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GUTE-NACHT/3298: Der kleine Nachtwächter auf der Suche (SB)


Gute Nacht Geschichten

Ungewöhnlich früh zieht der kleine Nachtwächter an diesem Tag durch die Straßen seiner Stadt. Es ist noch hell, sodaß er seine Laterne noch gar nicht angezündet hat. Auch die Taschenlampe kann sich noch ein Weilchen ausruhen.

Zügig durchquert der kleine Nachtwächter die Stadt und läßt auch den Park und die Schrebergärten nicht aus. Selbst den kleinen Friedhof, auf dem die liebsten Tiere begraben liegen, hat er besucht. Dort brannten noch die Kerzen auf den Gräbern.

Jeden, den der kleine Nachtwächter trifft, fragt er nach Rebell. "Hast du einen scharzen Hund gesehen?" - "Ist dir Rebell begegnet?" Aber keiner hat ihn getroffen.

Der kleine Nachtwächter hofft, Rebell oben auf dem Rundgang der Stadtmauer zu finden. "Vielleicht sitzt er ja bei der Tonne, bei der wir so viele kleine Picknicks genossen haben?", überlegt er und begibt sich sogleich auf den Weg. Aber auch dort ist der schwarze Hund nicht zu entdecken. Der kleine Nachtwächter hat heute keine Lust auf die Tonne zu klettern. Er blickt über die Stadtmauer und hofft dort draußen seinen geliebten Hund zu erspähen. Aber selbst dort ist er nicht zu finden.

"Wo mag Rebell nur stecken? Und geht es ihm gut?", diese Fragen beschäftigen den kleinen Nachtwächter die ganze Zeit über. Es beginnt zu regnen und plötzlich wandelt sich der Regen in Schnee. "Vielleicht kann ich mit der Hilfe des Schnees Spuren entdecken und ihnen nachgehen", überlegt der kleine Nachtwächter. Doch der Schnee schmilzt gleich wieder und bleibt nur auf den Scheiben der Autos und ein bißchen auf den Wiesen liegen. Aber das reicht noch lange nicht aus, um Spuren zu finden.

"Hoffentlich geht es Rebell gut und er hat etwas zu fressen gefunden?", wünscht der kleine Nachtwächter. "Nun mach dir mal keine Sorgen!", tröstet der Tierarzt. Auch ihn hat der kleine Nachtwächter aufgesucht und befragt. "Er wird schon wieder auftauchen. Außerdem hast du schon einmal an die Möglichkeit gedacht, daß der schwarze Hund sein früheres Herrchen wiedergefunden hat? Hunde sind treue Gefährten. Mag sein, daß er jetzt wieder in seinem richtigen Zuhause ist." Das schmerzt den kleinen Nachtwächter. Denn daran hat er gar nicht gedacht. Dennoch, er will weiterfragen. Er will Gewißheit haben, ob es dem schwarzen Hund auch wirklich gut geht.

Inzwischen ist es spät geworden. Die Lichter in der Stadt sind fast überall erloschen. Jetzt brennt die Laterne des kleinen Nachtwächters wieder, und ab und an knipst er auch die Taschenlampe an, wenn er hinter Hecken sucht oder in Kellerfenster hineinleuchtet. Es könnte doch sein, daß sich Rebell gar nicht auf der Straße oder im Feld aufhält, sondern in irgendeinem Haus steckt. Traurig zieht der kleine Nachtwächter durch die Stadt. "Da war ich jahrelang allein und erst seit ein paar Tagen mit einem Hund zusammen und schon vermisse ich ihn. Wie schnell wir uns doch an einen Gefährten gewöhnen und ihm nachtrauern, wenn er fort ist."

24. November 2010

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