Chamenei abzusprechen • Zwei Zivilisten an der pakistanischen Grenze getötet • Doppelstaatler zu zehn Jahren Haft verurteilt • Parlament verabschiedet Milderung der Todesstrafe für Drogendelikte • Erste Frau an der Spitze der iranischen Fluggesellschaft • Goldmedaille für Mörder


DER MACHTKAMPF IN IRAN VERSCHÄRFT SICH

Eigentlich hätten die ungewöhnlich scharfen Auseinandersetzungen während des Wahlkampfs mit der Entscheidung der Wählerinnen und Wähler beendet werden müssen. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Es vergeht kein Tag ohne offenem Schlagabtausch zwischen den Fraktionen. Offenbar wollen die Konservativen und Ultras ihre Niederlage bei der Präsidentenwahl im Mai nicht hinnehmen. Auf der anderen Seite versuchen die Reformer und Gemäßigten, den ihnen von der überwiegenden Mehrheit des Volkes erteilten Auftrag, und ihre während des Wahlkampfs abgegebenen Versprechen, durchzusetzen.

Der Sprecher der Justiz, Ghlamhossein Mohsseni Ejehi, verglich die Auseinandersetzungen mit denen im ersten Jahrzehnt nach der Gründung der Islamischen Republik. Die zunehmende Feindschaft gegen die Justiz und Revolutionsgarden deute seiner Ansicht nach auf eine neue "Verschwörung" hin, sagte er beim Freitagsgebet am 30. Juni. "Wenn ich auf Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückblicke, glaube ich, dass eine neue Verschwörung im Gange ist, eine neue Aktion." Während die USA und andere westliche Staaten sich in die Angelegenheiten der Region einmischten und sich militärisch formierten, würden die Revolutionsgarden, die Justiz und andere revolutionäre Institutionen von den Verantwortlichen der Regierung denunziert.

Ejehi verglich die heutigen Auseinandersetzungen mit denen der Regierungszeit von Präsident Abolhassan Banisadr, der "genau an diesem Ort zerstörerische Reden hielt, worauf die schlimmen Ereignisse folgten". Banisadr, der erste Staatspräsident nach der Gründung der Islamischen Republik, wurde 1981 nach scharfen Auseinandersetzungen mit Ayatollah Chomeini abgesetzt. Danach geriet das ganze Land in Unruhe, bei der die Konflikte zu bewaffneten Auseinandersetzungen führten. Die Worte Ejehis richteten sich gegen Rohani, ohne jedoch dessen Namen zu nennen.

Bei den Auseinandersetzungen geht es um die Rolle der Justiz, der Revolutionsgarden, des Wächterrats, des Parlaments, der Regierung und letztendlich auch um die Rolle des Revolutionsführers innerhalb der Führung der Islamischen Republik.

Auf einer von der Justiz veranstalteten Versammlung am 3. Juli, auf der auch die Chefs der Regierung, des Parlaments und der Justiz anwesend waren, hielt Präsident Rohani eine viel beachtete Rede, bei der er betonte, dass der Staatspräsident gemäß der Verfassung für die Umsetzung der Grundsätze der Verfassung verantwortlich sei. Dazu gehöre auch die Kontrolle der Justiz. Zwar sei, so Rohani, die Justiz unabhängig. Das bedeute jedoch nicht, dass man Menschen ohne Grund verhaften könne, um erst anschließend einen Grund für die Haft zu finden. Zudem müsse jeder als unschuldig betrachtet werden, so lange keine eindeutigen Beweise für seine Schuld vorgewiesen werden können. Gerichtliche Urteile müssten transparent und für die Öffentlichkeit plausibel sein. "Es darf nicht sein, dass wir Ansehen und Ehre der Menschen schädigen."

Rohani kam auch auf die Außenpolitik zu sprechen. "Wir brauchen eine Außenpolitik, die dazu führt, dass andere Staaten uns unterstützen, wenn die USA uns angreifen wollen. Ist es besser, wenn die USA, Israel und Saudi-Arabien isoliert werden, oder wenn wir so handeln, dass alle Staaten, die Europäer, Russland, China und andere, sich hinter die USA stellen? Eine revolutionäre Außenpolitik bedeutet, die USA zu isolieren und so zu handeln, dass andere Staaten unsere Politik akzeptieren, auch dann, wenn es um schwierige Themen geht, wie um das Thema Menschenrechte. Hierbei sollten wir uns zumindest an unsere Gesetze halten und die in unserer Verfassung verbrieften Rechte achten."

Rohani kritisierte außerdem, dass die Anfeindungen gegen die Regierung fortgesetzt würden, obwohl der Wahlkampf längst zu Ende sei.

Parlamentspräsident Ali Laridschani, der ebenfalls auf derselben Versammlung eine Rede hielt, sagte: "Während die USA einen Regimewechsel in Iran anstreben, strecken einige ihnen freundschaftlich die Hand entgegen." Die islamische Republik werde von der Gefahr der Einflussnahme (durch die USA) bedroht. "Im Inland werden die Justiz, der Wächterrat, die Revolutionsgarden kritisiert und angefeindet. Eine Verschwörung ist im Gange. Die Verantwortlichen müssen wachsam sein und auf die Spuren der Feinde achten."


KONFLIKT ZWISCHEN REVOLUTIONSGARDEN UND REGIERUNG

Konflikte zwischen der Regierung und der militärischen Führung sind in der Islamischen Republik nicht neu. Vor allem die Reformer und die Gemäßigten kritisieren immer wieder den wirtschaftlichen und politischen Machtzuwachs der Revolutionsgarden (Pasdaran). Die Garden haben in den letzten Jahren nicht nur militärisch ihre Macht ausgebaut, heute bilden sie ebenfalls die größte Wirtschaftsmacht des Landes. Dementsprechend hoch ist auch ihr politischer Einfluss. Dagegen wenden sich all jene, die die Rolle der Pasdaran auf militärischem Gebiet einschränken wollen. Zu ihnen gehört auch Präsident Rohani. Neulich sagte er, es sei geplant gewesen, die Wirtschaft zu privatisieren. Stattdessen habe der "Staat ohne Waffen die Wirtschaft an einen Staat mit Waffen übergeben, einen Staat, der über alle Instrumente der Macht verfügt und auch die Medien beherrscht."

Gegen diese Äußerung meldete sich der legendäre General Ghassem Soleimani zu Wort. Er ist Oberbefehlshaber der Al-Kuds-Brigade, einer Abteilung der Revolutionsgarden, die für Auslandseinsätze zuständig ist. Vor einer Versammlung von Offizieren sagte Soleimani am 4. Juli, niemand dürfe auch nur ein Wort gegen den Willen des Revolutionsführers äußern. Wenn es die Pasdaran nicht gebe würde die Islamische Republik nicht existieren. "Niemand darf die Pasdaran schwächen und angreifen." Die Pasdaran, Wächter der Revolution, seien existenziell wichtig. Es gibt Probleme, die sich nicht mit Diplomatie lösen lassen", betonte der General.

Die Pasdaran befürchten, dass ihre Rolle als Hüter der Revolution, durch die von Rohani angestrebte Öffnung nach außen an Bedeutung verliert. Das Atomabkommen wird als wichtiger Schritt in diese Richtung betrachtet. Der Ansicht der Pasdaran nach bedeutet die Normalisierung der Beziehungen zum Westen und die Versöhnung mit den USA nichts anderes als das Ende der Islamischen Revolution.

Zudem würde die Öffnung nach außen ausländische Investoren ins Land locken, was die Rolle der Pasdaran in der Wirtschaft erheblich schmälern würde. Sie würden jedenfalls ihre Monopolstellung bei Großprojekten in der Öl- und Gasindustrie und Infrastrukturprojekten verlieren.

Während Rohani und seine Anhänger die Pasdaran kritisieren, werden sie vom Revolutionsführer Ali Chamenei demonstrativ unterstützt. Zwei Wochen nach dem Raketenangriff der Pasdaran gegen einen Stützpunk des Islamischen Staates (IS) im Irak, erschien auf der Webseite Chameneis eine Videoaufnahme von einem Treffen zwischen ihm und Pasdaran-Kommandanten, das angeblich wenige Stunden nach dem Angriff zustande gekommen war. Darin lobt Chamenei die Pasdaran. "Ihr habt wunderbar gehandelt. Gott wird diese Tat während des Fastenmonats als Gebet annehmen", sagte er.

Weiter sagte Chamenei, "versucht, soweit ihr könnt, die Raketen weiterzuentwickeln. Ihr seht, wie empfindlich unsere Feinde auf unsere Raketen reagieren. Das zeigt, wie wichtig eure Arbeit ist."

Am 7. Juli beschwerte sich General Abollah Abdollahi, Oberbefehlshaber des Aufbaustützpunktes der Pasdaran, "Khatamalanbia", welches auch das bei weitem größte Wirtschaftsunternehmen des Landes ist, über die Regierung von Präsident Rohani. In einem Interview mit dem staatlichen Fernsehen sagte Abdollahi: "All jene, die die Pasdaran als Konkurrenten der Privatwirtschaft betrachten, sind entweder unwissend oder Intriganten." "Jedes Projekt, das die Pasdaran seit Ende des Krieges (Iran-Irak-Krieg, 1980-1988) übernommen haben, wurde ihnen von der Regierung aufgetragen. Sie selbst haben sich nie darum beworben."

Abdollahi sagte weiter, die Privatwirtschaft sei nicht in der Lage Projekte zu übernehmen, die die Pasdaran durchführen. "Während die Banken ein Gewinn von zwanzig Prozent gewähren, sind die Pasdaran bereit, mit dem Staat zu arbeiten, der nur ein Gewinn von sieben bis zehn Prozent gewährt." Die Pasdaran hätten mit 183 Projekten im vergangenen Jahr den "größten Rekord" für den Staat ermöglicht. Als Beispiel nannte er den Bau der Raffinerie am Persischen Golf, die den Import von zwölf Millionen Liter Öl überflüssig machten.

Abdollahi warf der Regierung vor, anstatt innere Kapazitäten zu nutzen, sich an ausländische Unternehmen zu wenden. Scharf kritisierte er den kürzlich geschlossenen Vertrag mit dem französischen Ölkonzern Total. Bereits vor Monaten hatte er ein Abkommen mit Südkorea über den Bau von zehn Schiffen im Wert von 700 Millionen Dollar als "Verrat nationaler Interessen" bezeichnet und Rohani aufgefordert, es zu annullieren.

Das Organ der Pasdaran, "Sobhe Sadegh", schrieb am 10. Juli unter dem Titel "das merkwürdige Szenario der Zerstörung der Pasdaran", man müsse die Verbindung zwischen jene im Inland, die die Pasdaran zerstören wollen, und den Feinden im Ausland herausfinden. Der Autor, Yadolla Dschawani, der als theoretischer Kopf der Pasdaran bezeichnet wird, forderte in dem Artikel alle Sicherheitsorgane auf, wachsam zu sein und herauszufinden, "was hinter den Kulissen gespielt" werde.


