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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/418: Iran-Report Nr. 9 - September 2018


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 9 - September 2018
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Austritt der USA und der Wiedereinführung von Wirtschaftssanktionen droht das Atomabkommen zu scheitern. Der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch die Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung sind in weite Ferne gerückt. Über den Kurs des Landes, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

INNENPOLITIK

• Neue Welle von Protesten
• Chatami warnt vor politischem Zusammenbruch
• Rohani vom Parlament vorgeladen
• Sondergerichte gegen "Verderber" in der Wirtschaft
• Arbeitsminister Rabii und Wirtschaftsminister Karbasian entlassen
• Vize-Zentralbankdirektor festgenommen
• Mindesten zehn Tote bei Gefechten in der Provinz Kurdistan
• Ahmadinedschad fordert Rücktritt von Rohani
• Menschenrechtsaktivistin Sotoudeh wird Spionagetätigkeit vorgeworfen
• BBC protestiert gegen Agenturbericht
• Neue Kampfjets und Raketen präsentiert


NEUE WELLE VON PROTESTEN

Rund 500 Demonstranten haben am 4. August die Religionsschule Eschtehad in Karadj, nahe der Hauptstadt Teheran angegriffen. Sie versuchten die Türen aufzubrechen und das Gebäude in Brand zu stecken. "Nieder mit der Diktatur", "Nieder mit der Islamischen Republik", skandierten sie. Polizeisprecher Ali Hendiani sagte, es sei den Ordnungskräften gelungen, die Angreifer zu vertreiben, die entstandenen Schäden seien gering.

Der Leiter der Schule sagte der Agentur Fars, bereits zuvor hätten sich einige Demonstranten vor dem Gebäude versammelt, hätten die Scheiben eingeschlagen und regimefeindliche Parolen gerufen. Auch seien einige Motorräder der Polizei in Brand gesteckt worden. Die Polizei habe einige Demonstranten festgenommen.

Am 5. August gab Resa Schakeri, Staatsanwalt beim Revolutionsgericht in Karadj, den Tod eines Demonstranten bekannt. Der 26-Jährige soll durch einen Schuss aus einem fahrenden Auto im Nacken getroffen worden sein. Der Schütze sei weder ein Polizist noch ein Sicherheitsbeamter gewesen, hieß es offiziell. Auch drei Polizisten sollen durch Messerstiche verletzt worden sein.

Auffallend bei den Protesten, die in den ersten Augusttagen in der Hauptstadt und einigen anderen Städten Irans wie Isfahan, Maschad und Schiras stattfanden, ist, dass sie sich weit vehementer als bei früheren Demonstrationen gegen das gesamte System, insbesondere gegen den herrschenden Klerus, richteten. Während die Medien die Ereignisse kaum erwähnen, wurden sie in den sozialen Netzwerken im Internet ausführlich dargestellt und kommentiert. Die Regierung behauptet, die landesweit verbreiteten Videos seien Propaganda von Exiliranern, die von den USA, Israel und Saudi-Arabien finanziert werden. Innenminister Abdol Rahmani Fasli sagte: "Sie (die Feinde des Regimes) glauben, wenn 50 bis 200 Leute sich versammeln, werde das Land außer Kontrolle geraten. Sie irren sich gewaltig."

Cheirollah Tarchani, Vizegouverneur der Provinz Alborz, sagte der Agentur Isna am 4. August: "Wir haben zunächst versucht mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen, ihnen zuzuhören, stellten dann aber fest, dass ihre Forderungen nicht wirtschaftlich sind, sie richten sich gegen das ganze System. Die ganze Geschichte hat mit dem illegalen Austritt der USA aus dem Atomabkommen begonnen. Dann folgten ein psychologischer Krieg und danach die Krise in der Wirtschaft. Der Preis für Dollar und Goldmünzen kletterte hoch und führte zur Teuerung der Preise, die nicht mehr mit der Realität der Wirtschaft übereinstimmen." Die Proteste hätten nichts mit der wirtschaftlichen Lage zu tun. Sie seien das Werk einzelner Gruppen, gegen die hart vorgegangen werden müsse.

Die Proteste machten auch nicht vor Fußballstadien halt. Am 11. August riefen beim Spitzenspiel Esteghlal Teheran gegen Tractorsasi Täbris hunderte Fans "Tod dem Diktator". Das Spiel wurde live im Fernsehen übertragen. Während der Protestrufe wurde der Ton abgestellt. Später wurde in den Medien über Auseinandersetzungen zwischen den Fans berichtet, nicht aber über die Proteste. Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli drohte, künftig bei Fußballspielen keine Zuschauer mehr zuzulassen. "Für uns ist die Sicherheit in den Stadien wichtig und falls einige Fans diese gefährden sollten, werden einige Spiele eben ohne Zuschauer ausgetragen", sagte er am 21. August.

Es war die dritte Welle von Massenprotesten, die innerhalb eines Jahres in Iran stattfanden. Grund für die Unruhen ist die katastrophale wirtschaftliche Lage des Landes. Die Landeswährung befindet sich seit Wochen im freien Fall. Seit April hat sie fast fünfzig Prozent ihres Werts eingebüßt. Lebensmittel werden immer teurer, die Arbeitslosigkeit ist besonders unter Jugendlichen so hoch wie nie. Es gibt in vielen Gegenden des Landes einen dramatischen Mangel an Wasser und Trinkwasser, die Umwelt ist verseucht. Für normale Bürgerinnen und Bürger wird das Leben immer unerträglicher.

Die Staatsführung versucht die Probleme zu bagatellisieren. Revolutionsführer Ali Chamenei erklärte am 8. August vor einer Versammlung iranischer Kulturschaffender im Ausland, niemand brauche sich um die Zukunft der Islamischen Republik Sorgen zu machen. "Keine Macht ist in der Lage das Land zu gefährden." Auch Präsident Hassan Rohani sagte, einige Gruppen seien der Aufforderung ausländischer Medien gefolgt und hätten Unruhe gestiftet. Er gab zu, dass es wegen Mangel an Wasser und Strom sowie wegen der Verschmutzung der Umwelt Probleme gebe. Doch es gebe keine Gefahr für die Sicherheit des Landes.

Die Wirtschaftskrise hat mehrere Ursachen: Misswirtschaft, Mangel an notwendigen Reformen, die himmelschreiende Korruption und nicht zuletzt die Sanktionen. Die gemäßigte Regierung von Hassan Rohani hatte gehofft, mit dem Atomabkommen von 2015 und der Aufhebung von Sanktionen einen wirtschaftlichen Aufschwung erreichen zu können. Das ist ihr nicht gelungen, weil sie für notwendige Erneuerungen zu schwach ist und weil Hardliner und Konservative ihre Pläne ständig torpedieren. Inzwischen sind die Millionen, die Rohani gewählt und von dem sie grundlegende Veränderungen erwartet haben, bitter enttäuscht. Daher richten sich die Proteste nicht nur gegen die wirtschaftlichen Zustände, sondern gegen das gesamte System. Kaum noch jemand hofft in Iran auf eine Besserung der Lage. Im Gegenteil, die von den USA angekündigten neuen Sanktionen lassen noch schlimmere Zeiten befürchten.


CHATAMI WARNT VOR POLITISCHEM ZUSAMMENBRUCH

Der frühere Staatspräsident Mohammad Chatami, der als eigentlicher Führer der Reformbewegung in Iran gilt, warnte am 23. August die Landesführung vor einem politischen Zusammenbruch. "Ohne Reformen ist das Establishment zum Scheitern verurteilt", zitiert ihn dpa. "Vielleicht nicht morgen, aber eines Tages", erklärte der derzeit beliebteste Politiker in Iran. Zwischen dem Volk und der Staatsführung herrsche ein tiefes Misstrauen. Das sei gefährlich.

Die Islamische Republik stehe auf zwei Säulen: Republik und Islam, sagte der Geistliche weiter. Doch der Islam sei nicht bereit, die Rechte der Bürger zu akzeptieren, obwohl die Imame des schiitischen Islam immer für die Rechte der Bürger eintraten. Ein Staat wie die Islamische Republik, der sich zum schiitischen Islam bekenne, könne nur Bestand haben, wenn er der Meinungsfreiheit und der sozialen Gerechtigkeit Priorität verleihe.

Chatami, der von 1997 bis 2005 an der Spitze der Regierung stand, war bei Hardlinern und Konservativen in Misskredit geraten, nachdem er 2009 die Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad unterstützt und auch später nicht dazu bereit war, sich davon zu distanzieren. Offiziell darf er nicht öffentlich auftreten. Zudem hat er Ausreiseverbot. Auch den Medien ist untersagt, Interviews mit ihm zu führen oder Fotos von ihm zu veröffentlichen. Doch nicht selten ignoriert der 74-Jährige die Auflagen.


ROHANI VOM PARLAMENT VORGELADEN

Das iranische Parlament hat am 1. August Präsident Hassan Rohani zu einer Befragung über die wirtschaftliche Lage des Landes vorgeladen. Die Abgeordneten wollten wissen, was die Ursachen für den drastischen Fall der Landeswährung, für den spürbaren Rückgang des Wirtschaftswachstums und der steigenden Arbeitslosigkeit sind und was die Regierung dagegen zu unternehmen gedenke.

Rohani hat sich am 5. August bereiterklärt, im Parlament zu erscheinen. Zwar sei die Vorladung verfassungswidrig und in der gegenwärtigen Lage auch nicht vernünftig. Er wolle dennoch dem Wunsch der Antragsteller entsprechen, um keine zusätzlichen Probleme zu schaffen, schrieb er an den Parlamentspräsidenten.

Die Befragung fand am 28. August statt. Nach den kritischen Fragen der Abgeordneten sagte Rohani, niemand solle glauben, dass der heutige Tag den Beginn einer Spaltung zwischen Regierung und Parlament bilde. Beide Instanzen hätten ein großes Ziel: miteinander zu kooperieren und Einigkeit zu erzielen. Dies sei der Sinn der Debatte.

"Wir haben keine Angst vor den USA und auch keine Angst vor Problemen, die wir bald bezwingen werden", sagte Rohani. Aber wichtiger als die Probleme sei die Meinung der Bevölkerung über den Staat. "Wie kommt es, dass die Menschen skeptisch in die Zukunft schauen? Ja noch mehr, sie ziehen die Zukunft dieses Staates in Zweifel." Die Regierung habe beachtliche Erfolge erzielt, die Wirtschaft in Schwung gebracht, die Inflationsrate gesenkt, die Arbeitslosigkeit reduziert und den Devisenmarkt geregelt. Doch vor sieben, acht Monaten habe sich die Atmosphäre plötzlich gewandelt. Plötzlich hätten die Menschen ihr Vertrauen dem Staat gegenüber verloren. "Wir müssen dieses Vertrauen zurückgewinnen, wir müssen ihnen zusichern, dass wir die Probleme überwinden und die amerikanischen Verschwörungen zurückschlagen werden."

Rohani kam auch auf den Austritt der USA aus dem Atomabkommen zu sprechen und sagte, die Demonstrationen im Januar dieses Jahres hätten den amerikanischen Präsidenten dazu ermuntert die Lage zu eskalieren. Und nun kämen Leute, die alles schwarzmalen. "Meine Brüder und Schwestern, seid sicher, dass Schwarzmalerei ins Verderben führt", sagte der Präsident.

Bei der anschließenden Abstimmung zeigte sich die Mehrheit des Parlaments mit den meisten Antworten Rohanis nicht zufrieden. Bei der Abstimmung über die Erklärung der Währungskrise stimmten 68 Abgeordnete für und 196 gegen die Erläuterungen des Präsidenten. 8 Abgeordnete enthielten sich. Bei der Abstimmung zum Thema Schmuggel von Waren und Devisen lehnten 138 Abgeordnete die Antwort des Präsidenten ab, 122 stimmten zu und 6 enthielten sich. Ebenso knapp wurden die Erläuterungen über Banken und Finanzen abgelehnt. Gemäß der Satzung des Parlaments müsste sich nun die Justiz mit diesen Fragen befassen, um festzustellen, ob die Regierung Verfassungsbruch begangen hat. Doch durch einen parlamentarischen Trick verhinderte Parlamentspräsident Ali Laridschani die Weiterleitung an die Justiz. Dennoch zeigt die Abstimmung, dass die Position des Präsidenten immer schwächer wird. Schon planen die Regierungsgegner im Parlament die Absetzung weiterer Minister.

