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GUTE-NACHT/3362: Der kleine Nachtwächter marschiert durch die Felder (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter


Mit der Taschenlampe in der einen und der Laterne in der anderen Hand zieht der kleine Nachtwächter los. In dieser Nacht will er nicht den Fahrradweg entlang der großen Straße marschieren, sondern auf den Wegen durch die Felder und Wiesen gehen. Auch an einem kleinen Wäldchen führt ihn dieser Weg vorbei. Ein bißchen mulmig ist ihm schon. Was da nicht alles in diesem Wald stecken kann. "Naja, es werden wohl nur ein paar Hasen oder wenn ich Glück habe auch mal ein Reh sein. Denn in dieser Gegend gibt es nicht mehr so viele verschiedene Tierarten und auch keine gefährlichen Tiere. Da muß ich mich wohl eher vor fremden Menschen hüten", denkt der kleine Nachtwächter und schreitet voran.

Rebell, sein Hund, läuft neben ihm her. Er schnüffelt mal hier und mal dort, läuft ein bißchen vor und fällt auch wieder zurück. Aber er ist stets zur Stelle, wenn der kleine Nachtwächter nach ihm pfeift.

Indess kommt das Wäldchen immer näher. Der kleine Nachtwächter erreicht eine Abzweigung und überlegt, ob er nicht doch in einem größeren Bogen das Wäldchen umrunden sollte. Dann aber ist er mutig und wählt den kürzeren Weg am Wäldchen vorbei. Rebell läuft vor. Plötzlich beginnt er ganz fürchterlich zu bellen. Der kleine Nachtwächter pfeift. Aber Rebell kommt nicht zurück.

Da bewegt der kleine Nachtwächter sich schneller und beginnt fast zu laufen. Plötzlich hört er Stimmen, viele Stimmen. Sie rufen: "Kannst du nicht aufpassen?" - "Vorsicht!" - "Halt! Sonst zerdrückst du mich!" Doch der kleine Nachtwächter hört nicht auf die Stimmen, er will nur wissen, warum Rebell so empört ist.

Jetzt hat er ihn eingeholt und leuchtet mit der Taschenlampe auf den Boden genau dorthin, wo Rebell seine Nase hat. "Ach du meine Güte", entfährt es dem kleinen Nachtwächter. Am Boden sitzt eine dicke fette Kröte und plustert sich auf. Sie will Rebell verscheuchen. Doch der blickt die Kröte nur neugierig an. Und nicht nur eine Kröte entdeckt der kleine Nachtwächter da am Boden. Unzählige Amphibien ziehen hier ihrer Wege.

"Entschuldigt, ihr Kröten!", sagt der kleine Nachtwächter, der nun erkennt, wessen Stimmen er gerade auf dem Weg vernommen hat, "es tut mir wirklich leid. Ich hoffe ich habe euch nicht verletzt." Aber noch immer hüpfen die kleinen Tiere weiter und halten nicht an. Nur die eine Kröte scheint Rebell den Kampf anzusagen. Da bückt sich der kleine Nachtwächter zu ihr herunter und fragt: "Was ist hier eigentlich los?"

Die Kröte quakt, als wolle sie den kleinen Nachtwächter auslachen oder vielleicht ausschimpfen? Das ist nicht so leicht auseinander zu halten. "Quak, weiß du denn nicht, daß wir gerade auf der Wanderung zu unserem Laichplatz sind?", fragt die Kröte. Und ohne eine Antwort abzuwarten fährt sie fort: "Wenn die Temperaturen milder werden und die Luft wieder feuchter, erwachen wir aus unserer Winterstarre. Dann wandern wir zu dem Gewässer, in dem wir selbst geboren wurden, um dort unsere Eier abzulegen und eine neue Generation hervor zu bringen."

"Ach so ist das", staunt der kleine Nachtwächter, "und wo ist dieses Wasser?" - "Kennst du dich denn hier gar nicht aus? Na, dort drüben in dem Wald", erklärt die Kröte, "aber haltet mich jetzt nicht länger auf, der Waldsee ruft." - "Warte, nur noch eine Frage! Du bist doch so klein und kannst nicht weit in die Landschaft blicken. Wie findest du dann überhaupt den Teich und dazu noch den richtigen?" - "Quak, das ist doch ganz einfach. Auch wenn wir oft mehrere Nächte hindurch laufen müssen, wir legen unsere ihre Eier immer genau dort ab, wo wir selbst geboren wurden. Mit Hilfe der Sterne und des Mondes und unserer Erinnerung an Gerüche und Geräusche schaffen wir den Weg zu unserer Heimstatt zurück. Leider lauern überall Gefahren auf uns." - "Welche Gefahren?", fragt der kleine Nachtwächter erneut. "Na, alles was sich bewegt und uns überrollen oder übertrampeln kann, so wie du es beinahe getan hast. Aber jetzt genug der Rede, ich muß weiter. Nichts soll mich mehr aufhalten."

Und schon hüpft die Kröte davon. Der kleine Nachtwächter bleibt noch für einen Moment stehen. Dann tritt er den Rückweg an. "Rebell, ich glaube wir nehmen doch den weiteren Weg um das Wäldchen herum. Außerdem werde ich mit meiner Taschenlampe den ganzen Weg ableuchten, daß wir keine einzige Kröte und keinen Frosch mehr bei ihrer Wanderung stören.

Nach einer Weile kommt der kleine Nachtwächter an einem Schild vorbei, auf dem das Wort "Krötenwanderung" steht. Da muß er tüchtig lachen. "Wie sollen denn die Kröten überhaupt dieses Schild erkennen können, wo sie doch ganz da unten am Boden wandern?", geht es ihm durch den Kopf. Aber nach dem ersten Lachkrampf wird dem kleinen Nachtwächter klar, daß dieses Schild nicht den Kröten den Weg zu ihrem Teich weisen soll, sondern daß es für die Menschen aufgestellt wurde, damit sie in dieser Gegend sehr vorsichtig und rücksichtsvoll umhergehen mögen. Da schämt sich der kleine Nachtwächter ein bißchen.

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14. März 2011