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GUTE-NACHT/3224: Der kleine Nachtwächter und das Kuschelwesen (SB)


Gute Nacht Geschichten

Die Laterne in der einen, die Taschenlampe in der anderen Hand zieht der kleine Nachtwächter los durch die Stadt. Seine Aufgabe ist es, zu schauen, ob alle Türen und Tore verschlossen sind. In den Straßen ist es ruhig. Nur hier und da brennt in den Häusern noch Licht.

Nach diesem ersten Rundgang steigt der kleine Nachtwächter die Stufen zur Stadtmauer hinauf. Er blickt in die Ferne, ob von dort kein Unheil naht. Der Wetterhahn auf dem Kirchturm dreht sich im Wind und quietscht.

Ein Blick zurück in die Straßen der Stadt fesselt plötzlich des kleinen Nachtwächters Aufmerksamkeit. "Was ist denn das für ein heller Fleck dort unten auf dem Boden?", fragt sich der kleine Nachtwächter und steigt sogleich die Treppenstufen wieder hinab, "das werde ich mir sofort anschauen."

Es dauert nicht lange, da ist der kleine Nachtwächter bei dem hellen Fleck angelangt. Dieser entpuppt sich als nicht mehr ganz so weißes, aber weiches Kuschelwesen. "Wer hat dich denn hier vergessen oder gar verloren?", sagt der kleine Nachtwächter mehr zu sich selbst. Er steckt sich die Taschenlampe in seinen Mantel und nimmt das Kuschelwesen hoch.

"Vielen Dank und guten Abend", sagt plötzlich eine Stimme. Der kleine Nachtwächter weiß, daß das weiche Kuschelwesen ihn angesprochen hat, auch wenn es nicht seinen Mund bewegt. Es hat anscheinend keinen. Nur zwei schwarze Knopfaugen schauen aus dem flauschigen Fell hervor und ein winziges Schwänzchen. "Gleichfalls guten Abend! Ich wundere mich, was du so spät hier noch auf der Straße suchst?" - "Ach, ich suche gar nichts, höchstens meine Familie. Schon den ganzen Tag liege ich hier im Staub und keiner hat mich aufgehoben." - "Hat dich denn keiner vermißt?" - "Nein! Denn ich wurde ja einfach weggeworfen. Da wird mich keiner wiederholen."

Der kleine Nachtwächter überlegt einen Moment. Ein bißchen seltsam sieht das weiße Kuschelwesen schon aus. Es besteht nur aus einem Körper, einem angedeuteten Kopf und einem Schwänzchen. Ein bißchen wie ein Wurm sieht es aus. "Aber das merkwürdige Aussehen ist doch kein Grund, den kleinen Kerl fortzuwerfen", denkt der kleine Nachtwächter bei sich. "Weißt du was?", sagt er dann laut, "ich nehme dich erst einmal mit mir. Heute Nacht werden wir der Sache nicht auf den Grund gehen können. Ich stecke dich in meine Manteltasche, so daß du etwas von der Welt sehen kannst und schon setzte ich mich in Bewegung. Zuerst gehe ich noch meine Runden und dann nehme ich dich mit mir nach Hause. Morgen sehen wir dann weiter." Das kleine Kuschelwesen ist einverstanden und überaus glücklich noch dazu.


30. Juni 2010