Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → NATURKUNDE


TIERE/091: Nicht schnell genug, um zu entkommen ... (SB)


Wer kennt schon Meister Lampes Not?


Da der Hase nicht zu den Nutztieren zählt, über keine für den Menschen brauchbaren Fähigkeiten verfügt, gerät er leicht aus dem Blickfeld. Sicherlich als Hasenbraten wird er geschätzt, aber wer kennt Meister Lampe schon persönlich? Wer weiß, wie er lebt, was er gerne frisst, wo er am liebsten wohnt oder wovor er am meisten Angst hat?

Aber halt! Einmal im Jahr denken doch viele Menschen an ihn, besonders die kleinen Kinder zur Osterzeit. Da spielt das Langohr eine wirklich große Rolle - allerdings nicht als braungrauer Feldhase, sondern als Osterhase. Dann gibt es die hübschen Postkarten und Werbefotos mit den niedlichsten Häschen, die neben Ostereiern hocken inmitten von bunten Blumen. Geliebt wird er auch als Schokoladenhase in farbenfroher Verpackung oder gar in goldenem Gewand mit rotem Band und Glöckchen um den Hals.


Wie kam der Feldhase zu seinem Job als Eierverstecker?

Es heißt, zum Osterfest kommt der Osterhase und legt bunt bemalte Eier in versteckte Moosnester im Garten. Für die ganz kleinen Kinder ist es ein großer Spaß, sich auf die Suche nach den Ostereiern zu begeben. Dieser Brauch gehört zum christlichen Osterfest seit Jahrhunderten. Doch wie kommt es, dass ausgerechnet der Hase die Eier bringt? Man kann sich das vielleicht so erklären: Im Frühjahr kommen viele Hasenbabys zur Welt. Deren "Nester", wobei es sich eigentlich nur um eine Erdmulde, die Sasse genannt wird, handelt, befinden sich zumeist auf den Feldern, an Feldrändern, in Gärten oder am Waldrand. Und wenn schon überall die Hasen und kleinen Häschen auftauchten, so dachte man sich, könnten sie es doch auch sein, die die Ostereier bringen. Außerdem war den Menschen bekannt, dass die Hasen sich sehr schnell vermehren, was sie als Zeichen für rasches Wachsen und Gedeihen nahmen. Das Ei ist ebenfalls ein Symbol für neues Leben und Fruchtbarkeit und so wurden Ei und Hase als frohe Boten für blühendes Leben.



Ein aufmerksamer Feldhase im grünen Gras - Foto: 2004, by MOdmate [Public domain], via Wikimedia Commons

Foto: 2004, by MOdmate [Public domain], via Wikimedia Commons

Das Erwachen des Frühlings, die Geburt von Tieren und das Erblühen der Pflanzen hatte für die Menschen von einst eine viel lebenswichtigere Bedeutung als für uns heute. Früher gab es noch keine Tiefkühltruhen oder Supermärkte. Wenn die Vorräte, die man im Herbst des vorangegangenen Jahres im Keller oder auf dem Boden gelagert hatte, im Frühjahr zur Neige gingen, mussten viele Menschen mit sehr wenig Essen auskommen oder gar Hunger leiden. Dass sie den Frühling voller Freude und Hoffnung begrüßten, ist nur allzu verständlich. Als die ersten großen und kleinen Langohren immer öfter anzutreffen waren, galt das als sicheres Zeichen, dass nun bald mit dem Umpflügen der Felder begonnen werden konnte, um Getreide, Kartoffeln, Mais, Rüben, Kohl und vieles mehr anzubauen. Das Zusammentreffen des Osterfestes im Frühjahr mit dem Auftauchen der vielen Hasen mag dann der Grund gewesen sein, warum gerade Meister Lampe die Aufgabe des Eierversteckens und fortan den Titel "Osterhase" erhielt. Aber der Hase begegnet einem noch an ganz anderen wundersamen, märchenhaften Orten.


Der Hase im Märchen

In vielen verschiedenen Märchen aus allen Teilen der Welt trifft das Langohr auf die unterschiedlichsten Gesellen, wie beispielsweise auf den Igel, den Wolf, den Fuchs, sogar auf eine listige Schildkröte, eine verfressene Ziege oder einen goldenen Vogel. Nicht immer ergeht es dem Hasen dabei gut. Manchmal ist er der Schlaue, ein anderes mal der Dumme. In einigen Märchen wird von der Traurigkeit berichtet, die den Hasen befällt, weil niemand ihn fürchtet, er aber vor allen Gefahren davon läuft. Daher stammt letztlich auch sein Ruf als Angsthase. Wenn Menschen vor etwas zurückschrecken oder flüchten, nennt man sie gerne "Hasenfuß" oder "Angsthase", oder den wenig Mutigen wird gar ein "Hasenherz" bescheinigt.