Am Tag nach der Abstimmung empfing Revolutionsführer Ali Chamenei Rohani und seine Regierungsmannschaft. Er lobte den Präsidenten dafür, dass er mit Rücksicht auf die sensible Lage des Landes sehr geduldig und maßvoll auf seine Kritiker reagiert habe. Gemeint ist, dass Rohani entgegen mehrmaliger Ankündigungen, nicht die Machenschaften seiner Gegner gegen seine Regierung offengelegt und bestimmte Personen und Institutionen nicht entlarvt habe. Politische Beobachter deuten die Äußerungen des Revolutionsführers als ein Zeichen dafür, dass Chamenei eine etwaige Absetzung des Präsidenten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht unterstützt. Vermutlich befürchtet er, dass ein Rücktritt der gemäßigten Regierung zu unkontrollierbaren Unruhen führen könnte.


SONDERGERICHTE GEGEN "VERDERBER" IN DER WIRTSCHAFT

Revolutionsführer Ali Chamenei hat am 11. August einem Vorschlag des Justizchefs Sadegh Laridschani zugestimmt, Sondergerichte einzurichten, um mit "aller Härte" gegen Spekulanten und "Verderber" in der Wirtschaft vorzugehen. Dabei soll "kein Zeitverlust und keine Rücksichtnahme" geduldet werden. In dem Schreiben Laridschanis an Chamenei, dessen Datum nicht bekannt ist, heißt es, die Lage der Wirtschaft sei das Ergebnis eines "Krieges", bei dem Spekulanten und Verderber die Feinde der Islamischen Republik unterstützen. Der Revolutionsführer werde gebeten, der Justiz zu erlauben, diese Personen auf Basis bestehender islamischer Gesetze gerichtlich zu verfolgen. Alle Fälle sollten von einem Sondergericht behandelt werden. Ob ein Prozess öffentlich oder geheim geführt werde, solle der jeweilige Richter entscheiden, gleiches gelte für die Länge der Untersuchungshaft. Das Urteil des Richters solle endgültig und nicht mehr anfechtbar sein. Nur bei Todesurteilen sei ein Widerspruch zulässig. Die endgültige Entscheidung darüber müsse innerhalb von zehn Tagen vom höchsten Gericht getroffen werden.

Bereits zuvor hatte der Teheraner Staatsanwalt Abbas Dolatabadi gedroht, sämtliche Importeure, "die die Krise auf dem Devisenmarkt mit verursacht haben", mit Peitschenschlägen, Geldstrafen, langjähriger Haft und gar mit dem Tod zu bestrafen.

In dem Antwortschreiben Chameneis an Laridschani heißt es: "Ich stimme Ihrem Vorschlag zu. Ziel der Maßnahme ist es, die Schuldigen rasch und gerecht zu bestrafen."

Am 12. August gab Justizsprecher Gholamhossein Ejehi bekannt, dass im Zug des Kampfes gegen Korruption 67 Verdächtige festgenommen worden seien. Außerdem hätten mehr als hundert Regierungsmitarbeiter Ausreiseverbot erhalten. Es gebe Menschen, die versuchten, die Gelegenheit, die der feindliche Druck aus den USA für Spekulationen und Betrügereien biete, auszunutzen, sagte er.

Am 14. August gab der Chef der Teheraner Polizei, General Hossein Rahimi bekannt, dass 850 Personen im Zusammenhang mit Devisenspekulationen zum Verhör bestellt worden seien. Die Polizei sei dabei, aktiver als bisher die "Verderber" zu verfolgen.


ARBEITSMINISTER RABII UND WIRTSCHAFTSMINISTER KARBASIAN ENTLASSEN

Ali Rabii, Minister für Arbeit und Soziales, wurde am 8. August durch ein Misstrauensvotum des Parlaments seines Postens enthoben. 129 Abgeordnete stimmten für, 111 gegen den Antrag. Es war das dritte Mal, dass ein Misstrauensantrag gegen Rabii gestellt wurde. Einer der Antragsteller kritisierte, der Minister habe sich nicht um die Probleme der Werktätigen gekümmert. Die Arbeitslosigkeit habe enorm zugenommen. Zahlreiche Arbeiter erhielten nicht rechtzeitig oder überhaupt keinen Lohn. Andere Abgeordnete warfen dem Minister Lobbyismus und Korruption vor. Der Minister habe zudem versucht, Abgeordnete zu bestechen, damit sie den Misstrauensantrag ablehnen. Schließlich habe der Minister keine wirksamen Schritte gegen umweltschädigende Aktivitäten unternommen.

Rabii sagte, sein Abgang werde die Lage nicht verbessern: "Werden die jüngsten Probleme auf dem Devisenmarkt gelöst und die Wirtschaftskrise beseitigt, wenn ich die Regierung verlasse?" Er gab zu, dass die Lage der Werktätigen "nicht günstig" sei. "Ich sage nicht, dass es den Arbeitern gut geht. Aber wir stehen auf Seiten der Arbeiter." Das sollten die Abgeordneten bei ihrer Stimmabgabe berücksichtigen.

Manche Vorwürfe seien berechtigt, sagte Rabii. Doch seinem Ministerium fehlten die Mittel, um die Probleme zu lösen. Zu dem Vorwurf der Korruption sagte der Minister, das Problem sei grundlegend und strukturell. Um es zu bekämpfen sei ein grundsätzlicher Plan nötig. Der Minister appellierte an die Abgeordneten: "Lasst nicht zu, dass das Problem der Korruption politisch wird, die Korruption ist ein moralisches Problem."

Rabii gehörte zu den engsten Vertrauten von Präsident Rohani. Seine Entlassung, für die neben den Hardlinern auch parteiunabhängige Abgeordnete stimmten, schwächt die Position des Regierungschefs weiter.

Am 26. August votierte das Parlament außerdem für die Absetzung des Wirtschaftsministers Masud Karbasian. 137 Abgeordnete stimmten für seinen Rücktritt, 121 dagegen. 33 Abgeordnete hatten den Antrag zur Befragung des Ministers gestellt. Darin hatten sie 17 Punkte aufgeführt, bei denen sich aus ihrer Sicht der Wirtschaftsminister als unfähig erwiesen hätte. Darunter Unfähigkeit bei der Planung von Verwaltung und Organisation der Wirtschaft und Finanzen. Sie warfen dem Minister weiterhin vor, seine Pflichten bei der Kontrolle der Banken versäumt zu haben. Auch die hohe Inflationsrate, Mangel an Unterstützung der inländischen Produktion und dergleichen mehr wurden dem Minister zur Last gelegt.

Karbasian, der erst vor einem Jahr sein Amt übernommen hatte, sagte manche Probleme lägen außerhalb der Bereiche, die von ihm kontrolliert würden. Andere seien von den "Mächten der Arroganz" ins Land gebracht worden. Zuvor sei die Wirtschaft recht erfolgreich gewesen.


VIZE-ZENTRALBANKDIREKTOR FESTGENOMMEN

Wie der Sprecher der Justiz, Gholamhossein Mohsseni Ejehi, am 5. August bekannt gab, wurde der für Währungsgeschäfte zuständige Vize-Direktor der Zentralbank, Ahmad Araghtschi, festgenommen. "Heute wurden einige Personen, vier Devisenspekulanten und weitere Verdächtige, festgenommen, darunter der Vize-Direktor der Zentralbank", sagte Ejehi dem staatlichen Fernsehen. "Allerdings habe ich gehört, dass der Vize bereits zuvor seines Amtes enthoben worden war."

Tatsächlich hatte der neue Bankdirektor, Abdolnasser Hemmati, wenige Tage nach seiner Amtseinführung Araghtschi entlassen. Araghtschi ist der Bruder des Vize-Außenministers Abbas Araghtschi, der auch bei den Atomverhandlungen eine wichtige Rolle spielte.

Genaue Angaben zu den Gründen der Festnahmen machte Ejehi nicht. Es wird vermutet, dass die Festnahmen im Zusammenhang mit dem seit Wochen andauernden Verfall der Landeswährung stehen. Araghtischi wurde für Maßnahmen mitverantwortlich gemacht, die Spekulationen auf dem Devisenmarkt und Korruption begünstigten.

Araghtischi war im vergangenen Jahr zum Vize-Direktor ernannt worden. Kritiker hielten ihn wegen mangelnder Erfahrung nicht für den Posten geeignet.


MINDESTEN ZEHN TOTE BEI GEFECHTEN IN DER PROVINZ KURDISTAN

Einer Mitteilung der Revolutionsgarden vom 11. August zufolge, sind bei Gefechten mit einer "bewaffneten Gruppe" in der Provinz Kurdistan, nahe der irakischen Grenze mindestens zehn "Extremisten" getötet und mehrere weitere verletzt worden. Zudem sei eine "beträchtliche Menge Waffen und Munition" sichergestellt worden. Ob es auch auf Seiten der Garden Tote oder Verletzte gegeben hat, wurde nicht mitgeteilt. Auch wurden zu der Gruppe keine näheren Angaben gemacht. Es hieß lediglich, es sei ein "Team von Terroristen" gewesen, das im Auftrag der "internationalen Arroganz" gehandelt habe.

Demgegenüber veröffentlichte die Demokratische Partei des Iranischen Kurdistans am selben Tag eine Erklärung, in der es heißt, es habe zwischen Mitgliedern der Partei (Pischmargah) und den "Terroristen der Revolutionsgarden" Gefechte gegeben. Dabei seien 12 Mitglieder der Garden getötet worden. Auch die Partei machte über eigene Verluste keine Angaben.

In beiden Mitteilungen wird die Grenzstadt Oschnawiyeh als Ort des Gefechts erwähnt. Die Demokratische Partei des Iranischen Kurdistans kämpft seit Jahrzehnten für eine Autonomie der Kurden in Iran.


AHMADINEDSCHAD FORDERT RÜCKTRITT VON ROHANI

Der frühere Präsident Mahmud Ahmadinedschad erklärte in einer Videobotschaft, der Staat der islamischen Republik sei für das Volk nicht mehr akzeptabel. Er kritisierte die "katastrophale" wirtschaftliche und politische Lage und machte dafür "sämtliche führende Politiker" verantwortlich. "Das Volk ist unzufrieden, es akzeptiert nicht die Regierung und auch nicht die anderen Gewalten." Gerichtet an den amtierenden Präsidenten Hassan Rohani sagte er: "Herr Rohani, Sie und Ihre Anhänger ebenso wie die beiden Hauptfraktionen und Chefs der anderen Gewalten sind für den gegenwärtigen Zustand des Landes verantwortlich. Unter diesen Umständen wäre es das Beste für das Volk, wenn Sie zurücktreten würden."

Die Wirtschaft stehe am Rande des Abgrunds, sagte Ahmadinedschad weiter. "Das Vertrauen des Volkes in das gesamte System geht gegen Null, die Unzufriedenheit steigt von Tag zu Tag, die Armut breitet sich aus. Wer ist dafür verantwortlich? Die Antwort ist: Alle führenden Politiker, allen voran Rohani."

Ahmadinedschad, der von 2005 bis 2013 regierte, kritisierte die Verknüpfung der Probleme mit dem Atomstreit und sagte, Rohani sei für die Misere mehr als andere verantwortlich, weil er bereits früher mit den Amerikanern verhandelt habe. Schon als er in den 2000er Jahren Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats gewesen sei und später als Staatspräsident, habe er den USA große Zugeständnisse gemacht, dafür aber keine Gegenleistung erhalten.

Der frühere Präsident lobte seine eigene damalige Regierung. Er warf anderen Fraktionen vor, seiner Regierung Steine in den Weg gelegt und einen Propagandafeldzug gegen ihn und seine Mitarbeiter geführt zu haben.

Im Gegensatz zu Rohani, der für Kompromisse eintritt, war Ahmadinedschads Politik auf Konfrontation mit dem Westen ausgerichtet. Als die harten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen Iran verhängt wurden, meinte er, die Menschen im Land merkten überhaupt nichts von den Sanktionen. "Beschließt so viel Resolutionen wie ihr wollt, uns kümmern sie nicht", sagte er einmal.