SPEKULATIONEN ÜBER DAS NEUE KABINETT VON ROHANI

Zurzeit wird in Iran über die Zusammensetzung des neuen Kabinetts von Präsident Rohani viel spekuliert. Dabei spielt die Frage eine Rolle, inwieweit der Präsident bei der Wahl seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen freie Hand haben wird. Traditionell werden einige Minister inoffiziell vom Revolutionsführer bestimmt. Dazu gehören die Außen-, Verteidigungs- und Informationsminister. Der Justizminister, der eigentlich keine wichtige Rolle spielt, wird im Einvernehmen mit dem Justizchef nominiert. Sämtliche Minister müssen die Zustimmung des Parlaments erhalten.

Dieser letzte Akt ist, nach der nun stattgefundenen Spaltung der Fraktion der Konservativen, für Rohani mehr oder weniger ein Heimspiel. Am 4. Juli hat die Fraktion der Konservativen, die sich als "Welai" bezeichnet, offiziell die Spaltung von der Fraktion der "Unabhängigen Welai" bekannt gegeben. Bereits nach der Bildung des neuen Parlaments hatte sich eine Gruppe innerhalb der Fraktion, die die Regierung Rohani unterstützte, selbständig positioniert. In der nun veröffentlichten Erklärung heißt es: "Die unabhängigen Welai unterstützten bei vielen Themen die Regierung und in anderen Fällen nahmen sie dieselbe Position ein, wie die Fraktion Welai, was nicht frei von Problemen war." Mit der Spaltung der Konservativen hat die Regierung eine satte Mehrheit im Parlament.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Rohani bei der Wahl seines Kabinetts freie Hand haben wird. Er selbst hat angekündigt, dass er das Kabinett verjüngen werde. Am 19. Juli forderten 157 Abgeordnete in einem Brief den Präsidenten auf, Frauen in sein Kabinett aufzunehmen. In dem Schreiben, das im Parlament verlesen wurde, heißt es, Frauen seien "Garanten der Entwicklung und des Fortschritts". Der Präsident möge fähige und geeignete Frauen nicht nur im Rang der Staatssekretäre und Vizepräsidenten, sondern auch für Ministerposten nominieren.

Die Frage, inwieweit Frauen die höchsten Posten in der Regierung übernehmen können ist in der Sache nicht neu. Sie wird immer dann diskutiert, wenn ein neues Kabinett gebildet wird. Präsident Ahmadinedschad war der erste Regierungschef in der Islamischen Republik, der eine Frau für ein Ministeramt nominierte. Marsieh Wahid Dastdscherdi brach mit der Übernahme des Gesundheitsministeriums das bis dato bestehende Tabu. Sie war von September 2009 bis Dezember 2012 im Amt.

Schahindocht Molawerdi, die für Frauen zuständige Vizepräsidentin, erklärte kürzlich, im neuen Kabinett werden Frauen vertreten sein. Zwei oder drei Ministerinnen würden dem neuen Kabinett angehören. Demgegenüber meint Behruz Nemati, Mitglied des Präsidiums des Parlaments, es sei nicht sicher, ob Rohani Frauen in sein Kabinett aufnehmen werde. Rohani selbst hat des Öfteren von der Notwendigkeit gesprochen, Frauen auch für höhere Posten zu engagieren. Seinem ersten Kabinett (2013-2017) gehörten drei Vizepräsidentinnen an.

Noch spannender als die Rolle von Frauen ist jedoch die politische Ausrichtung des Kabinettes. Wird Rohani seinen Gegnern Zugeständnisse machen und sie an der Macht beteiligen oder wird sein Kabinett ausschließlich von Reformern besetzt? Inwieweit wird er sich dem Willen des Revolutionsführers beugen?

Auf einer Kabinettssitzung am 19. Juli sagte Rohani, seine Regierung werde eine "überfraktionelle" Regierung sein. "Jeder, der in der Regierung Verantwortung übernimmt, muss den Willen der Mehrheit der Wähler voll und ganz akzeptieren, sonst kann er nicht an der Regierung teilnehmen." Mit Blick auf die Stimmen von 24 Millionen Wähler, die er erhalten hat, fügte er hinzu: "Das bedeutet nicht, dass andere, die die Regierung nicht gewählt haben, keine Existenzberechtigung haben. Auch sie haben Rechte, ihre Rechte werden geschützt und sie können aktiv sein. Aber heute sind die 24 Millionen für höhere Posten an der Reihe. Sonst macht die Wahl keinen Sinn."

Rohani fuhr fort: "Die Wahlen wurden durchgeführt, damit die Menschen zwischen zwei verschiedene Konzepten wählen können. Sie haben von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Nun gibt es eine Mehrheit und eine Minderheit. Gemäß der Verfassung und den Regeln der Demokratie müssen wir die Mehrheit akzeptieren und auf der Basis ihres Willens handeln."

Man darf gespannt sein, wie Rohani den Widerspruch in seiner Äußerung - zwischen einer "überfraktionellen" Regierung, die eine Beteiligung der Minderheit impliziert und einer Regierung, die sich nach dem Willen der Mehrheit richtet - lösen wird.


BRUDER ROHANIS WEGEN FINANZDELIKTEN UND KORRUPTION FESTGENOMMEN

Den Angaben des Justizsprechers, Gholamhossein Mohsseni Ejehi, zufolge wurde Hossein Fereidun, Bruder von Präsident Hassan Rohani, am 15. Juli in Haft genommen.

Er sei zunächst länger befragt worden, danach sei er aufgefordert worden, eine Kaution zu hinterlegen. Da er die Kaution nicht bezahlt habe, sei er festgenommen worden, sagte Ejehi. Dies bedeute nicht, so Ejehi weiter, dass das Gericht eine Untersuchungshaft angeordnet habe, sondern dass Fereidun lediglich festgenommen sei, weil er die Kaution nicht bezahlt habe. Er werde freigelassen, sobald er die Kaution bezahle. Wie hoch die Kaution sei, wisse er nicht, erklärte Ejehi. Auch andere Verdächtige befänden sich in Zusammenhang mit diesem Fall in Haft.

Zwei Tage nach seiner Verhaftung wurde Fereidun gegen eine Kaution von 50 Milliarden Tuman (13,5 Millionen Euro) wieder freigelassen. Er wurde wegen seines schlechten gesundheitlichen Zustands in ein Krankenhaus gebracht.

Der Bruder gehört zu den engsten Beratern des Präsidenten. Auch bei den Atomverhandlungen mit der Gruppe 5+1 (Vetomächte im UN-Sicherheitsrat plus Deutschland) wirkte er aktiv mit. Er wurde von Anbeginn seiner Beratertätigkeit von Regierungsgegnern angefeindet. Ihm wurden Korruption und Finanzdelikte vorgeworfen. Konkret wird er beschuldigt, bei der Ernennung eines seiner Vertrauten zum Direktor der Bank für Arbeiterwohlfahrt Druck ausgeübt zu haben. Dem Betreffenden wurde ein horrendes Gehalt gezahlt. Fereidun bestreitet dies entschieden ab.

Während des Wahlkampfs im Vorfeld der Präsidentenwahl im Frühjahr diesen Jahres forderten Rohanis Rivalen mehrfach, Freidun wegen Korruption vor Gericht zu stellen. Der wichtigste Rivale Rohanis, Ebrahim Raisi, warf dem Präsidenten vor, die Justiz daran gehindert zu haben, seinen Bruder rechtlich zu verfolgen. Bei einer Fernsehdebatte sagte er, der Vizejustizchef und der Generalstaatsanwalt hätten ausreichend Beweismaterial gesammelt und seien damit zu Rohani gegangen. Doch Rohani habe die beiden aufgefordert, "die Sache vorerst auf sich ruhen zu lassen".

Zu der Verhaftung seines Bruders äußerte sich Rohani nicht persönlich. Regierungssprecher Mohammad Bagher Nobacht erklärte, aus der Sicht des Präsidenten seien alle Menschen vor dem Gesetz gleich. "Die Justiz ist so unabhängig, dass sie den Bruder des Präsidenten einbestellen und in Haft nehmen kann", sagte er. "Das zeigt unsere Stärke. Selbst wenn es um den Bruder des Justizchefs ginge, würde die Justiz so handeln." Das war ein Seitenhieb gegen den Bruder des Justizchefs Fasel Laridschani, der nachweislich in Finanzdelikten verwickelt war und versucht hatte, den Einfluss seines Bruders Sadegh Laridschani für finanzielle Machenschaften zu nutzen. Dennoch ist er bis heute dafür nicht rechtlich verfolgt worden.

Nobacht betonte, dass dergleichen Vorgänge (Verhaftung seines Bruders) Rohani nicht davon abhalten würden, seinen Weg fortzusetzen. "Er handelt mit Geduld, selbst beherrscht und sehr klug und ist sich darüber bewusst, dass manche Maßnahmen unternommen werden, um Unsicherheit und Destabilität zu erzeugen!", sagte Nobacht. "Rohani verliert nicht seine Ausgeglichenheit, er ist widerstandsfähig und wird sich keinem Druck beugen."

Die Festnahme Fereiduns deutet auf den harten Machtkampf zwischen den Konservativen und Extremisten auf der einen und den Gemäßigten und Reformern auf der anderen Seite hin. Der Zeitpunkt der Festnahme steht wohl im Zusammenhang mit der bevorstehenden Nominierung des neuen Kabinetts von Rohani. Es ist eine Warnung an ihn. Er soll trotz seines beeindruckenden Wahlsiegs bei der Zusammenstellung seiner Regierungsmannschaft nicht vergessen, dass die eigentliche Macht nicht bei ihm, sondern bei seinen Gegnern liegt.


KRITIK AN ROHANI, SEINEN KABINETTSVORSCHLAG MIT CHAMENEI ABZUSPRECHEN

Der Abgeordnete Ali Mottahari kritisierte, dass Präsident Rohani seinen Kabinettsvorschlag mit dem Revolutionsführer Ali Chamenei absprechen wolle, bevor er ihn dem Parlament vorlegt. In einem Interview mit der Webseite der Fraktion Omid (Fraktion der Reformer und Gemäßigten) sagte er, es sei nicht richtig, dass der Präsident die Namen der Ministerinnen und Minister, die er nominieren und dem Parlament vorschlagen wolle, zunächst dem Revolutionsführer vorlege. Das werde die Freiheit der Abgeordneten, ihre Meinung über die nominierten Minister zu äußern, stark einschränken.

Ähnlich äußerte sich auch Gholamhossein Heydari: "Wie sollen Abgeordnete eine oder mehrere Nominierungen ablehnen, die zuvor vom Revolutionsführer bestätigt worden sind?", fragte er.


ZWEI ZIVILISTEN AN DER PAKISTANISCHEN GRENZE GETÖTET

Wie die Revolutionsgarden am 15. Juli mitteilten, sei am Abend eine Gruppe von bewaffneten Terroristen über die pakistanische Grenze ins iranische Hoheitsgebiet eingedrungen. Daraufhin sei es zwischen ihnen und den Einheiten der Revolutionsgarden zum Schusswechsel gekommen, bei dem zwei Arbeiter getötet worden seien. Dem Bericht zufolge wurde auch ein Terrorist getötet und zwei Terroristen wurden verletzt.