Ein Hase im schnellen Lauf - Foto: 2015, by Frank Liebig [Copyrighted free use], via Wikimedia Commons

Foto: 2015, by Frank Liebig [Copyrighted free use], via Wikimedia Commons

In den märchenhaften Erzählungen erfährt man zum Beispiel, warum der Hase eine gespaltene Lippe hat. Auch wird ihm nachgesagt, dass er zu eingebildet auf seine Laufkunst sei und deshalb einen Wettstreit mit dem Igel oder der Schildkröte verliert. Und es wird berichtet, wie sehr sich der Hase wünscht, dass sich jemand vor ihm fürchtet. Aber die Märchen sind schon alt und werden immer wieder zur Freude vieler großer und kleiner Zuhörer erzählt. Sicher enthalten sie ein Fünkchen Wahrheit, lassen ein wenig vom Verhalten und Aussehen des Hasen ahnen. Doch wie ergeht es Meister Lampe heute?


Der Hase kämpft ums Überleben

Unsere Welt hat sich so sehr verändert, dass für einen wie ihn kaum noch Platz ist. Sein Lebensraum wird mehr und mehr eingeengt. Die Landwirtschaft wurde im letzten Jahrhundert stark verändert, die Felder umgestaltet. Sie werden nur noch selten von dem für den Hasen so wichtigen Feldrand umsäumt, der mit Büschen, Blumen und Gäsern bewachsen ist. Die Anbauflächen werden größer und größer, damit beispielsweise die riesigen Erntemaschinen dort arbeiten können. Da stören Busch und Strauch. Was den Tieren auch zu schaffen macht, ist die moderne Anbauweise. Über weite Gebiete wird nur Mais, nur Raps oder nur Kohl angebaut. Der Landwirt bringt Kunstdünger aufs Feld und versprüht Pflanzenschutzmittel. Für die Hasen und all die anderen Tiere die dort leben, stellt das eine große Gefahr dar, denn diese Mittel sind für sie giftig. Einst wuchsen auf Äckern und Feldern zwischen Getreide und Mais auch all die Blumen und Kräuter, die heute als "Unkraut" vernichtet werden. So fehlt dem Hasen das Futter, denn er ernährt sich ausschließlich von Grünzeug. Auf seinem Speiseplan stehen Kräuter, Gräser, Wurzeln und Knollen, aber auch Getreide und Kohl. Im Winter knabbert er die Rinde von Baum und Strauch, sowie Knospen und Zweige.

Für die Häsin ist ein gutes, abwechslungsreiches Pflanzenangebot wichtig, weil durch reichhaltige Ernährung die Milch für ihre Jungen besonders nahrhaft wird. Die kleinen Hasenbabys brauchen von Anfang an viel Kraft und Energie. Sie sind Nestflüchter, werden mit Fell und offenen Augen geboren. Schon kurz nach der Geburt sind sie in der Lage, vor Gefahren davon zu rennen. Das ist überlebenswichtig, denn ihre Heimstatt bietet nur wenig Schutz, da sie nicht mehr ist als eine Erdmulde. Hasen, insbesondere die Hasenkinder, werden von Fuchs, Wildschwein, Marder, aber auch vom Bussard oder Rabenvögeln gern gefressen. Droht Gefahr, ducken sich die kleinen Langohren tief in die Sasse und bewegen sich nicht. Ihre rötlichbraungraue Fellfarbe, die dem Erdboden sehr ähnlich ist, dient dabei als gute Tarnung. Außerdem riechen sie nicht solange sie klein sind und ihr Feind kann sie nicht wittern. Das hilft oft, aber leider nicht immer. Über die Hälfte der Hasenbabys überlebt das erste Lebensjahr nicht. Doch nicht nur Tiere machen ihnen den Garaus, sondern auch das Wetter. Im Frühjahr ist es oft noch sehr kalt, das können die Kleinen eigentlich ziemlich gut verkraften. Doch wenn es viel regnet, ihr Fell durchnässt wird, kühlen sie aus und sterben. Zudem fallen jedes Jahr viele Hasen dem Autoverkehr zum Opfer. Eine andere große Bedrohung für Meister Lampe sind die Jäger, die Hasen in großer Zahl erschießen. Eine Häsin kann 3 bis 4 mal im Jahr Junge kriegen und das ist wohl der einzige Überlebenstrick, den diese Tiere haben, ansonsten wäre der Feldhase bereits ausgestorben. In einigen Regionen Deutschlands steht er auf der Roten Liste als vom Aussterben bedrohte Tierart.

Ein Feldhase lässt sich nicht wie ein Kaninchen im Haus halten. Als echtes Wildtier braucht er Feld, Wald und Wiese als Lebensraum. Doch der Mensch beansprucht immer mehr Gebiete. Straßen verbinden die neu gebauten Städte und zerschneiden Wald und Wiese. Was könnte getan werden, um Meister Lampe zu retten?


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.br.de/themen/wissen/hase-feldhase-ostern-100.html#

http://www.wasistwas.de/archiv-natur-tiere-details/der-feldhase.html

http://www.planet-wissen.de/natur/haustiere/hasen_und_kaninchen/pwiederfeldhaseindeutschland100.html


21. März 2016


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang