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GUTE-NACHT/3589: Der kleine Nachtwächter will einkaufen (SB)

Der kleine Nachtwächter will einkaufen

Gute Nacht - Geschichten vom kleinen Nachtwächter

Unschlüssig steht der kleine Nachtwächter am Tor der Burg. Rebell sitzt neben ihm. Wenn doch nur das Postauto endlich käme. Aber von dem gelben Fahrzeug ist nichts zu sehen. Unruhig stolziert der kleine Nachtwächter vor dem Tor auf und ab. Da läutet die Glocke vom Ort bereits die zwölfte Stunde ein. Der kleine Nachtwächter bleibt stehen und meint zu Rebell:

"Was machen wir bloß? Ich muß dringend in den Ort fahren, um einzukaufen. Es ist Samstag und gleich werden die Geschäfte schließen. Aber den Postboten will ich auch nicht verpassen. Wieso ist er eigentlich noch nicht hier gewesen. Er kommt doch sonst jeden Tag gleich in der Früh. Nur nicht heute."

Wieder schreitet der kleine Nachtwächter vor dem Tor auf und ab. Rebell verläßt seinen Platz und trippelt hinter ihm her. Ein Stück nach links und ein Stück nach rechts, erneut in die Runde geschaut, weiter geht es. Da wird es Rebell zu bunt, und er setzt sich mitten auf den Weg. Der kleine Nachtwächter läuft weiter ein Stück nach rechts. Dann wendet er und kehrt nach links zurück. Dabei hält er Ausschau nach dem gelben Wagen.

Plötzlich stolpert er über den mitten auf dem Weg liegenden Hund. Aber er kann sich noch abfangen und wieder aufrichten. Er stemmt die Hände in die Seiten, und Rebell erwartet ein Schimpfkonzert. Er hält sich bereits eine Pfote über eines seiner Ohren.

Doch anstatt zu schimpfen, scheint das Herrchen sehr erfreut: "Das ist es, Rebell! Du bleibst hier vor dem Tor liegen und wartest auf den Postboten, während ich ins Dorf radele und etwas für uns beide besorge."

Mit dem kleinen Nachtwächter nicht mitkommen zu dürfen, scheint Rebell wie eine Strafe. Denn er liebt es an seiner Seite durch die Wiesen und Felder zu laufen und sich im Ort beim Metzger ein Würstchen zu erbetteln. Dennoch bleibt er liegen und läßt den kleinen Nachtwächter allein davon radeln. Aber ein Stöhnen kann er sich nicht verkneifen.

Der kleine Nachtwächter hingegen tritt fest in die Pedalen, damit er noch rechtzeitig vor Ladenschluß im Ort ankommt und ihm nicht etwa die Türe vor der Nase zugesperrt wird. Endlich hat er den Ort erreicht. Er blickt sogleich zur Kirchturmuhr hinauf. "Geschafft! Ich habe noch zehn Minuten Zeit zum Einkaufen."

Er eilt zum Laden und will die Tür aufreißen, aber er prallt dagegen. "Doch schon abgeschlossen?", fragt er erstaunt und drückt seine Nase an der Scheibe platt. Im Laden ist keiner zu entdecken. "Warum schließen die heute so früh? Haben sie vielleicht die Ladenzeiten verändert?", wundert er sich. Doch ein Schild, das dieses ankündigt, ist nirgends zu entdecken. Verständnislos blickt der kleine Nachtwächter noch einmal durch die Scheibe. Wirklich keiner mehr da. Da spiegelt sich in der Scheibe eine Frau, die auf der anderen Straßeseite entlang geht. Der kleine Nachtwächter dreht sich um und fragt: "Wie spät ist es?" Denn er vermutet, daß die Kirchturmuhr verkehrt geht. Aber dem ist nicht so.

Die Frau entgegnet: "Schau doch auf die Uhr am Turm, die geht genau." - "Aber warum ist dann der Laden schon geschlossen?" Die Frau blickt den kleinen Nachtwächter verwundert an. Dann antwortet sie: "Wir haben heute Sonntag!"

Damit ist alles klar. An Sonntagen sind die Geschäfte geschlossen, zumindest hier in dem kleinen Ort. Außerdem kommt an Sonntagen auch keine Post. "Da hätte ich ja ewig auf den Briefträger warten können", schüttelt der kleine Nachtwächter den Kopf.

"Ach, du meine Güte!", entfährt es ihm plötzlich und er schlägt sich die Hand vor die Stirn. "Rebell wartet noch immer umsonst oben auf der Burg." Schnell radelt der kleine Nachtwächter los und pfeift, um Rebell endlich von seinem Posten zu erlösen. Schon beim ersten Pfiff springt Rebell auf und läuft seinem Herrchen freudestrahlend entgegen. Ein Würstchen bekommt er diesmal allerdings nicht.

Gute Nacht

zum 12. August 2012