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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/448: Iran-Report Nr. 9 - September 2019


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 9 - September 2019
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Austritt der USA und der Wiedereinführung von Wirtschaftssanktionen droht das Atomabkommen zu scheitern. Der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch die Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung sind in weite Ferne gerückt. Über den Kurs des Landes, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss. Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Rücktritt des Revolutionsführers gefordert
• Diskussionen um einen möglichen Rücktritt Rohanis
• Rohani: Ohne Telefongespräch mit Obama hätte es kein Atomabkommen gegeben
• Dschannati für ein weiteres Jahr zum Vorsitzenden des Wächterrats gewählt
• Iranisch-französische Wissenschaftlerin festgenommen
• Iranisch-britische Staatsbürgerin weiter im Gefängnis
• Langjährige Haftstrafen für Frauenrechtlerinnen
• Führerschein für Tätowierte nur nach Psycho-Test


RÜCKTRITT DES REVOLUTIONSFÜHRERS GEFORDERT

In einem offenen Brief forderten 14 in Iran lebende politisch und sozial Engagierte den Rücktritt des Revolutionsführers Ali Chamenei sowie substanzielle Korrekturen der Verfassung der Islamischen Republik. Der Brief wurde am 19. Juni in den sozialen Netzwerken veröffentlicht und im In- und Ausland weit verbreitet. Wir geben einige Passagen aus dem Brief wieder:

Seit Jahren schon seien gesellschaftlich und kulturell engagierte Persönlichkeiten, die um das Schicksal ihres Landes besorgt seien, bemüht, mit ihrer Kritik strukturelle und fundamentale Änderungen in der politischen und sozialen Ordnung der Islamischen Republik durchzusetzen, heißt es in dem Brief. Sie hätten die verantwortlichen Amtsträger immer wieder gewarnt und aufgefordert, die Rechte der Bürger zu achten und auf Handlungen und Entscheidungen zu verzichten, die meilenweit von den Bedürfnissen und Forderungen der Bevölkerung entfernt seien.

Kritiker hätten immer wieder gefordert, den Staat von "verderblichen und nutzlosen Institutionen zu säubern" und mit vereinten Kräften, gestützt auf demokratische Strukturen, den Weg Chameneis und seiner Truppe, der zur Zerstörung und Niedergang des Landes führe, eine Absage zu erteilen.

Diese "mutigen Kritiker," hätten immer wieder vergeblich die Staatsführung der Islamischen Republik, insbesondere Chamenei, aufgefordert, die "zerstörerischen Irrwege, die ins Verderben führen," zu verlassen. Doch sie wurden für ihren Einsatz mit Gefängnis und Folter bestraft. Einige seien gestorben, andere leiden immer noch unter den Folgen.

Die schreckliche Geschichte der vergangenen vierzig Jahren zeige, dass die Staatsführung nicht nur nicht gewillt sei, der Bevölkerung entgegenzukommen, sie "beharrt auf die Fortsetzung der Irrwege und der Despotie," schreiben die vierzehn Autoren. Alle haben den Brief mit ihrem vollen Namen nebst Foto unterzeichnet.

"Da, wo die Exekutive und Legislative (gemäß der Verfassung der Islamischen Republik) frei vom Volk gewählt werden sollen, mischt sich der mit unbegrenzten Befugnissen ausgestattete Revolutionsführer ein, und zwingt mit Hilfe des von ihm ernannten Wächterrats die Abgeordneten, sich seinem Willen unterzuordnen. So verwandeln sich der Wächterrat und das Parlament in Instrumente zum Machterhalt des Revolutionsführers," schreiben die Unterzeichner. Das Ergebnis sei, dass der Staatspräsident mehr Macht verlange und die "Abgeordneten gestehen, dass nicht nur der Staatspräsident machtlos ist, sondern auch sie selbst nichts zu sagen haben."

"Alle Fakten weisen darauf hin, dass sowohl der Staatspräsident als auch die Abgeordneten des Parlaments nichts anderes sind als 'Wasserträger des Revolutionsführers' und dass die Menschen, die sie wählen, keine Möglichkeit haben, geeignete Kandidaten zu wählen, sondern zwangsläufig, jene wählen, die sich wie Knete in der Hand des Revolutionsführers formen lassen."

"In Anbetracht dieser Zustände kann unserer Auffassung nach, entgegen des Wortlauts der Verfassung, in unserem Staat weder von einer Republik noch von Freiheit die Rede sein. Denn weder das Volk spielt bei der Wahl der Abgeordneten und der Staatsführung eine Rolle, noch haben die sozial und politisch Engagierten die Möglichkeit, ohne den Rücktritt Chameneis und eine Änderung der Verfassung, etwas auszurichten."

"Wir leben in einem Land, das reich an Bodenschätzen ist und fähige und gut ausgebildete Menschen hat, welches verschwendet wird und von Zerstörung und Vernichtung bedroht ist. Wir Unterzeichner sind davon überzeugt, dass endlich die Zeit gekommen ist, dass alle Aktivisten, die um das Schicksal ihres Landes besorgt sind, hervortreten, auf Kompromisse verzichten, die unser Reichtum zu vernichten und unsere Kultur zu zerstören drohen, und mit aller Deutlichkeit und Klarheit eine fundamentale Änderung der Verfassung und den Rücktritt des Revolutionsführers fordern."

In einem zweiten offenen Brief, den dieselben Unterzeichner wenige Tage später veröffentlichten, heißt es:

"Wir erklären, ohne Furcht und Rücksichtnahme, dass nach unserer Auffassung die Islamische Republik auf der Grundlage diktatorischer Gesetze und Bestimmungen basiert. Daher nehmen wir gezielt jene Symbole des Verderbens, die Verfassung und die absolute Herrschaft des Geistlichen ins Visier und verlangen die Durchsetzung der gerechten Forderungen der überwiegenden Mehrheit des Volkes."

"Noch klarer ausgedrückt: Wir sind gegen diesen Staat, seine Herrschaft, seine Institutionen und Gewalten. Wir sind der festen Überzeugung, dass es keine Möglichkeit gib, dieses Regime zu reformieren oder es neu aufzubauen. Unser Ziel ist eine friedliche Überwindung dieses zerstörerischen Regimes und die Durchführung freier Wahlen."

"Wir hoffen auch auf einen demokratischen, säkularen Staat, der sich nach der Internationalen Konvention der Menschenrechte richtet und eine zeitgemäße, moderne Verfassung besitzt."

"Was wir mit der Veröffentlichung unseres ersten Briefs gefordert haben, ist eine gemeinsame, parteiübergreifende vollständige Überwindung der Islamischen Republik, eine Forderung, die unabhängig von unterschiedlichen Auffassungen und Parteizugehörigkeiten, von allen Menschen geteilt wird, die in Freiheit leben wollen."

Anfang August wurden einige Unterzeichner in der Stadt Maschad, im Nordosten des Landes festgenommen. Mohssen Sayyah, verantwortlich für die Sicherheit der Provinz Chorasan, erklärte im Interview mit dem "Klub junger Journalisten" am 11. August: "Einige mit dem Ausland verbundene Personen, die nach Maschad gereist waren, um die Bevölkerung zu Protesten gegen die Islamischen Republik zu bewegen und Unruhe zu stiften, wurden bei einer illegalen Versammlung vor dem Justizgebäude festgenommen."

Auch die rechts orientierte Agentur Tasnim berichtete, "die Festgenommenen waren aus verschiedenen Gegenden des Landes nach Maschad gereist, um Unruhe zu stiften." Am 25. August gab das Informationsministerium in Maschad bekannt, dass die Unterzeichner der Briefe mit ausländischen Geheimdiensten in Verbindung gestanden und einen Umsturz geplant hätten. Das Ministerium betonte, dass die Festnahme der Beschuldigten nichts mit dem offenen Brief an Chamenei zu tun gehabt hätte!


DISKUSSIONEN UM EINEN MÖGLICHEN RÜCKTRITT ROHANIS

Bezüglich eines möglichen Rücktritts des Präsidenten Hassan Rohani veröffentlichte das persischsprachige Programm der BBC am 4. August einen Artikel, den wir im Folgenden zusammenfassen:

Zwei Monaten nach der Unterzeichnung des Atomabkommens betonte Rohani in New York, wo er sich zur Teilnahme an der UN-Vollversammlung aufhielt, Iran und die USA hätte guten Willen gezeigt und, wenn das Verhältnis der beiden Staaten sich in diesem Sinne weiterentwickeln würde, könne die bilaterale Zusammenarbeit intensiviert werden. Beide Staaten könnten sich dann auf Lösungen anstehender Probleme konzentrieren. Doch wenige Tage später verbot Revolutionsführer Ali Chamenei jedes weitergehende Gespräch mit den Vereinigten Staaten. Er sagte: "Verhandlungen mit den USA bedeutet Öffnung der Türen, damit sie (die Amerikaner) ihren Einfluss auf die Wirtschaft, Politik, Kultur und Sicherheit unseres Landes steigern können." Es spiele keine Rolle, wer in den USA regiere, "ob Trump, Obama oder sonst wer." Es sei die Strategie der USA, durch Verhandlungen ihren Einfluss zu steigern. Daher dürfe sich die Regierung auf Washingtons Offerten nicht einlassen.

Aus seinem Blickwinkel betrachtet, müsste Chamenei von vornherein davon ausgegangen sein, dass das Atomabkommen nicht lange halten werde. Denn wie sollte ein Abkommen Bestand haben, wenn zwei Partner einander feindlich gegenüberstehen und nicht einmal bereit sind, miteinander über ihre Probleme zu verhandeln? Selbst wenn nicht Trump, sondern ein anderer in den USA Präsident wäre, hätte das Abkommen beim Fortbestand der Konflikte nicht langfristig bestehen können.

Mit dem Ausstieg der USA wird das Abkommen kaum noch zu retten sein. Damit sind auch die Pläne von Rohani, nach der Aufhebung der Sanktionen die Wirtschaft anzukurbeln, so gut wie gescheitert. Auch die mehrmals angekündigte Öffnung nach Innen und das Versprechen, mehr Freiheit zu gewähren, die Zensur aufzuheben und dergleichen mehr, konnten nicht realisiert werden. Wirtschaftlich geht es den Menschen im Land nicht besser, sondern wesentlich schlechter. Einem Bericht der Agentur Isna zufolge sind die Lebenshaltungskosten im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt um 48 Prozent gestiegen, die Preise für Nahrungsmittel sogar um 72 Prozent. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage zeigt, dass die Unzufriedenheit mit dem Staat im Vergleich zum Vorjahr enorm gestiegen ist.

Rohani versuchte vor zwei Monaten die Schuld für die miserable Lage auf andere Instanzen zu schieben. Er sagte damals: "Wenn an die Regierung Forderungen gestellt werden, muss man zugleich fragen, wie viel Macht die Regierung hat (zum Beispiel in der Außenpolitik), um ihre Pläne durchzusetzen." Wenige Tage später verlangte er mehr Macht und sagte, in der gegenwärtigen Lage sei eine Konzentration der Macht notwendig. Die Regierung müsse freie Hand haben, um Beschlüsse zu fassen und genügend Macht besitzen, um diese durchzusetzen. Rohanis Forderung nach mehr Macht wurde von den Konservativen scharf kritisiert und von Chamenei vollständig ignoriert.

Rohani hat noch zwei Jahre seiner Amtszeit vor sich. Das Scheitern seiner Regierung auf nahezu allen Ebenen, was zum einen auf die feindliche Politik der USA und die damit verbundenen Sanktionen zurückzuführen ist, und zum anderen auf die stark begrenzten Handlungsmöglichkeiten des Staatspräsidenten, legt den Gedanken an einen Rücktritt nahe.

Said Hadscharian, der zu den Strategen der Reformbewegung zählt, schrieb im März dieses Jahres in einem Artikel in der Zeitung "Maschghe no" unter dem Titel: "Wo bleiben die Reformen?" Die nationalen Interessen verlangten ein Ende der "Doppelherrschaft." So gesehen scheine es notwendig, "dass Rohani zurücktritt und damit den Weg frei macht für eine Konzentration der Macht."

