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GUTE-NACHT/2382: Olympische Disziplin plus Apfelgelee (SB)


Die Sommerferien verbringt Oma Ella mit Nele. Gestern ist sie mit dem Zug angekommen. Eigentlich ist sie angereist, weil Neles Eltern während der Ferien keine Zeit für Nele haben. Sie bekommen gerade jetzt keinen Urlaub. "Aber dafür sind Omas ja schließlich am besten geeignet, nämlich auf ihre Enkelkinder aufzupassen und ihnen endlich auch vieles zu erlauben, was Eltern nicht so gerne sehen", beruhigte Oma Ella Nele mit einem Augenzwinkern, als sie zuhause von Mama begrüßt wurde. "Wir wollen es uns in deinen Ferien richtig gemütlich machen", schlug Oma Ella vor und das setzten die beiden auch gleich in die Tat um.


*


Auch heute ist das Motto des Tages "es sich unter allen Umständen gemütlich zu machen". Auch wenn Äpfelauflesen nicht gerade als eine gemütliche Tätigkeit bezeichnet werden kann, mit Oma Ella macht selbst das Spaß. Papa will am Abend nach der Arbeit noch den Rasen mähen. Die kleinen Äpfel, die viel zu früh bereits vom Sturm heruntergeschüttelt worden sind oder einfach gar nicht reifen wollen, möchte er dabei aber nicht überfahren und zermatschen. "Nele, das ist deine Aufgabe, alle kleinen Äpfel einzusammeln", war sein einziger Kommentar.

"Das ist doch halb so wild. Komm Nele!" fordert Oma Ella ihre Enkelin auf, "kennst du die Sportart Kompostweitwurf?" Das war mein Vorschlag für eine neue olympische Disziplin, die ich damals unserem Sportverein "Frauen für Olympia" vorgeschlagen habe." Noch bevor Nele fragen kann, was eine olympische Disziplin ist und ob Omas Vorschlag angenommen wurde, hat Oma Ella schon zwei Plastikkörbe vor den Komposthaufen aufgestellt. "Möchtest du den rechten oder den linken Korb?" fragt sie. Nele entscheidet sich für den rechten Korb. Jetzt legt Oma Ella noch Neles Springseil als Abschußlinie in drei Metern Entfernung von den Körben weg auf den Boden hin.

"Bist du bereit?" fragt Oma Ella. Nele nickt. "Dann kann es ja losgehen. Beim Startschuß laufen wir und lesen so viele Äpfel auf wie wir nur können. Jeder wirft seine Äpfel in seinen eigenen Korb. Wir dürfen aber nicht weiter als bis an die Ziellinie heran. Von hier aus ...", Oma zeigt auf das Springseil, "... werden die Äpfel in die Körbe geworfen. Wenn du in meinen Korb triffst, habe ich Glück gehabt. Wenn du gut im Werfen bist, kannst du auch von jeder anderen Stelle unter dem Baum die Äpfel abwerfen, fallen sie aber daneben, bekomme ich deine Äpfel in meinen Korb und fallen meine daneben, erhältst du sie. Alles verstanden?" Nele nickt erneut. Oma Ella findet: "Dann kann es ja losgehen. Ein Stück Zucker, zwei Stück Zucker und los!" Dabei klatscht sie laut in die Hände. Das ist das Startzeichen."

So schnell hat Nele noch nie die heruntergefallenen Äpfel aufgelesen. Und als alle Äpfel in oder neben den beiden Körben gelandet sind, findet Nele es richtig schade, daß diese olypische Disziplin bereits vorbei ist. Jetzt werden die Äpfel, die neben die Körbe gefallen sind, noch den beiden Körben zugeteilt. Dazu nimmt Oma Ella einfach die Ziellinie fort und legt sie zwischen die beiden Körbe wieder nieder. Alle Äpfel, die nun auf Omas Korbseite liegen, wandern in Neles Korb und alle anderen Äpfel, die auf Neles Korbseite am Boden liegen, werden in Omas Korb gelegt.

"Um den Gewinner zu ermitteln, brauchen wir eine Waage!" stellt Oma Ella fest. Nele holt schnell die Personenwaage aus dem Badezimmer. Ihre Mutter würde das zwar sicher nicht begrüßen, aber es ist wohl besser, die Waage nach draußen zu bringen, als die schmutzigen Körbe ins Badezimmer.

"Nele, zuerst wiegen wir dich. Dann wiegen wir dich mit deinem Korb und anschließend ziehen wir beides voneinander ab. Dann haben wir deine Gewinnzahl." So wird es gemacht. Neles Gewinnzahl ist 3,6 und Omas Gewinnzahl ist 3,9. "Ganz schön knapp. Nun, Kommagewinnzahlen zählen nicht. Wir haben aufzurunden, denn alles was hinter dem Komma über 5 ist, wird zur nächsthöheren Zahl. Das heißt, wir haben beide 4 und damit beide gewonnen. Reichen wir uns die Hände!"