Die Kreisstadt Sarawan, in der sich der Vorfall ereignete, liegt in der Nähe der pakistanischen Grenze, etwa 340 Kilometer südlich von Sahedan, der Hauptstadt der Provinz Sistan-Belutschistan.

Es ist nicht das erste Mal, dass Iran gegen terroristische Eindringlinge aus Pakistan protestiert. Zuletzt forderte Iran etwa vor drei Monaten Pakistan dazu auf, die Grenzen besser zu kontrollieren und Terroristen zu verfolgen. Sollte Pakistan diese Aufforderung nicht ernst nehmen, werde Iran selbst auch jenseits der Grenze für Ordnung und Sicherheit sorgen, drohte Teheran. Anlass zu dieser Reaktion war ein am 26. April erfolgter terroristischer Angriff, bei dem zehn iranische Grenzbeamte getötet wurden.


DOPPELSTAATLER ZU ZEHN JAHREN HAFT VERURTEILT

Justizsprecher Gholamhossein Mohseni Ejehi erklärte am 16. Juli auf einer Pressekonferenz in Teheran, "ein von den USA eingeschleuster Doppelstaatler" sei zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. "Der Mann erhielt direkt seine Anweisungen aus den USA", sagte Ejehi. "Er hatte sowohl die Staatsangehörigkeit der USA als auch die eines anderen Staates." Er sei ins Land eingeschleust, von Geheimdienstlern identifiziert und schließlich festgenommen worden. Gegen das Urteil könne Einspruch eingelegt werden, betonte Ejehi. Er werde weitere Details bekannt geben, sobald das endgültige Urteil ausgesprochen sei.

Wenige Stunden nach der Pressekonferenz, die direkt vom staatlichen Fernsehen übertragen wurde, veröffentlichte die Nachrichtenagentur der Justiz, "Misan", Einzelheiten zu dem Fall. Demnach ist der Verurteilte chinesischer Abstammung und besitzt die amerikanische Staatsbürgerschaft. Der in Peking geborene, 37-jährige Xiyue Wang wurde bereits im August vergangenen Jahres festgenommen, als er versuchte, das Land zu verlassen. Wang ist Historiker, er arbeitete an der US-Universität Princeton an seiner Promotion. Er sei, laut Misan, nach Iran gereist, um "angeblich" Forschung zu betreiben. In Wahrheit jedoch habe er, so Misan weiter, mehr als 4500 geheime Dokumente an das US-Außenministerium, die Universität Princeton, die Harvard Kennedy School und das Britische Institut für Persische Studien weitergeleitet.

Die Nachricht löste eine scharfe Reaktion der USA aus. Mit diesem Urteil wiederhole sich abermals die Praxis, "US-Bürger und andere Ausländer wegen erfundener Anschuldigungen in Zusammenhang mit der inneren Sicherheit zu inhaftieren", hieß es in einer Erklärung des US-Außenministeriums. Die Erklärung forderte "die sofortige Freilassung" aller amerikanischer Staatsbürger, die sich in iranischer Haft befinden.

Indes berichteten einige Blätter in den USA, darunter die New York Times, die Universität Princeton habe bereits vor Monaten von der Verhaftung Wangs erfahren. Den Berichten zufolge habe die Universität sowohl zur Familie Wangs als auch zu der US-Regierung Kontakt aufgenommen, um die Freilassung des Doktoranden durchzusetzen. "Wir sind sehr besorgt", sagte der Sprecher der Universität. "Auch seine Familie bangt um ihn, hoffe jedoch, dass die zweite Instanz ihn freispricht."

Medien zufolge befinden sich zurzeit sieben Doppelstaatler iranischer Abstammung in Haft.


PARLAMENT VERABSCHIEDET MILDERUNG DER TODESSTRAFE FÜR DROGENDELIKTE

Das Parlament in Teheran hat am 16. Juli das Gesetz zur Milderung der Todesstrafe für Drogendelikte in erster Lesung verabschiedet. Bei endgültiger Zustimmung würde die Strafe für einen Teil von Personen, die wegen Drogendelikten zum Tode verurteilt worden sind, in längere Haftstrafen oder in Geldstrafen verwandelt werden.

182 Abgeordnete stimmten der Gesetzesvorlage zu, 26 dagegen, 6 enthielten sich. Dem Gesetz nach erhalten Personen, die wegen Drogenschmuggels zum Tode verurteilt, jedoch nicht vom Gericht als "Mohareb" (Krieger gegen Gott) eingestuft worden sind, eine mildere Strafe. Ferner werden Personen, die weniger als 100 Kilogramm Opium oder Gras oder weniger als zwei Kilo Heroin oder Kokain besitzen, nicht zum Tode bestraft.

Wer aber für den Drogenschmuggel Waffen benutzt und diese gegen Ordnungskräfte einsetzt, Gruppen von Schmugglern organisiert oder zum Drogenschmuggel Kinder unter achtzehn Jahren einsetzt, wird weiterhin mit dem Tod bestraft.

Etwa siebzig Prozent der Todesurteile in Iran richten sich gegen Drogendelikte. Parlamentspräsident Ali Laridschani erklärte, das Gesetz werde an den Rechtsausschuss zur weiteren Überprüfung weitergeleitet. Es gebe gewisse "Meinungsverschiedenheiten über einige Details". Einige Abgeordnete waren gegen diese Vorgehensweise. Darüber wurde abgestimmt. 135 Abgeordnete sprachen sich für die Weiterleitung an den Rechtsausschuss aus, 81 Abgeordnete dagegen. Der Abgeordnete aus Teheran, Mahmud Sadeghi, sagte, für diese Prozedur gebe es keine plausible Erklärung. Der Gesetzesentwurf sei bereits im vergangenen Jahr von einer großen Mehrheit des Parlaments als Eilantrag genehmigt worden und auch heute habe die Mehrheit dem Entwurf zugestimmt. Er habe den Eindruck, dass manche Abgeordnete das Gesetz torpedieren oder es verzögern wollten, weil das Gesetz dem Entwurf nach auch rückwirkend gelten soll. Damit würden einige bereits zum Tode Verurteilte eine mildere Strafe bekommen.


ERSTE FRAU AN DER SPITZE DER IRANISCHEN FLUGGESELLSCHAFT

Farsaneh Scharafbafi wurde vom Minister für Verkehrs- und Städtebau zur Chefin der iranischen Fluggesellschaft Iran Air ernannt, berichteten die Medien am 9. Juli. Sie übernimmt die Nachfolge von Farhad Parwaresch, der zur Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO wechselt.

Die 44-jährige Scharafbafi ist promovierte Ingenieurin der Luftfahrttechnik und seit Jahren Mitglied des Vorstands der staatlichen Fluggesellschaft. In einem Interview mit der Webseite "Modsche Baz" sagte sie auf die Frage, warum sie Luftfahrttechnik studiert habe: "Eigentlich wollte ich Astronautin werden, aber dann zog mich die Luftfahrt an. Mein Problem beim Studium war, dass ich neben dem Studium den Haushalt führen musste. Nach dem ersten Staatsexamen wurde mein erstes Kind geboren. Ohne die Hilfe meiner Eltern hätte ich mein Studium nicht fortsetzen können. Auch mein Mann hat mich unterstützt und mein Selbstbewusstsein gestärkt."

Das Engagement von Frauen bei der Luftfahrt sei inzwischen gestiegen, sagte Scharafbafi. Zurzeit gebe es 55 Frauen, die als Pilotin tätig seien. Mehr als 4000 Frauen arbeiten als Stewardessen. Auch im Bereich der Technik und Dienstleistungen seien zahlreiche Frauen beschäftigt.


GOLDMEDAILLE FÜR MÖRDER

Ahmad Chatami, Mitglied des Expertenrats und Freitagsprediger in Teheran, sagte am 21. Juli in Teheran, jene, die 1988 den Befehl von Ayatollah Chomeini ausgeführt und mehrere Tausend politische Gefangene hingerichtet hätten, sollten Goldmedaillen erhalten.

Die damalige Massenhinrichtung wurde aktuell, weil einer der Kandidaten bei der Präsidentenwahl im Mai diesen Jahres zu den Verantwortlichen für die Hinrichtungen gehörte. Ebrahim Raisi, Kandidat der Rechten und Hauptgegner von Rohani, hatte gemeinsam mit drei anderen von dem damaligen Revolutionsführer Ayatollah Chomeini den Befehl erhalten, alle jene, die unter den politischen Gefangenen gegen die Islamische Republik sind, hinzurichten. So wurden mehrere Tausend Gefangene in Schnellverfahren, die zumeist nur wenige Minuten dauerten, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Zu den drei Mitverantwortlichen für den Massenmord gehört auch Mostafa Purmohammdi, der seit der Regierungsübernahme von Rohani als Innenminister tätig ist.

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KULTUR

• Die Lage auf dem iranischen Buchmarkt
• Ricardo Muti in Teheran
• Neuer Rektor der Asad-Universität
• Mathematikerin Mirzakhani gestorben
• Stadt Yasd als Kulturerbe anerkannt


DIE LAGE AUF DEM IRANISCHEN BUCHMARKT

Laut Statistiken, die vom "Haus des Buchs", das dem Kulturministerium untersteht, am 26. Juli veröffentlicht wurden, ist die durchschnittliche Auflage der in Iran veröffentlichten Bücher vom Mai 2016 - Mai 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 11 Prozent gesunken. Der Buchmarkt wird vorwiegend von Lehr-, Jungend- und Kinderbüchern beherrscht. So stieg die Auflage der Kinderbücher im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich sogar um 56 Prozent. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Auflage von beispielsweise literarischen Schriften im Vergleich zum Vorjahr noch niedriger liegt als bei den angeführten 11 Prozent.

Farschid Esmaili vom Ney-Verlag sagte der Internetseite Khabar-Online, "unsere Auflagen liegen bei 300 bis 900 Exemplaren. Wenn ein Buch sich gut verkauft, drucken wir tausend Exemplare". Musa Bidadsch, Autor und Übersetzer, sagte der Agentur Isna: "Früher hatten meine Bücher eine Auflage von etwa 5000. Jetzt schreiben wir 600, drucken aber 200."

In dem genannten Zeitraum ist der Preis der Bücher um 8,5 Prozent gestiegen. Das ist fast so viel wie der Anstieg der Inflationsrate. Die meisten Verleger sind der Ansicht, dass der Anstieg der Preise den Verkauf direkt beeinflusst. Der Verleger Mohammad Ali Dschafarieh, sagte der Khabar-Online, die Hauptprobleme sind Mangel an Unterstützung der Banken und Steuern. In Iran sind Buchhandlungen von Steuern befreit, nicht aber Verlage. Bisher wurden die Forderungen der Verlage nach Gleichstellung mit den Buchhändlern nicht berücksichtigt. Auch der gestiegene Papierpreis belastet den Haushalt der Verleger. "Das Buch ist eine Ware, bei der die Rückkehr des investierten Kapitals lange Zeit in Anspruch nimmt", sagte Dschafarieh. "Aber so lange das Kapital nicht zurückkommt, können wir keine neuen Bücher finanzieren."