Auch Ali Resa Alawitabar, der ebenfalls zu den Vordenkern der Reformbewegung gehört, sagte in einem Interview mit der Webseite "Juronews," es werde unter den Politikern hinter den Kulissen viel über einen Rücktritt Rohanis geredet. "Sie argumentieren damit, dass es nicht korrekt ist, wenn einer die Macht besitzt (der Revolutionsführer), während ein anderer (der Präsident) die Entscheidungen verantworten soll." Wenn dieser Zustand fortdauere, würden die Reformer dafür einen hohen Preis zahlen und letztendlich für lange Zeit zur Untätigkeit verdammt werden.

Auch andere namhafte Vertreter der Reformbewegung äußerten die Meinung, dass die Zeit der Reformer vorerst vorbei sei. Daher sollten sie, bevor sie völlig zermürbt würden, sich von der Macht verabschieden.

Interessant ist, dass die Gegner von Rohanis Rücktritt eher zu den Konservativen und Rechtsradikalen gehören. Offenbar sind diese der Meinung, dass die Lage sich bis zu den Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren soweit zuspitzen wird, dass die dafür verantwortlichen Reformer und Gemäßigten dann für lange Zeit keine Rolle mehr spielen würden. Die ultrarechte Tageszeitung Kayhan, die als Sprachrohr des Revolutionsführers gilt, schrieb: "Was heißt denn Rücktritt? Man kann doch nicht mitten im Wettkampf den Platz verlassen und eine neue Mannschaft bilden." An einer anderen Stelle schreibt die Zeitung: "Die selbsternannten Reformer versuchen bei den Wahlen mit populistischen Parolen und Versprechen die Wähler zu verführen, und wenn sie an der Macht sind, behaupten sie, sie hätten nicht genug Macht, um ihre Pläne durchzusetzen. Warum übernehmen sie dann die Macht, wenn sie von vornherein wissen, dass sie ohnehin nichts durchsetzen können?"

Wird Rohani zurücktreten? Die Lage ist mehr als ernst. Die tiefe Krise in der Außenpolitik, der Boykott des Ölimports und des gesamten Finanzsystems, der rapide Anstieg der Lebenshaltungskosten und die zunehmende Unzufriedenheit der Bevölkerung haben die Regierung in eine schier ausweglose Lage gebracht. Bereits jetzt sind die Reformer und Gemäßigten stark beschädigt. Sollte sich die Lage weiterhin verschlechtern - was anzunehmen ist - werden die Reformer und Gemäßigten bei den nächsten Wahlen kaum noch die Chance haben, weiter zu regieren. Dennoch scheint es unwahrscheinlich, dass Rohani sein Amt aufgibt. Rohani gehörte nie zu den Reformern. Er hatte bei seiner ersten Wahl 2013 mit den Reformern ein ungeschriebenes Bündnis geschlossen, hatte auch teilweise deren Parolen übernommen, aber in der Praxis nicht ernsthaft versucht, sie durchzusetzen. Rohani ist eher zu den gemäßigten Konservativen zu zählen. Bei der Einschätzung von Rohanis Position sollte nicht vergessen werden, dass er seit der Machtübernahme Chameneis bis zu seiner Wahl zum Präsidenten, trotz aller politischer Turbulenzen, Beauftragter des Revolutionsführers im Nationalen Sicherheitsrat war und 16 Jahre lang als Generalsekretär des Rats fungierte. Eine so wichtige Position hätte Chamenei einem Reformer sicherlich nicht überlassen. Rohani stand immer im Zentrum der Macht, nie am Rand des politischen Geschehens. Er genießt das Vertrauen des Revolutionsführers, der einen Rücktritt des Präsidenten aus eigenem Interesse offenbar nicht für angebracht hält. Eine Übergabe der Regierung an die Ultras könnte wohl seine unbegrenzte Macht in Frage stellen.


ROHANI: OHNE TELEFONGESPRÄCH MIT OBAMA HÄTTE ES KEIN ATOMABKOMMEN GEGEBEN

Bei einem Treffen mit iranischen Diplomaten und Mitarbeitern des Außenministeriums am 6. August hat Präsident Hassan Rohani den Abschluss des Atomabkommens auf ein Gespräch zwischen ihm und Barack Obama zurückgeführt. Hätte er auf den Anruf von US-Präsident Barack Obama vor sechs Jahren nicht positiv reagiert, wäre das Atomabkommen nicht zustande gekommen. Damals wurde Rohani nach der Rückkehr aus New York wegen des Telefongesprächs von Revolutionsführer Ali Chamenei sowie den Ultras kritisiert.

Rohani war vor sechs Jahren, gleich in der ersten Woche nach seiner Regierungsübernahme, zur Teilnahme an einer UN-Vollversammlung nach New York gereist. Kurz vor seiner Rückkehr führte er ein Telefongespräch mit Obama. Es war das erste und bislang letzte Gespräch zwischen den Präsidenten beider Länder seit der iranischen Revolution 1979. Chamenei hatte den Kontakt damals kritisiert, ohne das Gespräch direkt zu erwähnen. "Manches von dem, was bei dieser Reise geschehen ist, war nicht in Ordnung," sagte er. "Wir vertrauen unseren Diplomaten und unserer Staatsführung, nicht aber der amerikanischen."

Nun verteidigte Rohani seine damalige Entscheidung, mit Obama zu reden. Unklar bleibt, ob er nur sein früheres Vorgehen rechtfertigen wollte, oder ob er damit sagen wollte, dass er grundsätzlich Gespräche, auch auf höchster Ebene. Befürworte. Dies steht im Gegensatz zu Chamenei, der seit dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen jeden direkten Kontakt mit Washington verboten hat. "Das wäre zusätzliches Gift," sagte Chamenei. Diese Meinungsverschiedenheit zwischen dem Revolutionsführer und dem Präsidenten spiegelt eine Frontbildung wider, die bis tief in die iranische Gesellschaft reicht: Dialog oder Konfrontation. Während Reformer, Gemäßigte und ein Teil der moderaten Konservativen für den Dialog mit Washington eintreten, sind die rechten Konservativen und Ultras erfüllt von einem tiefen Misstrauen gegenüber Washington. Das Vorgehen der Trump-Regierung gegenüber Iran, der Ausstieg aus dem Atomabkommen und der "maximale Druck," haben die Position der Reformer und Gemäßigten erheblich geschwächt und die der Ultras entsprechend gestärkt.

Rohani betonte, dass Iran bereit sei, die Konflikte auf diplomatischem Weg zu lösen. "Frieden mit Iran ist die Mutter aller Frieden und Krieg mit Iran die Mutter aller Kriege," sagte er. Wenn die Amerikaner tatsächlich mit Iran verhandeln wollten, müssten sie alle Sanktionen zurücknehmen.


DSCHANNATI FÜR EIN WEITERES JAHR ZUM VORSITZENDEN DES WÄCHTERRATS GEWÄHLT

Der 92-jährige Ahmad Dschannati wurde am 16. Juli für ein weiteres Jahr in seinem Amt als Vorsitzender des Wächterrats bestätigt. Ebenfalls wurde Abbasali Kandchodai als Vizevorsitzender und Sprecher des Rats wiedergewählt. Dschannati ist zugleich Vorsitzender des Expertenrats, der für die Wahl beziehungsweise Abwahl des Revolutionsführers zuständig ist.

Der Wächterrat gehört zu den mächtigsten Instanzen der Islamischen Republik. Jedes Gesetzt, das vom Parlament verabschiedet wird, kann erst in Kraft treten, wenn der Rat ihm zustimmt. Zudem ist der Rat für die Wahlen des Parlaments und des Präsidenten zuständig. Er bestimmt, wer als Kandidat an diesen Wahlen teilnehmen kann. Der Rat besteht aus zwölf Mitgliedern, davon sechs Geistliche, die vom Revolutionsführer ernannt werden. Die anderen sechs Mitglieder sind Juristen. Sie werden vom Justizchef, der ebenfalls vom Revolutionsführer ernannt wird, dem Parlament vorgeschlagen. Die Mitglieder werden jeweils für sechs Jahre gewählt. Alle drei Jahre scheidet die Hälfte der Mitglieder aus.

Bevor Dschannati wiedergewählt wurde, hatte das Parlament drei vom Justizchef vorgeschlagenen Juristen gewählt. Zugleich ernannte der Revolutionsführer drei neue Geistliche.


IRANISCH-FRANZÖSISCHE WISSENSCHAFTLERIN FESTGENOMMEN

Medienberichten zufolge ist die iranisch-französischen Wissenschaftlerin Fariba Adelkhah vor etwa einem Monat während eines Besuchs in Iran von Geheimdienstlern der Revolutionsgarden festgenommen worden. Regierungssprecher Ali Rabii sagte am 14. Juli auf einer Pressekonferenz in Teheran, er habe von der Festnahme Adelkhahs gehört, doch Einzelheiten seien ihm nicht bekannt. Er wisse nicht, wer sie festgenommen habe noch warum sie verhaftet worden sei.

Adelkhah hatte in Frankreich an der Universität Straßburg Sozialwissenschaften studiert und später in Paris promoviert. Ihr Forschungsgebiet ist die Lage der Frauen in Iran und Afghanistan. Die inzwischen 60-jährige Mitarbeiterin der Grande école Sciences Po hat einig Bücher veröffentlicht, unter anderem über die Revolution und islamische Frauen in Iran und "Iran und die Moderne." Im vergangenen Jahr erschien ihr bislang letztes Buch mit dem Titel: "Tausendundeine Grenze Irans - Reisen und Identität."

Das Außenministerium in Paris verlangte am 15. Juli von iranischen Behörden Auskunft über die Festnahme Adelkhahs, erhielt jedoch laut dem Ministeriumssprecher keine befriedigenden Informationen. Frankreich verlange detaillierte Informationen, insbesondere die Erlaubnis zur Kontaktaufnahme der Wissenschaftlerin mit der französischen Botschaft in Teheran, sagte der Sprecher.

Am 16. Juli bestätigte der Sprecher der Justiz in Teheran, Gholamhossein Esmaili, dass Adelkhah zu den Verdächtigen zähle, die kürzlich festgenommen worden seien. Weitere Details nannte er nicht. Frankreichs Präsident Emanuel Macron zeigte sich "sehr besorgt." Er habe in einem Telefongespräch seinen iranischen Amtskollegen Hassan Rohani um Klärung des Falls gebeten, sagte er.

Auch die Sciences Po protestierte gegen die Festnahme von Adelkhah, die sie als "untragbar und empörend" bezeichnete. Sie wolle sich um ihre Freilassung bemühen, sagte eine Sprecherin der Hochschule.


IRANISCH-BRITISCHE STAATSBÜRGERIN WEITER IM GEFÄNGNIS

Die iranisch-britische Projektmanagerin Nazanin Zaghari-Ratcliffe hat am 29. Juni ihren 15-tägigen Hungerstreik abgebrochen. Zaghari-Ratcliffe befindet sich seit April 2016 unter dem Vorwurf der Spionage im Teheraner Evin-Gefängnis. Ihr Ehemann Richard Ratcliffe sagte dem Sender BBC, sie sei stark unter Druck gesetzt worden. Er selbst hatte ebenfalls aus Solidarität mit seiner Frau und Protest gegen die iranische Justiz vor der iranischen Botschaft in London gestreikt. Zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens hatten ihn besucht, darunter der Bürgermeister von London Sadegh Khan und der Vorsitzende der Labour Party Jeremy Corbyn.

Die heute 40-jährige Zaghari-Ratcliffe war nach einem Besuch von Verwandten kurz vor ihrem Abflug aus Teheran verhaftet worden. Sie arbeitete als Projektmanagerin der Thomson Reuters Stiftung. Ihr wurde Agententätigkeit für ausländische Geheimdienste vorgeworfen. Sie bestreitet dies. Sie wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Alle Bemühungen der britischen Regierung, sie frei zu bekommen, sind bislang vergeblich gewesen. Selbst als der ehemalige britische Außenminister, Jeremy Hunt, im Vergangenen März Zaghari-Ratcliffe diplomatischen Schutz zusicherte, ließ sich Teheran nicht umstimmen. Iran betrachtet die Doppelstaater als iranische Staatsbürger/innen, eine weitere Staatangehörigkeit akzeptiert die Justiz nicht.