MENSCHENRECHTSAKTIVISTIN SOTOUDEH WIRD SPIONAGETÄTIGKEIT VORGEWORFEN

Die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete am 15. August, dass die Menschenrechtsaktivistin und Anwältin Nassrin Sotoudeh, die sich derzeit im Gefängnis befindet, nun zusätzlich unter dem Vorwurf der Spionage vor Gericht gestellt werden soll. "In der Anklageschrift wird meiner Mandantin Propaganda gegen die Islamische Republik und Beleidigung des Revolutionsführers vorgeworfen. Nun kommt auch der Vorwurf der Spionage hinzu", sagte ihr Anwalt Payam Derafschan. Sotoudeh verbüßt zurzeit eine fünfjährige Gefängnisstrafe.

Sotoudeh befindet sich seit dem 13. Juni erneut in Haft. Die 55-Jährige wurde aus ihrer Wohnung verschleppt und ins berüchtigte Teheraner Evin-Gefängnis gebracht. Als Anwältin engagierte sie sich für die Rechte von Frauen. Mit viel Mut verteidigt sie immer wieder Dissidenten vor Gericht. Nicht selten werden in der Islamischen Republik Anwälte von Oppositionellen selbst gerichtlich verfolgt. Zuletzt leistete Sotoudeh jungen Frauen Rechtsbeistand, die aus Protest gegen Kleidungszwang in der Öffentlichkeit demonstrativ ihr Kopftuch abnahmen.

Sotoudeh ist Mitglied des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte und des Vereins zur Verteidigung der Rechte von Kindern. Zudem war sie an der Kampagne für eine Million Unterschriften zur Änderung der ungleichen Rechte der Geschlechter aktiv beteiligt.

Die engagierte Anwältin wurde in den vergangenen Jahren mehrmals in Haft genommen. 2011 wurde sie wegen "Verstoßes gegen die nationale Sicherheit und Propaganda gegen die Islamische Republik" zu sechs Jahren Haft und einem zehnjährigen Arbeitsverbot verurteilt. Zweimal trat sie im Gefängnis aus Protest gegen die schlechten Haftbedingungen in Hungerstreik. Sie war vollkommen isoliert und durfte nicht einmal ihre Tochter und ihren Sohn sehen. Der tatsächliche Grund ihrer Verhaftung war die Verteidigung von jenen politischen Gefangenen, die 2009 im Zuge der Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad festgenommen worden waren. Kurz nach der Wahl von Präsident Rohani wurde Sotoudeh aus der Haft entlassen. 2014 wurde auch das Arbeitsverbot aufgehoben.

2012 erhielt Sotoudeh gemeinsam mit dem iranischen Filmemacher Dschafar Panahi den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments für Menschenrechte.

Offenbar wurde Sotoudeh nun wegen Spionage zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ihre Anwälte protestierten gegen das Urteil. Es sei illegal eine Angeklagte in Abwesenheit und ohne persönliche Anhörung zu verurteilen, sagte Derafschan der AFP am 15. August. Seiner Mandantin sei nie Spionagetätigkeit vorgeworfen worden und auch in der Anklageschrift tauche dieser Vorwurf nicht auf. Laut AFP sagte ein anderer Anwalt, Mahmud Behsadi, die Verhaftung Sotoudehs sei unrechtsmäßig, denn sie dürfe während des Berufungsprozesses auf freiem Fuß bleiben.

Am 25. August gab Sotoudehs Ehemann, Resa Khandan, bekannt, dass sie in einen Hungerstreik getreten sei.


BBC PROTESTIERT GEGEN AGENTURBERICHT

Der britische Sender BBC verurteilte am 9. August einen Bericht der Agentur Misan über den Sender. Die Agentur gehört der iranischen Justiz an. In dem Bericht hieß es, das persische Programm der BBC sei das Zentrum der psychologischen Kriegsführung gegen die Islamische Republik. Dort sei das Oberkommando der iranfeindlichen Medien angesiedelt. Auch der Sprecher der Revolutionsgarden, Ramesam Scharif, hatte denselben Vorwurf gegen die BBC erhoben.

Der Bericht sei eine eindeutige Drohung gegen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der BBC, hieß es in der Stellungnahme des Senders.

Der Bericht, der in einer aggressiven Sprache verfasst ist, sei in Wirklichkeit eine Aufforderung zur Gewalt gegen Mitarbeiter der BBC, sagte der Leiter der Nachrichtenredaktion. "BBC fordert abermals den Druck auf die Angehörigen ihrer Mitarbeiter zu beenden", erklärte er. Iran müsse die Freiheit der Presse achten und das Recht der Journalisten akzeptieren, in einer Atomsphäre frei von Angst und Sorgen vor Aggressionen und Störungen zu arbeiten.

Auch der Internationale Verband von Journalisten veröffentlichte eine Erklärung, in der es heißt, Misan verwende eine aggressive Sprache, bedrohe die freie Presse und gefährde das Leben der Mitarbeiter der BBC.

Der britische Journalistenverband erklärte, "die verbalen Attacken Irans gegen die Mitglieder des Verbands und gegen die Mitarbeiter des Persischprogramms der BBC sind absolut inakzeptabel."


NEUE KAMPFJETS UND RAKETEN PRÄSENTIERT

Am 21. August präsentierte das Militär im Beisein von Präsident Hassan Rohani neue Kampfjets, die in Iran produziert wurden. Die neue Maschine "Kosar" sei bereits erfolgreich getestet worden. "Wir haben alles selbst gemacht, vom Motor bis zum präzisen Radarsystem. Das macht uns stolz", sagte der Präsident. Dies sei ein weiterer Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Er betonte, dass Iran an militärischen Auseinandersetzungen nicht interessiert sei. Der Ausbau des Potentials diene ausschließlich der Verteidigung des Landes und dem Frieden in der Region.

"Wir leben nun einmal in einer Region, wo wir uns stets auf Verteidigung einstellen müssen", sagte Rohani. "Wir wollen niemanden angreifen." Für die Verteidigung des Landes seien unter anderem auch Kampfjets, Raketen und Abwehrsysteme nötig. Die Islamische Republik existiere seit 40 Jahren. Während dieser Zeit habe Iran nie einen Krieg begonnen. "Wir sollten uns darauf vorbereiten, gegen Streitkräfte zu kämpfen, die unser Territorium und unsere Ressourcen übernehmen wollen. (...) Wenn wir stark genug sind, wird es niemand wagen uns anzugreifen, nicht einmal die USA. Warum greifen die USA uns nicht an? Wegen unserer Macht, weil sie sich der Konsequenzen bewusst sind."

"Wir alle sind verpflichtet, die Sicherheit, Würde und Macht Irans mit geringsten Kosten zu verteidigen", sagte Rohani. "Wir leben in einer sehr sensiblen Region. Unsere Feinde haben in den vergangenen vierzig Jahren Hass gegen Iran geschürt und propagiert die Islamische Republik bedrohe die Sicherheit und die Existenz anderer Nationen."

Irans Luftwaffe ist ziemlich schwach. Das Land besitzt einige Dutzend Kampfjets, die aus der Zeit vor der Revolution aus Russland oder den USA stammen. Der frühere Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte und derzeitige militärische Berater des Revolutionsführers, General Hassan Firusabadi, sagte, Iran versuche das Fehlen ausreichender Kampfjets durch die Massenproduktion von Raketen auszugleichen.

Am 13. August präsentierte Iran eine neue Generation von Kurzstreckenraketen. Laut Verteidigungsminister Amir Hatami wurde die neueste Version der ballistischen Fateh-Mobin-Rakete vollständig in Iran produziert. Sie sei "wendig, schwer zu orten und präzisionsgelenkt. Nichts kann diese Rakete stoppen", sagte der Minister. Über die Reichweite der neuen Rakete wurden keine Angaben gemacht. Die früheren Versionen haben eine Reichweite von 200 bis 300 Kilometern. "Wir werden keine Mühe scheuen das Raketenpotential des Landes zu vergrößern", sagte Hatami. Je mehr Druck auf das Land ausgeübt werde, desto mehr wachse der Wille im Land, sein Verteidigungspotential zu stärken und auszubauen.

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KULTUR

• Schauspieler Entesami gestorben


SCHAUSPIELER ENTESAMI GESTORBEN

Der landesweit berühmte und geliebte Theater- und Filmschauspieler Esatollah Entesami ist am 17. August mit 95 Jahren gestorben. Er wurde in Teheran geboren und studierte dort an der Technischen Hochschule Elektrotechnik. Bald wendete er sich jedoch dem Theater und Film zu. Zur Schauspielausbildung reiste er nach Deutschland und besuchte hier eine Schauspielschule. Danach kehrte er nach Iran zurück und begann zunächst am Theater und später in Filmen zu spielen. Mit seiner Rolle in dem Film "Gaw" (die Kuh), einer Verfilmung der gleichnamigen Erzählung von Gholamhossein Saedi, wurde er im ganzen Land berühmt.

Er übernahm zahlreiche Rollen auf der Bühne und in Filmen und wurde für Generationen von Schauspielern zum Vorbild. Trotz seiner Berühmtheit blieb er sehr bescheiden und human. Es lag ihm viel daran, die Schauspielkunst zu pflegen und sie an jüngere Schauspieler weiterzugeben.

Entesami spielte auch in Fernsehserien und führte bei einigen Filmen Regie. Er gehörte zu den wenigen Künstlern, die sowohl vor als auch nach der Revolution aktiv waren. Er wurde in seinem Schauspielleben oft sowohl im In- als auch im Ausland für seine Kunst ausgezeichnet.

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WIRTSCHAFT

• US-Sanktionen in Kraft getreten
• Rohani droht, aus dem Atomabkommen auszusteigen
• Neue Maßnahmen gegen Verfall der heimischen Währung
• Möglicher Verlust von einer Million Arbeitsplätzen
• Iran will auch nach Öl-Embargo sein OPEC-Kontingent umsetzen
• Deutsche Unternehmen wegen US-Sanktionen in Bedrängnis
• Mehrere deutsche Firmen ziehen Konsequenzen aus den Sanktionen
• Stadler stoppt Verhandlungen
• Total zieht sich endgültig aus Iran zurück
• British Airways, Air France und KLM ziehen sich aus Iran zurück
• EU-Unterstützung für Iran
• Türkei und China wollen Sanktionen nicht akzeptieren
• Fünf ATR-Flugzeuge in Teheran gelandet
• Tourismus soll mehr Devisen bringen
• Kein Geld für den Nationaltrainer
• Massenrückwanderung von Afghanen aus Iran


US-SANKTIONEN IN KRAFT GETRETEN

Die erste Phase der neuen US-Sanktionen gegen Iran hat am 7. August begonnen. Die USA wollen verhindern, dass Iran Dollar erwirbt und dass das Land mit Gold und anderen Edelmetallen handeln kann. Eigentlich soll Iran keine internationalen Finanztransaktionen mehr tätigen können. Auch der Handel mit bestimmten Metallen, Rohstoffen und Industriewaren soll unterbunden werden. Darunter fallen auch Autos und Flugzeugersatzteile. Zudem soll der Import iranischer Produkte wie Teppiche, Pistazien und Kaviar verboten werden. Die zweite Phase der Sanktionen, mit denen der Export iranischen Öls verhindert werden und Iran von den internationalen Finanzinstituten ausgeschlossen werden soll, beginnt am 4. November. Der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, John Bolton, sprach von "beispiellosem Druck". "Wenn die Iraner mit uns verhandeln wollen, müssen sie auf ihr Raketen- und Atomprogramm verzichten, die Unterstützung von Terrorismus unterlassen und ihre militärischen Aktivitäten in der Region beenden", sagte er.

Ziel der USA seit dem Ausstieg aus dem Atomabkommen im Mai ist, den wirtschaftlichen Druck auf Iran solange zu verstärken, bis das Regime in Teheran die Bedingungen Washingtons für ein neues Abkommen akzeptiert. Die USA seien zwar offen für Fortschritte in den Beziehungen zu Teheran, sagte US-Außenminister Mike Pompeo. Dafür müsse es aber beim "iranischen Regime enorme Veränderungen" geben. An das iranische Volk gerichtet sagte der Minister: "Die Führer des Staates (...) werden die qualvollen Folgen ihres Handelns zu spüren bekommen." Der Druck werde erst dann nachlassen, wenn in der iranischen Politik eine spürbare und dauerhafte Wende vollzogen werde.