Der Buchmarkt konzentriert sich auf die Hauptstadt Teheran. Zwar versucht die Regierung, durch Buchausstellungen in anderen Städten für eine Erweiterung des Marktes zu sorgen. Doch immer noch werden 86 Prozent der Bücher in Teheran gedruckt. Nach Teheran ist die Heilige Stadt Ghom die Stadt, in der die zweitmeisten Bücher veröffentlicht werden. Doch hier werden vorwiegend religiöse Bücher publiziert, die teilweise vom Kulturministerium gekauft und gratis verteilt werden. So kommt es, dass religiöse Bücher in Iran die höchsten Auflagen erlangen. Die beiden Bücher "Auszüge aus dem Testament von Ayatollah Maraschi Nedschafi" und "Der Kontakt zu Gott" gehören mit 50.000 verkauften Exemplaren zu den Büchern mit der höchsten Auflage. Die monatlich veröffentlichte Bestsellerliste besteht fast ausschließlich aus religiösen Büchern. Der Verleger Ali Akbar Kalbasi sagte, in den vergangenen zehn Jahren lag der Anteil der religiösen Bücher auf dem Buchmarkt im Durchschnitt bei 16 Prozent. Den niedrigsten Anteil haben Bücher, die sich mit den Künsten beschäftigen. Er liegt bei drei Prozent.

Hauptgrund für den niedrigen Anteil literarischer und gesellschaftskritischer Bücher ist die rigorose Zensur, die nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ den Buchmarkt beeinträchtigt. Außer der Zensurbehörde weiß niemand, wie viele Manuskripte in der Zensurbehörde liegen. Die Zensur hat dazu geführt, dass die Anzahl der illegal gedruckten Bücher ständig zunimmt. Zahlen liegen hierzu keine vor.


RICARDO MUTI IN TEHERAN

Zwei gemeinsame Konzerte von iranischen und italienischen Musikern gab es im Juli im Rahmen des Ravenna Festivals und zum 20. Jahrestag des Projekt "The Roads of Friendship" unter der Leitung des weltberühmten Stardirigenten Ricardo Muti. Die erste Aufführung fand in Teheran in der Rudaki Hall am 6. Juli statt, die zweite in Ravenna. Das gemeinsame Musizieren soll der Förderung des Dialogs der Kulturen dienen.

Einem Bericht der dpa zufolge, der vorab am 4. Juli erschien, waren an dem Konzert neben iranischen Musikern das italienische Luigi Cherubini Jugend-Orchester, der Chor der städtischen Bühnen aus Piacenza sowie die drei Sänger Piero Pretti, Luigi Salsi und Ricardo Zanellato beteiligt. Gespielt wurden Kompositionen von Giuseppe Verdi.


NEUER REKTOR DER ASAD-UNIVERSITÄT

Der Ältestenrat der Islamischen Asad-Universität (Freie Universität) hat den 57-jährigen Farhad Rahbar für den Posten des Rektors der Asad-Universität nominiert. Die Nominierung muss noch vom Kulturrevolutionsrat bestätigt werden, was jedoch als sicher gilt.

Die Nominierung ist weniger eine inneruniversitäre Angelegenheit, sie ist vielmehr ein hoch politischer Akt. Sie ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Konservativen und Ultras, die bei der Präsidentenwahl gegen Präsident Rohani verloren hatten, weiterhin ihre Machtansprüche auf allen Ebenen und ohne Rücksichtnahme auf das Votum des Volkes durchsetzen können.

Die Asad-Universität zählt zu den größten und reichsten Universitäten der Welt. Sie hat 1,6 Millionen Studenten und Studentinnen, 70.000 Lehrkräfte und 40.000 Angestellte. Laut Angaben des Parlamentsabgeordneten Ghassem Dschafari verfügt sie über ein Kapital in Höhe von umgerechnet 200 Milliarden US-Dollar. Diese Angaben machen deutlich, wie wichtig die politische Rolle der Universität ist.

Die Universität wurde zwei Jahre nach der Revolution von dem damaligen Parlamentspräsidenten Haschemi Rafsandschani gegründet. "Wir wollen gleich in diesem Jahr versuchen, überall, wenn möglich an jedem Ort, eine freie islamische Universität zu gründen", sagte er damals beim Freitagsgebet. Tatsächlich entstanden nach und nach landesweit Zweigstellen der Universität als gemeinnützige Einrichtungen. Heute verfügt die Universität über mehr als 400 Lehr- und Bildungszentren.

Bis zur Regierungszeit von Mahamud Ahmadinedschad stand die Universität unter der Kontrolle von Rafsandschani und seinen Anhängern. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen gelang es Ahmadinedschad, unterstützt von Revolutionsführer Ali Chamenei, die Führung der Universität mit eigenen Leuten zu besetzen. Nach der Regierungsübernahme von Hassan Rohani wurde die Führung der Universität wieder gewechselt und von Anhängern von Rafsandschani und Rohani übernommen.

Inzwischen ist Rafsandschani gestorben. Nun ist es offenbar den Rechten gelungen, abermals die Führung der Universität zu übernehmen. So besuchte der neue Rektor Rahbar gleich nach seiner Nominierung demonstrativ den bei der Präsidentenwahl unterlegenen Kandidaten der Rechten, Ebrahim Raisi, der seit seiner Niederlage als Oppositionsführer auftritt. Rahbar ist auch wirtschaftlicher Berater von Raisi, der die höchst einflussreiche religiöse Stiftung in der Heiligen Stadt Maschad verwaltet. Zudem war er während des Wahlkampfs führendes Mitglied in Raisis Wahlkampfstab. Die Nominierung von Rahbar ist eine Machtdemonstration der rechten Konservativen. Sie ist ein Indikator dafür, dass die Machtkonstellation in der Islamischen Republik nicht dem Willen des Volkes beziehungsweise dem der Wähler folgt, sondern den Kräften, die die wichtigsten Hebel der Macht besitzen. Das sind nach wie vor die Rechten und die Ultras.


MATHEMATIKERIN MIRZAKHANI GESTORBEN

Die weltberühmte iranische Mathematikerin, Maryam Mirzakhani, ist am 14.Juli im Alter von nur vierzig Jahren in Standford, Kalifornien gestorben. Sie war die weltweit einzige Frau und die einzige Iranerin, die die Fields-Medaille erhalten hat - die höchste Auszeichnung, die seit 78 Jahren jährlich an Mathematiker vergeben wird. Sie wird auch als Nobelpreis für Mathematik bezeichnet. Es sei ihr gelungen, "Methoden verschiedener Gebiete wie algebraische Geometrie, Topologie und Wahrscheinlichkeitsrechnung" zusammenzubringen, hieß es in der Begründung für die Auszeichnung. Drei Jahre nach der Auszeichnung musste sie den Kampf gegen eine Krebserkrankung aufgeben. Sie hinterlässt eine sechsjährige Tochter und ihren Mann Jan Vondrak, einen Mathematiker tschechischer Herkunft, der am IBM Almaden Research Center in San Jose arbeitet.

Mirzakhani hatte an der Teheraner Scharif-Universität und später an der Harvard-Universität (USA) studiert. Bereits mit 31 Jahren wurde sie Professorin. Schon als Jugendliche fiel sie durch ihre außerordentliche Begabung auf. Als Studentin bekam sie zweimal eine Goldmedaille bei der Mathematiker-Olympiade.

Vor einigen Jahren sagte Mirzakhani bei einem Interview, als Kind und Jugendliche habe sie den Wusch gehabt, Schriftstellerin zu werden. "Meine glücklichsten Stunden waren die, die ich mit Lesen von Romanen verbrachte", sagte sie. "Ich las alles, was ich in die Hand bekam." Sie habe großes Glück im Leben gehabt. Als sie die Grundschule beendete, fand auch der Irak-Iran-Krieg sein Ende (1988). Ihr Interesse für Mathematik wurde durch ihren Bruder geweckt, so dass sie sich bereits im Gymnasium auf dieses Fach konzentrierte. Den eigentlichen Sprung machte sie jedoch als sie mit dem Studium begann. "Je mehr ich mich mit Mathematik beschäftigte, desto brennender wurde mein Interesse, desto größer meine Freude", sagte sie. "Der schönste Moment in der Mathematik ist der Moment, in dem du sagst: aha." Es sei beglückend, neue Entdeckungen zu machen, als stehe man auf einer Anhöhe und habe einen klaren Überblick über die ganze Landschaft.

Nach dem Studium in Teheran ging Mirzakhani in die USA, promovierte dort an der Harvard-Universität. Danach übernahm sie den Lehrstuhl für Mathematik an der Universität Standford. Eine zeitlang lehrte sie auch an der Princeton Universität. Wie die dpa in einem Bericht vom 16. Juli aus einer Erklärung der Universität zitiert, hatte sich Mirzakhani auf Feldern der Mathematik spezialisiert, "die für Laien wie eine fremde Sprache wirken". "Ihre Arbeit war sehr theoretisch, aber sie könnte für theoretische Physik von Bedeutung sein, die hinter der Entstehung der Welt steht. Die Bezeichnungen ihrer Arbeitsfelder klingen fremd. "Sie war beschäftigt mit Modulräumen, mit hyperbolischer Geometrie oder auch der so genannten Ergodentheorie", schreibt die dpa. Sie war fasziniert davon, "so genau wie möglich die geometrischen und dynamischen Komplexitäten von gewölbten Oberflächen zu beschreiben", zitiert die Agentur die Universität Stanford.

Der Tod von Mirzakhani löste weltweit Bestürzung aus. Der Präsident ihrer Universität, Marc Tessier-Lanigne, sagte: "Maryam ist viel zu früh gestorben, aber für die Tausenden von Frauen, die von ihr inspiriert wurden, sich für Mathematik und Naturwissenschaften zu interessieren, wird ihr Erbe weiterleben."

In Iran wurde Mirzakhani in höchsten Tönen gepriesen. "Unser wissenschaftliches Juwel ist fort", "die Königin der Zahlen ist tot" oder "Ein Licht geht aus und es wird dunkel", hieß es in den Medien. Präsident Rohani nannte sie ein Genie.

Die meisten Blätter in Iran brachten die Nachricht von Mirzakhanis Tod auf der Titelseite. Dabei gab es ein Problem: Mirzakhani trug, seitdem sie Iran verlassen hatte, kein Kopftuch. Manche Zeitungen behalfen sich damit, dass sie Fotos aus ihrer Studentenzeit druckten, andere nahmen Bilder mit Hut oder machten selbst Zeichnungen. Nur wenige, reformorientierte Zeitungen brachten Bilder ohne Kopftuch.