Britische Medien sehen einen Zusammenhang zwischen dem Fall Zaghari-Ratcliffe und Forderungen Irans an London, Gelder, die Iran aufgrund eines Vertrags in der Regierungszeit des Schahs investiert hatte, zurückzugeben. Iran bestreitet dies.

Am 17. Juli gab ein Unterstützerkomitee für Zaghari-Ratcliffe bekannt, dass sie in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses in Teheran verlegt worden sei. Sie werde von Revolutionsgarden überwacht. Unklar sei, wie lange sie sich dort aufhalten solle und mit welchen Medikamenten sie behandelt werde, hieß es. Nach einer Woche wurde Zaghari-Ratcliffe wieder ins Gefängnis zurückgebracht. Laut Aussagen ihres Mannes müssen die Tage in der Klinik schrecklich gewesen sein. Sie sei zeitweilig ans Bett angekettet gewesen. "Es war wahre Folter," schrieb Zaghari-Ratcliffe selbst. "Ich bin froh, wieder im Gefängnis zu sein." Wie ihr Mann berichtete, durften ihre Mutter und ihre fünfjährige Tochter sie nach ihrer Rückkehr im Gefängnis besuchen.

Hamid Baidinedschad, Irans Botschafter in London, übte scharfe Kritik an dem ehemaligen britischen Außenminister Jeremy Hunt. Wäre die Politik des früheren Außenministers Boris Johnson auch von Hunt fortgesetzt worden, hätte das Problem Zaghari-Ratcliffe vielleicht gelöst werden können, schrieb er auf Twitter. "Die britische Iran-Politik war unter Hunt gescheitert. Nach der illegalen Beschlagnahme des iranischen Tankers in Gibraltar verschärften sich die Konflikte," schrieb der Botschafter weiter. Nun seien ernsthafte Aktivitäten nötig, um die Lage zu deeskalieren.

"Hunt konnte Zaghari-Ratcliffe nicht helfen," fuhr der Botschafter fort, "denn er hatte seine Rolle als Diplomat mit der Rolle eines populistischen Politikers verwechselt. Hätte er als Diplomat gehandelt, wäre heute vielleicht der Fall Zaghari-Ratcliffe längst gelöst worden."

Ein weiterer britisch-iranischer Doppelstaatler wurde am 14. August festgenommen. Der Anthropologe Lameel Ahmady forschte über Themen wie weibliche Genitalverstümmelungen, Kinderehen, Kinderarbeit, Zeitehen, Schwule, Lesben und die Lage der religiösen und ethnischen Minderheiten in Iran. Seine Frau, Schafagh Rahmani, sagte in einem Interview mit dem persischsprachigen Programm der BBC, Sicherheitsbeamte seien mit Ahmadi in sein Haus gekommen, hätten das Haus durchsucht, ein Chaos angerichtet Unterlagen sowie Personalpapiere mitgenommen. Ihr Mann solle laut der zuständigen Behörde erst einmal für einen Monat in Gewahrsam bleiben, sagte sie. "Alle seine Forschungsarbeiten wurden von iranischen Universitäten und dem Ministerium für Kultur und Islamische Führung genehmigt," betonte sie.

Ahmady lebte seit Jahren in Iran. Seine bislang letzte Forschungsarbeit erschien unter dem Titel: "Die Geschichte der verbotenen Stadt - eine Untersuchung der Andersseiende in Iran." Offiziell ist noch nicht bekannt, was Ahmady vorgeworfen wird und welche Instanz seine Festnahme angeordnet hat.


LANGJÄHRIGE HAFTSTRAFEN FÜR FRAUENRECHTLERINNEN

Medienberichten vom 31. Juli zufolge sind drei Frauen, Jasaman Ariani, Monireh Arabschahi und Mojgan Keschawars, die in Waramin in Untersuchungshaft waren, vom Teheraner Revolutionsgericht zu insgesamt 55 Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Gemäß der islamischen Gesetzgebung bleibt die Haftdauer jedoch auf jeweils zehn Jahren beschränkt. Das Urteil wurde den drei Frauen vom Richter Maghiseh am 31. Juli mitgeteilt. Die Anwälte der Frauen waren nicht anwesend. Das Gericht beschuldigte die Verurteilten, öffentlich zur Prostitution und Verbreitung von Unmoral aufgerufen zu haben. Konkret heißt es in dem Urteil, die Frauen werden wegen Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit zu je fünf Jahren Gefängnis, wegen Propaganda gegen die Islamische Republik zu einem Jahr und wegen Aufforderung zur Prostitution und Unmoral zu 10 Jahren verurteilt.

Die Frauen hatten vor ihrer Festnahme ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen war, wie sie am Frauentag in der Teheraner U-Bahn Blumen verteilten. Bereits zuvor waren andere Frauen, die gegen die islamische Zwangskleidung "Hidschab" protestiert hatten, festgenommen worden.

Amir Saisiann, Anwalt von Ariani und Arabschahi, sagte dem Nachrichtendienst "Herana", er habe weder an den Verhören bei der Staatsanwaltschaft noch an den Verhandlungen teilnehmen dürfen. Das bestätigte auch Mohammad Moghomi, Anwalt von Keschawars.

Die Gefangenen seien ohne Anwälte zum Gericht gebracht und nach den Verhandlungen wieder zurückgeführt worden, sagte er.

Das US-Außenministerium protestierte gegen die Festnahme und Bestrafung der drei Frauen. "Wir verurteilen das Regime in Iran wegen Bestrafung von Frauen, dir durch Verteilen von Blumen gegen die islamischen Kleidungsvorschriften protestiert hatten. Wir fordern alle Staaten dazu auf, gegen diese eklatante Verletzung der Menschenrechte zu protestieren," twitterte der Sprecher des Ministeriums.


FÜHRERSCHEIN FÜR TÄTOWIERTE NUR NACH PSYCHO-TEST

Wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna am 6. August berichtete, sollen Tätowierte nur dann einen Führerschein bekommen, wenn sie zuvor einen psychologischen Test bestanden haben. "Die Tätowierung ist eine Art von Selbstverletzung. Personen, die sich einer Tätowierung unterziehen, leiden möglicherweise an psychischen Störungen," begründete ein Sprecher der Polizei in Teheran die Maßnahme.

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KULTUR

• Regisseur Rasoulof in Haft
• Protest gegen Verurteilung von drei Schriftstellern
• Britische Sängerin ausgewiesen
• Zulassung von Frauen zu Stadien beim Qualifikationsspiel zu Fußball-WM


REGISSEUR RASOULOF IN HAFT

Das Teheraner Revolutionsgericht hat am 20. Juli den Filmemacher Mohammad Rasoulof zu einer einjährigen Strafe, zwei Jahren Ausreiseverbot und zweit Jahren Verbot von politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten verurteilt. Ihm wurden Aktivitäten gegen die Islamische Republik vorgeworfen. Bei seinem Gang ins Gefängnis wurde Rasoulof von zahlreichen Regisseuren als Zeichen des Protestes begleitet, unter ihnen Asghar Farhadi, Rachschan Banietemad, Dschafar Panahi.

In einem kürzlich geführten Interview mit der BBC sagte Rasoulof, die Klage gegen ihn sei von den Revolutionsgarden eingereicht worden. Das Gericht habe als Beleg für seine "Straftat" auf drei seiner letzten Filme hingewiesen: "Hoffnung auf Wiedersehen," "Handschriften brennen nicht" und "Lord." Darin werde die Islamische Republik sehr negativ dargestellt. Der Richter warf ihm "Schwarzmalerei" vor.

Rasoulof war bereits 2010 wegen seines Films über die Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschads (2009) zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Zudem untersagte ihm das Gericht, in den nächsten 20 Jahren Filme zu produzieren. In einem Revisionsverfahren wurde die Strafe auf ein Jahr Gefängnis reduziert.

Das Urteil gegen Rasoulof rief sowohl in Iran als auch im Ausland zahlreiche Proteste hervor. Der Leiter des Filmfestes Hamburg, Albert Wiederspiel, sagte: "Wie so oft ist erneut ein Künstler Opfer einer willkürlichen Rechtssprechung geworden." Rasoulof habe das "Verbrechen" begangen, Filme über seine Heimat zu machen. "Wir, die in einer freien Welt leben, haben die Pflicht, dagegen zu protestieren." Auch der Geschäftsführer des Filmfestes, Helge Albers, zeigte sich über das harte Urteil erschüttert. Rasoulof sei 2005 Gast des Filmfestes gewesen, hieß es. Vor zwei Jahren habe er die Deutschlandpremiere seines Films "A Man of Integrity," das 2017 auf dem Internationalen Filmfestival in Cannes ausgezeichnet wurde, in Hamburg gefeiert.

Das Filmfestival in Cannes forderte die "sofortige und bedingungslose Freilassung Rasoulofs." Er sei bestraft worden, weil er Wahrheiten über sein Land erzählt habe.


PROTEST GEGEN VERURTEILUNG VON DREI SCHRIFTSTELLERN

54 Schriftstellerinnen und Schriftsteller und Künstlerinnen und Künstler haben in einer Erklärung vom 2. August gegen die Verurteilung von drei Schriftstellern protestiert. Darin heißt es:

"Die Schriftsteller und Dichter Baktasch Abtin, Keywam Bajan und Resa Chandan sind vom Revolutionsgericht zu jeweils sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Obwohl solche Urteile und deren Vollzug nicht ungewöhnlich sind, deutete die Begründung der Urteile auf eine erhebliche Zunahme der Repressionen gegen Schriftsteller. Sollte die Veröffentlichung von Zeitschriften und Büchern und der Besuch von Gräbern verstorbener Schriftsteller als strafbar gelten, wie im Falle dieser drei Schriftsteller geschehen, dann kann nach Gutdünken der Justiz und der Sicherheitsorgane künftig jeder Schriftsteller als Straftäter verklagt werden. Wenn Literatur und Kunst als Sicherheitsrisiko eingestuft werden, werden Schriftsteller und Künstler keinerlei Sicherheit mehr haben, dann werden sie ihre letzte Kraft und Fähigkeit zur schöpferischen Arbeit verlieren. Mag dies für die Machthaber belanglos sein, für uns Schriftsteller ist das freie Wort von großer Bedeutung. Es ist für uns Wichtig, nicht ständig von einem Damoklesschwert bedroht zu werden, es ist wichtig, dass Schöpfer von Literatur und Kunst, wie auch andere Menschen, frei arbeiten können. Denn schöpferische Arbeit kann nur in Freiheit gedeihen. Wir protestieren gegen das Urteil gegen die drei Schriftsteller und Mitglieder des Iranischen Schriftstellerverbands, fordern ihre sofortige Freilassung und das Ende der Verfolgung von Künstlern und Schriftstellern."


BRITISCHE SÄNGERIN AUSGEWIESEN

Die britische Soul-Sängerin Joss Stone, die am Ende ihrer Welt-Tournee in Iran auftreten wollte, wurde am 4. Juli auf der Insel Kisch im Persischen Golf für 24 Stunden in Gewahrsam genommen und danach ausgewiesen. Viele User im Netz protestierten gegen diesen Willkürakt. Ein User schrieb laut dpa: "Liebe Joss, du durftest nicht in Iran sein, aber im Herzen der Iraner bist du mit deiner herrlichen Stimme immer." Stone bedankte sich dafür. Die 32-jährige Sängerin veröffentlichte vor ihrem Abflug aus Kisch ein Video. In diesem trug sie ein Kopftuch. Sie bedauerte, dass sie Iran so rasch verlassen müsse. Auf Instagram schrieb sie, es sei ihr bewusst gewesen, dass Frauen in Iran als Sängerinnen nicht öffentlich auftreten dürften. Das habe sie auch gar nicht vorgehabt. Die Behörden hätten ihr nicht geglaubt, dass sie kein Konzert veranstalten wolle. Sie hätten sie auf die schwarze Liste gesetzt. Nach langen Diskussionen mit den Beamten, "die allerdings die freundlichsten waren, die ich getroffen habe," wurde beschlossen, "mich während der Nacht in Gewahrsam zu nehmen und am nächste morgen auszuweisen. Natürlich bin ich deswegen sehr enttäuscht." Die Beamten hätten ihr empfohlen, bei der iranischen Botschaft in London ein Visum zu besorgen und dann wieder nach Kisch zurückzukommen. Sie musste sich aber dafür entschuldigen, dass sie es versäumt hatte, vor der Einreise die nötigen Unterlagen zu besorgen.

Die staatliche Nachrichtenagentur Irna zitierte die Polizei, die erklärte, Stone sei nicht in Gewahrsam genommen worden. Da sie die erforderlichen Unterlagen nicht besessen habe, habe sie nicht einreisen dürfen. Sie sei mit dem erstmöglichen Flug in Richtung Vereinigte Arabische Emirate abgeflogen.

Die Insel Kisch ist eine Freihandelszone im Persischen Golf. Für den Besuch der Insel benötigen ausländische Einreisende kein Einreisevisum.

Stone hatte vor fünf Jahren erklärt, sie wolle 200 Länder besuchen und im jeweiligen Land mit einheimischen Musikern gemeinsam Konzerte veranstalten. Inzwischen ist sie in zahlreichen Ländern gewesen, darunter auch in Nordkorea, Syrien, Libyen. In Tadschikistan trat sie mit der populären Sängerin Schabnam Soraya auf.


ZULASSUNG VON FRAUEN ZU STADIEN BEIM QUALIFIKATIONSSPIEL ZU FUßBALL-WM

Die Vizepräsidentin des iranischen Fußballverbands (FFI), Leila Sufisadeh, sagte am 7. Juli der Agentur Isna, ihr Verband sei nicht befugt über die Zulassung von Frauen zu Sportstadien zu entscheiden. Die Frage müsse mit Rücksicht auf islamische Vorschriften von der Politik entschieden werden. "Auch wir wollen, dass Frauen ins Stadion kommen können, aber gleichzeitig müssen wir uns im FFI an die hiesigen islamischen Gesetze und Vorschriften halten," sagte sie. Der Weltfußballverband (FIFA) fordert schon seit geraumer Zeit die Zulassung von Frauen zu den Stadien. FIFA-Präsident Gianni Infantino hat sich mehrmals in Gesprächen mit der iranischen Führung dafür eingesetzt. Doch seine Bemühungen scheiterten bisher an dem Widerstand der Islamisten.

Ein Sprecher der FIFA gab laut dpa vom 18. Juli bekannt, dass FFI-Präsident Medhdi Tadsch die Forderung von Infantio, Frauen den Stadionbesuch für die Qualifikationsspiele 2022 zu erlauben, an das Sportministerium weitergeleitet habe. Sollte die Entscheidung negativ sein, bestehe die Gefahr, dass die iranische Nationalmannschaft vor der WM in Katar disqualifiziert werde.

Eigentlich befürwortet die Regierung Rohani die Zulassung. Doch sie verfügt nicht über genug Macht, um dies durchzusetzen. Am 22. Juli sagte Vizepräsidentin Massumeh Ebtekar der Agentur Irna: "Der Sportminister ist weiterhin bemüht, im Kabinett eine Genehmigung für den Stadionbesuch der Frauen zu ergattern." Am 7. August sagte Generalstaatsanwalt Mohammad Dschafar Montaseri, die FIFA sollte sich nicht in innere Angelegenheiten Irans einmischen. "Das ist doch nicht die Angelegenheit der FIFA, ob unter den Fußballfans in den Stadien auch Frauen sind oder nicht." Sie sollte sich nicht darum sorgen, ob Frauen vom "Segen eines Fußballspiels beraubt werden." Hinter der Drohung der FIFA, entweder Frauen den Besuch zu erlauben oder den Ausschluss aus der WM zu riskieren, stecke eine Verschwörung. "Dies sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen."

Am 25. August hieß es seitens des Innenministeriums, Frauen werde nun doch die Teilnahme an Fußballspielen erlaubt. "Frauen dürfen am 10. Oktober 2019 ins Asadi Stadion gehen, um das Spiel zwischen der iranischen Nationalmannschaft und Kambodscha anzuschauen," zitierte Irna einen Sprecher des Ministeriums.

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WIRTSCHAFT

• Schicksal des Atomabkommens immer noch ungewiss • Iran leidet unter Medikamentenmangel
• Landeswährung soll umbenannt werden
• Deutscher Handel mit Iran um die Hälfte geschrumpft
• Streit Telekom und Bank Melli vor Gericht
• China verurteilt US-Sanktionen
• USA warnten Fluggesellschaften, Dienste für iranische Gesellschaften zu leisten


SCHICKSAL DES ATOMABKOMMENS IMMER NOCH UNGEWISS

Das Schicksal des Atomabkommens ist weiter ungewiss. Den EU-Staaten ist es bislang nicht gelungen, die Forderungen Irans zu erfüllen. Die von Deutschland, Frankreich und Großbritannien eingerichtete Ersatzgesellschaft "Instex," die den Handel der EU-Staaten mit Iran ungeachtet der US-Sanktionen abwickeln sollte, funktioniert nicht.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte am 18. Juli die Europäer auf, mehr zur Rettung des Abkommens zu unternehmen. "Die Europäer könnten mehr tun," sagte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem deutschen Kollegen Heiko Maas in Bonn. Maas wies die Kritik zurück. Er appellierte an Iran, sich an die Vereinbarungen zu halten. Die Ankündigung Irans, Teile seiner Verpflichtungen nicht mehr erfüllen, sei "inakzeptabel." "Ein so genanntes less für less wird es für uns nicht geben," sagte er.

Am 28. Juli trafen sich die Unterzeichner des Atomabkommens in Wien (mit Ausnahme der USA, die im Mai vergangenen Jahres aus dem Abkommen ausgestiegen sind). Sie beteuerten einstimmig, an dem Abkommen festzuhalten. Irans Vertreter Abbas Araghtschi zeigte sich nach dem Treffen zufrieden. "Die Atmosphäre war konstruktiv und die Diskussionen waren gut," sagte er den Journalisten. "Ich kann nicht sagen, dass wir alles gelöst haben," aber alle Mitgliedstaaten hätten bekräftigt, das Abkommen retten zu wollen.

Der Chef der chinesische Delegation Fu Kong berichtete den Journalisten, es habe bei dem Treffen "angespannte Momente" gegeben. Die EU-Staaten hätten Iran gedrängt, seine Verpflichtungen vollständig einzuhalten. Doch Iran verlangte von den Europäern mehr Engagement. Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagte am 31. Juli im iranischen Fernsehen, mit der Unterzeichnung des Abkommens hätten Deutschland, Frankreich und Großbritannien sich unter anderem "verpflichtet," den Export, Transport und Verkauf des iranischen Öls zu gewährleisten. Doch in dem die Europäer nichts unternehmen, dulden sie US-Sanktionen gegen Iran. "Es ist klar, dass die aktuellen Spannungen und Probleme auf Amerikas Wirtschaftsterrorismus und die Unfähigkeit Europas zurückgehen, seine Verpflichtungen zu erfüllen, was darauf hinausläuft, Amerikas Wirtschaftsterrorismus zu akzeptieren," sagte der Minister.

Am 1. August erklärte Maas im ARD-Mittagsmagazin, es werde "von Tag zu Tag schwieriger" das Abkommen zu retten. Er sprach sich weiterhin gegen die Iran-Politik der USA aus. "Es geht vor allem darum, einen Krieg am Golf zu verhindern und dafür zu sorgen, dass Iran atomwaffenfrei bleibt," sagte er. "Das ist der Grund, warum wir uns für das Atomabkommen nach wie vor einsetzen."

Am 3. August sagte Sarif in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Icana, wenn die Partner ihre Pflichten nicht erfüllen, werde Iran das Gleiche tun. Iran hat bereits zwei Schritte in diese Richtung unternommen: die Menge des angereicherten Urans erhöht und das Uran höher angereichert. Sarif kündigte einen dritten Schritt an, ohne ihn zu erläutern. Zugleich betonte der Minister, dass Iran nicht die Absicht habe, das Abkommen zu verlassen. Teheran sei jederzeit bereit, seine Pflichten voll zu erfüllen, vorausgesetzt, die anderen Partner würden die Forderungen Irans akzeptieren.

Ähnlich wie Sarif äußerte sich der Sprecher der iranischen Atomenergieorganisation Behruz Kamalwandi. Iran werde schrittweise seine Verpflichtungen aussetzen. Er warnte, mit jedem Schritt werde das Abkommen schwächer, "bis nichts mehr davon übrigbleibt." Am 13. August gab Kamalwandi bekannt, Iran sei nun im Besitz von 370 Kilogramm auf 4,5 Prozent angereichertes Uran. Dem Abkommen nach ist der Bestand auf maximal 300 Kilogramm begrenzt, die Anreicherung auf 3,67 Prozent.

Der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Abbas Mussavi, äußerte sein Bedauern darüber, dass die Vertragspartner immer noch keine Lösung für die Probleme angeboten haben. "Von unseren Vertragspartnern haben wir bis jetzt leider immer noch keine Lösungsvorschläge erhalten," sagte er. Die Berichte in den Medien über angebliche Einladung Präsident Rohanis zum G7-Gipfel nach Frankreich oder eine Finanzspritze in Höhe von 13 Milliarden Euro für Instex seien nichts als unseriöse Spekulationen.


IRAN LEIDET UNTER MEDIKAMENTENMANGEL

Gesundheitsminister Said Namaki hat am 16. Juli einen Fall von Misswirtschaft eingeräumt. Er erklärte, Beamte seines Ministeriums hätten mit staatlichen Divisen, die für die Einfuhr von Medikamenten vorgesehen waren, elektrische Kabel und andere Waren importiert. Zudem seien Medikamente eingeführt worden, deren Haltbarkeitsdatum längst abgelaufen war. Die Beschuldigten gehörten der "Organisation für Nahrungsmittel und Medikamente" an, die dem Ministerium untersteht, sagte der Minister. Aufgabe der Organisation ist die Einfuhr von Medikamenten, medizinischen Geräten, Milchpulver und andere Mittel, die für die medizinische Versorgung notwendig sind.

Nach Angaben des Ministers wurden einige der Beschuldigten bereits festgenommen. Auch der Sprecher der Justiz, Gholamhossein Esmaili, bestätigte die Festnahme. Drei der Beschuldigten seien gegen Kaution wieder freigelassen worden, sagte er.

Einem Monat zuvor hatte Vizegesundheitsminister Abbas Raisi erklärt: "Die Tabakmafia hat mit staatlichen Devisen Zigarettenpapier im Wert von 16 Millionen Dollar importiert. Zigaretten gehören nicht zu den boykottierten Waren. Die Unternehmen könnten sogar vor dem Gesundheitsministerium ihre Zelte aufschlagen. Die Tabakmafia ist so mächtig, dass sie alles importieren kann, was sie möchte."

Nach den von den USA gegen Iran verhängten Sanktionen hat die Landeswährung drastisch an Wert verloren. Dementsprechend stieg der Preis ausländischer Währungen, was die Einfuhr von Waren erschwerte. Um die Wirkung dieser Entwicklungen auf den Import von lebensnotwendigen Waren, wie Medikamente und medizinische Geräte, zu mildern stellt die Regierung staatliche Devisen zur Verfügung, die wesentlich billiger sind als ausländische Währungen auf dem Devisenmarkt. Diese Devisen sind nun zu einer leichten Beute für mafiöse Organisationen geworden.

Einem Bericht der AP vom 30. Juli zufolge sind die Preise für Medikamente durch den rund 70-prozentigen Wertverlust der Landeswährung Rial gegenüber dem US-Dollar enorm angestiegen. Das gelte nicht nur für importierte Medikamente, sondern auch für Medikamente, die im Inland produziert würden.