Neben dem wirtschaftlichen Druck will die US-Regierung nach eigenen Angaben die Unzufriedenen und Protestierenden in Iran unterstützen. Geplant sei ein Fernseh- und Radiosender, der auch über das Internet zu empfangen sein werde. Den Iranern soll auch geholfen werden, die Filterung von sozialen Netzwerken im Internet zu umgehen.

Wie die Agentur Reuters im Juli berichtete, haben die USA eine Kampagne gestartet, um in Iran Unruhe zu stiften, die iranische Staatsführung zu denunzieren und die Probleme des Landes negativ darzustellen. Die Kampagne wird unterstützt von Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton. Ein Mitarbeiter des Außenministeriums habe erklärt: "Lassen Sie mich deutlich betonen, dass wir keinen Regimewechsel in Iran anstreben, sondern einen Wechsel der Politik und des Verhaltens des Regimes. Wir sind uns darüber bewusst, dass wir das Regime zu einem Punkt treiben, an dem es schwierige Entscheidungen treffen muss. Letztendlich werden sie sich entweder für einen Wechsel entscheiden oder sie werden es immer schwerer haben ihre bösen Machenschaften zu betreiben."

Die Frage ist, welche Folgen der Druck von außen und von innen auf das Regime in Teheran haben wird. Die Chancen, dass es Reformern und Gemäßigten gelingen wird, die Konflikte mit den USA auf diplomatischem Weg zu lösen, sind gering. Es ist eher anzunehmen, dass die Regierung Rohani dem Druck nicht standhält und über kurz oder lang den Platz für die Hardliner und Erzkonservativen räumen muss. Dann könnte die Lage weiter eskalieren, was wiederum zu einem neuen Krieg im Nahen Osten mit verheerenden Folgen führen könnte.

Die Frage ist auch, wie sich andere Staaten, die EU, aber auch nicht-amerikanische Unternehmen in dem Konflikt zwischen Washington und Teheran verhalten werden. Präsident Donald Trump drohte wenige Stunden nach der Ankündigung der neuen Sanktionen: "Die Sanktionen gegen Iran sind offiziell angekündigt. Es sind die härtesten Sanktionen, die verhängt wurden. Sie werden im November noch härter. Wer von nun an mit Iran Handel treibt, wird mit Amerika keine Geschäfte machen. Ich will den Weltfrieden und werde nicht nachgeben."

Trump hatte mehrmals seine Bereitschaft bekundet, mit Iran zu verhandeln. Irans Präsident Hassan Rohani warf dem amerikanischen Präsidenten in einem Fernsehinterview am 6. August vor, mit seinem Verhandlungsangebot Chaos stiften zu wollen. Es sei unsinnig Verhandlungen anzubieten und zugleich Sanktionen zu verhängen, sagte Rohani. "Die USA setzen Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft, ziehen sich aus dem Atomabkommen zurück und dann wollen sie mit uns Gespräche führen." Iran werde an dem Atomabkommen festhalten. "Wir werden trotz der Sanktionen der Welt zeigen, dass wir unser Wort halten und internationale Verträge einhalten." Rohani zeigte sich mit der Position der Europäer zufrieden, hoffe aber, dass nun den Worten Taten folgen werden.

Kurz nach der Ankündigung der Sanktionen erklärten die Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, gemeinsam mit den Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens, sie werden an dem Atomabkommen festhalten und Maßnahmen treffen, um Irans Vorteile aus dem Abkommen zu sichern. Sie planten, Schritte zu unternehmen, um europäische Unternehmen, die mit Iran Handel treiben, vor möglichen Folgen der Sanktionen zu schützen, hieß es in der Erklärung. Die EU werde auch dafür sorgen, dass der Zahlungsverkehr und die Gas- und Ölgeschäfte mit Iran aufrechterhalten werden.

Russland kritisierte die US-Sanktionen. Mit dieser Maßnahme verstoße die US-Regierung gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, hieß es aus dem Außenministerium in Moskau. Offenbar wolle Washington eine alte Rechnung mit Iran begleichen. Das sollte die Weltgemeinschaft nicht hinnehmen. Russland werde sich mit anderen Unterzeichnern bemühen, das Atomabkommen zu erhalten. Zudem habe Moskau Maßnahmen getroffen, um den Handel mit Iran auszubauen und das Land wirtschaftlich zu unterstützen.


ROHANI DROHT, AUS DEM ATOMABKOMMEN AUSZUSTEIGEN

Bei einem Telefongespräch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron sagte Hassan Rohani: "Iran will ja im Atomabkommen bleiben, aber ohne Kanäle für Finanztransaktionen, Ölexport, Versicherung und Transport wären wir gezwungen, andere Wege einzuschlagen." Die anderen Partner müssten nun ihre Pflichten erfüllen, genauso wie Iran seine Pflichten erfüllt habe. Sie müssten dafür sorgen, dass auch nach dem Ausstieg der USA das Abkommen umgesetzt werde.

Macron erklärte, Frankreich akzeptiere die Forderungen Irans, forderte aber weitere Verhandlungen über die Zukunft des iranischen Atomprogramms nach 2025, über das iranische Raketenprogramm und über die Aktivitäten Irans in der Region.


NEUE MAßNAHMEN GEGEN VERFALL DER HEIMISCHEN WÄHRUNG

Am 5. August verkündete die Regierung in Teheran neue Maßnahmen, um dem seit Wochen anhaltenden drastischen Verfall der Landeswährung entgegenzuwirken. Seit Mai diesen Jahres hat der Rial rund die Hälfte seines Wertes eingebüßt. Zudem sind Arbeitslosigkeit und Inflation stark angestiegen. Kurz nach der Ankündigung der Regierung trat der neue Chef der Zentralbank, Abdol Nasser Hemmati, im staatlichen Fernsehen auf. Die Regierung garantiere für "wichtige" Waren, Medikamente und medizinische Geräte einen Wechselkurs von 4.200 Rial für einen Dollar. Für andere Waren werde die Regierung keinen Kurs festlegen, sie werde den Wechselkurs freigeben. Der Markt solle den Kurs regulieren. Wechselstuben und Exporteure dürften ab sofort Devisen an Importeuren zu freien Kursen verkaufen, sagte Hemmati. Zudem habe die Regierung eine Liste der Personen, die mit Devisen illegal gehandelt hätten, erstellt. Sie sollen gerichtlich verfolgt werden.

Die Regierung hatte im März den Dollarkurs auf 4.200 Rial festgelegt und den Handel mit ausländischen Währungen zum Beispiel über Wechselstuben als illegal und als Schmuggelgeschäft bezeichnet. Nach der neuen Regelung ist die Einfuhr von Devisen und Gold in uneingeschränkter Höhe erlaubt. Der Bedarf an Devisen soll durch den Export von Erdgas, chemischen, petrochemischen und anderen Produkten außer Erdöl gedeckt werden.

Der Markt reagierte positiv auf die neuen Maßnahmen. Der Kurs für Dollar fiel von 102.000 Rial auf 99.000 Rial.


MÖGLICHER VERLUST VON EINER MILLION ARBEITSPLÄTZEN

Ali Rabii, Minister für Arbeit und Soziales, sagte in einem Interview mit der Zeitung Etemad am 4. August mit Blick auf die amerikanischen Sanktionen: "unsere Politik ist die Sicherung von Arbeitsplätzen. Doch ich kann Ihnen im Augenblick nicht sagen, was uns erwartet. Wenn wir nicht aufpassen, können eine Million Arbeitsplätze verloren gehen. Aber wir sind bemüht, dies zu verhindern." Als Beispiel erwähnte der Minister die Autoindustrie, die durch die neuen Sanktionen große Verluste an Arbeitsplätzen erleiden könnte.

"Vielleicht könnten wir statt Arbeitslosengeld, das Geld den Arbeitgebern geben, um Entlassungen von Arbeitnehmern zu verhindern", sagte der Minister. Zwar würden die Sanktionen in gewissen Branchen zu Entlassungen führen, in anderen Branchen jedoch neue Arbeitsplätze schaffen. Zum Beispiel könnte es in der petrochemischen Industrie, der Textilindustrie, der Schuhindustrie und dergleichen mehr neue Arbeitsplätze geben. Zudem hätten Sanktionen auf manche Bereiche der Wirtschaft keine Wirkung, zum Beispiel auf die Landwirtschaft.

Der Minister wurde am 8. August durch ein Misstrauensvotum des Parlaments entlassen.


IRAN WILL AUCH NACH ÖL-EMBARGO SEIN OPEC-KONTINGENT UMSETZEN

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 19. August zufolge, ist Teheran entschlossen, auch nach dem von den USA für November angekündigten Öl-Embargo seine von den OPEC-Ländern beschlossenen Kontingente voll umzusetzen. "Ganz gleich wie die Umstände sind, kein Land hat das Recht, den Anteil anderer Mitglieder bei Produktion und Export zu übernehmen", sagte Kasem Gharibabadi. Er forderte OPEC-Generalsekretär Mohammad Barkindo auf, "die Komplotte anderer Staaten zu stoppen, die diese Organisation politisieren wollen".

US-Präsident Donald Trump hatte an alle Staaten appelliert, kein Öl aus Iran zu kaufen und OPEC aufgefordert, durch eine Produktionserhöhung die Lücke zu füllen, die Iran auf dem Ölmarkt hinterlassen werde. Saudi-Arabien erklärte sich bereit, seinen Ölexport zu steigern.

Indes ist Iran bemüht, Wege zu finden, um die Sanktionen umgehen zu können. Vizepräsident Dschahangiri erklärte laut Reuters, er sei zuversichtlich, dass Teheran dies gelingen werde. "Wir haben die Hoffnung, dass die europäischen Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen. Aber selbst wenn nicht, suchen wir nach Lösungen, um unser Öl zu verkaufen und die Einnahmen transferieren zu können."

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif beklagte indes, dass die EU noch nicht bereit sei, ihre Ankündigungen umzusetzen. "Die Europäer beziehen bisher mehr politische Positionen, als dass sie praktische Schritte unternehmen", sagte er. Wenn sie das Atomabkommen als wichtig erachteten, sollten sie "sich dies auch etwas kosten lassen".

Zwar hätten die Europäer einige Schritte im Bereich Öl und Banken unternommen. Doch das sei nicht genug, sagte Sarif weiter. "Aus unserer Sicht sind solche Schritte weniger praktisch und mehr verbal." Er habe die Europäer über die konkreten Forderungen Irans informiert. Teheran werde noch einen Monat warten und dann über die Zukunft des Abkommens entscheiden.

Was Iran fordert, ist eine Zusicherung seiner Vorteile aus dem Atomabkommen durch die EU beziehungsweise durch Russland und China. Kritisch wird es nach dem von den USA für November angekündigten Ölembargo. Sollte Iran sein Öl nicht weiter exportieren können, wird das Land wohl kaum bereit sein weiter an dem Abkommen festzuhalten.


DEUTSCHE UNTERNEHMEN WEGEN US-SANKTIONEN IN BEDRÄNGNIS

Die von den USA gegen Iran verhängten Sanktionen bringen auch deutsche Unternehmen, die mit Iran Geschäfte machen, in Bedrängnis. Mit Beginn der neuen Sanktionen der USA gegen Iran am 7. August warnte die US-Regierung alle Unternehmen, mit Iran Geschäfte zu machen. "Wer Geschäfte mit Iran macht, wird keine Geschäfte mit den Vereinigten Staaten machen", twitterte US-Präsident Donald Trump.

Nun fordern deutsche Unternehmen von der Politik Schutz und wirksame Gegenmaßnahmen. "Die deutsche Industrie begrüßt den deutlichen Willen der EU und der Bundesregierung, sich gegen die exterritoriale Sanktionspolitik der USA zur Wehr zu setzen", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kemp, laut dpa vom 5. August. "Der BDI unterstützt die Bundesregierung in ihrem Engagement, faire Wettbewerbsregeln für Unternehmen im Iran-Geschäft sicherzustellen. (...) Um Anreize zu schaffen das Abkommen fortzusetzen, muss in erster Linie der Zahlungsverkehr mit dem Iran aufrechterhalten werden." Kemp hält den Einsatz des Blockadestatus der EU-Kommission für ein wichtiges politisches Signal. "Die möglichen Nebeneffekte müssen allerdings im Blick behalten werden, um europäischen Unternehmen nicht zu schaden", sagte er. Das Abwehrgesetz "Blocking Statute" verbietet europäischen Unternehmen unter Strafe, sich beim Handel mit Iran nach amerikanischen Sanktionen zu richten. Dazu sagte Außenhandelspräsident Holger Bingemann der Nachrichtenagentur Reuters am 9. August, das Abwehrgesetz sei ein politisches Signal ohne Wirkung. Solange die Bundesregierung den Unternehmen keine konkreten Unterstützungsangebote mache, würden die Firmen ihre Geschäfte mit Iran nach und nach einstellen.