STADT YASD ALS KULTURERBE ANERKANNT

Die im Süden Irans gelegene historische Stadt Yasd wurde von der UNESCO als Kulturerbe anerkannt. Seit Jahren schon bemühte sich Iran um die Anerkennung dieser Stadt, die am Rande der Wüste liegt. Es gab aber immer wieder Probleme. Es wurde vor allem beanstandet, dass neben den historischen Bauten aus Lehm Häuser aus Beton entstanden waren. Erst am 9. Juli wurde bei der 41. Sitzung des Komitees für Kulturerbe, das in Polen tagte, das Ziel erreicht. Nun ist Yasd das 22. Objekt in Iran, das von der UNESCO als Kulturerbe anerkannt worden ist. Die Anerkennung ist wichtig, weil sie erstens den Tourismus belebt und zweitens, weil die Stadt nun bei Ereignissen wie Erdbeben mit rascher Hilfe der Staatengemeinschaft rechnen kann.

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WIRTSCHAFT

• Serienproduktion von Raketen • Vertrag mit Total unterzeichnet • Italien baut Hochgeschwindigkeitsstrecke in Iran • Großbanken machen aus Furcht vor USA keine Geschäfte mit Iran • Volkswagen wieder auf iranischem Markt


SERIENPRODUKTION VON RAKETEN

Laut einem Bericht der dpa vom 22. Juli hat Iran bekannt gegeben, Raketen, die bis zu 120 Kilometer weit und 27 Kilometer hochfliegen, serienmäßig zu produzieren. Die gesamte Technologie sei von Iranerinnen und Iranern selbst entwickelt worden, sagte demnach Luftabwehrchef General Farsad Esmaili.


VERTRAG MIT TOTAL UNTERZEICHNET

Am 3. Juli haben der französische Ölkonzern Total, der chinesische Ölkonzern CNPC und die iranische Ölgesellschaft Petropars einen Vertrag über die Weiterentwicklung des riesigen Gasfelds South Pars unterzeichnet. Der Wert des Projekts liegt bei fast fünf Milliarden Dollar. Total hält 50,1 an South Pars, CNPC 30 Prozent und Petropars 19,9 Prozent.

Um dieses Ziel erreichen zu können, mussten die Vertragspartner einen langen Weg zurücklegen. Iran musste neue Vertragsmuster ausarbeiten, die für ausländische Unternehmen attraktiv genug waren. Eine große Hürde bildeten auch die Konflikte zwischen den USA und Iran, die nach der Regierungsübernahme von US-Präsident Donald Trump zugenommen hatten. Hinzu kam der harte Widerstand der rechten Fraktionen im Innern Irans, die den Einzug ausländischer Unternehmen als Anfang vom Ende der Islamischen Republik betrachten.

Nun ist der Vertrag unterzeichnet, ob er aber tatsächlich längerfristig umgesetzt werden kann, ist fraglich. Die USA haben den Druck auf Iran mit neuen Sanktionen gestärkt und auch der Kongress hat zusätzliche Sanktionen beschlossen. Das Schicksal des Atomabkommens ist nach wie vor ungewiss. Zwar scheint Frankreich entschlossen zu sein, trotz des Drucks aus den USA, die wirtschaftlichen Beziehungen zu Iran auszubauen. Aber sollten die Konflikte zwischen Teheran und Washington weiter eskalieren, wird Total vermutlich, wie schon 2006, Iran wieder verlassen.

Auch die Höhe der Anteile der jeweiligen Partner an dem Konzern ist in Iran höchst umstritten. Mit einem Anteil von 50,1 Prozent hat Total bei dem Projekt das Sagen. Zwar hat die iranische Regierung erklärt, dass die neuen Verträge mit ausländischen Unternehmen die Beteiligung eines iranischen Unternehmens voraussetzen. Aber mit einem Anteil von 19,9 Prozent wird der Einfluss der iranischen Seite ziemlich gering sein. Gerade dies hat im Innern Irans zu starken Protesten geführt.

Der Beauftragte des Revolutionsführers für religiöse Stiftung und Freitagsprediger in der Stadt Maschad, Ahmad Alamalhadi, sagte am 7. Juli beim Freitagsgebet: "Wie ist es möglich, dass Iran genauso viel investiert wie Total, aber sein Anteil weit weniger ist, als der Anteil von Total." Er forderte die Justiz auf, den Vertrag zu kontrollieren. "Wie kommt es, dass wir die Technologie der Urananreicherung, die weitaus komplizierter ist, beherrschen und Milliarden darin investieren können, aber bei der Ölförderung auf ausländische Unternehmen angewiesen sind?"

Der Verdacht, dass Iran zu große Zugeständnisse gemacht hat, wird dadurch gestärkt, dass Teile des Vertrags geheim gehalten und der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht wurden.

Ölminister Bijan Sangeneh setzte sich im Parlament mit Kritikern des Vertrags auseinander. "Wenn wir mit Großbritannien Verträge schließen, sagt ihr die Briten sind listige Füchse, von den USA wollen wir gar nicht reden, nun lehnt ihr auch die Franzosen ab. Mit wem sollen wir also Geschäfte machen?", fragte er am 12. Juli im Parlament. "Sagt doch offen, dass ihr gegen ausländische Investitionen seid, verbietet mir, mit ausländischen Unternehmen Geschäfte zu machen. Es wird behauptet, Total sei bestochen worden. Wenn ihr Beweise habt, legt sie vor, damit die Justiz den Fall verfolgt." Frankreich sei politisch die größte Macht in Europa, sagte Sangeneh weiter. "Wenn wir mit Europa Geschäfte machen wollen, dann stehen die Franzosen an erster Stelle, zumal wir bei diesem Vertrag auch die Chinesen einbezogen haben."

Parlamentspräsident Ali Laridschani bezeichnete die Ausführungen des Ministers als "nützlich" und kündigte an, eine Gruppe, bestehend aus Abgeordneten und Vertretern der Justiz, werde sich mit dem Vertrag befassen.

Der Abgeordnete Dschawad Karimi, Mitglied des Ausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik sagte: "Wir sind nicht gegen ausländische Investitionen. Diese müssen aber unter Berücksichtigung unserer nationalen Interessen erfolgen."


ITALIEN BAUT HOCHGESCHWINDIGKEITSSTRECKE IN IRAN

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 11. Juli zufolge, wird Italiens Stadtbahn, für 1,2 Milliarden Euro, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen den Städten Ghom und Arak bauen. Ein entsprechender Vertrag wurde von Irans staatlichen Bahnunternehmen und Chef der italienischen Ferrovie dello Stato (FS) unterzeichnet. Der Vertrag geht auf eine Vereinbarung zurück, die der ehemalige italienische Ministerpräsident Matteo Rezi im April 2016 bei seinem Besuch in Teheran vereinbart hatte.


GROßBANKEN MACHEN AUS FURCHT VOR USA KEINE GESCHÄFTE MIT IRAN

Am 12. Juli veröffentlichte der Parlamentsausschuss für Nationale Sicherheit und Außenpolitik seinen Halbjahresbericht über die Umsetzung des Atomabkommens. Darin werden die noch verbliebenen Sanktionen gegen Iran, die Verstöße der USA gegen das Abkommen und die seitens Iran getroffenen Gegenmaßnahmen erläutert. Demnach bestehen gegen 238 Personen oder Unternehmen weiterhin Sanktionen, die noch weitere sieben Jahre bestehen bleiben werden.

In dem Bericht wird die Rolle der Großbanken besonders ausführlich behandelt und gefragt, warum kleinere europäische Banken bereit seien mit Iran Geschäfte zu machen, die Großbanken aber nicht, obwohl alle Banken denselben Mechanismen und Gesetzen unterliegen? "Weil sie befürchten, seitens der USA bestraft zu werden", schreiben die Autoren.

Der Ausschuss verurteilt die Verlängerung bestehender und Beschließung neuer Sanktionen gegen Iran.


VOLKSWAGEN WIEDER AUF IRANISCHEM MARKT

Laut einem Bericht der dpa vom 4. Juli wird Volkswagen ab August dieses Jahres wieder auf dem iranischen Markt präsent sein. Demnach teilte der Autobauer mit, es sei vorgesehen, dass zunächst die Modelle Tiguan und Passat eingeführt werden. Das sei mit der iranischen Autofirma Khodro vertraglich vereinbart worden. Acht Händlerbetriebe sollen zunächst den Verkauf in der Hauptstadt Teheran übernehmen.

Volkswagen hatte sich im Jahr 2000 aus Iran zurückgezogen. Doch die Automarke ist in dem Land gut bekannt. Sowohl der Käfer in den 1950er Jahren als auch später der Golf hatten einen beachtlichen Anteil an dem iranischen Automarkt. Wie die Agentur aus Kreisen des Unternehmens erfahren hat, plant die Firma kein eigenes Werk in Iran. Sie sei jedoch bestrebt, "signifikante Stückzahlen" zu erreichen. Nach iranischer Einschätzung werden mittel- und langfristig drei Millionen Fahrzeuge pro Jahr zugelassen.

VW wird sich gegen andere Konkurrenten behaupten müssen. Nach der Aufhebung der Sanktionen gegen Iran sind auch andere Autofirmen ins Land zurückgekehrt, allen voran die französische Autofirma PSA mit Peugeot und Citroen. Auch chinesische und japanische Firmen sind auf dem iranischen Markt vertreten und wollen ihren Einfluss weiter ausbauen. Iran ist mit seinen achtzig Millionen Einwohnern für Autobauer attraktiv. Allerdings müsste der in Aussicht gestellte wirtschaftliche Aufschwung kommen, was angesichts der eskalierenden Konflikte zwischen Teheran und Washington ungewiss bleibt.

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AUSSENPOLITIK

• Konflikt Iran-USA spitzt sich zu • USA verhängen neue Sanktionen gegen Iran • Revolutionsgarden warnen die USA • Mattis warnt vor zu viel Druck auf Iran • Netanjahu gegen vereinbarten Waffenstillstand in Syrien • Kuwait schließt Kultur- und Militärvertretung der iranischen Botschaft • Beziehungen Iran - Saudi Arabien • Sarif: Hoffentlich kein Krieg zwischen Saudi-Arabien und Iran • Glückwünsche zur Befreiung von Mossul • Pakistan begrüßt Irans Position zu Kaschmir


KONFLIKT IRAN-USA SPITZT SICH ZU

Die US-Regierung bescheinigte am 18. Juli Iran, sich an das 2015 vereinbarte Atomabkommen gehalten und alle seine Verpflichtungen erfüllt zu haben. Die Regierung in Washington ist verpflichtet, alle drei Monate ihre Einschätzung über das Abkommen abzugeben. Es ist bekannt, dass sowohl US-Präsident Donald Trump als auch Außenminister Rex Tillerson das Atomabkommen als "äußerst schlecht" bezeichnen und es am liebsten neu verhandeln würden. Auch Regierungssprecher Sean Spicer sagte vor Journalisten: "Ich denke, Ihnen allen ist bekannt, dass nach Ansicht von Präsident Trump das Abkommen mit Iran schlecht ist, schlecht für Amerika." Dennoch musste Tillerson in seinem Schreiben an den Kongress bestätigen, dass Iran sich bislang an das Abkommen gehalten habe. Allerdings fügte er hinzu, seine Regierung werde starken Druck auf Iran ausüben und zudem neue Sanktionen, wegen "Unterstützung terroristischer Aktivitäten", gegen das Land beschließen.

