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GUTE-NACHT/3398: Der kleine Nachtwächter hat Waschtag (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter


Heute war Waschtag. "Zum Glück brauche ich nicht mit einem Waschbrett oder einem Wäschezuber zu hantieren wie noch meine Großmutter. Heutzutage gibt es schließlich Waschmaschienen", dachte der kleine Nachtwächter, als er am Morgen von seiner Arbeit nach Hause kam. Sogleich steckte er seine schmutzigen Handtücher in die Maschiene. "In zwei Stunden stehe ich wieder auf, hänge die Wäsche auf die Leine und lege mich gleich wieder zum Schlafen hin", sagte er mehr zu sich selber als zu seinem Hund. Doch Rebell fühlte sich angesprochen und brachte sein rotes Herzchenkissen im Maul an. "Das waschen wir aber nicht mit den weißen Handtüchern zusammen, sonst färbt das Rot des Herzens noch ab", erklärte sein Herrchen. Danach schloß der kleine Nachtwächter das Bullauge der Maschiene, das ihn immer an eine Seereise vor einigen Jahren erinnert. Jetzt war Schlafenszeit.

Der Wecker klingelte zwei Stunden später. Noch verschlafen stand der kleine Nachtwächter wieder auf, nahm die gewaschene Wäsche aus der Maschiene und brachte sie in den Garten, wo er sie auf die Wäscheleine hing. Rebell kam hinterher. Auch diesmal hatte er sein Kissen im Maul. Gähnend befestigte der kleine Nachtwächter ein Handtuch nach dem nächsten. "Nein, das Kissen hänge ich nicht auf. Das ist zwar von deinem Sabber auch feucht, aber es braucht noch lange nicht auf die Wäscheleine." So trottete Rebell mit seinem Kissen hinter dem kleinen Nachtwächter mit dem Korb im Arm wieder ins Haus zurück. Die Vorhänge waren noch immer zugezogen, damit der kleine Nachtwächter ungestört weiterschlafen konnte.


Wieder ein paar Stunden später ist der kleine Nachtwächter nun entgültig aufgestanden. Er zieht die Vorhänge auseinander und läßt die Sonne herein. "Bei dem schönen, warmen Wetter ist unsere Wäsche bestimmt schon trocken", vermutet er. Also geht er wieder hinaus in den Garten. Er nimmt den Wäschekorb gleich mit. Rebell trägt diesmal sein Körbchen im Maul.

"Herrlich!", denkt der kleine Nachtwächter, als er den Duft von Gras und Blumen riecht, "am Tag fühlt sich alles ganz anders an als in der Nacht, und es riecht auch unterschiedlich." Der kleine Nachtwächter befühlt die Wäschestücke. Sie sind vollständig getrocknet. So nimmt er eins nach dem anderen von der Leine, faltet sie zusammen und stapelt sie in seinen Korb. Rebell erhält auch ein Wäschestück, einen Waschlappen: "Den kannst du ins Haus tragen!"

Gerade will der kleine Nachtwächter zum nächsten Handtuch greifen, da hält er inne und sagt: "Guten Tag! Herr Admiral!" Der Schmetterling auf dem Handtuch grüßt nicht. "Wie schön er ist!", denkt der kleine Nachtwächter bei sich, setzt sich auf das Gras nieder und betrachtet den braunen Körper, dann das Rot, das einer Mohnblume gleicht und sich wie ein Kreis auf den Flügeln abzeichnet, und schließlich nimmt er die weißen Flecken, die auf den Spitzen der vorderen Flügel zu sehen sind, wahr.

"Ja, der Admiral", lächelt der kleine Nachtwächter und erinnert sich daran, was er über diesen Schmetterling schon früher einmal in Erfahrung gebracht hat, "er ist ein Wanderfalter. Zu uns kommt er jedes Jahr aus dem Mittelmeerraum hergeflogen. Was für ein weiter Weg. Seine Nachkommen werden im Herbst dorthin wieder zurückfliegen. Welch eine Anstrengung. Aber bei uns schaffen sie es nicht zu überwintern."

Da fliegt der Admiral auf, setzt sich aber gleich auf einem anderen Handtuch nieder. Der kleine Nachtwächter fährt nun mit dem Abnehmen der Wäsche fort und ist bemüht, den Falter nicht zu stören. So nimmt er erst einmal die Wäsche rechts und links neben dem besetzten Handtuch ab. Als er dann auch das letzte Handtuch einsammeln will, sitzt der Admiral noch immer da. "Jetzt wird es aber Zeit, daß du dir einen anderen Platz suchst." Da erhebt sich der Admiral in die Lüfte.

Dabei hat er auch Rebells Aufmerksamkeit. "Laß ihn ja in Ruhe!", mahnt der kleine Nachtwächter und nimmt schließlich das letzte Handtuch von der Leine. "Es wird Zeit, daß wir schnell Abendbrot essen und uns dann auf die Socken machen, naja, du auf die Pfoten."

Admiral auf dem Handtuch - © 2011 by Schattenblick

3. Juni 2011