Zwar betonen die USA immer wieder, dass Medikamente und medizinische Geräte von den Sanktionen ausgeschlossen seien. Doch die Sanktionen haben dazu geführt, dass internationale Banken und Unternehmen keine Geschäfte mit Iran tätigen, weil sie US-Sanktionen befürchten.

Gesundheitsminister Namaki hatte wenige Tage vor der zitierten Stellungnahme erklärt, durch die US-Sanktionen sei Irans Ölexport erheblich gesunken. Die Folge seien drastische Einschränkungen des Staatshaushalts, von denen auch der Haushalt seines Ministeriums betroffen sei. "Die Amerikaner behaupten, Medikamente seien von Sanktionen ausgenommen," sagte er. "Das ist eine große Lüge."

Arasch Ahmadian, Chefarzt der Kinderklinik Mahak, die mit Hilfe von Spenden 22.000 Kinder unter 16 Jahren landesweit versorgt, erklärte laut AP: "Unsere größte Sorge besteht darin, dass sich unsere Verbindungskanäle zum Ausland allmählich schließen." Die Ursache dafür seien Sanktionen gegen Banken. Dadurch seien zum Beispiel Spenden aus dem Ausland kaum noch möglich. "Wir verlieren langsam die Hoffnung," sagte der Chefarzt.

Offiziellen Angaben zufolge werden 95 Prozent der in Iran verkauften Medikamente im Land selbst hergestellt. Ein Teil davon wird sogar in die Nachbarstaaten exportiert. Dennoch ist Iran auf den Import neuer Medikamente und medizinischer Geräte, die für Krankenhäuser notwendig sind, angewiesen.

Der Apotheker Peyman Keywanfar sagte laut AP, die meisten Menschen in Iran seien finanziell nicht in der Lage, importierte Medikamente zu kaufen. Die Preise seien enorm gestiegen, mitunter um das Drei- bis Vierfache. Viele versuchen, Medikamente auf dem Schwarzmarkt zu kaufen. Dort machen Schmuggler und mafiöse Organisationen lukrative Geschäfte.


LANDESWÄHRUNG SOLL UMBENANNT WERDEN

Laut eines Beschluss der Regierung soll die iranische Währung Rial umbenannt und vier Nullen gestrichen werden. Regierungssprecher Ali Rabii teilte am 31. Juli mit: "Das Kabinett hat heute einem Gesetz zugestimmt, das vorsieht, vier Nullen von der Währung zu streichen. Ferner soll die künftige Währung nicht mehr Rial, sondern Tuman heißen." Ein Tuman ist gleich 10 Rial. Dadurch soll die nationale Währung "effizienter" werden.

Die iranische Währung befindet sich seit über einem Jahr im freien Fall. Während noch vor drei Jahren der Kurs von einem Dollar bei 18.000Rial lag, kletterte er im vergangenen Jahr auf 37.000 Rial. Gegenwärtig liegt der offizielle Kurs bei 42.000 Rial. Daher spielt der Rial im Alltag keine Rolle mehr. Der Beschluss der Regierung bedarf noch der Zustimmung des Parlaments. Nach Meinung von Experten wird der Beschluss keine wirtschaftliche Folge haben, sondern eine rein psychologische Wirkung.


DEUTSCHER HANDEL MIT IRAN UM DIE HÄLFTE GESCHRUMPFT

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 12. August zufolge ist der Handel zwischen Deutschland und Iran im ersten Halbjahr des laufenden Jahres um nahezu 50 Prozent geschrumpft. Der Bericht stützt sich auf Berechnungen des Statistischen Bundesamts. Demnach sank der Export aus Deutschland nach Iran von Januar bis Juni um 48,3 Prozent auf 678 Millionen Euro. Ähnlich sieht die Bilanz des Imports aus Iran aus, der bis auf 43,8 Prozent auf knapp 110 Millionen Euro einbrach. Grund für diese drastische Schrumpfung sind die von den USA gegen Iran verhängten Sanktionen.

"Dass der Handel zwischen Iran und Deutschland so massiv eingebrochen ist, verwundert leider nicht," hieß es seitens des Verbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). "Deutsche Unternehmen sehen sich gezwungen, zwischen den Marktaktivitäten in Iran und in den USA zu wählen. Da ist klar, welcher Markt bevorzugt gewählt wird."

Die von den EU-Staaten eingerichtete Ersatzgesellschaft "Instex," die die Geschäfte mit Iran trotz Sanktionen abwickeln sollte, ist immer noch nicht funktionsfähig. Sie hat bislang noch keine Transaktionen abgewickelt. "Aufgrund der US-Sanktionen stehen wir aber auch der Zweckgesellschaft skeptisch gegenüber, so sehr wir die Bemühungen begrüßen, das Iran-Abkommen darüber aufrecht zu erhalten. Überzeugt sind wir jedoch erst, wenn erste Transaktionen erfolgreich verlaufen," erklärte der BGA.

Auch angesichts der Zuspitzung der Konflikte zwischen Iran und den USA zeigte der BGA sich bezüglich der weiteren Entwicklung skeptisch. "Die derzeitige Situation, in der sowohl die USA als auch Iran eher Provokationen als Dialog wählen, lässt leider nichts Gutes hoffen. Wir stellen uns darauf ein, dass sich deutsche Unternehmen weiterhin aus dem iranischen Markt zurückziehen, beziehungsweise keine neuen Geschäftstätigkeiten aufnehmen," erklärte der BGA.

Bereits Ende Juni hatte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) laut einem Bericht der AFP vom 28. Juni bekannt gegeben, dass der Handel zwischen Deutschland und Iran zwischen Januar und April dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 48 Prozent auf 529 Millionen Euro eingebrochen sei. Die deutschen Exporte nach Iran seien um 49 Prozent auf 450 Millionen Euro gesunken, die Importe aus Iran um 39 Prozent auf 80 Millionen Euro. Während Iran vor allem Nahrungsmittel und Rohstoffen nach Deutschland exportiert, bestehen deutsche Exporte nach Iran in erster Linie aus Maschinen (41 Prozent), chemischen Produkten (24 Prozent) und Nahrungsmittel (13 Prozent).

Die Talfahrt des Handels begann schon 2018 nach dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen, allerdings "noch nicht so deutlich ersichtlich," sagte der Sprecher der DIHK. 2017 lag das Handelsvolumen bei 3,4 Milliarden Euro, während es 2018 auf 3,1 Milliarde Euro zurückging.


STREIT TELEKOM UND BANK MELLI VOR GERICHT

Das Oberlandesgericht Hamburg wird demnächst darüber entscheiden, ob die Telekom dazu berechtigt sei, fristgerecht die Anschlüsse für Telefon und Internet der iranischen Bank Melli zu kündigen. Der Streit dauert seit mehr als einem Jahr. Die Telekom hatte, offenbar unter Druck seitens der USA, der Bank fristlos die Dienstleistungen gekündigt. Die Bank reichte dagegen eine einstweilige Verfügung ein, der das Hamburger Landgericht stattgab. Damit musste die Telekom die Kündigung zurücknehmen. Bei dem jetzigen Streit geht es darum, ob die Telekom fristgerecht der Bank kündigen kann. Laut dpa vom 2. Juli sagte Helmut Gottlieb, einer der Geschäftsführer der Bank: "Wir sind der Meinung, dass die Telekom hier einem Kontraktionszwang unterliegt." Die Telekom teilte der Agentur mit, sie gebe zu Fragen, die den Prozess betreffen, keine Auskünfte.

Die Niederlassung der Bank Melli (Nationalbank) in Hamburg ist die größte Bank Irans, die in Deutschland Geschäfte abwickelt. Sie finanziert hauptsächlich den Handel zwischen Deutschland und Iran. Laut dpa belief sich die Bilanzsumme im vergangenen Jahr auf 522 Millionen Euro. Wie die Bank mitteilte, hat auch der Aufzughersteller Krone die Wartungsdienste für die Bank gekündigt. Auch dagegen hat die Bank eine Klage eingereicht.


CHINA VERURTEILT US-SANKTIONEN

Die Ankündigung der USA, das chinesische Ölunternehmen Zhuhai Zhenrong zu bestrafen, weil sie iranisches Öl transportiert hatte, rief in Peking Proteste hervor. Laut dpa vom 23. Juli sagte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums, Hua Chunying: "Wir fordern die USA nachdrücklich auf, seine falschen Praktiken unverzüglich zu korrigieren und illegale Sanktionen gegen chinesische Unternehmen und Einzelpersonen einzustellen." Sie kritisierte auch die US-Sanktionen gegen Iran. "Die Vereinigten Staaten missachten die legitimen Rechte und Interessen aller Parteien und verhängen willkürlich Sanktionen," sagte sie.


USA WARNTEN FLUGGESELLSCHAFTEN, DIENSTE FÜR IRANISCHE GESELLSCHAFTEN ZU LEISTEN

Die USA haben alle Dienstleistungsunternehmen im Flugverkehrssektor gewarnt, für iranische Fluggesellschaften Dienste zu leisten. Andernfalls müssten sie mit Sanktionen rechnen.

Sigal Mandelker, Unterstaatssekretärin des Finanzministeriums für Terrorismus und Finanzaufklärung, schrieb in einem Rundschreiben: "Das iranische Regime verwendet Transportflugzeuge, um die Ziele destabilisierender, terroristischer Organisationen wie die Revolutionsgarden und die Al-Kuds-Brigade durchzusetzen und bewaffnete Organisationen und paramilitärische Gruppe in alle Gegenden der Region zu befördern."

Sie forderte alle, die bei internationalen Fluggesellschaften arbeiten, darunter auch die Dienstleistenden Reiseagenturen, Filialen der Fluggesellschaften und andere Mitarbeiter, dazu auf, wachsam zu sein, damit sie nicht zu Helfershelfern der "schädlichen Aktivitäten Irans" werden. Weiter forderte sie die Gesellschaften auf, die Aktivitäten ihrer Mitarbeiter und Filialen genau zu beobachten, um jede Art von Zusammenarbeit mit Terroristen zu verhindern. Andernfalls würden sie ihr Unternehmen der Gefahr aussetzen, juristisch verfolgt, finanziell bestraft und wirtschaftlich sanktioniert zu werden.

In dem Rundschreiben werden Namen einiger iranischer Fluggesellschaften erwähnt und davor gewarnt, mit diesen Gesellschaften zusammenzuarbeiten. Zu diesen Gesellschaften gehören unter anderem Mahan, Kaspian, Meradsch, Puja, Gheschm Fars, Dana.

Das Rundschreiben erinnert daran, dass einige Gesellschaften bereits von den USA sanktioniert werden, wie zum Beispiel Iran Air. Im November vergangenen Jahres haben die USA mehrere Hundert Personen, einige Flugzeuge und Schiffe sanktioniert. Die Sanktionen betreffen auch die staatliche Fluggesellschaft Iran Air. Auch der Geschäftsführer von Iran Air gehört zu dem sanktionierten Personenkreis.

Wer dennoch die Arbeit mit solchen Gesellschaften fortsetzen wolle, solle sich darüber bewusst sein, dass er damit die aggressive Politik des iranischen Regimes in der Region, Hilfe für terroristische Organisationen, destabilisierende Aktivitäten, eklatante Verletzung der Menschenrechte in Iran, Unterdrückung der Frauen und dergleichen mehr unterstütze, heißt es in dem Rundschreiben.