Auch die Vertreterin der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer, Dagmar von Bohnstein, forderte einem Bericht der AFP vom 6. August zufolge die Politik auf, die Unternehmen bei Iran-Geschäften zu unterstützen. "Wir als Vertreter der deutschen Wirtschaft in Iran appellieren an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, die gesamte Bundesregierung und die EU-Kommission, Wege für eine gesicherte Zahlungsabwicklung im Iran zu finden."

Entscheidend seien nicht finanzielle Hilfen, sagte Bohnstein weiter. Wichtig seien die Transaktionen für die man eine Geschäftsbank finden müsse. Das sei in Anbetracht der gegenwärtigen Lange eine Aufgabe, die nur die Politik leisten könne. Der Geschäftsführer der Handelskammer, Michael Tockuss, kritisierte im Norddeutschen Rundfunk, es gebe "positive politische Stellungnahmen, aber die Bundesregierung wirkt hilflos angesichts dessen, was aus den USA kommt".

Das Problem ist, dass nicht nur Großbanken, sondern auch Sparkassen und Volksbanken nicht bereit sind, Iran Geschäfte zu riskieren, weil sie US-Sanktionen befürchten. Wie die Agentur Reuters am 7. August aus Finanzkreisen berichtete, machen derzeit die Volks- und Raiffeisenbanken keine Geschäfte mehr mit Iran. Dasselbe gilt für die Sparkassen. "Dort, wo mittelständische Unternehmen aktuell in Geschäftsbedingungen zu Partnern im Iran stehen, wird von den sie dabei unterstützenden Kreditinstituten im Einzelfall sehr verantwortungsvoll entschieden, ob und im welchem Rahmen eine Begleitung bei diesen Geschäften noch möglich ist", erklärte der Sparkassen-Spitzenverband DSGV.

Die EU, die bemüht ist das Atomabkommen mit Iran aufrechtzuerhalten, hoffte ursprünglich, dass kleine Banken, die keine oder kaum Geschäfte mit den USA machen, in die Bresche springen und Iran-Geschäfte abwickeln würden. So sagte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger der Rheinischen Post, er sehe "vor allem Potenzial bei den dezentral organisierten Sparkassen und Volksbanken, die Iran-Geschäfte deutscher Unternehmen abzuwickeln". Sie hätten seitens der USA keine Sanktionen zu befürchten. Auch sei man bemüht, die Europäische Investitionsbank "zu einem stärkeren Engagement im Iran zu bewegen", sagte Oettinger. Doch die Signale seien zurückhaltend.

Die abweisende Haltung der Banken und Unternehmen in Deutschland wurde von den USA begrüßt. Die Unterstützung der US-Sanktionen trage dazu bei "Iran zurück an den Verhandlungstisch zu drängen", sagte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell am 7. August laut AFP. Grenell hatte bereits im Mai, wenige Tage nach seinem Amtsantritt, in einem für einen Diplomaten ungewöhnlichen Befehlston deutsche Unternehmen aufgefordert, ihre Geschäfte mit Iran "sofort" herunterzufahren.


MEHRERE DEUTSCHE FIRMEN ZIEHEN KONSEQUENZEN AUS DEN SANKTIONEN

Indes gab der Autobauer Daimler bekannt, sämtliche Geschäfte mit Iran "bis auf weiteres" einzustellen. Die Firma verwies in einer Erklärung auf die schwache Entwicklung der iranischen Wirtschaft und damit des Automobilmarkts. "Wir beobachten die politischen Entwicklungen insbesondere in Bezug auf die Zukunft des Nuklearabkommens weiterhin genau."

Auch Volkswagen erklärte auf Anfrage der AFP, die Firma überprüfe "mögliche Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Wiedereinsatz der US-Sanktionen". Die Agentur zitierte auch den Präsidenten des Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann, der vor den Folgen der US-Sanktionen für deutsche Unternehmen warnte. "Wenn auch die zweite Stufe der Sanktionen Anfang November in Kraft getreten ist, sind Geschäfte für deutsche und europäische Unternehmen mit Iran nahezu nicht mehr möglich", sagte er.

Ebenso wie die genannten Firmen erklärte der Tunnelbohrmaschinen-Bauer Herrenknecht, keine Geschäfte mehr mit Iran tätigen zu wollen. "Wir verzichten auf ein Geschäft mit einem Auftragsvolumen von rund 20 Millionen Euro", sagte Unternehmenschef Martin Herrenknecht der Wirtschaftswoche am 9. August. Er habe sich nicht der Gefahr aussetzen wollen, von den USA bestraft zu werden. "Wir halten uns an politische Rahmenbedingungen", sagte Herrenknecht. Die Firma sollte eine Vortriebsmaschine für den Bau eines Autotunnels in Iran liefern.

Schließlich gaben sowohl Telekom als auch die Deutsche Bahn ihren Rückzug aus dem Iran-Geschäft bekannt. Die Telekom erklärte laut AFP vom 16. August: "Mit Blick auf die Sensibilität in den Beziehungen zum Iran weltweit", habe das Telekom-Beratungsunternehmen Detecon Mitte Mai das Geschäft in Iran beendet. Auch die Deutsche Bahn gab bekannt, "in diesen Tagen" das Iran-Geschäft aufzugeben. Bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung bei der Telekom mehr als 30 Prozent und bei der Bahn zu 100 Prozent Anteile besitzt. Dass auch solche Unternehmen den Appell der EU-Kommission, das Iran-Geschäft nicht aufzugeben, ignorieren, zieht die Zusicherungen der EU, Iran zu unterstützen, in Zweifel.

Auch Siemens gab laut dpa am 24. August bekannt, dass der Konzern "die geeigneten Maßnahmen" ergreifen werde, um die "Geschäftsaktivitäten mit den sich verändernden multilateralen Rahmenbedingungen bezüglich Iran in Einklang zu bringen". Die Firma werde sich weiterhin konsequent an alle Vorschriften und Einschränkungen "einschließlich US-amerikanischer Sekundärsanktionen" halten.

Die Entscheidung des Konzerns wurde bereits zuvor vom amerikanischen Botschafter in Deutschland, Richard Grenell bekannt gegeben. "Siemens hat mitgeteilt, dass sie sich aus Iran zurückziehen, um US-Sanktionen zu erfüllen", twitterte er am 23. August. Der Konzern hatte nach Abschluss des Atomabkommens Vereinbarungen mit Iran bezüglich der Lieferung von Gasturbinen und Lokomotiven getroffen und auch bereits mit der Umsetzung begonnen. Nach dem Austritt der USA aus dem Abkommen erklärte der Konzern, laufende Projekte in Iran zu Ende bringen zu wollen. "Dinge, die wir begonnen haben, werden wir, so dies im rechtlichen Rahmen möglich ist, zu Ende bringen", sagte Finanzvorstand Ralf Thomas im Mai.


STADLER STOPPT VERHANDLUNGEN

Der Schweizer Zughersteller Stadler hatte im Februar laut Reuters vom 7. August eine Absichtserklärung bezüglich eines milliardenschweren Auftrags für die Lieferung von 960 U-Bahn-Waggons an Iran unterschrieben. Doch die Firma erklärte nun, dass sie die Verhandlungen vorerst gestoppt habe. "Selbstverständlich hält sich Stadler an alle internationale Sanktionen und Handelsembargos", hieß es. Damit reagierte die Firma auf die jüngsten Sanktionen der USA gegen Iran.


TOTAL ZIEHT SICH ENDGÜLTIG AUS IRAN ZURÜCK

Nun ist es offiziell. Der französische Energiekonzern Total erklärte am 20. August, nun endgültig aus dem im Juli vergangenen Jahres abgeschlossenen Vertrag zur Erweiterung des Erdgasfeldes South Pars am Persischen Golf auszusteigen. Total hatte in dem 4,8 Milliarden Euro-Projekt bisher erst 47 Millionen investiert. Für ein Unternehmen, das mit Investitionen von jährlich 15 Milliarden Dollar in 130 Ländern tätig sei, seien 47 Millionen kein großer Verlust, sagte Firmenchef Pouyanné. Auch China ist mit 30 Prozent an dem Projekt beteiligt.

Bereits vor der offiziellen Absage hatte Ölminister Bijan Sangeneh das Parlament in Teheran über den Rückzug von Total informiert. Er sagte, Verhandlungen über eine Übernahme des französischen Anteils durch ein anderes Land stünden vor dem Abschluss.


BRITISH AIRWAYS, AIR FRANCE UND KLM ZIEHEN SICH AUS IRAN ZURÜCK

British Airways erklärte am 23. August auf eine Anfrage der BBC über eine mögliche Einstellung der Flüge nach Iran: "Da es sich gegenwärtig ökonomisch nicht mehr rechnet diese Strecke zu fliegen, werden wir die Flüge nach Iran einstellen." Der letzte Flug nach Teheran werde am 22. September sein und von Teheran nach London am 23. September. Die Firma entschuldigte sich bei Passagieren, die Flüge nach diesem Datum gebucht hätten. Sie habe Verhandlungen mit anderen Gesellschaften begonnen, um für Ersatzflüge zu sorgen. Sollte dies nicht gelingen, würden die Passagiere ihr Geld zurückbekommen. Der iranische Botschafter in London, Hamid Baidinedschad, äußerte auf seiner Twitter-Seite sein Bedauern über die Entscheidung von British Airways.

Ähnlich begründete die französische Fluggesellschaft Air France die Einstellung ihrer Flüge nach Iran. Sie werde ab 18. September nicht mehr nach Iran fliegen, denn die Flüge in das Land seien wirtschaftlich nicht mehr vertretbar, sagte ein Sprecher.

Auch die holländische Fluggesellschaft KLM gab bekannt, am 24. September ihre Flüge nach Iran zu beenden. Es seien rein wirtschaftliche Gründe, die zu dieser Entscheidung geführt hätten, hieß es.

Demgegenüber teilte die Deutsche Lufthansa mit, die Einstellung ihrer Flüge nach Iran nicht geplant zu haben. Allerdings werde sie die Lage genau beobachten.


EU-UNTERSTÜTZUNG FÜR IRAN

Nach all den Beteuerungen der EU, Irans Vorteile am Atomabkommen zu sichern, hat die EU nun konkrete Schritte unternommen. Die zuständige EU-Kommission in Brüssel teilte laut dpa vom 23. August mit, dass sie eine Unterstützung in Höhe von 50 Millionen Euro für Iran vorgesehen habe. Demnach sollen zunächst iranische kleine und mittlere Unternehmen mit acht Millionen unterstützt werden. Ferner sollen Projekte in den Bereichen Gesundheit und Umwelt mit zehn Millionen Euro unterstützt werden. Die EU erklärte mehrmals, dass sie alles unternehmen wolle, um einen Austritt Irans aus dem Atomabkommen zu vermeiden. Die nun vorgesehenen 50 Millionen Euro sind jedoch erst einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein und haben mehr oder weniger symbolischen Charakter. Vor allem, wenn im November das von den USA angekündigte Öl-Embargo und die Isolierung Irans von den internationalen Finanzinstituten in Kraft treten, müssten weitreichendere Maßnahmen getroffen werden, um die Wirtschaft Irans vor einem möglichen Zusammenbruch zu retten.

Die EU-Initiative stieß auf Kritik aus den USA. Es sei "die falsche Botschaft zur falschen Zeit", sagte der amerikanische Iran-Beauftragte Brian Hook am 25. August laut Reuters. "Auslandshilfe europäischer Steuerzahler verstetigt die Fähigkeit des Regimes, die Bedürfnisse seiner Bevölkerung zu vernachlässigen, und sie erstickt sinnvolle politische Veränderungen." Hook forderte Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA, um dauerhafte Lösungen zu finden, die das iranische Volk wirklich unterstützten und die Bedrohung des Regimes für regionale und globale Stabilität beende. "Mehr Geld in die Hände der Ayatollahs" bedeute mehr Geld für Attentate in europäischen Ländern, zitiert Reuters den Iran-Beauftragten.

Auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die EU-Hilfsleistung an Iran als "großen Fehler". "Ich denke, diesem Regime zu dieser Zeit Geld zu geben, ist ein großer Fehler und sollte gestoppt werden", sagte er am 24. August laut dpa nach einem Treffen mit seinem baltischen Amtskollegen Saulius Skvernelis in Litauens Hauptstadt Vilnius. "Es ist wie eine vergiftete Pille für das iranische Volk." Die Finanzhilfe werde nicht dem iranischen Volk zugutekommen, sagte Netanjahu weiter. Vielmehr werde sie "für Raketen und Revolutionsgarden in Iran, in Syrien und anderswo im Nahen Osten" eingesetzt. "Ich denke, das sollte geändert werden. Alle Länder sollten sich den Bemühungen anschließen, die Sanktionen gegen Iran wiederherzustellen."


TÜRKEI UND CHINA WOLLEN SANKTIONEN NICHT AKZEPTIEREN

Die Türkei und China bezeichneten die von den USA angedrohten Sanktionen gegen Unternehmen, die mit Iran Geschäfte machen als "einseitig und illegal" und für sie unakzeptabel. Das Außenministerium in Peking erklärte am 8. August, der Handel mit Iran sei "transparent, vernünftig, fair und legitim". Er widerspreche nicht den Resolutionen des UN-Sicherheitsrats.

Mit dem Import von 650.000 Barrel Öl pro Tag, ist China der größte Käufer iranischen Öls. Der Ölimport aus Iran macht sieben Prozent des gesamten Ölimports Chinas aus. Die Frage ist, wie China sich verhalten wird, wenn, wie angekündigt, im November der Boykott des iranischen Öls in Kraft tritt.

China hat inzwischen sein wirtschaftliches Engagement in Iran weiter ausgebaut. Das chinesische Energieunternehmen China National Petroleum Corporation (CNPC) hat laut einem Bericht der Agentur Reuters vom 11. August den Anteil des französischen Energieunternehmens Total bei der Erschließung des iranischen Erdgasfeldes South Pars übernommen. Die französische Firma hatte nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen den seit 2017 bestehenden Vertrag mit Iran gekündigt. Vereinbart war eine Anfangsinvestition in Höhe von einer Milliarde Dollar. Den Anteil von Total mit 50,1 Prozent übernahm nun CNPC, die bereits mit 30 Prozent an dem Projekt beteiligt sind. Diese Nachricht wurde von der Agentur Irna unter Berufung auf Mohammad Mostafawi, Direktor für Investitionen bei der staatlichen iranischen Ölfirma NIOC, veröffentlicht. Von chinesischer Seite liegt nach Reuters noch keine Bestätigung vor.

Auch die Türkei will sich gegen die US-Sanktionen zur Wehr setzen. Energieminister Fatih Donmetz sagte am 8. August, der Handel zwischen der Türkei und der Islamischen Republik sei "völlig legitim". Sein Land werde nach wie vor aus dem Nachbarland Iran Gas importieren. Das Geschäft basiere auf einem langjährigen Vertrag, der bis zum Jahr 2026 gültig sei. Die Türkei beziehe jährlich rund 9,5 Milliarden Kubikmeter Gas aus Iran. "Wir werden unsere Bevölkerung nicht der Kälte und Dunkelheit aussetzen, ohne Gas und ohne Strom", sagte der Minister.

Tatsächlich werden fast 40 Prozent des türkischen Strombedarfs aus importiertem Gas erzeugt. Hauptlieferanten von Gas und Öl in die Türkei sind Iran und Russland. Die Ablehnung der Türkei, sich den Sanktionen der USA zu beugen, wird das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Washington und Ankara weiter verschärfen.


FÜNF ATR-FLUGZEUGE IN TEHERAN GELANDET

Kurz vor Beginn der Sanktionen gegen Iran landeten iranischen Medienberichten zufolge am 5. August fünf Passagierflugzeuge des italienisch-französischen Flugzeugherstellers ATR auf dem Teheraner Flughafen Mehrabad. Höchstwahrscheinlich werden diese Maschinen die vorläufig letzten sein, die aus Europa an Iran geliefert werden. Sie sind für die staatliche Fluggesellschaft Iran Air bestimmt. Verkehrsminister Abbas Achundi dankte der Europäischen Union für ihren Einsatz. "Das war ein wichtiger und positiver Schritt und zeigt, dass die EU sich an ihre Verpflichtungen aus dem Atomabkommen hält", sagte er

Wie die Agentur Isna berichtet, sind es mit diesen fünf Maschinen insgesamt nun 16 Flugzeuge, die seit dem Atomabkommen aus Europa an Iran geliefert wurden. Ursprünglich hatte Iran 20 ATR-Flugzeuge bestellt. Laut Vertrag sollten sie bis Ende diesen Jahres geliefert werden. Eine weitere Lieferung wird es nach den neuen US-Sanktionen gegen Iran wohl nicht mehr geben.

Vor dem Atomabkommen wurden aufgrund bestehender Sanktionen keine Flugzeuge oder Ersatzteile aus Europa oder den Vereinigten Staaten an Iran geliefert. Nach dem Abkommen wurde den Flugzeugbauern die Erlaubnis erteilt, mit Iran Geschäfte zu machen. Daraufhin bestellte Teheran 80 Maschinen bei der Firma Boeing und 100 Maschinen bei der Firma Airbus. Doch beide Firmen stellten nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen ihre Geschäfte mit Iran ein. Bis dahin hatte Boeing noch keine Maschinen an Iran geliefert, Airbus nur drei.


TOURISMUS SOLL MEHR DEVISEN BRINGEN

Iran will, um den US-Sanktionen entgegenzuwirken, den Tourismus ausbauen. "Besonders jetzt können wir mit der Förderung unseres Tourismuspotentials eine alternative Einnahmequelle für Devisen schaffen, sagte Vizepräsident und Tourismus-Chef Ali Asghar Munessian am 12. April laut dpa.

Ziel sei es, die Zahl der Touristen von fünf Millionen im vergangenen Jahr auf zehn Millionen zu erhöhen, sagte Munssian. Insbesondere soll um Touristen aus den Ländern der Europäischen Union geworben werden. Der neuen Verordnung nach können Touristen ihr Geld sowohl bei Banken als auch bei Wechselstuben umtauschen. Günstiger ist es bei Wechselstuben, weil dort der Kurs für Euro wesentlich höher ist. Dadurch wird die Reise nach Iran für EU-Bürger billiger. Zurzeit befindet sich die Landeswährung im freien Fall.

Zu den Einschränkungen, die der islamische Staat Touristen auferlegt, wie zum Beispiel Kleidungsvorschriften für Frauen, die viele Europäerinnen von der Reise in das Land abhalten, sagte Munessian. "Andere Länder, andere Vorschriften - die müssen halt respektiert werden." Ob die Islamische Republik sich dazu entschließen könnte, die Vorschriften für Touristen zu lockern, ist mehr als fraglich.


KEIN GELD FÜR DEN NATIONALTRAINER

Die Wirkung der Sanktionen macht selbst beim Fußball nicht Halt. Der aus Portugal stammende Trainer der iranischen Nationalmannschaft, Carlos Queiroz, hat sein Honorar nicht erhalten, weil die zuständige Behörde ihm kein Geld überweisen konnte. "Wir schulden Queiroz 700.000 Dollar, können das Geld aber (wegen der Sanktionen) nicht überweisen", sagte Mehdi Tadsch, Präsident des Verbands FFI laut dpa. Konkret besteht das Problem darin, dass die USA Banken mit Strafen bedroht haben, sollten sie sich direkt oder indirekt an Finanztransaktionen mit Iran beteiligen. Nun soll laut Tadsch das Teheraner Außenministerium um Hilfe gebeten werden. "Wenn es klappt, arbeiten wir weiterhin mit Queiroz zusammen, wenn nicht, dann müssen wir nach Alternativen suchen", sagte er.

Die Nationalmannschaft benötigt auch für die Vorbereitung auf die Asien-Meisterschaften Anfang nächsten Jahres in den Vereinigten Arabischen Emiraten rund fünf Millionen Dollar, die ebenfalls wegen bestehender Sanktionen fehlen.


MASSENRÜCKWANDERUNG VON AFGHANEN AUS IRAN

Die gegenwärtige Wirtschaftskrise in Iran und der Verfall der Landeswährung haben hunderttausende afghanische Arbeiter dazu veranlasst, in ihre Heimat zurückzukehren. Sie waren nach Iran gekommen, um mit ihrem Arbeitslohn ihre Familien unterstützen zu können. Nun fürchten sie, noch schwerer als bisher Arbeit finden zu können. Auch der Verfall der Landeswährung wertet zwangsläufig das Geld ab, das sie nach Hause schicken können. Zudem befürchten sie, dass durch die neuen Sanktionen, die die USA gegen Iran angekündigt haben, die Lage wesentlich schlimmer werden könnte.

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AUSSENPOLITIK

• Konflikte zwischen Iran und USA verschärfen sich
• Abkommen mit Anrainerstaaten am Kaspischen Meer
• Israel droht mit Militäreinsatz
• Iran zeigt sich offen für Abzug aus Syrien
• Nordkoreas Außenminister zu Besuch in Teheran
• Iran: Saudis lehnen Vermittlungen ab
• Iran verurteilt Erklärung der Organisation für Islamische Zusammenarbeit
• Amerikaner bewerten Iran weniger negativ
• Irak soll Reparationen zahlen
• Irak will nur teilweise US-Sanktionen befolgen
• Zagheri vorübergehend aus der Haft entlassen


KONFLIKTE ZWISCHEN IRAN UND USA VERSCHÄRFEN SICH

Iran hat seit dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mehrmals Verhandlungen mit den USA abgelehnt. "Amerika verfolgt einen Zick-Zack-Kurs. Niemand kann ihnen mehr vertrauen", sagte Außenminister Mohammad Dschawad Sarif am 8. August. US-Präsident Trump hatte wenige Tage zuvor seine Bereitschaft zu einem Treffen mit Irans Präsident Hassan Rohani erklärt.

In Iran sind Gerüchte über geheime Verhandlungen zwischen Teheran und Washington im Umlauf. Dazu sagte Sarif in einem Interview mit der Zeitung "Iran", er wisse nichts davon.

Sollte es solche Verhandlungen geben, habe er darüber keine Informationen. Verhandlungen mit den USA seien nicht tabu. Doch dazu fehle das Vertrauen, sagte der Minister.

Am 8. August warnte der Befehlshaber des für die Region des Persischen Golfs zuständigen US-Zentralkommandos, General Joseph Votel, Iran solle sich hüten, die Straße von Hormus zu blockieren. Die Lage werde von den USA genau beobachtet. Iran habe in der Region Minen, Küstenabwehrbatterien und mit Sprengstoff beladene Boote. Anlass der Warnung war ein Manöver der iranischen Marine am Persischen Golf. Dafür sei der Oberbefehlshaber der Al Kuds Brigade, General Ghassem Soleimani, verantwortlich, sagte Votel. "Für mich ist klar, dass Soleimani und die Al-Kuds-Brigade für die zerstörerischen Aktivitäten Irans in der Region, vor allem in Syrien, Irak, Jemen und Libanon die Hauptverantwortung tragen", sagte er. Die Al-Kuds Brigade ist die für Auslandseinsätze zuständige Abteilung der iranischen Revolutionsgarden.

