Schattenblick →INFOPOOL →GESELLSCHAFTEN → STIFTUNGEN

HEINRICH BÖLL STIFTUNG/198: Forderungen des Chodorkowskij-Anwalts


Heinrich-Böll-Stiftung - Pressemitteilung vom 21. Februar 2007

Chodorkowskij-Anwalt Jurij Schmidt fordert internationales Engagement für rechtstaatliche Standards in Russland


Auf einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin forderte der russische Menschenrechtsanwalt und Verteidiger von Michail Chodorkowskij, Jurij Schmidt, angesichts der neuerlichen Anklage gegen den ehemaligen Yukos-Eigner heute internationalen Druck auf die russische Regierung zur Einhaltung eines rechtsstaatlichen Verfahrens. "Es geht darum, dass auch im Fall von Michail Chodorkowskij die in Russland geltenden Gesetze angewendet werden, die willkürliche Missachtung seiner Rechte und die Verschleppung nach Ost-Sibirien beendet wird. Das Vorgehen der Behörden im Falle Chodorkowskijs ist gleichsam ein Spiegel für die besorgniserregenden Entwicklungen, die die russische Demokratie zur Zeit durchläuft".

Ende vergangenen Jahres hatten die russischen Behörden unter Verletzung der geltenden Strafprozessordnung Chodorkowskij und Lebedew aus ihren bisherigen Straflagern in das Untersuchungsgefängnis der ostsibirischen Stadt Tschita gebracht.

"Allein mit der Verlegung des Verfahrens nach Tschita wird die Arbeit der Verteidigung aufgrund der großen geographischen Entfernungen fast unmöglich gemacht," so Schmidt weiter.

Stiftungsvorstand Ralf Fücks bezeichnete die Verfahren gegen Chodorkowskij als *politische Prozesse". Es werde ein drakonisches Exempel gegen einen Unternehmer statuiert, der Putin herausgefordert habe. Dem Kreml gehe es darum, jede Herausbildung einer unabhängigen Gegenkraft zu verhindern. Deshalb werde mit Chodorkowskij ein Unternehmer herausgegriffen, der zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte förderte und oppositionelle Parteien unterstützte.

Anfang Februar hatte die russische Generalstaatsanwaltschaft offiziell neue Anklagen gegen den seit 2003 inhaftierten Ex-Jukos-Besitzer Michail Chodorkowskij und seinen ehemaligen Partner Platon Lebedew erhoben. Soweit bisher bekannt wurde, wird Chodorkowskij und Lebedew Steuerhinterziehung in Höhe von bis zu 25 Milliarden US-Dollar vorgeworfen. Der Gesamtumsatz des Jukos-Konzern betrug in den betreffenden Jahren allerdings nur rund 13 Milliarden US-Dollar.

In einer aus dem Gefängnis abgegebenen Erklärung brandmarkten Chodorkowskij und Lebedew vor einer Woche die neue Anklage als Versuch der russischen Staatsführung, ihre - nach Abbüßung der Hälfte der Strafe aus der ersten Verurteilung- im Sommer und Herbst 2007 mögliche vorzeitige Entlassung aus der Haft zu verhindern.

Die Heinrich-Böll-Stiftung hatte Jurij Schmidt, Anwalt von Chordokowskij und Träger des Petra-Kelly-Preises 2006 der Stiftung diese Woche nach Berlin eingeladen, um in einem Hintergrundgespräch über die jüngsten Entwicklungen im Fall Chodorkowskij zu berichten und sie politisch zu bewerten.


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 21. Februar 2007
Heinrich-Böll-Stiftung, Michael Alvarez, Pressesprecher
Hackesche Höfe, Rosenthaler Str. 40/41, 10178 Berlin
Telefon 030/285 34-202
E-Mail: alvarez@boell.de
Internet: www.boell.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2007