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AUSSENPOLITIK

• USA setzen "maximalen Druck" auf Iran fort • Sarif trifft überraschend in Biarritz ein
• Etwas Entspannung im Tankerstreit
• Iran erklärt Bereitschaft zu Gesprächen mit Saudis
• Portugal stellt Vergabe von Einreiseerlaubnis für Iraner ein
• Chamenei sichert Huthis Unterstützung zu
• Pläne der USA zum Schutz der Schifffahrt im Persischen Golf
• Panama untersagt iranischen Schiffen, unter seiner Flagge zu fahren
• Omans Außenminister in Teheran
• Erbel übernimmt nicht die Leitung der Instex


USA SETZEN "MAXIMALEN DRUCK" AUF IRAN FORT

Obwohl der Konflikt zwischen den USA und Iran weiter eskalierte, sprach US-Präsident Donald Trump von "einem große Schritt" bei den Verhandlungen mit Iran. "Es sind große Fortschritte erzielt worden" sagte Trump bei der Kabinettssitzung am 16. Juli. "Wir werden sehen, was passiert." Auch Außenminister Mike Pompeo bestätigte die Äußerung Trumps. "Die Iraner haben, glaube ich gestern, vielleicht war es am Tag zuvor, erstmals erklärt, dass sie bereit sind, über ihr Raketenprogramm zu verhandeln," sagte er. Damit eröffne sich die Aussicht auf ein Abkommen, das "tatsächlich verhindern würde, dass Iran an eine Atombombe gelangt."

Offenbar bezog sich die Äußerung Pompeos auf ein Interview des iranischen Außenministers Mohammad Dschawad Sarif, der erklärte, wenn die USA die Sanktionen und die Kündigung des Atomabkommens zurücknehmen würden, könnte man über Themen, die von den Partnern vorgeschlagen würden, sprechen. Zugleich betonte der Minister, sollten die USA über das iranische Raketenprogramm verhandeln wollen, müssten sie zunächst bereit sein, über die Waffenlieferungen an die Staaten am Persischen Golf zu verhandeln. "Irans Militärausgaben lagen im vergangenen Jahr bei 14 Milliarden Dollar," sagte der Minister weiter. "Wir haben 82 Millionen Einwohner. Die Arabischen Emirate haben eine Million Einwohner. Ihre Militärausgaben lagen im vergangenen Jahr bei 22 Milliarden Dollar. Und Saudi-Arabien hat halb so viel Einwohner wie Iran, seine Militärausgaben liegen aber bei 67 Milliarden Dollar." Der Hauptteil der Waffen dieser Länder stamme aus den USA, Waffen die den Frieden in der Region bedrohten, sagte Sarif.

Die iranische UN-Vertretung dementierte die Äußerung Pompeos. Iran werde mit niemandem und niemals über sein Raketenprogramm verhandeln, hieß es in der Erklärung. Sarif sei falsch zitiert worden.

In der iranischen Führung herrscht keine Einigkeit über mögliche Verhandlungen mit den USA. Während Präsident Rohani Verhandlungen mit Washington nicht kategorisch ausschließt, sie allerdings an Bedingungen knüpft, lehnt Revolutionsführer Ali Chamenei sie grundsätzlich ab.

Indes berichteten Teile der Medien in den USA, Washington habe beschlossen, zur Verstärkung seiner Militärbasis in Saudi-Arabien eine Truppe, bestehend aus 500 Soldaten, in das Land zu schicken.

Am 19. Juli erklärte Washington, eine iranische Militärdrohne am Persischen Golf abgeschossen zu haben. Die Drohne sei sofort zerstört worden, während sie sich in der Straße von Hormus dem Kriegsschiff "USS Boxer" genährt habe, sagte Trump. "Das ist die neueste von vielen provokativen und feindlichen Aktionen Irans gegen Schiffe in internationalen Gewässern." Er forderte andere Länder auf, "ihre Schiffe bei der Durchfahrt der Meerenge zu beschützen und künftig mit uns zusammenzuarbeiten." Teheran sprach von einer "unbegründeten Behauptung." Vizeaußenminister Abbas Araghtschi sagte, vielleicht hätten die USA irrtümlich eine eigene Drohne abgeschossen. "Wir haben weder in der Straße von Hormus noch anderswo eine Drohne verloren."

General Abolfasl Schekartschi, Sprecher der iranischen Streitkräfte, erklärte am 19. Juli, " alle Drohnen der Islamischen Republik im Persischen Golf und der Straße von Hormus, auch die von Trump erwähnte Drohne, seien nach Erledigung ihrer Aufgaben planmäßig heil zu ihrer Basis zurückgekehrt."

Israels Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, forderte im Gespräch mit AFP die Weltgemeinschaft dazu auf, scharfe Sanktionen gegen Iran zu verhängen, "um Iran von Fehlkalkulationen abzuschrecken, um eine zunehmend militärische Lage im Golf zu verhindern."

Am 18. Juli haben die USA neue Sanktionen gegen Zulieferer des iranischen Atomprogramms verhängt. Betroffen davon sind sieben Firmen und fünf Personen. Ihnen warf Washington vor, verantwortliche Unternehmen für die iranische Urananreicherung unterstützt zu haben.

Mitten in der gespannten Atmosphäre zwischen Teheran und Washington konnte man auch Signale eines möglichen Kompromisses vernehmen. Einem Bericht der britischen "Guardian" zufolge soll Sarif die Bereitschaft Irans zu einer Ergänzung des Atomabkommens signalisiert haben, vorausgesetzt, die USA würden die Sanktionen zurücknehmen. Und Trump erklärte vor Journalisten: "Alles, was wir wollen, ist ein fairer Deal. Wir können schnell etwas machen, oder wir können uns Zeit lassen. Ich habe keine Eile," sagte der Präsident.

Indes berichteten US-Medien, Trump habe den republikanischen Senator Rand Paul beauftragt, sich mit Sarif, der sich in New York aufhielt, zu treffen. Ziel des Treffens sei herauszufinden, ob Iran zur Aufnahme von Verhandlungen bereit sei. Tatsächlich kam der Kontakt zustande. Das bestätigte auch Irans Regierungssprecher Ali Rabii am 4. August gegenüber Journalisten. Demnach lud der Senator Sarif zu einem Gespräch mit Trump ins Weiße Haus ein, doch Sarif lehnte die Einladung ab. Daraufhin setzte Washington Sarif auf die Sanktionsliste. "Mir wurde in New York gesagt, dass ich sanktioniert werde, falls ich diese Einladung nicht annehmen würde. Ich habe sie nicht angenommen," sagte Sarif am 5. August. "Solange sie (die Amerikaner) Iran eine Pistole an den Kopf halten," könne kein Dialog zustande kommen. Verhandlungen könnten nicht durch Druck und "Wirtschaftsterrorismus" erzwungen werden. Iran werde sich dennoch bemühen, die Konflikte auf dem Weg der Diplomatie zu lösen. "Wir alle kommen und gehen, aber die Diplomatie wird immer bleiben," sagte Sarif.

Die Strafmaßnahme gegen Sarif forderte viel Kritik heraus. Ein Sprecher der EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte am 1. August in Brüssel: "Wir bedauern diese Entscheidung." Die EU werde die Sanktionen gegen Sarif nicht akzeptieren und weiterhin mit ihm zusammenarbeiten. Irans Präsident Rohani erklärte: "Einerseits reden die Amerikaner die ganze Zeit von Verhandlungen, dann aber sanktionieren sie unseren Außenminister." Die Maßnahme sei ein politisches und moralisches Armutszeugnis, sie sei "kindisch," Sarif selbst twitterte: "Es hat keine Auswirkungen auf mich oder meine Familie, da ich keinen Besitz oder Interessen außerhalb Irans habe. Ist die Wahrheit so schmerzhaft? Vielen Dank dafür, dass ich als solch große Bedrohung für die US-Politik gelte." Auch Frankreich protestierte gegen die Entscheidung Washingtons. "Die Türen der Demokratie müssen offenbleiben," erklärte das Außenministerium in Paris.

Am 22. Juli gab das iranische Geheimdienstministerium bekannt, ein Spionagenetzwerk des US-Geheimdienstes im eigenen Land aufgedeckt zu haben. Es handele sich um 17 Iraner, die festgenommen worden seien. Einigen drohe die Todesstrafe, sagte der Leiter der Spionageabwehr. An der Operation sollen auch einige europäische und asiatische Länder beteiligt gewesen sein. Trump dementierte. Er bezeichnete die Berichte als Lügen und Propaganda eines "religiöses Regimes," das verzweifelt sei und nicht wisse, welchen Weg es beschreiten solle. "Ihre Wirtschaft ist tot, und es wird noch viel schlimmer werden. Iran ist ein totales Chaos," sagte der Präsident. Über den Umgang mit Iran sagte er: "Wir sind bereit für das absolut schlimmste Szenario - und wir sind auch bereit dafür, Vernunft walten zu lassen. Es könnte sehr leicht in beide Richtungen gehen. Es fällt mit zunehmend schwer, einen Deal mit Iran zu wollen, weil sie sich sehr schlecht benehmen."

Indes erklärte US-Außenminister Pompeo im Interview mit Bloomberg TV am 26. Juli, er sei bereit nach Iran zu reisen, um den Iranern die amerikanische Iran-Politik zu erläutern und ihnen die Wahrheit zu sagen. Er wolle den Menschen in Iran sagen, welche Schäden ihnen ihre Führung zugefügt habe. Sarif lehnte am 31. Juli, am Rande einer Kabinettssitzung, das Angebot als "scheinheilige Geste" ab. Pompeo solle lieber iranischen Journalisten die Einreise in die USA erlauben, damit sie über das Land berichten können. Ihre Anträge seien bis jetzt abgelehnt worden.

Die Versuche von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, im Konflikt zwischen Teheran und Washington zu vermitteln, riefen bei Trump Proteste hervor. Macron solle sich nicht in diese Angelegenheit einmischen, twitterte Trump am 8. August. "Ich weiß, dass es Emmanuel gut meint, wie all die anderen, aber niemand spricht für die USA außer den USA selbst. Niemand hat das Recht, uns auf irgendeine Weise zu bearbeiten, zu formen oder zu repräsentieren." Frankreich wies den Vorwurf zurück. Frankreich müsse niemanden um Erlaubnis bitten, um sich über Iran zu äußern, sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian. Paris verteidige Frieden und Sicherheit in der Region, setze sich für Entspannung ein und sei bemüht, alles zu unternehmen, um eine weitere Eskalation der Konflikte zu verhindern.

Am 12. August warf Sarif im Interview mit Al-Dschasira den USA vor, mit ihren massiven Waffenlieferungen die Region in einen "Pulverfass" verwandelt zu haben, das jederzeit "in die Luft gehen kann." Allein im vergangenen Jahr habe Washington Waffen im Wert von 50 Milliarden Dollar in der Region verkauft.

Zufrieden mit dem Ergebnis der Sanktionen gegen Iran, sagte Trump auf einer Pressekonferenz am 21. August, der Ölboykott gegen Iran habe eine größere Wirkung gezeigt als von Washington erwartet. Die iranische Wirtschaft befinde sich am Abgrund, die Inflationsrate sei enorm hoch. "Es geht ihnen (den Iranern) schlecht. Sie können kein Öl mehr verkaufen." Er habe das Gefühl, sich mit Iran einigen zu können, doch möglicherweise käme keine Einigung zustande. "Die Iraner wollen verhandeln, wissen aber nicht, wie sie das anstellen sollen," sagte Trump. Auch Pompeo sagte, den USA sei es gelungen, den täglichen Verkauf von 2,7 Millionen Barrel iranischen Öls zu verhindern. Die Sanktionen zeigten große Wirkung und die USA seien entschlossen, den maximalen Druck auf Iran fortzusetzen.

Am 21. August droht Präsident Rohani erneut mit einer Blockade der Seewege im Persischen Golf. "Die Weltmächte wissen ganz genau, dass die internationalen Gewässer nicht mehr die Sicherheit wie bisher haben werden, falls Irans Ölexport komplett sanktioniert werde und auf null fallen sollte. Das wäre sicherlich nicht zu ihren Gunsten," sagte Rohani bei einem Treffen mit Revolutionsführer Chamenei.

Am 22. August gab Präsident Macron auf einer Pressekonferenz in Paris bekannt, dass er sich vor dem G7-Gipfel in Biarritz mit iranischen Vertretern treffen werde. Iran müsse die Vorgaben des Atomabkommens einhalten und alles unterlassen, was die Lage weiter eskalieren könnte. Zugleich kritisierte er die USA. Washington dürfe nicht durch weitere Sanktionen gegen Iran das Feuer der Konflikt weiter schüren. Iranischen Medien berichteten daraufhin, Macron würde Sarif in Paris empfangen.

