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TIERGESCHICHTEN/004: Retter in der Not (SB)



Wie Tiere sich helfen


Ich war vierzehn Jahre alt und ein Flüchtling. Wir, das waren meine Mutter, mein Bruder und ich, hatten nur ein Zimmer. Da war natürlich alles drin: Schlafzimmer, Wohnzimmer und die Küche.

Mein Bruder und ich besaßen zwei Kaninchen, die hießen Max und Moritz. Abends wurden sie in eine Kiste gesteckt und kamen auch mit in unser Zimmer.

Eines Nachts wurde ich durch irgend etwas wach. Ich war aber so müde und schlief gleich wieder ein. Bald wurde ich erneut wach. Diesmal durch einen Schmerz. Ich knipste das Licht an und siehe da, Max saß bei mir im Bett und hatte mich gekratzt. Beide Hasen waren aus ihrer Kiste ausgebrochen.

Max sprang vom Bett und hoppelte fort. Eigentlich hätte ich mich am liebsten wieder umgedreht und weitergeschlafen. Doch da kam Max erneut angehoppelt. Mutter wäre auch nicht begeistert, wenn ich die Kaninchen einfach so in unserem Zimmer die Nacht über herum laufen ließe. Also beschloß ich, sie wieder einzufangen.

Bis ich schließlich aufgestanden war, war Max bereits zweimal zum Bett hin- und hergehoppelt. Was war bloß los mit ihm? Dann sah ich, was mir Max zeigen wollte. Meines Bruders Angel hatte sich abgewickelt und Moritz war in den Angelhaken getreten. Alleine kam er nicht wieder los. Darum hatte Max mich geweckt und war immer wieder hin- und hergehoppelt. Er wollte Hilfe holen. Jetzt wußte ich: Auch Tiere helfen sich in der Not.

Zeichnung: Schlafendes Mädchen mit Hase - © 2010 by Schattenblick

Erstveröffentlichung am 7. März 1997

10. August 2010