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GUTE-NACHT/2864: Der Geist in Pantoffeln und der Besuch aus dem Wassergraben (SB)


Gute Nacht Geschichten


Einmal in der Woche fahren Mutter, Großmutter und Paddy in die Stadt zum Einkaufen. Diese Tage enden nach einem anstrengenden Einkauf doch immer lustig. Denn entweder gehen alle zusammen noch ins Kino, ein Eis essen oder verbringen einige Zeit im Schwimmbad. Heute ist wieder einer dieser Einkaufstage. Mutter deutet an, daß es wohl ein sehr kurzer Einkaufstag werden wird, ohne den angenehmen Teil der Fahrt. Sie glaubt, nun in enttäuschte Gesichter sehen zu müssen. Doch im ersten Moment und das erstaunt sie, scheinen die Gesichter der beiden anderen einen Funken von Freude zu zeigen. Dann aber, Sekunden später, entdeckt sie die erwartete Enttäuschung. Das beruhigt Mutter irgendwie ein bißchen, obwohl es doch nicht gerade fein von ihr ist. Paddy und Großmutter nörgeln ein wenig, aber sie fragen nicht einmal nach dem Grund der Tagesplanänderung. Mutter hakt ebenfalls nicht weiter nach und fährt bald in die Stadt: "Ich bin gegen sieben Uhr spätestens wieder zuhause." "Laß dir ruhig Zeit", sagt Großmutter und fügt schnell noch an, "nicht daß du irgendetwas Wichtiges vergißt." "Tschüß", sagt Mutter, "ich bringe euch auch was schönes mit." - "Ja, einen kleinen Geist, bitte", ruft Paddy hinter Mutter her. "Einen Geist?", Mutter wundert sich. Aber sie sagt nichts mehr und zieht von dannen.

"Beinahe hätten wir uns verraten!", findet Großmutter. "Ja, wir müssen besser aufpassen", meint auch Paddy, "sonst wird das mit der Geburtstagsüberraschung nichts." Paddy denkt an das Zimmer des Gehängten und daran, daß dieser Raum bald ein kleines Museum sein soll. Großmutter sagt: "Laß uns gleich nach oben gehen, alles andere kann warten. Wenn sich Mutter dann wundert, daß wir heute gar nicht aufgeräumt haben, dann haben wir eben einfach viel gespielt." Paddy lacht und dann fällt ihr der gestrige Abend wieder ein: "Oma, wir dürfen die Glühbirne nicht vergessen." Großmutter öffnet den Schrank und muß leider feststellen, daß die letzte Glühbirne schon in irgendeiner Fassung steckt. "Da schreibe ich doch gleich auf den neuen Einkaufszettel Glühbirnen auf. Schade, daß uns das nicht eher aufgefallen ist. Dann hätte Mutter gleich heute welche mitbringen können." - "Wollen wir sie nicht auf ihrem Handy anrufen?", schlägt Paddy vor. "Und was wollen wir sagen? Du im Geisterzimmer fehlen noch Glühbirnen? Nein, das geht nicht. Deine Mutter würde es sofort merken. Wir müssen da schon etwas vorsichtiger vorgehen."

"Brauchen wir noch etwas für oben?", fragt Paddy und hat auch schon gleich selber einen Vorschlag. "Wir sollten Knoblauchzehen mitnehmen und aufhängen. Das ist gut gegen Vampire und hilft ja vielleicht auch gegen Geister." - "Wo hast du denn das her?", fragt Großmutter. "Na, von dem kleinen Vampir, du weißt schon, den mir Mutti vorliest." Aus dem Regal neben den Zwiebeln holt Paddy drei Knoblauchzehen. "Nimm lieber erst nur zwei", schlägt Oma vor und dann geht es hinüber in den älteren Teil des Bauernhauses und dort die alte Holztreppe ohne Geländer hinauf. Die Stufen knarren wie gestern abend. Doch im Licht des Tages macht Paddy das nichts aus. Plötzlich ein Schrei. Großmutter hat ihn ausgestoßen und hält sich an der Wand fest. Paddy hat gleich die wildesten Phantasien im Kopf und sie fragt: "Hast du den Geist in Pantoffeln gesehen?" - "Nein, aber eine Ratte. Das finde ich genauso schlimm." Großmutter muß sich erst einmal hinsetzen. Auf dem Flur steht ein alter Sessel. Doch dahinein mag sie sich jetzt gar nicht setzen. Wer weiß, ob nicht in dem Polster eine weitere Ratte steckt. So hockt sich Großmutter erst einmal auf eine Treppenstufe und Paddy macht es ihr nach. Sie nimmt eine Stufe weiter unten.

"Daß es hier im Haus Mäuse gibt, wußte ich ja schon. Aber daß hier auch Ratten sind, ist mir neu. Da müssen wir unbedingt etwas dagegen unternehmen. Kann sein, daß sie aus dem Graben hinter dem Haus kommen. Sicher gibt es Löcher in den Wänden. Ich muß das gleich mit deiner Mutter besprechen, wenn sie zurück ist." - "Geht es dir wieder besser?", fragt Paddy nach einer Weile?" Großmutter nickt und steht auf. "Komm wir hängen jetzt die Bilder im Zimmer des Erhängten auf", schlägt Großmutter vor. Vorsichtig öffnet sie die Tür des besagten Zimmers. Schließlich könnte ihr ja hier auch so eine Ratte entgegenspringen. Es bleibt ruhig. Großmutter geht zum Fenster und zieht die Vorhänge auf. Gleich erscheint der Raum viel freundlicher. Auf dem Fußboden liegen noch die Geisterbilder. Das oberste Bild mit dem Geist in Pantoffeln fehlt noch immer. Wo mag es nur abgeblieben sein?

Paddy entscheidet, wohin sie welches Bild aufgehängt haben möchte. Dann reicht sie Großmutter die Stecknadeln an. "Das sieht doch schon recht ordentlich aus", stellt Großmutter fest, nachdem sie das letzte Bild angebracht hat. "Nun laß uns einen Tee trinken", schlägt Großmutter vor. Sie zieht die Vorhänge wieder zu bis auf einen kleinen Spalt, durch den sie etwas Licht hereinscheinen läßt. Großmutter verläßt das Zimmer des Gehängten als erste. Paddy folgt, nachdem sie sich noch einmal in der Runde umgesehen hat und dann ganz leise alle Geister ermahnt, ja nicht in der Geisterstunde bei ihr zu erscheinen. Statt dessen sollen sie lieber schön schlafen.

21. Februar 2009

Gute Nacht