Tatsächlich wurde Sarif am 23. August von Macron in Paris empfangen. Sarif äußerte sich positiv über die Vorschläge des französischen Präsidenten. Sie gingen "in die richtige Richtung," sagte er der Agentur AFP nach dem treffen in Elysée-Palast. Macrons Vorschläge sollen mit europäischen "und weiteren" Partnern erörtert werden, "um zu sehen, in welche Richtung wir weitergehen können." Der Minister betonte, dass Iran an gute wirtschaftliche Beziehungen zu der EU interessiert sei. Man sei nun auf der Suche nach Wegen, um dieses Ziel "mit oder ohne die USA" zu erreichen.


SARIF TRIFFT ÜBERRASCHEND IN BIARRITZ EIN

Fürwahr, eine Überraschung: Irans Außenminister tauchte am 25. August unerwartet beim G7-Gipfel im französischen Biarritz auf. Offenbar hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einem Gespräch mit seinem amerikanischen Kollegen Donald Trump am Vortag die gute Laune des US-Präsidenten für bare Münze genommen und ihn vor vollendete Tatsachen gestellt. Selbstverständlich nahm Sarif nicht an dem Gipfel teil, aber er traf am Rande des Treffens seinen französischen Kollegen Yves Le Drian, um mit ihm einen Vorschlag Macrons zu erörtern. Details des Vorschlags sind nicht bekannt. Angaben der Diplomaten zufolge soll eine Deeskalation des Konflikts zwischen den USA und Iran erst einmal dadurch erreicht werden, dass die USA Iran für einen begrenzten Zeitraum eine partielle Wiederaufnahme seiner Ölexporte erlauben. Im Gegenzug solle Iran versichern, seine Urananreicherung nicht wiederaufzunehmen. Zunächst hieß es, die Gipfelteilnehmer seien sich einig gewesen, dass dieser Vorschlag unter französischer Vermittlung Teheran vorgelegt werde. Doch Trump dementierte. Er habe einer gemeinsamen Botschaft an Iran nicht zugestimmt, sagte er.

Am nächsten Tag sagte Trump am Rand des Gipfels, er habe Macron für den Besuch Sarifs vorab sein Einverständnis erteilt. "Ich habe gesagt: Wenn Sie das wollen, machen sie das," sagte er. Er fügte hinzu: "Ich habe gewusst, was er tut, und ich habe alles gebilligt." Er selbst habe Sarif nicht treffen wollen, dafür sei es zu früh gewesen. Er strebe keinen Sturz des Regimes in Teheran an, sein Ziel sei es, Iran vom Bau einer Atombombe abzuhalten.

Zum Abschluss des Gipfels erklärte Macron, es gebe vorbereitende Gespräche zu einem möglichen Treffen zwischen Trump und dem iranischen Präsidenten Rohani. "Ich hoffe, dass wir in den kommenden Wochen auf Grundlage dieser Gespräche einen Gipfel zwischen Präsident Trump und Präsident Rohani sehen werden." Dazu sagte Trump, er sei unter Umständen bereit, Rohani zu treffen. Es sei realistisch, dass dies innerhalb von Wochen stattfinden könnte. Falls aber Iran nicht einwillige, ein "guter Spieler" zu sein, würden die USA darauf mit Gewalt reagieren. Er wolle einen "guten Deal" mit Iran.

Teheran lehnte ein Treffen ohne Vorbedingung ab. Die USA müssten zunächst die Sanktionen gegen Iran aufheben, sagte Rohani. "Falls dies passiert, könnte man über weitere positive Entwicklungen reden (...). Sie müssen alle illegalen, ungerechten und falschen Sanktionen gegen die iranische Nation aufheben. Lediglich ein paar Bilder mit Hassan Rohani zu machen, das geht nicht. (...) Washington sollte seine Iran-Politik rundum revidieren," sagte Rohani weiter. Irans Souveränität müsse respektiert und zum Atomabkommen zurückgekehrt werden. "Der Schlüssel des Erfolgs liegt nun in Washington."

Außenminister Sarif erklärte, er habe schon bei seinen Gesprächen in Biarritz gesagt, dass ein Treffen zwischen Trump und Rohani "unvorstellbar" sei, bevor die Amerikaner zum Atomabkommen zurückgekehrt seien. "Selbst dann werden wir keine bilateralen Verhandlungen haben."

Bezüglich des Optimismus, den Frankreichs Präsident demonstriert, ist Skepsis angebracht. Selbst, wenn Trump, einer guten Laune folgend, dem Vorschlag zugestimmt hätte, wäre es kaum vorstellbar, dass die Architekten der Iran-Strategie in Washington, allen voran Außenminister Mike Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton, die als erklärte Feinde der Islamischen Republik gelten, Iran eine Atempause gönnen würden. Welchen Sinn sollte zudem eine Strategie haben, einem Gegner, den man in die Knie zwingen will, für eine Weile unter die Arme zu greifen?

Was Washington von Teheran verlangt ist ein neues, umfassendes Atomabkommen, bei dem Iran die Urananreicherung gänzlich untersagt werden soll. Zudem soll Iran sein Raketenprogramm einstellen und einen grundsätzlichen Kurswechsel in seiner Nahostpolitik vornehmen, das heißt: Rückzug aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, keine Unterstützung für die libanesische Hisbollah, der palästinensischen Hamas und der Huthis in Jemen. Mit einem Wort, Iran solle seine in vier Jahrzehnten, nicht zuletzt dank der verheerenden Nahostpolitik der USA, errungene Position ebenso wie sein Verteidigungspotential aufgeben. Die Machthaber in Teheran würden vermutlich lieber die ganze Region in Brand stecken, als zu kapitulieren und diese Forderungen zu akzeptieren.


ETWAS ENTSPANNUNG IM TANKERSTREIT

Der Tankerstreit zwischen Iran und Großbritannien, der in den letzten Wochen zu eskalieren drohte, hat sich mit der Freilassung des iranischen Tankers in Gibraltar vorerst entspannt. Das Oberste Gericht in Gibraltar hat am 15. August den Tanker freigegeben. Die USA versuchten in letzter Minute, die Freigabe zu verhindern. Das US-Justizministerium beantragte, den Tanker "Grace 1" dauerhaft zu beschlagnahmen, mit der Begründung, der Öltransport des Tankers verstoße gegen Geldwäschegesetze und Terrorismusstatuten. Ein Bundesgericht in Washington verfügte laut dpa vom 17. August "auch die Beschlagnahmung des Öls an Bord und von knapp einer Million Dollar Bankvermögen einer Briefkastenfirma, die Verbindungen zu dem Schiff haben soll." Zudem soll das Schiff Teil eines Plans der iranischen Revolutionsgarden zur Unterstützung illegaler Lieferungen Irans an Syrien sein. Eigentümer des Tankers seien die iranischen Revolutionsgarden. Der Wert des Öls an Bord liege bei 130 Millionen Dollar, die für eine Terrororganisation bestimmt seien.

Der iranische Supertanker war am 4. Juli in den Gewässern des britischen Überseegebiets Gibraltar beschlagnahmt worden. In der Erklärung, die der Regierungschef von Gibraltar Fabian Picardo veröffentlichte, hieß es, die britische Marine habe einen Tanker, der mit Öl beladen auf dem Weg nach Syrien war, in den frühen Morgenstunden an der Südspitze der iberischen Halbinsel beschlagnahmt. "Es gab genügend Indizien, dass die "Grace 1" ihre Rohöllieferung zur Banjas-Raffinerie in Syrien bringen wollte." Die EU habe gegen den Betreiber der Raffinerie Sanktionen verhängt. Spaniens Außenminister Josep Borell erklärte laut AFP vom 5. Juli, die Beschlagnahmung sei auf Gesuch der USA an Großbritannien hin erfolgt.

Das Gericht in Gibraltar lehnte den Antrag aus Washington am 18. August ab, mit der Begründung, es gebe weder in Großbritannien noch den anderen Staaten der EU Sanktionen gegen Iran, die denen der USA entsprechen würden. Die iranischen Revolutionsgarden würden von der EU nicht als Terrororganisation eingestuft.

Der Tanker, der inzwischen "Adrian Darya 1" heißt, nahm, wie die Agenturen berichteten, zunächst Kurs auf Griechenland. Teheran hatte den Behörden in Gibraltar versichert, das Schiff werde nicht nach Syrien fahren. Irans Außenminister Sarif begrüßte die Freigabe. "Wir sind froh, dass diese Tour beendet ist. Wir waren immer der Meinung, dass die Beschlagnahme des Tankers illegal war," sagte er während seines Besuchs in Finnland. Die USA kritisierten die Freigabe. "Es ist sehr bedauerlich, dass dieses Schiff freigegeben wurde," sagte Außenminister Pompeo am 20. August dem Nachrichtensender Fox-News. Mit dem Verkauf des Öls werde Teheran die Garden unterstützen, "die Terror und Zerstörung gesät und Amerikaner in der ganzen Welt getötet haben," sagte der Minister. Mit dem Erlös würden die terroristischen Aktivitäten Irans, auch in Europa, fortgesetzt. "Das ist, was wir versuchen zu stoppen."

Nun versuchten die USA, alle Häfen im Mittelmeer unter Druck zu setzen, um ein Andocken des Tankers zu verhindern. "Wir verfolgen die Bewegungen dieses Schiffes," sagte Brian Hook, Iran-Sonderbeauftragter der US-Regierung. Am 21. August erklärte der griechische Vizeaußenminister Miltiadis Vavitsiotis, der Tanker dürfe nicht in Griechenland anlegen. Mit seinen 130.000 Tonnen sei er für alle griechischen Häfen zu groß. Am 22. August sagte Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis dem französischen Sender France 24, "Adrian Darya 1" fahre nicht in Richtung Griechenland. Wohin der Tanker nun fahren würde, sei derzeit nicht bekannt. Laut Medien soll er zuletzt Kurs auf die Türkei genommen haben und das Öl bereits verkauft haben. Wer der Käufer ist, gab Teheran nicht bekannt.


IRAN ERKLÄRT BEREITSCHAFT ZU GESPRÄCHEN MIT SAUDIS

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif erklärte laut der Agentur Tasnim vom 31. Juli, sein Land sei jederzeit bereit, mit Saudi-Arabien Gespräche zu führen. "Wir haben ja nie den Gesprächskanal blockiert," sagte er. Iran sei stets bemüht, gute Beziehungen zu seinen Nachbarn zu pflegen, auch zu Saudi-Arabien. Wenn die Saudis es wollten, könnten sofort Gespräche aufgenommen werden.


PORTUGAL STELLT VERGABE VON EINREISEERLAUBNIS FÜR IRANER EIN

Portugals Außenminister Augusto Santos Silva bestätigte am 16. Juli im Parlament, dass die Visavergabe für Iraner vorläufig eingestellt worden sei. Er betonte, dass es sich um eine Sicherheitsmaßnahme handele und diese mit den Beziehungen zwischen Lissabon und Teheran nichts zu tun habe. Er sagte, diese Entscheidung werde er in einer nichtöffentlichen Sitzung ausführlich begründen. Er betonte, sein Land werde die Einreise nach Portugal weit strenger als bisher überwachen.

Bereits im März dieses Jahres hatte die portugiesische Botschaft in Teheran die Vergabe von Visa an Iraner vorübergehend eingestellt. Iranische Medien hatten zuvor berichtet, dass zwei maskierte Männer auf einem Motorrad in der Nähe der portugiesischen Botschaft einen iranischen Angestellten niedergeschossen hätten.


CHAMENEI SICHERT HUTHIS UNTERSTÜTZUNG ZU

Am 14. August empfing Revolutionsführer Ali Chamenei den Sprecher der jemenitischen Huthis, Mohammad Abdel Salam, in Teheran. Ihm versprach er, jede mögliche Unterstützung. Die Offensive der Koalition unter der Führung Saudi-Arabiens gegen die Huthis bezeichnete Chamenei als "Verbrechen" gegen das Volk Jemens. Ziel Riads und Abu Dhabis sei die Spaltung Jemens, sagte er. Er kritisierte den Westen, der sich "diesem großen Verbrechen" gegenüber gleichgültig verhalte und schlug vor, die bestehenden religiösen und ethnischen Konflikte in Jemen durch einen innerjemenitischen Dialog zu lösen.