Es ist nun das zweite Mal, dass die Regierung Trump Iran bestätigt, seine Verpflichtungen erfüllt zu haben. Doch wie es scheint, ist das letzte Wort über das Abkommen noch nicht gesprochen. Medienberichten zufolge, ist die Regierung immer noch auf der Suche nach einem Weg, um das Abkommen entweder gänzlich abzulehnen oder durch andere Maßnahmen stark zu schwächen. Mehrere US-Politiker wiesen am 18. Juli darauf hin, dass die Fortsetzung des iranischen Raketenprogramms, die Unterstützung des Terrorismus, die Zusammenarbeit mit Syriens Präsident Baschar al-Assad, die Feindschaft zu Israel und die wiederholten Cyber-Attacken gegen die USA und ihren Verbündeten am Persischen Golf Anlass genug lieferten, um das Atomabkommen wieder in Frage zu stellen. Die Trump-Regierung wirft der Vorgänger Regierung Barack Obama vor, sich zu sehr auf das Atomprogramm konzentriert, und, zum Beispiel, die "willkürlichen Festnahmen" amerikanischer Staatsbürger in Iran ignoriert zu haben. Sie habe Iran außerdem erlaubt, seinen Einfluss in der Region erheblich zu steigern.

Indes erklärte Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif in einem Interview mit der Zeitschrift "The National Interest", "sollte es größere Verstöße gegen das Abkommen oder, wie es im Abkommen heißt, 'wichtige Nichterfüllung der Verpflichtungen' (seitens der USA) geben, gibt es für Iran andere Optionen, zum Beispiel einen Ausstieg aus dem Abkommen". Iran sei den im Abkommen vorgesehenen Weg gegangen, das heißt Anrufung der gemeinsamen Kommission, um gemeinsame Schritte gegen die Versäumnisse der Vereinigten Staaten zu unternehmen. "Unsere Anliegen wurden sowohl während der Regierungszeit von Präsident Obama als auch während der Regierungszeit von Präsident Trump in der Kommission behandelt. Es ging zum Beispiel um die Erteilung von Erlaubnis seitens der Vereinigten Staaten zum Kauf von Boeing-Maschinen, die vier Monate und zum Kauf von Airbus-Maschinen, die neun Monate in Anspruch nahm, was unserer Meinung nach viel zu lang ist." Einige Probleme seien in der Kommission gelöst worden, andere nicht, sagte Sarif. Iran nehme das Abkommen sehr ernst, doch aus den USA kämen unterschiedliche Signale.

Sarif hatte am 14. Juli in New York, wo er sich wegen der Teilnahme an einem UN-Treffen aufhielt, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur IRNA erklärt: "Das Atomabkommen war das Beste, was alle Verhandlungsseiten erzielen konnten." Alle Beteiligten hätten ihre Ziele erreicht. Nun hoffe er auch, dass alle weiterhin an dem Abkommen festhielten. Zu der negativen Haltung von Präsident Trump sagte er, er hoffe, der Präsident werde seine ablehnende Haltung revidieren. "Das Abkommen muss überleben", betonte Sarif.

Ein Blick auf einige Zeitungsberichte in den USA zeigt jedoch, dass aus amerikanischer Sicht betrachtet, das Fortbestehen des Atomabkommens keineswegs gesichert ist. Die New York Times berichtete, dass Präsident Trump mit "großem Unwillen" seine Zustimmung zu dem Schreiben des Außenministeriums an den Kongress erteilt habe. Seine Minister Tillerson und James Mattis hätten lange gebraucht, um ihn umzustimmen. 55 Minuten lang habe Trump darauf bestanden, aus dem Atomabkommen mit Iran auszusteigen, schreibt die Zeitung. Einem Bericht der Los Angeles Times zufolge, hätten die politischen und militärischen Berater des Präsidenten von einem Ausstieg abgeraten, mit dem Argument, vor solch einem drastischen Schritt, müssten andere Vertragspartner (UN-Vetomächte plus Deutschland) verständigt werden. Einzig der Chefstratege im Weißen Haus, Stephen Bannon, sagte: "Der Präsident muss sein Versprechen einhalten und das Abkommen zerreißen." Am Ende stimmte Trump dem Schreiben, so die New York Times, zu, forderte aber seine Berater auf, einen Plan zu einem härteren Gang gegen Iran zu entwerfen. Dem wurde wenige Stunden später entsprochen.


USA VERHÄNGEN NEUE SANKTIONEN GEGEN IRAN

Am 18. Juli verhängte das US-Finanzministerium Wirtschaftssanktionen gegen Iran. Betroffen sind sechzehn Personen und zwei Unternehmen. Den Personen wird vorgeworfen, Drohnen, und verschiedene militärischen Geräte, für iranische Streitkräfte und Revolutionsgarden besorgt oder entwickelt, Elektronikbauteile beschafft und westliche Software gestohlen und verkauft zu haben. Die beiden Unternehmen, die den Revolutionsgarden angehören, wurden im Zusammenhang mit dem iranischen Raketenprogramm bestraft.

In der Erklärung des US-Finanzministeriums heißt es, die USA seien über die "bösartigen" Aktivitäten Irans in der gesamten Region des Nahen Ostens, die die Stabilität und Sicherheit der Staaten beeinträchtigen, besorgt. Iran unterstütze terroristische Organisationen wie Hisbollah, Hamas und Islamischer Dschihad in Palästina, was eine Drohung gegen Israel und andere Staaten der Region darstelle. Iran unterstütze das Assad-Regime, das gegen das syrische Volk schlimme Verbrechen begangen habe, liefere moderne Waffen an die libanesische Hisbollah und an die Hutis in Jemen, was eine große Gefahr für die internationale Schifffahrt im Roten Meer darstelle und bewaffnete Angriffe gegen Saudi-Arabien ermögliche.

Weiter heißt es in der Erklärung des Finanzministeriums, in dem Atomabkommen mit Iran werde betont, dass das Abkommen eine positive Wirkung auf Frieden und Sicherheit in der Region und international haben werde. Doch die "bösartigen Aktivitäten" Irans hätten jede mögliche positive Wirkung des Abkommens unterhöhlt.

Iran reagierte mit scharfer Kritik gegen die Sanktionen. Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagte am 19. Juli in New York dem katarischen Sender Al-Dschasira, die Strafmaßnahmen widersprechen dem Geist des Abkommens. Offensichtlich zielten die Vereinigten Staaten, statt auf Entspannung, auf Eskalation. Die Sanktionen seien "illegal", sie "vergiften die internationale Atmosphäre".

Bei einem Interview mit dem US-Sender CBS antwortete Sarif auf die Frage, ob Iran bereit sei, mit den USA erneut über das iranische Atomprogramm zu verhandeln, es handele sich nicht um ein bilaterales Abkommen, das man einfach beiseitelegen und neu verhandeln könne. Das Atomabkommen sei zwischen mehreren Staaten ausgehandelt und von den Vereinten Nationen bestätigt worden.

Zu dem Vorwurf, Iran unterstütze den Terrorismus, sagte Sarif, nicht Iran, sondern die USA und Saudi-Arabien seien die eigentlichen Unterstützer des Terrorismus. (Iran behauptet, die USA und Saudi-Arabien unterstützen den Islamischen Staat (IS) und andere Gegner des syrischen Regimes, die, so die Argumentation weiter, ebenfalls Terroristen seien.)

Am 19. Juni drohte General Mohammad Ali Dschafari, Oberbefehlshaber der Revolutionsgarden, sollten die USA ihre Strafmaßnahmen gegen die Revolutionsgarden fortsetzen, müssten sie ihre Militärbasen, die sich im Umkreis von 1000 Kilometern außerhalb der iranischen Grenzen befinden, aufräumen. Auf einer Versammlung von Kommandanten der Bodentruppen in der Stadt Maschad sagte der General: "Wir schützen unsere Raketen genauso, wie Ehrenmänner ihre Frauen schützen."

Auch Präsident Rohani drohte der USA mit Vergeltung, nannte jedoch keine Einzelheiten. Er vermute, Washington wolle Iran soweit unter Druck setzen, bis es aus dem Vertrag aussteige, sagte Rohani am 19. Juli laut Medienberichten. Der Plan werde aber nicht gelingen. "Wir werden immer zu unseren internationalen Verpflichtungen stehen."

Am 20. Juli veröffentlichte das US-Außenministerium seinen Jahresbericht zum internationalen Terrorismus. Darin heißt es, durch die Unterstützung der libanesischen Hisbollah und anderer Gruppen im Gazastreifen, Syrien, Irak und anderen Teilen der Region gilt Iran nach wie vor als größter Unterstützerstaat des Terrorismus in der Welt. "Während die von Iran unterstützten Gruppen ihre Fähigkeit zur Bedrohung der Interessen der USA und ihrer Verbündeten bewahrt haben, spiele Iran als Unterstützerstaat des Terrorismus auch im Jahr 2016 eine herausragende Rolle", schreiben die Autoren des ersten Berichts nach der Regierungsübernahme von Präsident Trump. Demnach sei Iran Hauptsponsor der libanesischen Hisbollah und mehrere Tausend Krieger dieser Gruppe seien in Iran militärisch ausgebildet worden. Hauptinitiator der Aktivitäten Irans im Ausland seien die Revolutionsgarden, deren Abteilung für Auslandseinsätze, die Al-Kuds-Brigade, leite die Operationen. Iran habe selbst seine Rolle in Syrien und Irak zugegeben.

Am 21. Juni erklärte der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghtschi bei einem Treffen der 5+1-Gruppe in Wien, Iran werde die von den USA verhängten Sanktionen nicht einfach hinnehmen, berichtete die dpa. Er warf Washington vor, Teile des Atomabkommens, die die Wirtschaft betreffen, nicht eingehalten zu haben. "Die USA müssen mit gutem Willen und konstruktiv den Deal umsetzen", sagte er. Ihre Vorgehensweise habe dazu geführt, dass viele Unternehmen sich bei Geschäften mit Iran zurückgehalten hätten. Teheran werde nun über die nächsten Schritte beraten. Die europäischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens zeigten Verständnis für die iranische Position.

Am 22. Juli forderte Präsident Trump Iran auf, alle amerikanischen Staatsbürger, die sich in iranischer Haft befinden, sofort freizulassen. Andernfalls müsse das Land mit "neuen und ernsten Konsequenzen" rechnen, hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses. Konkret genannt wurden der ehemalige FBI-Agent Robert Levinson, von dem seit 2007 jede Spur fehlt, sowie der Geschäftsmann Siamak Namazi und dessen Vater, die wegen Spionage zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden sind. Levinson wurde zuletzt vor etwa zehn Jahren auf der Insel Kisch am Persischen Golf gesehen, wo er zur Durchführung eines Spionageauftrags aufhielt. Seitdem gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm. Iran hat mehrmals erklärt, keine Informationen über Levinson zu haben, sei aber bereit, gemeinsam mit den USA, eine Fahndung zu organisieren.

