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GUTE-NACHT/3441: Knopf und Knöpfchen verabschieden sich (SB)



K N O P F   &   K N Ö P F C H E N

verabschieden sich


Die ersten Lichtblitze drangen in die Kiste und wurden wie jeden Morgen von dem diamantenen Knopf begrüßt. Sie streiften die Kistenwände entlang und fielen alsbald auf Knöpfchen und Auge, und damit weckten sie die beiden. Ein kräftiges Gähnen war zu hören.

Knopf war bereits früher aufgewacht, schon bevor die Lichtblitze durch die Kistenschlitze drangen. Diese Schlitze hatten sich im Laufe der Jahre gebildet, weil das Holz der Kiste immer mehr austrocknete und den kleinen Spalten Platz machte.

Knopf hatte das bevorstehende Abenteuer noch einmal überdacht. Heute wollten sie zu dritt losziehen. Doch ihr Plan würde nur funktionieren, wenn auch an diesem Tag der Deckel der Knopfkiste geöffnet würde. Eigentlich wurde die Knopfkiste sehr oft geöffnet. Dann stand der Deckel auch immer einige Zeit offen. Diese Zeit würden Knopf, Knöpfchen und Auge nutzen, um sich auf den Weg zu machen.

"Knöpfchen, Auge, habt ihr ausgeschlafen?", fragte Knopf. Da er mit einem "Nein" nicht rechnete, fuhr er sogleich fort: "Wir sollten uns noch von unseren Freunden aus der Kiste verabschieden. Sie sollen wissen, was wir vorhaben. Vielleicht benötigen wir auch ihre Hilfe, um aus der Kiste hinauszukommen."

Knöpfchen machte sogleich die Runde und rief alle Knöpfe zu einem Treffen zusammen. Es kamen alle. Jeder wollten wissen, was es an diesem Morgen so Wichtiges zu erzählen gab. Da waren der Major, Hilda, Milda und Kilda, und auch der Diamant. Einen weiten Weg hatte ja schließlich keiner von ihnen. Wenn schon, hatte der "Lange Ast" noch den längsten Weg.

Er war ein Knopf aus Holz. Deshalb nannten ihn die anderen "Ast". Den Spitznamen "Langer Ast" erhielt dieser Knopf erst später, weil er die anderen Knöpfe immer so gern darauf hinwies, daß er nicht wie sie rund, sondern länglich geformt sei. Trotzdem hatten sie in der Knopffabrik durch ihn zwei Löcher gebohrt. Doch das war schon so lange her, daß sich selbst der Lange Ast kaum noch daran erinnerte. Er wußte nur noch, daß er von dem Tag, an dem die Bohrer sein Holz durchdrangen, von dem Augenblick an plötzlich sehen konnte. Das war etwas schmerzhaft gewesen. Doch das Licht der Welt zu erblicken ist eben immer mit Weh und Ach und Schmerzen verbunden.

Der Lange Ast liebte es, in der äußersten Ecke der Knopfkiste zu wohnen. Dort konnte er sich immer so schön aufrecht in die Ecke stellen ohne umzufallen. Aus diesem hintersten Eckchen war er nun in die Mitte der Kiste gerollt, um wie alle anderen Knöpfe auch, dem zu lauschen, was Knopf, Knöpfchen und Auge zu berichten hatten.

Auge ergriff das Wort: "Hallo, all ihr großen und kleinen Knöpfe, meine Freunde. Ich habe euch eine Mitteilung zu machen. Ihr kennt meine Geschichte, ich habe sie euch vor ein paar Tagen erzählt. Meine Schilderungen, wie ich vom Kopf des Teddybären abgerissen wurde, haben Knopf und Knöpfchen so mitgenommen, daß sie auf die Idee kamen, mit mir meinen geliebten alten Teddybären zu suchen. Sicher könnt ihr meine Freude über Knopf und Knöpfchens Plan verstehen. Seid also nicht traurig, wenn wir uns heute und hier vorerst von euch verabschieden. Wenn wir unser Ziel erreichen, werdet ihr mich wohl nie wiedersehen. Doch Knopf und Knöpfchen werden zu euch zurückkehren und von unserem Abenteuer berichten. Also seid nicht traurig, da ich euch verlasse, wünscht mir Glück, daß ich bald wieder mit meinem alten Teddy verbunden sein kann."

Damit hatte keiner der Knöpfe gerechnet. Auge, Knopf und Knöpfchen mußten sehr mutig sein, wenn sie sich aus der Kiste hinausgetrauten. Der Major schüttelte den drei Abenteurern als erster die Hand zum Abschied und konnte es sich nicht verkneifen, ihnen noch ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg zu geben - doch die sollen hier lieber unerwähnt bleiben. Hilda, Kilda und Milda stritten schon wieder miteinander. Sie konnten sich nicht einig werden, ob das Abenteuer der Drei eine gute Idee war. Diamant wäre gern mitgekommen, allein schon wegen der vielen Lichtblitze, die ihn außerhalb der Kiste hätten bewundern können. Doch von etwas zu träumen war einfacher als es in die Tat umzusetzen. Deshalb entschloß er sich, lieber hier in der geschützten Kiste zu verharren als sich irgendwelchen Gefahren auszusetzen.

Die Knöpfe waren nun also informiert, alle Hände geschüttelt, gute und weniger gute Ratschläge und Wünsche ausgetauscht und so weiter! Nun fehlte allerdings noch der wichtigste Teil zum Antritt der Reise. Knopf, Knöpfchen und Auge warteten darauf, daß der Deckel der Knopfkiste sich öffnete und die anderen Knöpfe warteten mit.

Es verging eine kurze Zeit, es verging eine lange Zeit, und dann war die gesamte Zeit des Tages verstrichen. Diamant begann schon die Lichtblitze zu verabschieden. Das bedeutete, der Deckel der Kiste würde sich an diesem Tag nicht mehr öffnen.

"Dann verschieben wir den Beginn unseres Abenteuers eben auf morgen", beschloß Auge. Knopf setzte tröstlich hinzu: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!" Knöpfchen allerdings war über die Maßen enttäuscht. Darüberhinaus war er von der ganzen Aufregung plötzlich so müde geworden, daß ihm nur noch zwei Worte einfielen: "Gute Nacht."

Knopf und Knöpfchen - Buntstiftzeichnung: © 2011 by Schattenblick

zum 29. Juli 2011