Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/2976: Hinter der Mauer - Ab durchs Gebüsch (SB)


Gute Nacht Geschichten


"Gehen wir heute auf den Friedhof?", möchte Anselm nach dem Nachmittagskaffee wissen. "Nein, erst morgen", plant Oma ein, "heute will ich noch Kirschen einkochen." - "Die, die wir heute morgen gepflückt haben?", fragt Solveig. "Ja, genau die. Wenn ihr möchtet, könnt ihr mir beim Entsteinen helfen. Aber ihr könnt auch hinaus in den Garten gehen und Ball spielen."

Anselm ist für den Garten, während Solveig Oma ein bißchen hilft. Bald aber hat auch sie genug vom Entsteinen der Kirschen. Es ist ja immer nur das Gleiche: Klappe auf, Kirsche hineinlegen, Hebel herunterdrücken und Hebel wieder hochnehmen, die entsteinte Kirsche gegen eine neue Kirsche mit Stein tauschen. Hundert Kirschkerne zu entfernen dauert seine Zeit. Aber Oma hat bestimmt tausend Kirschen.

"Wo bist du?", ruft Solveig ihren Bruder, als sie in den Garten tritt. Eine Antwort erhält sie nicht. "Bestimmt ist er wieder in den Kirschbaum geklettert und antwortet nicht, damit Oma ihn nicht von da oben herunterrufen hört", denkt Solveig. Aber Anselm ist nicht in den Kirschbaum geklettert. Solveig ruft gleich noch einmal. Immer noch antwortet er nicht. "Was soll ich bloß machen?", fragt sich das Mädchen. Ohne ihren Bruder findet sie es langweilig. "Vielleicht hat er mich aus dem Haus kommen sehen und hat sich versteckt?", überlegt Solveig. Nun beginnt sie, ihn zu suchen und geht dabei ganz vorsichtig vor. Wenn ihr Bruder nichts hört, wird er sich vielleicht zeigen und dann kann sie ihn überraschen und erschrecken.

Aber Anselm taucht nicht auf. "So groß ist Omas Garten doch gar nicht", findet Solveig. Ob sie vielleicht doch mal auf die Leiter steigt, um einen besseren Überblick über den Garten zu erhalten? Aber dann überlegt sie es sich doch anders. Mama hatte den Kindern gesagt, daß Oma sehr ängstlich sei und sie sollten sie nicht erschrecken. Gestern hatte Oma schon ganz bleich ausgesehen, als sie plötzlich Anselm auf der Leiter entdeckte. Anselm hatte von da oben über die Mauer geschaut und den Friedhof entdeckt. "Ob er da vielleicht rübergeklettert ist?", kommt Solveig eine Idee. Aber wie sollte er das gemacht haben?

Plötzlich taucht ein Kopf hinter der großen blauen Wassertonne auf. Solveig erschrickt. Dann aber erkennt sie ihren Bruder. "Warum kriechst du denn hinter die Tonne?", möchte Solveig wissen. Ganz aufgeregt sagt Anselm: "Hinter der Tonne hört die Mauer auf und ein Zaun aus Büschen beginnt. Aber zwischen beidem passe ich gut hindurch. Da habe ich gleich einmal den Friedhof besucht. Genau hier hinter der Mauer sind ganz alte Gräber. Das zeigen die großen Steine und Kreuze. Willst du auch mal schauen?"

Gerade steckt Solveig ihren Kopf durch das Gebüsch, da hört sie ihre Oma rufen. "Abendessen ist fertig!" - "Komm, Solveig, schnell. Oma soll nicht wissen, daß wir das Loch entdeckt haben."


(Was hat Anselm nur vor? Warum will er nicht, daß Oma weiß, was er entdeckt hat?)

9. Juli 2009

Gute Nacht