"Seit fast vierzig Jahren nutzt Iran Geiselnahmen politisch", heißt es in der Erklärung des Weißen Hauses. "Das letzte Beispiel ist die Verurteilung des amerikanischen Staatsbürgers Xiyue Wang zu zehn Jahren Gefängnis Iran ist verantwortlich für die Gesundheit amerikanischer Staatsbürger." Wang war, so die iranische Darstellung, angeblich wegen einer Forschungsarbeit nach Iran gekommen, habe jedoch in Wirklichkeit in iranischen Bibliotheken geheime Dokumente gesammelt. Zudem habe er mit "potentiellen Umstürzlern" Kontakt aufgenommen, berichtete die Agentur Misan, die der iranischen Justiz angehört.

Am 28. Juli verabschiedete auch der US-Senat mit 98 gegen 2 Stimmen neue Strafmaßnahmen gegen Iran. Diese waren zwei Tage zuvor vom Repräsentantenhaus beschlossenen worden. Sie richten sich gegen mehrere Personen und Unternehmen, die mit dem iranischen Raketenprogramm zu tun haben. Diese werden, sobald sie vom Präsidenten unterzeichnet sind, in Kraft treten. Trump hat bereits seine Zustimmung signalisiert. Iran lässt sich laut offiziellen Verlautbarungen nicht davon beeindrucken. "Wir werden unser Raketenprogramm mit voller Stärke weiterführen", erklärte das Teheraner Außenministerium am 29. Juli. Die Strafmaßnahmen bezeichnete der Sprecher Bahram Ghassemi als "feindselig und nicht akzeptabel".

Drei westliche Staaten schlossen sich den Protesten der Vereinigten Staaten gegen das Raketenprogramm an. Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben gemeinsam mit den USA den jüngsten iranischen Raketentest mit dem Hinweis auf die UN-Resolution 2231 verurteilt. Darin wird Iran untersagt, ballistische Raketen zu bauen, die auch nuklear bestückt werden können.


REVOLUTIONSGARDEN WARNEN DIE USA

Der Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte, General Mohammad Bagheri, warnte, laut iranischer Medien vom 17. Juli, bei einer Rede vor Kommandanten der Bodentruppen in der Stadt Maschhad: "Die Einstufung der Revolutionsgarden als terroristisch und etwaige Sanktionen gegen sie, wäre ein großes Risiko für die Vereinigten Staaten und ihre Militärbasen in der Region". Er empfahl den Verantwortlichen in den USA, sich "klüger, weitsichtiger und reifer" gegenüber "mächtige" Staaten wie Iran zu äußern, und ihr "nichtvorhandenes Ansehen" nicht noch mehr auf Spiel zu setzen.

Seit der Regierungsübernahme von Präsident Trump berichten US-Medien immer wieder von dem Vorhaben der neuen Regierung, die Revolutionsgarden Irans als terroristische Organisation einzustufen. Zugleich warnten einige Politikerinnen und Politiker und Journalisten und Journalistinnen, eine solche Maßnahme könnte die Sicherheit der in der Region stationierten US-Kräfte gefährden.

General Bagheri nahm auch zu dem Vorhaben der autonomen kurdischen Regierung im Irak, im September ein Referendum über die Gründung eines selbständigen kurdischen Staats abhalten zu lassen, Stellung. Die Nachbarn Irak würden unter keinen Umständen eine Teilung Iraks dulden, sagte er.


MATTIS WARNT VOR ZU VIEL DRUCK AUF IRAN

US-Verteidigungsminister James Mattis sagte, mehr Druck auf Iran könnten negative Folgen haben. Mehr Sanktionen gegen Iran könnten die Iranerinnen und Iraner mit dem "unbeliebten" Regime einigen, sagte der Minister in einem vielzitierten Interview mit einer Schülerzeitung in Washington am 11. Juli. Er bezeichnete das Teheraner Regime als "schändlich". Dieses Regime dürfe mit dem iranischen Volk nicht gleichgesetzt werden. "Vergesst nicht, dass dieses Regime zahlreiche Iraner getötet und viele Jugendliche, die vor einigen Jahren an der Grünen Bewegung und den Protesten teilgenommen hatten, ins Gefängnis gesteckt hat."

Mit Blick auf den Fall des Iraners Mansur Arbabsir, der 2013 beschuldigt wurde, mit Unterstützung der A-Kuds-Brigade einen Anschlag auf den saudischen Botschafter in Washington geplant zu haben, sagte Mattis: "Das Problem sind sicher nicht die Iraner, sondern das Regime, das seine Leute losschickt, um Anschläge gegen Botschafter in Pakistan oder in Washington zu verüben."

Mattis sagte weiter: "Solange die Iraner von diesem klerikalen Regime nicht befreit worden sind, glauben sie (die Führer der Islamischen Republik) den Wählern vorschreiben zu können, wen sie wählen sollen." Es sei die Führung, die bestimmt, wer bei den Wahlen kandidieren darf. "Das wäre genauso, wenn der amtierende Präsident der USA bestimmen würde, wer sich bei den nächsten Wahlen um das Amt des Präsidenten bewerben darf."

Mattis warf Iran abermals vor, die libanesischen Hisbollah und die Huthis in Jemen mit Raketen ausgerüstet zu haben. Er bezeichnete die Islamische Republik als "größten Faktor der Instabilität" und fügte hinzu: "Alle Menschen in der Region, von Kairo bis Tel Aviv sind derselben Meinung". Iran habe seine Raketen nach Jemen gebracht, um von dort aus, Saudi-Arabien anzugreifen. Es sei sehr schwierig mit Iran auszukommen. Am Ende müsse man das tun, was einst Außenministerin Hillary Clinton gemacht habe, das heißt, Wirtschaftssanktionen verhängen und sie zwingen, zu verhandeln. "Sie werden nachgeben, weil sie an der Macht bleiben wollen." Man könne nachvollziehen, weshalb Präsident Obama so sehr besorgt war, dass sie an Atomwaffen gelangen.

"Wir müssen zugleich klarstellen, dass wir nichts gegen die Menschen in Iran haben." Auch US-Außenminister Rex Tillerson hatte Mitte Juni im Repräsentantenhaus erklärt, die Politik seiner Regierung gegenüber Iran sei "Unterstützung eines friedlichen Regimewechsels". "Unsere Politik gegenüber Iran ist, sein Hegemoniestreben zu stoppen, seine Fähigkeit, Nuklearwaffen zu bauen, unter Kontrolle zu halten und im Land Kräfte zu unterstützen, die einen friedlichen Regimewechsel anstreben. Natürlich gibt es, wie wir wissen, solche Kräfte" erklärte Tillerson.


NETANJAHU GEGEN VEREINBARTEN WAFFENSTILLSTAND IN SYRIEN

Israels Ministerpräsident äußerte sich bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am 16. Juli in Paris gegen den von den USA und Russland vereinbarten Waffenstillstand in Syrien. Der Waffenstillstand werde die militärische Präsenz Irans in Syrien verlängern, begründete Netanjahu seine Ablehnung. Die Vereinbarung war am 9. Juli zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, am Rande des G-20-Gipfels in Hamburg, getroffen worden. Einem Bericht der israelischen Zeitung Jerusalem Post zufolge, sagte Netanjahu, obwohl durch die Vereinbarung zwischen iranischen Kräften und der israelischen Grenze ein Abstand von 20 Kilometern entstehe, werde die Präsenz Irans in Syrien legitimiert und befestigt. Er habe Macron deutlich mitgeteilt, dass er das Abkommen "gänzlich" ablehne.

Die Zeitung Haaretz berichtete, dass Netanjahu über die geheimen Verhandlungen zwischen Moskau und Washington, die im Vorfeld des Gipfels in Hamburg stattgefunden hatten, informiert gewesen sei und den beiden Präsidenten Russlands und der USA seine ablehnende Haltung mitgeteilt habe. Zudem habe er am 16. Juli diesbezüglich auch mit US-Außenminister Rex Tillerson gesprochen.

Haaretz zitiert auch einen ungenannten verantwortlichen israelischen Politiker mit den Worten: "Die Vereinbarung ist in ihrer jetzigen Form sehr schlecht. Die Sicherheitsinteressen Israels werden kaum berücksichtigt. Es werden mit dieser Vereinbarung im Süden Syriens neue, besorgniserregende Tatsachen geschaffen. In der Vereinbarung werden Iran, die Hisbollah und paramilitärische schiitische Gruppen nicht mit einem Wort erwähnt."


KUWAIT SCHLIEßT KULTUR- UND MILITÄRVERTRETUNG DER IRANISCHEN BOTSCHAFT

Laut Medien vom 20. Juli hat Kuwait die Schließung der Kultur- und Militärvertretung der iranischen Botschaft und die Reduzierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Botschaft von neunzehn auf vier angeordnet. Demnach müssen die Diplomaten und Diplomatinnen innerhalb von 45 Tagen Kuwait verlassen. Der kuwaitische Informationsminister sagte der Presse, mit der Anordnung reagiere die Regierung auf ein Gerichtsurteil gegen eine Gruppe von "Terroristen" bestehend aus einem Iraner und 22 Kuwaiter. Die Gruppe wurde 2015 entdeckt. Dabei wurden nach Darstellung von kuwaitischen Behörden "eine ganze Menge Waffen, Munition und Sprengstoff" sichergestellt. Den Mitgliedern wurde vorgeworfen, für Iran und die libanesische Hisbollah, die von Iran unterstützt werde, spioniert zu haben. Im Juni milderte der Oberste Gerichtshof die Strafmaßnahmen, ein Todesurteil wurde in lebenslanger Haft verwandelt. Von den Verurteilten sind inzwischen sechzehn untergetaucht, darunter der mit iranischer Abstammung.

Die Mehrheit der Bewohner Kuwaits sind Sunniten, es gibt aber auch eine große Minderheit von Schiiten. Im Gegensatz zu anderen arabischen Staaten, ist in Kuwait die Benachteiligung der Schiiten nicht so stark.

Der neue Konflikt zwischen Kuwait und Iran muss im Rahmen der allgemeinen Beziehungen zwischen Iran und den arabischen Staaten, insbesondere des Machtkampfs zwischen Iran und Saudi-Arabien betrachtet werden. Iran legte gegen die Maßnahme Protest ein. Außenamtssprecher Bahram Ghassemi gab am 21. Juli der Presse bekannt, dass der Minister den kuwaitischen Botschafter in Teheran einbestellt hat. Ihm sei mitgeteilt worden, dass Iran sich vorbehalte, ähnliche Maßnahme zu treffen. Dabei bestritt Iran die Vorwürfe. "Es ist höchst bedauerlich, das Kuwait in der gegenwärtigen Lage der Region statt gegen nutzlose Attacken vorzugehen und den Druck, der von abenteuerlichen Mächten ausgeübt wird, auszuhalten, der Islamischen Republik grundlose Vorwürfe macht", sagte Ghassemi.

Ghassemi betont abermals, dass Iran nichts mit der Gruppe zu tun habe und dies auch vor der Gerichtsverhandlung den kuwaitischen Behörden mitgeteilt habe.