Da nun beide gewonnen haben, können auch die Äpfel zusammengeschüttet werden. Mit dem einen Korb und der Waage kehren Oma und Nele wieder ins Haus zurück. "Was wollen wir denn mit den Äpfeln im Haus?" fragt Nele. Denn sie weiß, daß sie die unreifen Äpfel nicht essen darf. "Du wirst sehen, daß wir daraus den leckersten Apfelgelee aller Zeiten zubereiten werden."

Oma Ella sucht erstmal in der Küche nach einem Entsafter. Nicht den Mixer, den Mama in der Küche stehen hat, sondern etwas anderes. Auf dem Dachboden findet sie was sie sucht. "Mit diesem Topf habe ich als deine Mama noch klein war, Holunderbeeren, Johannisbeeren und alles mögliche entsaftet." - "Auch Äpfel?" fragt Nele. "Das auch!"

In der Küche wird der Topf erst einmal vom Dachbodenstaub befreit. Dann werden die Äpfel gewaschen, kleingeschnitten und die Stiele entfernt. "Das Kerngehäuse kann ruhig dabeibleiben", erklärt Oma Ella. Nele hilft fleißig mit. Der Entsafter besteht aus drei Topfteilen und einem Schlauch mit einer Klammer und natürlich einem Deckel. Zuerst kommt in den untersten Topf Wasser. Darüber kommt der nächste Topf, in dem eine Art Sieb sitzt. Hier werden die Äpfel hineingegeben. Der Deckel kommt oben auf. Vorne unten besitzt das Mittelstück des Topfes ein Loch und ein kleines Röhrchen. Auf dieses Röhrchen wird der schmale Schlauch gesteckt. Dieser Schlauch hat genau in der Mitte zwischen den beiden Enden ein Glasröhrchen sitzen. Die Klammer, die auch dabei ist, wird auf das untere Schlauchgummi geklemmt. Wenn jetzt das Wasser im Topf zu kochen beginnt, werden die Äpfel nach einiger Zeit durch den Dampf und die Hitze ganz weich und matschig. Es bildet sich Saft und der läuft durch das Sieb, in dem die Äpfel liegen, in den mittleren Topf - dorthin, wo das Loch im Topf ist. Hier würde der Saft herausfließen, wäre das Gummiröhrchen nicht durch die Klammer zugeklemmt, also verschlossen. Durch das Glasröhrchen in der Mitte des Schlauches kann Nele sehen, wann es soweit ist, daß sich Saft angesammelt hat. Jetzt warten Oma und Nele noch ein Weilchen und zapfen dann den sich angesammelten Saft in eine vorher ausgewaschene Glasflasche ab. Oma Ella läßt Nele nicht zu nah an den Topf herankommen. "Der ist total heiß!" erklärt sie, "und die Flaschen natürlich auch."

Aus den aufgelesenen Äpfeln erhalten Oma Ella und Nele zwei Flaschen Saft. "Das erscheint zwar wenig", erklärt Oma, "aber in diesen harten kleinen Dingern ist eben nicht mehr drin." Nach dem Abkühlen des Topfes werden die ausgekochten Äpfel auf den Kompost geworfen. "Dieser Rest findet sicher auch noch seine Liebhaber", sagt Oma Ella zu Nele und zeigt auf die Käfer, die auf dem Kompost herumkrabbeln. "Vielleicht kommt in der Nacht sogar ein Igel vorbei!" mutmaßt Oma Ella.

Endlich wird Gelee gekocht. Dazu brauchen Oma und Nele Gelierzucker. Den hat Oma Ella in ihrem Gepäck dabei. Darauf wäre Nele nie gekommen. "Wir benötigen nicht ganz so viel wie sonst, denn in grünen Äpfeln ist meist sehr viel Pektin drin. Das bewirkt, daß der Saft nach dem Kochen fest wird", erklärt Oma Ella. Bevor die beiden jedoch den Apfelgelee kochen, waschen sie Marmeladengläser und kochen die Deckel aus, damit der Gelee nicht durch Keime im Glas oder am Deckel zu schimmeln beginnt. Der Saft wird nun zum Kochen gebracht und der Zucker darin aufgelöst. Dann wird das Ganze noch zwei Minuten gekocht und kann nun in die Gläser gefüllt werden. Vorher nimmt Oma Ella die Schaumkelle und schöpft den Schaum im Topf auf einen Teller ab. Nur die reine klare Flüssigkeit wird mit einer kleinen Kelle in die Gläser gefüllt. Vorsichtig werden die heißen Gläser abgewischt und sogleich mit den Deckeln verschlossen. Die verschlossenen Gläser stellt Oma noch auf den Kopf.

Während Oma den Gelee kocht und in die Gläser füllt, malt Nele die Aufkleber für die Gläser. Sie malt Äpfel auf die Etiketten und schreibt APFELGELEE dazu. Oma sagt, daß es wichtig ist, auch das Herstellungsdatum mit auf das Schild zu schreiben, damit man immer weiß, welches Glas zuerst verputzt werden darf. Doch Nele glaubt, daß das überflüssig ist. Omas Gelee wird bestimmt nicht alt werden.

Beim Abendbrot darf Nele ausnahmsweise auch mal abends Süßes aufs Brot essen. Der frische Gelee muß schließlich gekostet werden. "Mhm, schmeckt der lecker!"

21. Juli 2007

Gute Nacht