Am 13. August erklärte Revolutionsführer Ali Chamenei: "Ich verbiete jedes Gespräch mit Amerika. (...) Die USA halten nie ihre Versprechen, die sie bei Verhandlungen gemacht haben." Zugleich versuchte Chamenei die Ängste der Bevölkerung vor den Folgen der Sanktionen zu beschwichtigen: "Die Amerikaner übertreiben die Wahrscheinlichkeit eines Krieges mit Iran. Wir haben nie einen Krieg begonnen und sie werden uns militärisch nicht herausfordern." Es sei ein Fehler gewesen, über das iranische Atomprogramm Verhandlungen zu führen, fuhr Chamenei fort. "Ich habe Fehler gemacht, habe den Herren (der Regierung) nachgegeben und ihnen erlaubt Verhandlungen zu führen. Allerdings haben sie dabei einige rote Linien überschritten." Das war eine scharfe Kritik an Rohani, den er auch wegen seiner Wirtschaftspolitik attackierte. Die Währungskrise sei durch die Unfähigkeit der Regierung zustande gekommen, sagte Chamenei. Die ganze Wirtschaftskrise sei nicht durch Druck von außen, sondern durch Fehler im Innern entstanden.

Am 16. August gab das US-Außenministerium die Gründung einer Aktionsgruppe bekannt, die das Vorgehen gegen Iran koordinieren werde. Geleitet werde die Gruppe vom Direktor für Politikplanung im Außenministerium, Brian Hook, sagte Außenminister Mike Pompeo in Washington. Beide versicherten, dass sie eine harte Linie gegen Iran fahren werden. Hook sagte, er werde alles daran setzen, um das "zerstörerische Verhalten" Irans, dessen Atomprogramm, seine Unterstützung von Terrorismus und seine destabilisierenden Aktivitäten in der Region zu beenden. Iran müsse sein Verhalten ändern.

Weiter sagte Hook, er habe wenige Tage zuvor mit seinen europäischen Kollegen Gespräche geführt. Eine wichtige Aufgabe der Gruppe sei, die Sanktionen gegen Iran mit den Verbündeten der USA zu koordinieren. Der iranische Ölexport solle ab dem 4. November auf Null reduziert werden.

Irans Außenminister Sarif verglich die Aktionsgruppe mit der Gruppe, die 1953 den Putsch gegen den damaligen iranischen Ministerpräsidenten Mohammad Mossadegh organisierte. Aber dieses Mal werde der Versuch scheitern, twitterte Sarif am 19. August. "Träumt weiter ... wird nicht nochmal passieren", schrieb er. In einem Interview mit dem Sender CNN sagte Sarif, die USA seien "sanktionssüchtig". Er habe gedacht, die Amerikaner hätten aus Erfahrungen gelernt, dass Sanktionen zwar wirtschaftliche Probleme bringen, aber politisch nicht zum Ziel führen. "Ich gebe zu mich geirrt zu haben", sagte er. Über mögliche Verhandlungen mit Präsident Trump sagte Sarif: "Wenn wir uns die Zeit nehmen würden und er würde ein neues Abkommen unterzeichnen, würden wir nicht wissen, wie lange das Abkommen gültig sein würde, bis zum Ende seiner Amtszeit oder bis er den Raum verlässt."

Am 22. August erklärte John Bolton, Sicherheitsberater im Weißen Haus, während eines Besuchs in Israel, die USA strebten keinen Regimewechsel in Iran an. "Was wir aber wollen, ist eine deutliche Veränderung im Verhalten des Regimes." Die Angriffe Israels auf iranische Militärziele in Syrien bezeichnete er als "legitimen Akt der Selbstverteidigung". Die Ergebnisse der Sanktionen und deren Wirkung auf die iranische Wirtschaft und Bevölkerung seien erfolgreicher als erwartet. Die Aktivitäten Irans in der Region seien nach wie vor feindlich und zerstörerisch.

Am 24. August forderten 16 republikanische US-Senatoren die Regierung auf, die Sanktionen zu beschleunigen und dafür zu sorgen, dass Iran von internationalen Finanzinstituten ausgeschlossen und sogar sein Zugang zur SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) unterbunden wird. Der Zugang zur SWIFT ist für Finanztransaktionen äußerst wichtig.

Am 28. August widersprach US-Außenminister Pompeo Stellungnahmen aus Iran, die besagten, dass die Straße von Hormus vollständig unter iranischer Kontrolle stehe. Bei der Straße von Hormus handele es sich um eine internationale Wasserstraße. Die USA würden dafür sorgen, dass ihre Schiffe, auch die ihrer Verbündeten, problemlos die Straße passieren könnten.


ABKOMMEN MIT ANRAINERSTAATEN AM KASPISCHEN MEER

Die fünf Anrainerstaaten am Kaspischen Meer, Russland, Iran, Aserbaidschan, Turkmenistan und Kasachstan, haben am 12. August auf einem Gipfel im kasachischen Aktau ein Abkommen über die Nutzung des größten Sees der Welt unterzeichnet. "Trotz des Abkommens sind noch wichtige Themen über die Nutzung des Sees ungeklärt geblieben", sagte Irans Präsident Hassan Rohani nach dem Treffen.

Geeinigt haben sich die Regierungschefs der fünf Staaten über "Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Terrorismus", "Kampf gegen organisierte Kriminalität", "wirtschaftliche Zusammenarbeit", "Koordinierung des Transports" und "gemeinsame Maßnahmen zur Vorbeugung von Gefahren". Zudem wurden die Seegrenzen und Fischerei-Zonen festgelegt. Laut Rohani habe man sich auch darauf geeinigt, dass fortan keine bewaffneten fremden Mächte das Meer nutzen dürften.

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif beschrieb unmittelbar nach dem Gipfel in einem ausführlichen Kommentar die Ergebnisse des Treffens. Es sei keine Vereinbarung getroffen worden über die Aufteilung des Meeresbodens. Das müsse so rasch wie möglich geschehen. Gerade über dieses Thema wird seit mehr als einem Jahrzehnt gestritten. Dies gehört zu den wichtigsten Themen, denn unter dem Meeresboden liegen große Öl- und Gasfelder.

Vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion gehörte das Kaspische Meer den beiden Anrainerstaaten Iran und der Sowjetunion. Als die ehemaligen Sowjetrepubliken unabhängig wurden, verlangten auch die drei neuen Anrainerstaaten Aserbaidschan, Turkmenistan und Kasachstan Nutzungsrechte. Seitdem wird über die Aufteilung gestritten. Vor etwa zehn Jahren trafen die anderen Anrainerstaaten außer Iran unter sich Vereinbarungen. Für Iran sahen sie einen Anteil von 13 Prozent vor. Iran lehnt das ab und verlangte einen Anteil von mindestens 20 Prozent.

Nach dem Gipfel in Aktau machte sich in Iran die Sorge über mögliche Zugeständnisse Teherans unter der Bevölkerung und auch unter Politikern breit. So sah sich Rohani drei Tage nach dem Gipfel genötigt, die Position Irans zu erläutern. Auf einer Kabinettssitzung am 15. August sagte er: "Russland, das früher ein Großteil des Meeres für sich beanspruchte, begnügt sich heute mit 17 Prozent." Iran habe bei dem neuen Abkommen bestimmte Privilegien bekommen. "Wir haben einige Fragen geklärt, andere müssen noch geklärt werden." Konkrete Angaben über die Privilegien oder geklärte Fragen machte Rohani nicht.

Auch Sarif erklärte zur Beruhigung der Gemüter: "Iran hat in keinem Punkt nachgegeben." Das Gegenteil befürchten die Kritiker. Der im Pariser Exil lebende frühere Staatspräsident Abolhassan Bani Sadr erklärte, das Abkommen, dessen Inhalt weder der Öffentlichkeit noch dem Parlament bekannt sei, habe keine Gültigkeit. Alle Staaten, die das Abkommen unterzeichnet haben, sollten sich darüber bewusst sein, dass Iran sich nicht dazu verpflichtet fühle, das Abkommen zu akzeptieren.


ISRAEL DROHT MIT MILITÄREINSATZ

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat laut Reuters vom 2. August Iran mit einem Militäreinsatz gedroht, falls das Land versuchen sollte, die Meerenge Bab al-Mandeb zwischen der arabischen Halbinsel und Afrika zu blockieren. Er sei sich sicher, dass in diesem Fall eine internationale Koalition gegen das Land vorgehen werde und Israel werde diese Koalition unterstützen.

Nachdem die jemenitischen Huthi-Rebellen zwei saudi-arabische Schiffe in der Meerenge Bab al-Mande angegriffen hatten, kündigte Riad an, seinen Öltransport durch die Schifffahrtsstraße auszusetzen. Iran hatte angedeutet, im Falle eines totalen Ölboykotts nicht nur die Straße von Hormus zu blockieren. Es gebe auch andere Möglichkeiten, die Schifffahrt zu blockieren", sagte Präsident Rohani. Damit war auch die Meerenge Bad al-Mande gemeint. Diese passiert ein Großteil der Schiffe, die Waren aus asiatischen Häfen nach Israel transportieren.

Am 6. August forderte Netanjahu die EU auf, sich den US-Sanktionen gegen Iran anzuschließen. "Es ist an der Zeit aufzuhören zu reden, es ist an der Zeit etwas zu tun", sagte er. Die Sanktionen der USA symbolisierten die "Entschlossenheit, die regionale Aggression Irans und seine andauernden Pläne, sich mit Nuklearwaffen zu bewaffnen, zu stoppen".

Bei einem Treffen mit dem Nationalen Sicherheitsberater im Weißen Haus, John Bolton, in Jerusalem am 19. August äußerte Netanjahu seine Freude darüber, sich mit ihm zu treffen, um Wege zu finden, wie Irans Aggression in der Region beendet werden könne. Bolton erklärte, die ballistischen Raketen Irans und dessen Atomprogramm stünden im Weißen Haus "ganz oben auf der Liste" der Themen, über die dringend gesprochen werden soll.

Am 23. August begrüßte Netanjahu während eines Besuchs in Litauen die Entscheidung einiger Fluggesellschaften, ihre Flüge nach Iran einzustellen. "Das ist gut. Mehr sollte folgen, mehr wird folgen, weil Iran für seine Aggression in der Region, für seinen Versuch, den Terrorismus zu verbreiten, nicht belohnt werden sollte", sagte er laut dpa. Der Regierungschef lobte auch Litauens "sehr nüchterne Haltung" zum Atomabkommen mit Iran, einem Abkommen, das er als "schrecklichen Deal" bezeichnete.


IRAN ZEIGT SICH OFFEN FÜR ABZUG AUS SYRIEN

"Sobald wir das Gefühl haben, dass Syrien sich einer Stabilität nähert, können wir auch definitiv unsere militärischen Beratungen reduzieren - oder ganz abziehen", sagte der Sprecher des Außenministeriums Bahram Ghassemi am 5. August. Die Entscheidung darüber liege allein bei der syrischen Regierung, denn Teheran sei auch auf Wunsch von Damaskus im syrischen Krieg aktiv geworden.

Die überraschende Stellungnahme deutet darauf hin, dass der Druck aus Russland auf Iran wächst. Beide Staaten haben im syrischen Krieg die Regierung von Präsident Bashar Al-Assad unterstützt und in den letzten Jahren eng miteinander kooperiert. Doch nun, nachdem sich eine Stabilisierung der Regierung in Damaskus abzeichnet und sowohl der Westen als auch Israel sich scheinbar damit abgefunden haben, dass Assad fürs Erste an der Macht bleiben wird, tauchen zwischen Teheran und Moskau Differenzen auf. Vor allem scheint Russland nicht bereit zu sein, seine durch den Syrienkrieg erreichte Position wegen Iran zu gefährden.

Bereits vor Monaten hatte Russland erklärt, dass nach Herstellung des Friedens in Syrien alle fremden Truppen sich aus Syrien zurückziehen sollten. Zugleich betonte aber der russische Außenminister Sergei Lawrow, dass ein Abzug iranischer Truppen aus Syrien "absolut unrealistisch" sei. Allerdings befürworte er den Rückzug nicht-syrischer Truppen aus dem Grenzgebiet zu Israel.

Russland hat viele Hebel in der Hand, um seinen Willen in Teheran durchzusetzen. Die Konflikte mit dem Westen haben die Islamische Republik in vieler Hinsicht in die Abhängigkeit von Russland und China getrieben.


NORDKOREAS AUßENMINISTER ZU BESUCH IN TEHERAN

Am 8. August empfing Präsident Hassan Rohani in Teheran den nordkoreanischen Außenminister Ri Yong Ho. Themen des Gesprächs waren die Beziehungen beider Staaten und die Politik der USA unter Präsident Donald Trump. Rohani warnte den koreanischen Politiker, der Regierung in Washington zu trauen. "Die Haltung der USA in der letzten Zeit hat dazu geführt, dass sie weltweit nicht mehr als ein zuverlässiges Land angesehen werden", sagte er. Als Beispiel nannte er das Verhalten Washingtons in Bezug auf das Atomabkommen mit Iran und betonte, die Regierung in Washington sei nicht zuverlässig.