Die Frage ist, warum Kuwait einen Fall, der im September 2015 vor Gericht behandelt und am 18. Juni 2017 durch das Oberste Gericht abgeschlossen wurde, erst am 20. Juli zum Vorwand nimmt, um Maßnahmen gegen Iran zu treffen? In diesen Tagen beklagten einige Medien in den arabischen Staaten den Bruderzwist zwischen den arabischen Staaten. Hier wird auf den jüngsten Konflikt zwischen einigen arabischen Staaten und Katar angespielt. Statt sich auf den "Hauptfeind" Iran zu konzentrieren und sich gegen ihn zu einigen, spalten sich die arabisch-islamischen Staaten, hieß es.


BEZIEHUNGEN IRAN - SAUDI ARABIEN

Der Abgeordnete Mehrdad Lahuti erklärte am 9. Juli im Parlament, die Entscheidung, den Pilgern in diesem Jahr die Erlaubnis zu erteilen, nach Saudi-Arabien zu reisen, um die jährliche Hadsch-Zeremonie in Mekka und Medina mitzumachen, sei nicht allein von dem Amt für Pilgerreisen getroffen worden, sondern vom gesamten Staat. Mit dieser Erklärung reagierte Lahuti auf eine Gruppe von Abgeordneten, die sich über eine mögliche Wiederholung der Ereignisse vergangener Jahre besorgt gezeigt hatten. Vor zwei Jahren hatte eine Massenpanik zum Tod von mehr als tausend Pilgern und Pilgerinnen geführt, darunter waren 460 aus Iran.

Lahuti sagte, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren seien in diesem Jahr Maßnahmen zur Sicherheit der Pilgerinnen und Pilger zwischen Iran und Saudi-Arabien vertraglich vereinbart worden.

Nach iranischer Darstellung hat Saudi-Arabien trotz Abbruchs diplomatischer Beziehung Iran erlaubt, während der Pilgerzeit in dem Land konsularisch vertreten zu sein. Damit dürfen sich zehn Personen in den diplomatischen Vertretungen in Mekka, Medina und Dschiddah aufhalten, um sich um Angelegenheiten der iranischen Pilger zu kümmern. Nach Angaben des Amtes für Pilgerreisen werden in diesem Jahr 85.000 iranische Pilgernde an der Zeremonie teilnehmen. Im vergangenen Jahr hatte Iran Reisen zu den Pilgerstätten verboten.

Am 1. Juli hat der Staatsanwalt bei einem Sondergericht in Riad, das für Terrorismus und nationale Sicherheit zuständig ist, gegen zwei Lehrer wegen Spionage für Iran die Todesstrafe gefordert. Das Gericht hat die beiden aufgefordert, innerhalb einer Frist von drei Wochen, ihre Verteidigung vorzubereiten. Konkret wurde den Lehrern vorgeworfen, Informationen über eine Ölpipeline an Iran weitergegeben zu haben. Zudem hätten sie geplant, die Pipeline zu sprengen. Dafür sollen sie bei den iranischen Revolutionsgarden und der libanesischen Hisbollah ausgebildet worden sein.

Die Namen der beiden wurden nicht bekannt gegeben. Eine saudische Internetzeitung berichtete, die beiden, 41 und 39 Jahre alt, seien als Lehrer an staatlichen Schulen beschäftigt gewesen. Teheran bestritt, jemals zu den beiden in Verbindung gestanden zu haben.

Am 22. Juli gaben die iranischen Revolutionsgarden bekannt, zwei saudische Fischerboote beschlagnahmt und die Insassen verhaftet zu haben. Laut iranischer Darstellung waren die Boote in iranische Gewässer eingedrungen. Bei den Insassen soll es sich um indische Staatsbürger gehandelt haben.


SARIF: HOFFENTLICH KEIN KRIEG ZWISCHEN SAUDI-ARABIEN UND IRAN

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagte am 17. Juli bei einer Rede im Institut für Außenpolitische Beziehungen in New York, "hoffentlich wird der Konflikt in Jemen nicht zu einem Krieg zwischen Iran und Saudi-Arabien führen." "Der Bürgerkrieg in Jemen, bei dem Saudi-Arabien und Iran die Gegner unterstützen, nutzt niemandem."

Vor etwa zwei Monaten hatte der saudische Kronprinz Mohammad ben Salman gesagt, der Machtkampf zwischen Saudi-Arabien und Iran um Einfluss in der Region müsse auf iranischem Territorium ausgetragen werden.

"Saudi-Arabien und Iran müssen einander nicht ignorieren", sagte Sarif weiter. "Zwar vertreten sie in Bezug auf Jemen und Syrien gegensätzliche Positionen, aber sie können, um diese Konflikte zu lösen, miteinander kooperieren. Wir haben in Afghanistan den Extremismus bekämpft, ebenso im Irak und Syrien. Die Bündnispartner der USA haben in Afghanistan der Extremismus unterstützt, so Sarif. Ich erinnere daran, dass nur drei Staaten die Taliban-Regierung anerkannt haben: Pakistan, Saudi-Arabien und die Arabischen Emirate. Das sind dieselben Staaten, die den Extremismus im Irak und Syrien unterstützt haben. Sie waren die Vorreiter bei der Unterstützung des Terrorismus und wir hingegen haben gezeigt, dass wir entschlossen sind, den Terrorismus zu bekämpfen. Sie haben eine falsche Wahl getroffen und nun sind sie über das Ergebnis erbost. Wir haben keine Schuld, da wir die richtige Wahl getroffen haben."


GLÜCKWÜNSCHE ZUR BEFREIUNG VON MOSSUL

Teheran hat dem "mutigen" irakischen Volk und der irakischen Regierung seine Glückwünsche zur Befreiung Mossuls von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) seine Glückwünsche übermittelt. "Wenn die Iraker zusammenhalten, können sie viel erreichen", twitterte am 9. Juli Außenminister Mohammad Dschawad Sarif.

Am 11. Juli bestätigten Irans Präsident Hassan Rohani und der Befehlshaber der Al-Kuds-Brigade General Ghassem Soleimani, dass Iran den irakischen Kräften einen "beachtlichen Teil" der benötigten Waffen und Ausrüstungen für die Rückeroberung von Mossul zur Verfügung gestellt habe. Rohani sagte während einer Rede in Teheran: "Wir haben trotz unserer wirtschaftlich schlechten Lage dem irakischen Volk geholfen. Wenn wir von Hilfe für Irak sprechen, denken manche, wir sprechen von Menschenopfer. Das trifft natürlich zu. Es gab zahlreiche Opfer und wir müssen dies würdigen. Aber wer hat Sold, Waffen und Ausrüstung für die Kämpf bereitgestellt?" Auch harte Sanktionen hätten Iran nicht daran hindern können, den Kämpfern im Irak Waffen und Ausrüstung zu liefern, sagte Rohani.

Bei einem Treffen mit dem omanischen Außenminister Youssef bin Alawi in Teheran am 12. Juli, forderte Rohani eine regionale Zusammenarbeit zur Ausrottung von IS. "Nach Mossul muss dieser ansteckende Bazillus nun endgültig ausgerottet werden", sagte er. Allerdings müssten dafür "einige Regierungen" ihre Politik ändern.

Auch General Soleimani sagte, das Verteidigungsministerium produzierte in drei Schichten Waffen, die nach Irak geschickt wurden. Zur Rückeroberung von Mossul sagte er während einer Rede am 10. Juli, Iran habe mehrere Tausend Tonnen Waffen und Munition nach Irak geliefert und Kampfjets der Revolutionsgarden hätten auf Bitten der irakischen Regierung am Krieg gegen IS teilgenommen. "Der Schlüssel zu unseren Waffenlagern war in der Hand der schiitischen Milizen gewesen", sagte der General.

Iran hatte bislang immer wieder betont, dass er den Kampf gegen islamische Extremisten unterstützte, militärisch jedoch nur beratend tätig sei. Doch es ist allgemein bekannt, dass zahlreiche Iraner, neben große Gruppen von schiitischen Afghanen und Iraker, unter dem Kommando der Al-Kuds Brigade - einer Abteilung der Revolutionsgarden, die für Auslandseinsätze zuständig ist, sowohl in Syrien als auch im Irak am Kampf gegen islamisch Extremisten und Gegner des Regimes in Damaskus aktiv teilgenommen haben. Auch die libanesische Hisbollah, die ebenfalls von Iran unterstützt wird, nimmt an den Kämpfen in Syrien teil. Laut Soleimani soll sie auch an den Kämpfen im Irak beteiligt sein.

Die Frage ist nun, was nach der Befreiung von Mossul mit den Tausenden von schiitischen Milizen geschieht, die nachweislich an dem Sieg einen großen Anteil hatten. Ihre Integration in Verbänden der irakischen Streitkräfte wird kaum möglich sein. Unter den Sunniten sind sie verhasst, nicht zuletzt, weil sie sich bei der Rückeroberung von Mossul auch an sunnitische Zivilisten gerächt und zahlreiche Unbeteiligte getötet haben sollen. Daher wird befürchtet, dass ihr Verbleib im Irak, in welcher Form auch immer, die ohnehin bestehenden Konflikte im Land verschärfen wird.


PAKISTAN BEGRÜßT IRANS POSITION ZU KASCHMIR

Das pakistanische Außenministerium hat die Position des iranischen Revolutionsführers Ali Chamenei zu Kaschmir begrüßt. Der Sprecher des Ministeriums sagte am 6. Juli, auf seiner wöchentlichen Pressekonferenz, die pakistanische Regierung begrüße die jüngsten Äußerungen Chameneis über die Angelegenheiten der Muslime und bezüglich Kaschmir.

Chamenei hatte am 2. Juli, bei einem Treffen mit Verantwortlichen der Justiz erklärt, die Justiz der Islamischen Republik müsse zu Themen wie Sanktionen, Sperrung von Geldern durch die USA, Terrorismus "klar und deutlich Stellung nehmen" und Personen und Gruppen, denen Unrecht geschieht, unterstützen. Als Beispiel nannte er die Muslime in Myanmar und Kaschmir. Zuvor hatte Chamenei beim Freitagsgebet die "islamische Welt" aufgefordert, "die Muslime in Bahrain, Jemen und Kaschmir" zu unterstützen.

Auch Seid Ali Gilani, Führer der "Hurriat-Konferenz" lobte die Äußerungen Chameneis und bezeichnete sie als "rechtzeitig und konstruktiv". Die "Hurriat-Konferenz" ist ein Dachverband von mehreren aktiven Gruppen in Kaschmir, die unter der Kontrolle Indiens stehen, und das erklärte Ziel haben, "den Willen der Menschen in Kaschmir" zu realisieren. "Iran ist ein islamisches Land und wir hoffen, dass dieses Land unsere Aktivitäten unterstützt, so wie es die Aktivitäten der Palästinenser unterstützt", sagte Gilani.

Sowohl Pakistan als auch Indien erheben Anspruch auf Kaschmir. Der Konflikt dauert bereits Jahrzehnte an. Es hat drei Kriege zwischen den Atommächten gegeben, davon zwei wegen Kaschmir.

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Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bauke Baumann/Birgit Arnhold
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16. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 8/2017 - August 2017 / 16. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. August 2017

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