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GUTE-NACHT/3659: Im Advent - Rund, runder, platt (SB)



Die Kaninchen warteten schon auf ihr Futter, als Marlene und Simon mit Opa zum Schrebergarten kamen. Das kleine Schaf Molly war auch wieder mit von der Partie. Doch beim Füttern konnte Marlene das Schaf nicht die ganze Zeit auf dem Arm behalten. So setzte sie es auf die Holzbank beim Kräuterbeet ab.

Molly sah sich um. Wäre sie nicht aus Wolle, sondern aus Fleisch und Blut, hätte sie wohl Gefallen an den zwar mickrigen, dennoch vorhandenen Kräutern im Beet gefunden. Da gab es Salbei, noch ein paar Stengel Schnittlauch und sogar Petersilie. Und das zu dieser Jahreszeit.

Während Molly sich umsah und wartete, darauf daß die Kaninchen bald genug zu Fressen hatten, vernahm es leises Geflüster. Es horchte gespannter hin und bemerkte, daß die Stimmen genau von unter der Bank herkamen, auf der es hockte. Molly spitzte die Ohren und konnte zwei Stimmen ausmachen. Die eine war wie eine warme leichte Brise, die andere klang mürrisch.

"Bist du auch ein zerdrückter Ball, dem die Luft ausgegangen ist?", fragte die mürrische Stimme. "Ich bin doch kein Ball, den die Kinder mit ihren Füßen treten. Ich bin eine Nuß. An mir würden sich die Kinder aber schnell einen Zeh verstauchen." Da lachte die mürrische Stimme: "Eine Nuß? So eine große Nuß wie dich hab ich noch nie gesehen. Nicht einmal an Weihnachten. Da lag ich nämlich unter dem Weihnachtsbaum als Geschenk. Und nachdem ich ausgepackt worden war und auf dem Schoß von Konrad landete, konnte ich all die leckeren Sachen auf dem Tisch sehen, mit dem sich die Menschen vollstopften, sodaß ihre Bäuche ganz rund wurden."

"Und da gab es Nüsse?", fragte die brisenhafte Stimme. "Ja, sehr wohl. Haselnüsse und Ernüsse, Para- und Pekanüsse und die Walnüsse, das waren die größten auf dem Teller." - "Dennoch bin ich eine Nuß, ich bin die Kokosnuss."

Da erinnerte sich plötzlich die mürrische Stimme: "Ach ja, es gab da wirklich noch eine weitere Nuß, jetzt wo du es ansprichst. Eine Kokosnuß, die war wirklich sehr groß und die Schale konnte nur mit einem Hammer geöffnet werden, einen Nußknacker, der diese Nuß geöffnet hätte, gab es nicht. Aber du schaust nicht wie diese Nuß aus, du bist ja noch viel größer."

Die leichte Brise entgegnete: "Das liegt daran, daß die große Nuß, die du gesehen hast, nicht die ganze Kokosnuß war. Ich aber bin die ganze Kokosnuß und in mir wächst der Kern, den du gesehen hast und den die Menschen als Kokosnuß bezeichnen."

"Das soll ich dir glauben?", fragte die mürrische Stimme. "Warum nicht, wenn ich dir das doch sage. Aber wer bist du überhaupt?", fragte die Kokosnuß. "Ich bin der Fußball, das weiß doch jeder." Da lachte die Kokosnuß und ein leichter Duft nach Plätzchen verbreitete sich in der Luft: "Für einen Fußball bist du aber ziemlich platt." - "Das liegt daran, daß mir die Luft ausgegangen und keiner da ist, der mich wieder aufpumpt ..."

So ging es zwischen der Kokosnußmama und dem platten Ball noch lange hin und her. Das Schaf Molly fand das Gespräch der beiden so interessant, daß es gar nicht mitbekam, wie Opa, Simon und Marlene den Schrebergarten ohne Molly wieder mitzunehmen verließen. So ist das mit den Menschen, sie sind sehr vergeßlich.

Gute Nacht!

zum 15. Dezember 2018


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