Beide Politiker bekundeten ihr Interesse an einem Ausbau der Beziehungen zwischen den beiden Staaten und an einer engen Kooperation in internationalen Gremien. Ho kritisierte den "Unilateralismus" der USA. Zu den laufenden Verhandlungen zwischen seinem Land und den USA nahm er keine Stellung.


IRAN: SAUDIS LEHNEN VERMITTLUNGEN AB

Außenamtssprecher Bahram Ghassemi erklärte am 4. August, die Saudis hätte die diplomatischen Beziehungen mit Teheran abgebrochen, sie zeigten keine Neigung, Vermittlungsvorschläge einiger arabischer Staaten anzunehmen. "Wir haben keinen der Vorschläge arabischer Staaten, die zwischen uns und Saudi-Arabien vermitteln wollten, abgelehnt, doch die Saudis scheinen kein Interesse an Vermittlungen zu haben", sagte der Sprecher.

Saudi-Arabien hatte nach dem Sturm von Demonstranten auf die saudische Botschaft in Teheran im Januar 2016 seine Diplomaten aus Iran zurückberufen und die Beziehungen mit Teheran abgebrochen. Ausgelöst hatte den Protest die Hinrichtung eines populären schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien. Seitdem vertritt die Schweiz die Interessen beider Staaten im jeweils anderen Land.

Teheran hat immer wieder Gesprächsangebote an Saudi-Arabien gerichtet. Doch die Saudis, die inzwischen gemeinsam mit den USA, Israel und anderen arabischen Staaten eine Koalition gegen Iran gebildet haben, haben die Angebote Teherans abgelehnt.

Nun hat Saudi-Arabien einem iranischen Diplomaten und einer zehnköpfigen Gruppe die Einreise in das Land zur Erledigung konsularischer Angelegenheiten erlaubt. Der Diplomat Mohammad Alibak, Abteilungsleiter für Oman und Jemen im Teheraner Außenministerium, wird aber nicht, wie von Teheran gewünscht, in der iranischen Botschaft in Riad residieren, sondern, wie Ghassemi am 7. August mitteilte, in der Schweizer Botschaft. Ob dies als erster Schritt zu einem Kurswechsel zu deuten ist, scheint im Hinblick auf die gegenwärtige Lage höchst fraglich. Politische Beobachter gehen eher davon aus, dass die Saudis der Einreise zugestimmt haben, weil dies im Zusammenhang mit der Teilnahme iranischer Pilger an den Zeremonien in Mekka und Medina notwendig wurde.


IRAN VERURTEILT ERKLÄRUNG DER ORGANISATION FÜR ISLAMISCHE ZUSAMMENARBEIT

Iran hat eine gegen das Land gerichtete gemeinsame Erklärung der Mitglieder der Organisation für Islamische Zusammenarbeit scharf verurteilt. Die Organisation besteht aus 56 Mitgliedern. Es sind Staaten, in denen Muslime die Mehrheit der Bevölkerung oder eine beachtliche Minderheit bilden.

"Derartige einseitige und unfaire Erklärungen entstehen unter dem Druck aus Saudi Arabien", sagte Bahram Ghassemi, Sprecher des Teheraner Außenministeriums. Die Mitglieder der Organisation hatten am 8. August am Ende einer Sondersitzung in der saudischen Hafenstadt Dschidda eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie den Angriff der Huthis aus Jemen auf zwei saudische Öltanker in Bab al Mandab, der Meerstraße, die das Rote Meer mit dem Golf von Aden verbindet, als "Angriff gegen die internationale Schifffahrt" scharf verurteilt. "Solche niederträchtigen Angriffe der terroristischen Huthis, die von Iran unterstützt werden, richten sich gegen die internationale Schifffahrt und den internationalen Handel", heißt es in der Erklärung. Ziel dieser Angriffe und auch der Minenlegung sei, den Interessen der Staaten der Region und der ganzen Welt zu schaden. Die Folgen solcher Angriffe seien auch für die Umwelt verheerend, hieß es weiter. Die Unterzeichner der Erklärung fordern den UN-Sicherheitsrat auf, solche Aktivitäten zu verurteilen und die strikte Einhaltung der UN-Resolution zum Verbot von Waffenlieferungen an die Huthis zu fordern. "Der Sicherheitsrat muss die paramilitärischen Huthis und ihre iranischen Unterstützer zur Verantwortung ziehen."

Ghassemi sagte, Saudi-Arabien und seine Verbündeten, die seit Jahren Städte und Dörfer in Jemen bombardieren, seien für die "menschliche Katastrophe" in diesem Land verantwortlich. Sie versuchten durch solche "wertlosen Erklärungen" von ihren "Verbrechen" abzulenken.

Iran, das ebenfalls Mitglied der Organisation ist, konnte an der Sitzung nicht teilnehmen, weil saudische Behörden den Vertretern des Landes keine Einreiseerlaubnis erteilt hatten. Daher hätten in ihrer Abwesenheit solche "einseitigen" Erklärungen verabschiedet werden können, sagte Ghassemi.


AMERIKANER BEWERTEN IRAN WENIGER NEGATIV

Eine von der Agentur Reuters im vergangenen Monat durchgeführte Umfrage zeigt, dass die Zahl der Amerikaner, die Iran als eine Gefahr für die Sicherheit ihres Landes betrachten, im Vergleich zu vor drei Jahren abgenommen hat.

An der Umfrage, die Reuters einmal 2015 und nun im Juli 2018 durchgeführt hat, hatten mehr als 3000 Personen teilgenommen. Während 2015 von den 3275 Befragten 30 Prozent der Meinung waren, dass Iran für die Sicherheit der USA eine Bedrohung darstellt, stimmten im Juli diesen Jahres nur noch 22 Prozent der 4271 Befragten dieser Aussage zu. Auch die Zahl jener, die der Meinung waren, dass Iran keinerlei Gefahr für die USA bilde, stieg von vier auf sieben Prozent.


IRAK SOLL REPARATIONEN ZAHLEN

Der Vorsitzende des Ausschusses für Nationale Sicherheit und Außenpolitik, Heschmatollah Falahatpischeh, forderte den Nachbarstaat Irak auf, für den achtjährigen Krieg gegen Iran (1980-1988) Reparationen zu zahlen. "Das Land hat die Fähigkeit, Reparationen zu zahlen und es muss zahlen. Darauf kann und wird Iran nicht verzichten", sagte er.

In der UN-Resolution 598 wird bestätigt, dass Irak mit dem Krieg begonnen hatte. Nach dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein hatten sich einige iranische Politiker sporadisch über mögliche Reparationen geäußert. Nachdem nun der irakische Ministerpräsident Haidar Abadi erklärt hatte, Irak werde sich an US-Sanktionen gegen Iran halten, wurden die Forderungen nach Reparationen lauter. Auch der Abgeordnete Mahmud Sadeghi forderte von Bagdad Reparationen. Allerdings korrigierte Abadi wenige Tage später, sein Land werde zwar keine Geschäfte mit Iran in Dollar abwickeln, ansonsten jedoch die Sanktionen ignorieren (siehe nächsten Abschnitt).

Die UN-Resolution über den Waffenstillstand im Krieg zwischen Iran und Irak wurde im Juli 1987 verabschiedet. Bagdad erteilte unmittelbar danach seine Zustimmung. Iran hingegen gab erst ein Jahr später sein Einverständnis. Die Paragraphen, die Kriegsreparationen betreffen, vor allem Paragraph 7 der Resolution, sind bis heute nicht umgesetzt worden. Iran hat sich bisher noch nicht offiziell wegen Reparationen an Bagdad gewandt.


IRAK WILL NUR TEILWEISE US-SANKTIONEN BEFOLGEN

Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi, widersprach nach wenigen Tagen seiner eigenen Äußerung, sein Land werde zur Sicherung seiner Interessen die amerikanischen Sanktionen gegen Iran befolgen. Das Land werde lediglich keine Geschäfte mit Iran in Dollar abwickeln, sagte er am 13. August im staatlichen Fernsehen. Tatsächlich steckt der Irak in einer Zwickmühle. Das Land ist wirtschaftlich und militärisch von den USA abhängig. Daher gäbe es Gründe genug, um alles zu vermeiden, was das Verhältnis zwischen Bagdad und Washington trüben könnte. Auf der anderen Seite ist das Land auch von Iran wirtschaftlich abhängig. Zwischen den Nachbarländern herrscht ein reger Handel. Zudem verfügt Teheran über großen Einfluss in dem Land, soweit dass Abadi mit inneren Unruhen rechnen müsste, wenn er sich zugunsten der USA und gegen Iran entscheiden würde. Nun hat Abadi einen Mittelweg gefunden. Eine Delegation soll, wie aus Regierungskreisen bekannt wurde, demnächst in die USA reisen, um dort über mögliche Ausnahmegenehmigungen zu verhandeln.


ZAGHERI VORÜBERGEHEND AUS DER HAFT ENTLASSEN

Wie einige britische Zeitungen unter Berufung auf ihren Ehemann berichteten, wurde die iranisch-britische Projektmanagerin der Thomson Reuters Stiftung, Nazanin Zagher-Ratcliffe, am 23. August vorübergehend aus der Haft entlassen. Sie habe für drei Tage Hafturlaub bekommen und sei nun an der Seite ihres Vaters, ihrer Mutter und ihrer kleinen Tochter, die sie in Teheran besucht haben, hieß es. "Drei Tage Hafturlaub für Gefangene, die einen Teil ihrer Haftstrafe verbüßt haben, ist nicht ungewöhnlich", hieß es in einer Erklärung der "Kampagne Freiheit für Nazanin". Ihr Anwalt werde eine Verlängerung des Urlaubs fordern. Die Behörden hätten Zagher-Ratcliffe auferlegt, keine Interviews mit den Medien zu führen, ausländische Botschaften, insbesondere die britische Botschaft, nicht aufzusuchen und Iran nicht zu verlassen.

Die heute 37-jährige Zagheri-Ratcliffe wurde vor mehr als zwei Jahren vor ihrem Abflug auf dem Teheraner Flughafen festgenommen. Sie wurde unter dem Vorwurf, durch die Ausbildung von Journalisten in Iran einen Umsturz des Regimes vorbereitet zu haben, zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Sie lehnte den Vorwurf stets entschieden ab. Ihr Besuch in Iran sei rein privat gewesen. Sie habe mit ihrer kleinen Tochter ihre Eltern besuchen wollen, beteuerte sie.

Iran erkennt die doppelte Staatsbürgerschaft nicht an. Aus der Sicht der iranischen Justiz ist Zagheri-Ratcliffe eine iranische Staatsbürgerin, dementsprechend werde sie auch behandelt. Dennoch hat die Tatsache, dass sie die britische Staatsangehörigkeit besitzt, das Verhältnis zwischen Teheran und London betrübt. Die britische Regierung hat alle möglichen Schritte unternommen, um Zagheri freizubekommen. So begrüßte der britische Außenminister Jeremy Hunt den Hafturlaub. "Wirklich gute Neuigkeiten, dass Nazanin auf Hafturlaub entlassen wurde", twitterte der Minister, forderte aber zugleich ihre dauerhafte Freiheit. Ihr Ehemann, Richard Ratcliffe, bezeichnete die Freilassung als "ein unerwartetes, gutes Ereignis". Er befinde sich gemeinsam mit der Familie in der Stadt Damawand, nahe der Hauptstadt Teheran.

Der iranische Botschafter in London, Hamid Baidinedschad, schrieb auf seiner Twitter-Seite: "Das iranische Außenministerium ist in Kontakt mit den Justizbehörden, um mehr humanitäre Hilfen für Zager-Ratcliffe zu ermöglichen."

Am 27. August gab die Kampagne "Free Nazanin" bekannt, dass Zagher-Ratcliffe wieder ins Gefängnis zurückgekehrt ist. Ihr Urlaub sei nicht verlängert worden.

Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
https://themen.boell.de.

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Anja Hoffmann
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
17. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 9/2018 - September 2018 / 17. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2018

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