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KALENDERGESCHICHTEN/100: 04-2019   Der kleine Elefant - rettet die Kleinen ... (SB)


Unter dem Bauch der riesigen Elefantenkuh lugt das Elefantenbaby hervor, das genauso groß ist wie Roland, der den beiden gegenübersteht - Buntstiftzeichnung: © 2019 by Schattenblick

Der kleine Elefant hatte das Abenteuer mit dem schwarzen Panther dank des mutigen Eingreifens der Affen heil überstanden. Er bedankte sich herzlich und fasste allmählich Vertrauen zu ihnen. Boss und seine Affenbande wollten Roland am nächsten Tag zu den großen Elefanten, seinen Verwandten, führen. Dem kleinen Elefanten gefiel der Vorschlag und auf einmal war es ihm gar nicht mehr so wichtig, zur Gräfin und Johann zurückzukehren, die ihn bereits vergeblich suchten ...

Roland übernachtete inmitten der Affenbande am Fuß eines mächtigen Baumes. Den Vorschlag eines kleinen Äffchens, doch mit auf die nächste Astgabel zu klettern, dort sei es besonders gemütlich und die Aussicht sei prächtig, lehnte der kleine Elefant ab - Klettern war nicht so seine Sache. Bald schon übermannte ihn die Müdigkeit, denn die große Aufregung seines ersten Tages im Dschungel hatte ihn ganz schön ermattet. Früh am nächsten Morgen setzte ein lautes Vogellärmen ein, ja es klang eher wie Krach in seinen Ohren als nach dem lieblichen Zwitschern, das er aus dem kleinen Park in der Stadt kannte. Auch drangen die verschiedensten Laute an sein Ohr, Geräusche, die er nie zuvor gehört hatte. Etwas ängstlich sah er sich um, doch die Affen schienen noch zu schlafen. Er hockte sich hin, das ist zwar nicht gerade Elefantenart, aber er hatte es sich angewöhnt, weil auch die Menschen um ihn herum, sich stets auf irgendetwas setzten und er es ihnen gleichtun wollte. Doch er musste nicht lange warten bis Boss laut brüllte: "Aufstehen Leute, wir haben heute noch etwas vor! Los, los, ihr Schlafmützen, auf geht's!"

Im Nu waren alle auf den Beinen, nahmen Roland in ihre Mitte und machten sich auf den Weg, angeführt von Boss, der am besten wusste, wo man die Elefantenherde treffen konnte. Sie erreichten eine kleine Anhöhe und blickten auf eine große, aber flache Wasserstelle. Darum herum tauchten mächtige Tiere ihre langen Rüssel in das erfrischende Nass. Roland traute seinen Augen nicht, diese riesigen Elefanten, das sollten die echten, die wirklichen wilden Verwandten von ihm sein?

"Na, Roland, da bist du platt, was?", freute sich Boss und ermunterte ihn, sich mit seiner Verwandtschaft bekannt zu machen. Der kleine Elefant zögerte, doch da hatte eine enorm riesige Elefantenkuh ihn bereits entdeckt und schritt gebieterisch auf ihn zu. Roland fasste sich ein Herz und ging ihr entgegen, so dass sie sich ganz nah gegenüberstanden. Er musste seinen Kopf schon ziemlich weit in den Nacken legen, um weit genug nach oben sehen zu können.

"Was ist denn mit dir passiert?", staunte die Elefantenkuh, "warum bist du denn so winzig und siehst doch aus wie ein Erwachsener?"

Darauf wusste Roland nichts zu antworten, schließlich hatte er bis jetzt angenommen, dass alle Elefanten so aussehen würden wie er. Das erste Mal in seinem Leben empfand er sich als merkwürdig, irgendwie sonderbar.

"Oh, du kannst nicht sprechen, tut mir leid, das wusste ich nicht", entschuldigte sich die Elefantin, als er nichts sagte.

"Doch, doch, das kann ich wohl, aber ich habe noch nie zuvor solche wie euch gesehen. Ihr seid so groß, dass es mir die Sprache verschlagen hat", erklärte Roland.

"Aber woher kommst du, dass du noch keinem von uns begegnet bist?", forschte sie nach.