Die Koalition unter der Führung Saudi-Arabiens führt seit fünf Jahren Krieg gegen die Aufständischen in Jemen. Diesem Krieg sind bislang zehntausende Menschen zum Opfer gefallen. Er hat mehr als drei Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Laut den Vereinten Nationen handelt es sich bei der gewaltsamen Auseinandersetzung um die schlimmste humanitäre Krise der Welt.


PLÄNE DER USA ZUM SCHUTZ DER SCHIFFFAHRT IM PERSISCHEN GOLF

Angesichts der entstandenen Unsicherheit für die Schifffahrt im Persischen Golf durch mehrere Sabotageakte, planen die USA eine internationale Truppe zum Schutz der Handelsschiffe zu gründen. Wie die Deutsche Presseagentur am 18. Juli berichtete, begaben sich Vertreter der USA nach Brüssel, um ihre Nato-Partner über das Projekt zu informieren. Washington will die Militärpräsenz im Persischen Golf erhöhen, um Handelsschiffe, vor allem bei der Durchfahr durch die Straße von Hormus, besser schützen zu können. Zugesagt hatten bis dahin nur wenige Staaten aus Europa, darunter die Niederlande, Norwegen und Dänemark.

Auch Großbritannien ergriff eine ähnlich Initiative. Geplant sei ein "maritimer Schutzeinsatz unter europäischer Führung," hieß es am 23. Juli aus London. Der damalige Außenminister Jeremy Hunt nannte keine Details, sagte laut dpa nur, London werde "angemessene Schritte unternehmen, um die sichere Passage von Schiffen durch die Straße von Hormus zu unterstützen." Ein Diplomat, der nicht genannt werden wollte, sagte der Agentur Reuters am 23. Juli, dieser Vorschlag Großbritanniens soll Europäern den Schritt erleichtern, sich der Initiative der USA anzuschließen. Die freie Seefahrt sei wichtig, der Vorschlag hat mit der Politik des maximalen Drucks der USA nichts zu tun.

Eshagh Dschahangiri, Irans erster Vizepräsident, verurteilte das Vorhaben. Die Präsenz ausländischer Kräfte im Persischen Golf werde die Sicherheit der Region gefährden, sagte er. Auch Außenminister Sarif twitterte, Iran suche keine Konfrontation. "Wir haben 1.500 Meilen Küstenstreifen am Persischen Golf. Die Gewässer gehören uns. Wir werden sie schützen." Vizeaußenminister Abbas Araghtschi sagte am 24. Juli, während eines Besuchs in Paris: "Iran wird seine größten Anstrengungen unternehmen, um die Region zu sichern, insbesondere die Straße von Hormus."

Deutsche Reeder schlugen die Einschaltung des Internationalen Seegerichtshofs als Möglichkeit vor, den Konflikt zwischen Iran und Großbritannien zu lösen, berichtete dpa am 24. Juli. Ralf Nagel, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands Deutscher Reeder sagte: "Wir appellieren an die Konfliktparteien, den Weg über den Internationalen Seegerichtshof in Hamburg zu gehen, um aufzuklären, was tatsächlich in der Straße von Hormus und in der Straße von Gibraltar vorgefallen und wie das rechtlich zu bewerten ist.

Wir brauchen Deeskalation und objektive Aufklärung und die Freigabe von Schiffen und Besatzung muss an erster Stelle stehen."

Der neue US-Verteidigungsminister Mark Esper meinte, die Einsätze der Europäer und Amerikaner im Persischen Golf könnten sich ergänzen. Alle Länder hätten ein vitales Interesse an einer freien Durchfahrt durch die Straße von Hormus. Am 25. Juli wies Großbritannien seine Marine an, britische Handelsschiffe im Persischen Golf zu eskortieren. Berlin und Paris äußerten sich zurückhaltend zu dem britischen Projekt. Aus Berlin kamen zunächst wage und zum Teil widersprüchliche Stellungnahmen. "Es ist zu früh, um über mögliche Formen einer deutschen Beteiligung zu sprechen," hieß es aus dem Auswärtigen Amt laut dpa vom 25. Juli.

Teheran bezeichnete eine europäische Marinemission als "provokativ." "Wir haben gehört, dass sie eine europäische Flotte in den Persischen Golf entsenden wollen, was natürlich eine feindliche Botschaft transportiert, provokativ ist und die Spannungen vergrößern wird," sagte Regierungssprechen Ali Rabii. "Wir sind der größte Repräsentant maritimer Sicherheit im Persischen Golf."

Am 30. Juli forderte die US-Botschaft in Berlin Deutschland direkt auf, sich an der Mission zu beteiligen. "Wir haben Deutschland offiziell aufgefordert, gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien Hilfe bei der Sicherung der Straße von Hormus zu leisten, um iranische Aggressionen zu bekämpfen," erklärte die Botschaft. Die Antwort der Bundesregierung kam am gleichen Tag. Vizekanzler Olaf Scholz sagte, die Bundesregierung lehne geschlossen eine Beteiligung Deutschlands an dem Projekt ab. "Das ist mein Eindruck, "sagte Scholz am 31. Juli im ZDF-Morgenmagazin. Doch die US-Botschaft ließ nicht nach. "Deutschland ist die größte Wirtschaftsmacht in Europa," sagte Botschafter Richard Grenell laut AFP vom 1. August. Dementsprechend müsse das Land auch Verantwortung übernehmen. Amerika habe "viel geopfert, um Deutschland dabei zu helfen, ein Bestandteil des Westens zu bleiben. Und wir haben zurzeit 34.000 Soldaten in Deutschland stationiert - das sind Milliarden Dollar, die die amerikanische Bevölkerung ausgibt." Dazu sagte Maas bei einem Besuch in Warschau: "Wir halten die Strategie des maximalen Drucks für falsch. Wir wollen keine militärische Eskalation, wir werden weiter auf Diplomatie setzen." Stattdessen wolle Deutschland versuchen, eine EU-Beobachtermission zum Schutz von Handelsschiffen einzusetzen.

Der Regierungswechsel in Großbritannien führte zu einer Kehrtwende in der britischen Strategie. London erklärte, sich doch der amerikanischen Initiative anschließen zu wollen, mit der Begründung, der Schutz der Schiffe im Persischen Golf sei ohne die USA nicht machbar. Zugleich erklärte der neue britische Außenminister Dominic Raab, London wolle weiterhin gemeinsam mit den Europäern daran arbeiten, "die Situation zu deeskalieren und das Atomabkommen zu erhalten."

Am 7. August berichteten Medien, der israelische Außenminister Israel Katz habe bei einem Treffen des Parlamentsausschusses für Außen- und Sicherheitspolitik hinter verschlossenen Türen gesagt, sein Land wolle sich an der US-Schutzmission beteiligen. Einige Details nannte dazu das Nachrichtenportal Ynet. Konkret werde Israel sich im Geheimdienstbereich und "anderen Bereichen, in denen Israel besondere Fähigkeiten und einen relativen Vorsprung habe" an der Mission beteiligen.

Iran warnte die arabischen Staaten vor einer möglichen Beteiligung Israels an der Mission. "Eine US-Koalition für die maritime Sicherheit des Persischen Golfes würde nur zu mehr Unsicherheit führen, "sagte Verteidigungsminister Amir Hatamiam am 8. Juli. Eine israelische Beteiligung an dieser Koalition hätte "katastrophale Folgen." Und der Sprecher des Außenministeriums Abbas Musawi bezeichnete die Teilnahme Israels als "offene Bedrohung Irans." Es sei das Recht Irans, sich dagegen zu wehren, sagte er.

Auch Irak erklärte, die Anrainerstaaten des Persischen Golfs seien allein in der Lage, die Sicherheit des Golfs zu gewährleisten. Eine Hilfe von außen sei nicht nötig, sagte der irakische Außenminister Mohammad al-Hakim.


PANAMA UNTERSAGT IRANISCHEN SCHIFFEN, UNTER SEINER FLAGGE ZU FAHREN

Nachdem der iranische Öltanker "Grace 1," der unter Panamas Flagge fuhr, vor Gibraltar von der britischen Marine beschlagnahmt wurde, hat Panama iranischen Schiffen untersagt, künftig Panamas Flagge zu nutzen.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass registrierte Schiffe unter der Flagge fremder Staaten fahren. Die Flagge Panamas gilt bei den Seefahrern als die sicherste der Welt. Bereits zuvor hatte Panama in mehreren Fällen iranischen Schiffen die Nutzung seiner Flagge untersagt. Die USA begrüßten die Entscheidung, die sie als Unterstützung des von ihnen gegen Iran verhängten Ölboykotts betrachten.

Wenn ein Schiff seine Flagge verliert, verliert es zugleich seine Versicherung und es bekommt schwerwiegende Probleme, in den Häfen ankern zu können. Aufgrund der Sanktionsdrohungen der USA haben inzwischen eine ganze Reihe von Staaten Iran verboten, ihre Flagge zu benutzen. Ein Verantwortlicher der iranischen Schifffahrt sagte der Agentur Reuters auf die Frage, was Iran angesichts der Verbote unternehmen wolle: "Es gibt befreundete Staaten, die uns helfen wollen und uns Vorschläge gemacht haben."


OMANS AUßENMINISTER IN TEHERAN

Omans Außenminister Youssef bin Alawi bin Abdollah traf am 27. Juli zu einem Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen Mohammad Dschawad Sarif ein. Iranische Medien veröffentlichten keine Berichte über den Besuch. Doch Sarif schrieb auf Twitter: "Wir haben über die Auswirkungen des Wirtschaftsterrors der USA gegen Iran, über unsere bilateralen Beziehungen, die Lage in der Region und Sicherheit des Persischen Golfs und der Straße von Hormus gesprochen."

Bin Alawi traf auch den Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats Irans, Ali Schamchani. Den iranischen Medien zufolge betonte Omans Außenminister die "Notwendigkeit, auf Aktivitäten zu verzichten, die Unsicherheit und Instabilität der Region fördern könnten." Er forderte, "die Nutzung militärischer Mittel zur Lösung politischer Probleme" zu beenden.

Das Außenministerium in Maskat erklärte, der Besuch des Außenministers in Teheran stehe im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen in der Golfregion. Zehn Tage vor dem Besuch hatten iranische Revolutionsgarden einen Öltanker in der Straße von Hormus beschlagnahmt. Der Tanker fuhr unter britischer Flagge. Die Straße von Hormus liegt zwischen Iran und Oman.

Als die Beschlagnahme des Öltankers zum Konflikt zwischen Iran und Großbritannien führte, forderte Oman die Konfliktparteien auf, die Probleme auf diplomatischem Weg zu lösen.

Es war der zweite Besuch von Omans Außenminister in Teheran innerhalb von weniger als drei Monaten. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna, bezeichnete den Besuch als "bedeutend." Oman hatte in der Vergangenheit bei Konflikten zwischen Iran und dem Westen als Vermittler eine wichtige Rolle gespielt.


ERBEL ÜBERNIMMT NICHT DIE LEITUNG DER INSTEX

Bernd Erbel, designierter Leiter der europäischen Gesellschaft für Handel mit Iran (Instex), wird sein Amt nicht antreten. "Herr Erbel hat das Auswärtige Amt darüber informiert, dass er aus persönlichen Gründen nicht zur Verfügung steht," sagte eine Sprecherin des Ministeriums am 8. August laut dpa.

Erbel gehört zu den erfahrenen Diplomaten Deutschlands. Durch seine Tätigkeit als Botschafter in Libanon, Ägypten, Irak und Jemen ist er mit der Region bestens vertraut. Von 2009 bis 2012 war er deutscher Botschafter in Teheran.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Florian Kommer
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
18. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 9/2019 - September 2019 / 18. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2019

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