Da wurde sie unterbrochen, zwischen ihren Beinen zwängte sich ein noch recht kleines Elefantenbaby hindurch und blickte den neuen Gast neugierig an. Tastend streckte es seinen kleinen, kurzen Rüssel vor und schnupperte. Dann sah es fragend zu seiner Mutter auf und platzte freudig mit seiner Frage heraus. "Spielst du mit mir? Wir können uns im Schlamm wälzen und mit Wasser nass spritzen, das mach Spaß!", lachte das Elefantenbaby.

"Warte, warte, Nico, nicht so schnell", wies die Elefantenmutter ihren Sohn sanft zurecht, "wir machen uns gerade erst bekannt. Unser Gast ist etwas ganz Besonderes. Also, gedulde dich noch eine Weile."

Mürrisch und unverständig verkroch sich der Kleine unter seine Mutter und tat das nächst Beste, er trank sich ordentlich an ihrer Milch satt. Die Elefantenfrau wendete sich wieder Roland zu, der nun auch antworten wollte.

"In meiner Heimat ist fast alles aus Stein, ein richtiges Steinland sozusagen, voller Straßen und ungeheuer vielen Städten mit Hochhäusern und Parkplätzen. Es gibt dort nur noch ganz wenig Bäume und Gras - dort ist es überhaupt nicht so wie hier", berichtete er und fügte hinzu, "ich heiße Roland, aber du kannst mich gern Ronny nennen."

"Oh, wie schrecklich, das hört sich traurig an, ein Land, das voller Steine ist. Kein Wunder, dass du hierher gekommen bist", sie machte eine Pause und meinte dann, "du kannst mich Mama Maja nennen, ich bin die älteste hier und alle anderen rufen mich auch mit diesem Namen."

"Das ist sehr freundlich von dir, Mama Maja", bedankte sich der kleine Elefant.

"Nun, Ronny, weißt du was, ich stelle dich erst einmal meiner Familie vor, dann sehen wir weiter!"

"Gerne, aber können meine Freunde mitkommen? Sie haben mich hierher geführt und passen gut auf mich auf, weil ich mich hier doch nicht auskenne."

"Kein Problem, aber dass mir keiner von ihnen Unsinn macht!", forderte Mama Maja ernst.

Roland rief zu Boss hinüber, dass sie ihn begleiten können. Prompt setzte sich die Affenbande in Bewegung und hüpfte, sprang und rannte zu ihm hin. Sie folgten der großen Elefantendame und landeten schließlich in einer Horde wirklich beeindruckend riesiger Elefanten. Und natürlich machten die kleinen Äffchen Unsinn, zogen an Elefantenohren und kletterten daran hoch, turnten auf Elefantenrücken und hangelten sich an Schwänzen und Beinen wieder hinunter. Doch das schien die Dickhäuter nicht besonders zu stören, wohl auch, weil sie viel zu neugierig auf den sonderbaren Elefanten waren, der sie da besuchen kam.

Roland kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und fühlte sich unter ihnen als Winzling, wie er es nie zuvor getan hatte. Als Nico, das Elefantenbaby sich zu ihm gesellte, ging es ihm schon ein wenig besser. Alle Familienmitglieder von Mama Maja begrüßten ihn freundlich, aber auch sie wollten wissen, wie es dazu kam, dass er so klein sei. Da Roland es nicht besser wusste, sagte er, dass in seiner Heimat alle so seien wie er. Das genügte den Elefanten und als Mama Maja dann auch noch erklärte, dass der kleine Elefant aus einem Steinland komme und dass es dort wahrscheinlich kaum etwas zu Essen gäbe und kein Elefant ohne Essen groß werden könne, war die Erklärung perfekt und die Neugier der großen Tiere befriedigt.

Unterdessen hatten die Gräfin und Johann die Suche nach Roland unterbrechen müssen, denn sie trafen sich mit wichtigen Leuten aus dem Land auf einem Versammlungsplatz unter einem großen Baum. Sie wollten erreichen, dass sämtliche kleinen Tiere hier in Afrika eine neue Heimat finden sollten und dazu brauchten sie eine Erlaubnis. Sie ahnten ja nicht, dass sie, während sie so miteinander sprachen, von jemandem belauscht wurden, der sich all das Gesagte genau merkte ...

Fortsetzung folgt ...


zum 1. April 2019


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